Freier Wille

Freier Wille

Für den Begriff freier Wille oder Willensfreiheit gibt es keine allgemein anerkannte Definition. Verschiedene Philosophen definieren diesen Begriff unterschiedlich; umgangssprachlich versteht man etwas anderes darunter als im juristischen oder psychologischen Sprachgebrauch.

Schon unter dem Ausdruck Wille wird Unterschiedliches verstanden: bloße Lebensaktivität, aufgefasst als Lebensdrang (Lebenswille oder Überlebenswille), das Vorhandensein einer Neigung, eines Sehnens oder Begehrens, das impulsive Aufkommen oder Hegen eines Wunsches, schließlich das Verfolgen von Absichten, das Anstreben von Zielen oder das Umsetzen einer persönlichen Entscheidung in die Tat.

Inhaltsverzeichnis

Philosophische Positionen

Bereits im griechischen Altertum, aber besonders seit Beginn der Aufklärung sah sich die Vorstellung eines freien Willens zahlreichen Anzweiflungen ausgesetzt (siehe auch: Geschichte des Freien Willens). Der eigentliche Grund für die andauernde kontroverse Diskussion ist die Definition des Begriffs Willensfreiheit. Es ist also nicht so, dass man sich in derselben Frage nicht einig würde, sondern es gibt zwei verschiedene Auffassungen davon, was Willensfreiheit bedeutet.

Bedingte und unbedingte Willensfreiheit

Bedingte Willensfreiheit

Die bedingte Willensfreiheit sieht den Willen als frei, wenn die Person ihren Willen nach ihren persönlichen Motiven und Neigungen gebildet hat, tun kann, was sie will (Handlungsfreiheit), und auch anders hätte handeln können, wenn sie es denn nur gewollt hätte. Welcher unserer konkurrierenden Wünsche sich als Wille herausbildet, hängt nach dieser Vorstellung von unserer Persönlichkeit und Umwelteinflüssen ab. In derselben Entscheidungssituation ist es derselben Person also nicht möglich, unterschiedliche Entscheidungen zu treffen. Anders ausgedrückt: In einer konkreten Situation gibt es für eine Person nur eine Möglichkeit, sich zu entscheiden.

Aufgrund der Komplexität der Umstände, die zur Willensbildung führen, ist die Entscheidung zwar für uns nicht vorhersehbar, aber objektiv steht im Vorhinein fest, welchen Willen wir fassen werden. Dennoch wird hier von Freiheit gesprochen, weil die getroffene Wahl den Neigungen und Motiven der Person entspricht und somit ihren eigenen Willen repräsentiert.

Keine wissenschaftliche Position spricht dem Menschen Freiheit in diesem Sinne ab, es ist nur fraglich, ob der Ausdruck Freiheit hier angebracht ist, wo es zu dem tatsächlichen Wollen keine Alternative gibt. Schopenhauers Ausspruch, der Mensch könne tun, was er will, aber er könne nicht wollen, was er will, fasst diese Auffassung pointiert zusammen.

Unbedingte Willensfreiheit

Die Forderung nach einem Konzept, das diese Beschränkung der Freiheit überwindet, liegt der unbedingten Willensfreiheit zu Grunde. Gedacht werden kann eine solche Freiheit nur dann, wenn das Wollen von absolut nichts abhängt, also durch nichts bedingt ist. Nur dann könnte sich ein Mensch in derselben Situation sowohl für das Eine als auch für das Andere entscheiden. Diese freie Wahlmöglichkeit geht verloren, sobald es irgendeine Verbindung zwischen den Motiven und dem Willen gibt. Dann nämlich ist der Wille nicht mehr unbedingt frei, gleichgültig, welcher Art diese Abhängigkeit ist oder wie komplex sie auch sein mag.

Das Problem bei dieser Freiheit ist, dass der Wille, wenn er durch nichts bedingt ist, als zufällig und unmotiviert zu gelten hat. Es unterliegt dann also dem reinen Zufall, welcher unserer Wünsche sich zum Willen herausbildet. Dieses Szenario erfüllt zweifellos die Forderung nach der echten Freiheit, welche dem bedingt freien Willen fehlt. Dafür steht der ohne Motive gewählte Wille nicht mehr (oder allenfalls durch zufällige Übereinstimmung) in Einklang mit der Natur und den Neigungen der handelnden Person. Er ist von ihr losgelöst und ihr auch nicht mehr zurechenbar.

Noam Chomsky unterstellte dagegen, der Mensch habe möglicherweise durch seinen „kognitiven Apparat“ nicht die Möglichkeit, das Problem menschlicher Freiheit richtigzustellen, und dass dieses Problem daher für den Menschen nicht lösbar sei. Berühmte Philosophen wie Karl Popper oder Jean-Paul Sartre glaubten an die menschliche Freiheit und wandten sich vom Determinismus ab. Neuere Ansätze in diese Richtung sind zum Beispiel von John Searle bekannt.

Vereinbarkeit von Determinismus und Willensfreiheit

Determinismus

Dem Determinismus liegt die Annahme zugrunde, dass alle Ereignisse, die geschehen, eine zwangsläufige und eindeutige Folge aus vorangegangenen Ereignissen sind. Wenn der gesamte Zustand eines Systems zu einem beliebigen Zeitpunkt definiert ist und die darin geltenden Gesetze eindeutig sind – d. h. dass sie bei identischen Anfangsbedingungen immer das gleiche Ergebnis hervorbringen –, so ist der Zustand des Systems zu jedem zukünftigen Zeitpunkt festgelegt. So versteht Henrik Walter unter Determinismus "die These, dass der gesamte Zustand der Welt zu jedem Zeitpunkt eindeutig festgelegt ist und sich der Zustand der Welt zum Zeitpunkt t aus dem Zustand zu früheren Zeitpunkten notwendig und wiederum eindeutig ergibt."[1]

Für unser Universum würde dies bedeuten, dass alle dem Urknall folgenden Ereignisse bis heute zwangsläufige Wirkungen von vorangegangenen Ereignissen sind und dass es zu dem Verlauf, den das Universum genommen hat, nie eine Alternative gab, was dann auch für die Lebensläufe aller darin lebenden Individuen gelten würde. Im Jahr 1814 wurde von Pierre-Simon Laplace, als anschauliches Gedankenexperiment zum Determinismus, der Laplacesche Dämon vorgeschlagen.

In seinem Werk An essay on free will definiert Peter van Inwagen (1986) den Determinismus als die "These, dass es zu jedem Zeitpunkt genau eine physikalisch mögliche Zukunft gibt."[2]

Kompatibilismus

Die Position, dass der Determinismus mit dem freien Willen verträglich sei, bezeichnet man als Kompatibilismus. Kompatibilisten wie Thomas Hobbes definieren Willensfreiheit so, dass eine Person dann frei handelt, wenn sie eine Handlung will und auch anders handeln könnte, wenn sie anders handeln wollte.

Ob die Entscheidungen deterministisch längst festgelegt sind, spielt im kompatibilistischen Sinne keine Rolle, da der freie Wille die determinierte Zukunft nicht kenne. Für Kompatibilisten bedeutet die Freiheit des Willens letztlich also, nach Gründen zu handeln, die dem Handelnden nicht bewusst sind.

Moderne Vertreter des Kompatibilismus sind u.a. Harry Frankfurt, Daniel C. Dennett, Michael Pauen und Peter Bieri.

Inkompatibilismus

Einige Philosophen sehen das Konzept der Willensfreiheit und den Determinismus als unvereinbar an. Wenn der Wille wie alles andere in der Welt dem Determinismus unterläge, so könne der Wille und damit alle von ihm ausgehenden Entscheidungen und Handlungen nicht frei sein. Diese philosophische Auffassung bezeichnet man als Inkompatibilismus.

Inkompatibilisten gehen davon aus, dass eine Person genau dann einen freien Willen besitzt, wenn sie der einzige verursachende Grund (Erstauslöser) für die Handlung ist und in derselben Entscheidungssituation auch eine andere Entscheidung hätte treffen können. Diese Definition entspricht der unbedingten Willensfreiheit. Wenn der Determinismus zuträfe, wäre aber jede Wahl, die wir treffen, bereits durch frühere Ereignisse vorherbestimmt. Der freie Wille wäre also im inkompatibilistischen Sinne lediglich eine Illusion, die das menschliche Gehirn hervorbringt.

Vertreter des „Harten Determinismus“ wie Baron d'Holbach oder Derk Pereboom gehören zu den Inkompatibilisten. Sie akzeptieren den Determinismus und bestreiten, dass es so etwas wie einen freien Willen gibt.

Als Libertarianer werden Inkompatibilisten wie Peter van Inwagen, Robert Kane oder Geert Keil bezeichnet, die den freien Willen bejahen und Anhänger des Indeterminismus sind.

Vereinbarkeit von Indeterminismus und Willensfreiheit

Indeterminismus

Als Indeterminismus bezeichnet man die gegensätzliche Auffassung, nämlich dass es (zumindest einige) Ereignisse gibt, die nicht durch vorangegangene Ereignisse festgelegt sind. Mit dem Beginn der modernen Naturwissenschaft setzte sich in der Wissenschaft die Auffassung durch, die Welt sei deterministisch. In deren weiterer Entwicklung, insbesondere durch die Erforschung der Quantenphysik seit Beginn des 20. Jahrhunderts, gehen heute viele Wissenschaftler von einem indeterministischen Weltbild aus. Dabei ist die Bezeichnung „Indeterminismus“ mehrdeutig. Er bedeutet zum einen eine echte creatio ex nihilo (Schöpfung aus dem Nichts), in anderem Zusammenhang bedeutet er nur, dass es keine Möglichkeit der Vorhersage gibt. Beides ist nicht identisch, da es Gesetzmäßigkeiten gibt, denen keine Konstanten auf der gleichen Betrachtungsebene zugrunde liegen, z. B. bei den Ziffernfolgen irrationaler Zahlen. Es gibt keine Möglichkeit, aus den bekannten Ziffern der Zahl Pi oder aus bekannten Primzahlen die nächste Ziffer oder Primzahl „vorherzusagen“, gleichwohl folgt sie nicht „zufällig“.

Ontologischer und epistemischer Indeterminismus

Philosophisch wird zumeist zwischen einem epistemischen Indeterminismus und einem ontologischen Indeterminismus unterschieden. Der epistemische Indeterminismus bezieht sich auf unsere Erkenntnisfähigkeit, d. h. wir können nicht eindeutig bestimmen, welcher Sachverhalt zutreffen wird. Eine spezielle Form dieser These ist, dass epistemisch nicht entscheidbar ist, ob ontologischer Determinismus gilt oder nicht. Ein ontologischer Indeterminismus dagegen bezieht sich auf „die Sache selbst“, also unsere Welt, und bedeutet, dass nicht alle zukünftigen Sachverhalte bereits feststehen. Warum, kann unterschiedlich dargestellt werden. Bestimmte Deutungen der Quantenphysik, darunter die populäre, aber kaum genau zu rekonstruierende Kopenhagener Deutung, legen einen ontologischen Indeterminismus nahe. Die Ereignisse in unserem Universum erscheinen als Resultat von Zufallsprozessen mit bestimmten Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Ergebnisse bei Wiederholungen von Prozessen gleichen Typs. Daneben existieren zahlreiche andere Interpretationen, welche einen vollständigen kausalen Determinismus beinhalten. Manche davon schließen epistemischen Indeterminismus ein.

Kausalität und Willensfreiheit

Eine nichtdeterministische Interpretation der Quantenmechanik scheint, so die Mehrheitsmeinung, gerade keinen Nutzen für das Problem der Willensfreiheit zu haben. Denn freier Wille scheint gerade vorauszusetzen, dass der Ausgang von Entscheidungen kein bloßes Zufallsergebnis ist. Libertarianer sind der Meinung, dass undeterminierte Handlungen nicht rein zufällig sind, sondern aus einem substantiellen Willen entspringen, dessen Entscheidungen undeterminiert sind. Dieser Ansatz wird weithin als nicht zufriedenstellend angesehen, da er das Problem nur einen Schritt weiter zurück verlagert (zu dem substantiellen Willen) und nicht erklären kann, was dieser substantielle Wille ist und welchen Gesetzen er im Unterschied zu unserem herkömmlichen Geist unterworfen ist.

Auch unabhängig von quantenmechanischen Theorien sah bereits Arthur Schopenhauer in der Verletzung des Kausalitätsprinzips, einer Grundfeste des menschlichen Denkens, ein Argument gegen die Willensfreiheit. Der freie Wille sei eine Illusion, in Wahrheit sei der Wille durch chaotische (also äußerst komplexe) Einflüsse außerhalb des Subjekts gesteuert.

Naturwissenschaftliche Sichtweisen

Physik

Im Verlauf der Geschichte der Naturwissenschaften wurden zahlreiche Versuche unternommen, die Frage des freien Willens unter Anwendung naturwissenschaftlicher Prinzipien zu beantworten. Frühe wissenschaftliche Vorstellungen sahen die Welt oft als deterministisch an, und es gab die Auffassung, dass bei genügend genauer Information die Zukunft beliebig genau vorhergesagt werden kann. Dagegen ist es in der Quantenmechanik nicht mehr möglich, den Ablauf eines Vorgangs hinsichtlich aller messbarer Größen vorherzusagen, selbst wenn alle prinzipiell zugänglichen Informationen über seinen Anfangszustand bekannt sind. Nach gängiger (aber nicht unumstrittener) Interpretation ist damit das Naturgeschehen nicht vollständig determiniert, sondern unterliegt in einem fundamentalen Sinne partiell dem Zufall.

Genetik

Auch Biologen haben versucht, die Frage des freien Willens zu erhellen. Eine der hitzigen Debatten der Biologie ist die Frage Natur v Prägung. Wie wichtig sind Humangenetik und biologische Grundlagen für das menschliche Verhalten im Gegensatz zur Prägung durch Kultur und Umgebung? Genetische Studien haben viele spezifische genetische Faktoren identifiziert, die die Persönlichkeit eines Individuums beeinflussen, von offensichtlichen Fällen wie dem Down-Syndrom bis hin zu eher subtilen Effekten wie der statistischen Disposition für Schizophrenie. In allen Fällen handelt es sich um ein Wechselspiel zwischen Disposition und Umwelt. Im biologischen Sinne wird also auch der Wille eines Menschen bestimmt durch Erbanlagen und Umwelteinflüsse.

Hirnforschung

Durch den Einsatz moderner bildgebender Methoden, vor allem PET und fMRT, ist es möglich geworden, den Prozess der Entscheidungsbildung zu beobachten, den man in bestimmter Hinsicht mit dem freien Willen identifiziert. Dabei deuten die bisherigen Ergebnisse (welche nachfolgend kurz besprochen werden) darauf hin, dass die „Entscheidung“ im Gehirn bereits unbewusst getroffen wird, bevor sich die Person dieser bewusst wird. Allerdings handelt es sich bei diesen Experimenten um „folgenlose“ Spontanentscheidungen, z. B. welche Hand zum Greifen benutzt wird. Kritiker wenden deshalb ein, dass unsere bewusste Willensfreiheit doch kausal relevant sein könnte, insofern als das Bewusstsein in der Praxis die Ausführung der entschiedenen Handlung steuert und überwacht und in diesem Prozess die Möglichkeit hat, die eigentlich beschlossene Aktion noch zu unterbrechen oder zu modifizieren. Man sagt deshalb, unser Bewusstsein hätte möglicherweise ein Vetorecht.

Nach dem gegenwärtigen Erklärungsmodell der Hirnforschung über die Steuerung der Willkürmotorik haben die originären Antriebe für unser Verhalten einen subkortikalen Ursprung – sie entstehen im limbischen Bewertungs- und Gedächtnissystem. Dieses aktiviert die Basalganglien und das Kleinhirn, die wiederum die kortikalen Prozesse in Gang setzen. Dann erst setzt die Empfindung ein, etwas zu wollen. Damit stimmt überein, dass bei Willkürhandlungen zuerst in den Basalganglien und im Kleinhirn neuronale Aktivität auftritt und erst danach in der Großhirnrinde.

Experimente zur Willensfreiheit

Ein viel diskutiertes Experiment (Libet-Experiment) auf diesem Gebiet wurde von Benjamin Libet in den 1980er Jahren durchgeführt. Die Probanden wurden gebeten, in einem beliebigen Moment das Handgelenk zu bewegen, während sie eine Art Uhrzeiger verfolgten. Gleichzeitig wurden die Gehirnaktivitäten aufgezeichnet. Nach Libets Deutung zeigte das Experiment, dass die Gehirnaktivität, die dazu führte, dass eine Person ihr Handgelenk bewegte, etwa 550 ms vor dem Moment einsetzte, in dem diese Person sich bewusst dazu entschloss. Diese unbewusste Gehirnaktivität wurde schon 1965 von Hans Helmut Kornhuber und Lüder Deecke entdeckt und wird (auch im Englischen auf Deutsch) „Bereitschaftspotential“ genannt. Libet schlussfolgerte daraus, dass die Annahme, der Mensch verfüge über keinen freien Willen, falsch sein müsse: Innerhalb des nachgewiesenen Zeitfensters zwischen Bereitschaftspotential und bewusster Handlungsentscheidung sei ein "Veto" möglich.

Das Folgeexperiment von Haggard und Eimer aus dem Jahr 1999 erweiterte den ursprünglichen Ansatz, indem die Probanden hier nicht nur entscheiden konnten, wann sie ihre Hand bewegten, sondern zusätzlich auch, welche Hand. Damit begegneten sie einem häufig vorgebrachten Einwand gegen das Libet Experiment wonach die Probanden keine wirkliche Entscheidung in dem Sinne einer Wahl unter verschiedenen Optionen treffen konnten und die Resultate unter anderem aus diesem Grund nicht für die menschliche Praxis relevant wären. Die Ergebnisse von Haggard und Eimer bestätigten Libets Daten, wonach das Bereitschaftspotential der bewussten Entscheidung vorausgeht.[3]

Alvaro Pascual-Leone führte 1992 ein ähnliches Experiment durch, bei dem die Probanden gebeten wurden, zufällig die rechte oder die linke Hand zu bewegen. Er fand heraus, dass durch die Stimulation der verschiedenen Hirnhälften mittels magnetischer Felder die Wahl der Person stark beeinflusst werden konnte. Normalerweise wählen Rechtshänder die rechte Hand in ca. 60 % aller Fälle. Wurde jedoch die rechte Hirnhälfte stimuliert, wurde die linke Hand in 80 % aller Fälle ausgewählt. (Die rechte Hemisphäre des Hirns ist im Wesentlichen für die linke Körperhälfte zuständig und umgekehrt). Trotz dieses nachweislichen Einflusses von außen berichteten die Probanden weiterhin, dass sie der Überzeugung waren, die Wahl frei getroffen zu haben.[4]

Im Jahr 2008 wurde in der Fachzeitschrift Nature Neuroscience der Versuch der Forschergruppe vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig um Prof. Dr. John-Dylan Haynes publiziert. Hier wurden während eines Free-Choice-Task fMRT-Aufnahmen von 14 Probanden erstellt. In den so gewonnenen Daten wurde bei der späteren Analyse mittels eines auf linearen Modellen basierenden Algorithmus Muster in verschiedenen Hirnarealen daraufhin untersucht, ob sie mit der darauffolgenden Entscheidung in statistischem Zusammenhang standen. So wurden Muster identifiziert, die überzufällig häufig (p < 0,05), aber mit geringer Effektstärke einige Sekunden vor dem Bewusstwerden der Entscheidung erkennbar waren. Diese Muster gingen dem weitaus größten Teil der untersuchten Fälle nicht voraus.[5]

Deutung des erreichten Erkenntnisstandes

Innerhalb der Neurowissenschaften wird die Frage des freien Willens kontrovers diskutiert. Einerseits vertreten z. B. Gerhard Roth, Henrik Walter, Wolf Singer, Wolfgang Prinz und Hans Markowitsch die Ansicht, der freie Wille sei eine Illusion. Nach ihrer Auffassung geht der Willensakt neuronalen Prozessen nicht voraus. Stattdessen ergibt sich nachträglich die bloße Illusion, sich frei entschieden zu haben. Das Empfinden, etwas zu wollen – der „Willensakt“ also – resultiere als illusionäres Epiphänomen aus den kortikalen und subkortikalen Prozessen, die bei der Vorbereitung einer Willkürhandlung ablaufen.

Andererseits halten z. B. Niels Birbaumer, Reinhard Werth oder Benjamin Libet selbst die Interpretation des Libet-Experiments im Sinne einer Widerlegung des freien Willens für unzulässig.[6][7] Auch sind etwa Lüder Deecke sowie Hans Helmut Kornhuber Verfechter der Willensfreiheit.

Geisteswissenschaftliche Sichtweisen

Psychologie

Die fachpsychologische Verwendung des Begriffs Wille in der emotiven oder Willenspsychologie ist grundsätzlich auf bewusste Entscheidungsprozesse bezogen.

Demnach ist ein Tun erst und nur dann gewollt, wenn

  • zwei oder mehr zur Auswahl stehende Handlungsalternativen von einem Menschen in Betracht gezogen wurden,
  • von ihm eine davon aus für ihn wichtigen Gründen ausgewählt wurde,
  • er sich entschlossen hat, sich auf diese festzulegen
  • und sie im Weiteren – auf ebenfalls von ihm festgelegte Weise und zu einem von ihm bestimmten Zeitpunkt – in die Tat umgesetzt wird oder werden könnte.

Diese Definition des Wollens wird mit den Ausdrücken Entscheidungsfreiheit und Handlungsfreiheit benannt. Man unterscheidet ferner zwischen Begriffen wie Handlungsspielraum, Bewegungsfreiheit, Vertragsfreiheit, Meinungsfreiheit, Gedankenfreiheit, Religionsfreiheit und Pressefreiheit.

Im engeren psychologischen Sinne ist jede wie auch immer zustande gekommene Handlung gewollt. Bei allem nicht gewollten Tun handelt es sich um reflexhafte Reaktionen.

  • Bewusst gewollte Handlungen stehen mit einem Entschluss oder Vorsatz, Zwecken oder Zielen und damit verbundenen Wünschen, Absichten oder Motiven in Zusammenhang.
  • Die reflexhaften Reaktionen kommen aufgrund von Reizen verschiedener Art, ohne ursächliche Beteiligung des Bewusstseins zustande. Sie sind von kurzentschlossenem, aber bewusst zustande gekommenem Handeln zu unterscheiden.
  • Außerdem können äußere Ereignisse wie z. B. ein Stoß die Ursache von Bewegungen sein.

Das Tätigkeitswort „wollen“ und das dazu sinngleiche Hauptwort „der Wille“ haben in der Gemeinsprache eine weitläufigere und abweichende Bedeutung, in der schon ein Handlungswunsch ein Wollen ausmacht und Handlungen, zu denen man sich entschließt, ohne sie zu erwünschen, nicht als gewollt gelten. Man kann deshalb auch sagen, dass man unfreiwillig gehandelt habe, wenn man sich auf Drohung oder anderen Druck hin zu einer Handlung entschlossen hat. Nur in diesem Sinne gibt es einen unfreien Willen. Bei Reflexen ist der Wille überhaupt nicht beteiligt.

Rechtswissenschaft

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Der deutsche Gesetzgeber setzt den freien Willen des erwachsenen Menschen voraus: Die freie Willensbestimmung kann nur im Zustand der Bewusstlosigkeit oder „krankhafter [oder vorübergehender] Störung der Geistestätigkeit“ dauerhaft oder vorübergehend unmöglich sein (§ 104 f. BGB) (mit Folge der Geschäftsunfähigkeit).

Auch im Strafrecht gilt das Postulat des freien Willens: Nur „wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln“, handelt gem. § 20 StGB nicht vorwerfbar.

Aus einem Beschluss des BayObLG (BayObLGR 2001,19 (LS)= BtPrax 2001,79 = FamRZ 2001,1249): „Die Bestellung eines Betreuers von Amts wegen, also ohne Antrag des Volljährigen und, wie hier, gegen seinen Willen, setzt aber voraus, dass der Betreute aufgrund einer psychischen Erkrankung seinen Willen nicht frei bestimmen kann. Dies sagt das Gesetz zwar nicht ausdrücklich, ergibt sich aber aus einer verfassungskonformen Auslegung des Gesetzes. Denn der Staat hat wegen entsprechender Verfassungsbestimmungen nicht das Recht, seine erwachsenen und zur freien Willensbestimmung fähigen Bürger zu bessern oder zu hindern, sich selbst zu schädigen (BVerfGE 22, 180/219 f.; BayObLGZ 1994, 209/211)“. Siehe auch die Neufassung von § 1896 Abs. 1 a BGB (seit 1. Juli 2005). Im Grundsatz muss jede Entscheidung des Betreuers im Sinn des freien Willens des Betreuten getroffen werden. Das gebietet das in Art. 2 Abs. 1 GG verankerte Grundrecht auf Selbstbestimmung. Grundsätzlich hat der natürliche Wille des Betreuten daher Vorrang vor einem angenommenen freien Willen.

Die gängige juristische Sichtweise bezieht sich anders als die kausalwissenschaftliche Analyse auf die Zuschreibung der dem geltenden Recht entsprechenden Verantwortung für ein bestimmtes Ereignis auf einen bestimmten Personenkreis. Im Lichte der empirischen Wissenschaften ist der Appell an die sittliche Verantwortung des sich frei entschließenden Willens eine sprachliche Fiktion, die stellvertretend gedacht werden kann für die mit einer bestimmbaren statistischen Wahrscheinlichkeit eintretende gesellschaftliche Sanktionierung der fraglichen Verhaltensweisen.[8]

Theologie

Das Wort Freiheit findet in theologischen Diskussionen i. A. nicht genau dieselbe Verwendung wie in philosophischen, sondern schließt bestimmte Aspekte ein, die von einem religiösen Verständnishorizont abhängen. Ein Konsens bezüglich der Details des Freiheitsbegriffs besteht ebenso wenig wie in der Philosophie.

Religionsphilosophisch und theologisch stellen sich zahlreiche Probleme, wenn Freiheit vor dem Hintergrund bestimmter Formen religiösen Glaubens widerspruchsfrei bestehen soll.

  • Wenn Gott allwissend ist, wie kann dann der Mensch frei in seinen Entscheidungen sein? Denn wenn Gott alle Fakten kennt, weiß er auch, welche Entscheidung ein Mensch zu einem bestimmten Zeitpunkt treffen wird. Es bestehen also keine alternativen Handlungsmöglichkeiten. Diese werden von einigen Theoretikern aber als notwendig vorausgesetzt, um von Freiheit zu sprechen.

Christentum

Im Christentum hat die Willensfreiheit eine Schlüsselstellung, denn nur wenn der Mensch sich frei entscheiden kann, kann er letztlich die Verantwortung für sein Tun tragen. Ein gerechter Gott könnte einem Sünder sonst dessen Sünden nicht als Schuld anlasten. Somit wäre auch ein zentrales Element, die Vergebung der Schulden (Erlösung), hinfällig. Dennoch ist die christliche Position zur „Freiheit“ des Willens nicht völlig einheitlich. Die Bibel enthält sowohl Verse, welche die Freiheit des Menschen, selbst zu entscheiden, unterstreichen, aber auch solche, die diese Freiheit dem Menschen absprechen. Über Jahrhunderte haben die Analysen des Augustinus im 4. Jahrhundert die theologische Diskussion geprägt. Neuzeitlich lassen sich im protestantischen Kontext etwa die Positionen von Johannes Calvin und Jacobus Arminius als zwei Extrempole benennen. Innerhalb des breiten Spektrums christlicher Kirchen neigen Theologen mancher Konfessionen stärker dazu, den freien Willen zu betonen als andere. So betonen römisch-katholische Theologen den freien Willen des Menschen stärker. Es liege an jedem Einzelnen, die Gnadengaben Gottes anzunehmen und er könne sich auch in Freiheit dazu entscheiden, sie abzulehnen (dies betont etwa Karl Rahner). Auch die meisten Freikirchen, die nicht aus dem Pietismus entstanden sind, sehen einen freien Willen des Menschen als gegeben an. Lutherische und calvinistische Kirchen stehen dem tendenziell entgegen. Eine genaue Beurteilung des „freien Willens“ ist jedoch in all diesen Gemeinschaften und ihren diversen theologischen Schulen kontrovers und auch für einzelne Theologen, etwa Luther, umstritten. Die Auseinandersetzung um den freien Willen führte in der Zeit der Reformation zum öffentlichen Bruch zwischen Martin Luther und Erasmus von Rotterdam.

Heutige Moraltheologien erkennen die Einschränkung des freien Willens etwa durch psychische Zwänge u. Ä. an.

Die katholische Kirche geht davon aus, dass im Falle einer Besessenheit durch Dämonen der freie Wille des Besessenen ebenfalls eingeschränkt oder aufgehoben ist.

Andere Religionen

Im Islam sind Prädestinationslehren weit verbreitet, jedoch nicht unumstritten. Auch im Hinduismus gehen einige Strömungen von Prädestination aus, andere betonen die Freiheit des Menschen. Der Buddhismus verneint sowohl die absolute Willensfreiheit als auch den absoluten Determinismus, während die Idee der Willensfreiheit im Judentum ein zentrales Dogma darstellt (siehe Dtn 11,26 EU).

Ethische Bedeutung

Philosophische Positionen

Harte Deterministen verwerfen das Konzept der moralischen Verantwortlichkeit. Wie kann man jemanden moralisch verantwortlich machen, wenn er in jeder Situation immer nur eine Möglichkeit zu handeln hat? Dass die Entscheidungen nicht unter Einschränkung der Handlungsfreiheit entstehen, ändere nichts an der Tatsache, dass der Determinismus den Handelnden von moralischer Verantwortlichkeit entbinde. Die Gegenposition besagt, dass trotz des bestehenden Determinismus ein Individuum die moralische Verantwortung für seine Handlungen tragen muss und insofern ggf. gesellschaftliche und juristische Konsequenzen gerechtfertigt sind.

Kompatibilisten argumentieren dagegen, dass der Determinismus gerade eine Vorbedingung für moralische Verantwortlichkeit sei. Man könne niemanden für etwas verantwortlich machen, es sei denn, seine Handlungen wurden durch seinen Charakter, seine Motive und Werte bestimmt. – Bei dieser Position bleibt allerdings unklar, wie jemand für etwas die moralische Verantwortung übernehmen soll, das er gar nicht hätte verhindern können.

Libertarianer halten an der Idee des freien Willens und somit auch an moralischer Verantwortlichkeit fest.

Moralische Verantwortlichkeit

Befürwortung moralischer Verantwortlichkeit

Befürworter moralischer Verantwortlichkeit glauben an die Willensfreiheit oder sind der Meinung, unsere Gesellschaftsordnung würde auseinanderbrechen, wenn sich niemand mehr für seine Taten moralisch verantwortlich fühlte.

Weiterhin wird argumentiert, dass der juristische Grundsatz „Keine Strafe ohne Schuld“ nicht mehr anwendbar wäre, wenn man Willensfreiheit und somit auch persönliche Schuld verwerfen würde.

Es gibt jedoch auch Meinungen,[9] die einem Menschen auch im Determinismus moralische Verantwortung zuschreiben. Im Wesentlichen geht es dabei um die Frage der Urheberschaft. Wer behauptet, nicht er sei der Urheber seiner Handlung, sondern seine Neuronen und die in seinem Körper ablaufenden physischen Prozesse hätten die Tat herbeigeführt, verkennt, dass Neuronen und physische Prozesse ein Teil von ihm sind, und begibt sich damit in einen Widerspruch. Der Begriff der Verantwortung als individuelle Zuschreibbarkeit des Verhaltens verliert also in einer deterministisch bestimmten Welt keineswegs seinen Sinn. Der Determinismus liefert demzufolge auch keine Begründung dafür, dass unser Rechtssystem geändert werden müsste und einige Deterministen argumentieren seit geraumer Zeit für ein deterministisches Strafrecht.[10]

Wolfgang Prinz ist der Ansicht, dass es im Bereich des sozialen Miteinanders sowie in Moral und Recht nicht unbedingt von Bedeutung sei, ob die Menschen faktisch einen freien Willen besitzen. Vielmehr sei es von Belang, dass die Menschen über eine Freiheitsintuition verfügen, die in ihrer Wahrnehmung ebenso real sei wie die tatsächliche Existenz des freien Willens. Diese Freiheitsintuition führe dazu, dass Menschen bereit sind, für ihre Handlungen Verantwortung zu übernehmen und anderen Menschen für deren Handlungen Verantwortung zuzuschreiben.[11]

Ablehnung moralischer Verantwortlichkeit

Gegner moralischer Verantwortlichkeit sind der Ansicht, dass die Akzeptanz der Unfreiheit zu einer Humanisierung unseres Menschenbildes beitragen könne, indem die Verachtung des Straftäters keine Basis mehr habe.[12]

Der Grundsatz „Keine Strafe ohne Schuld“ müsste nicht geändert werden, ebenso wenig unser Rechtssystem. Die Wörter „Strafe“ und „Schuld“ bekämen lediglich eine andere Bedeutung: Eine „Strafe“ wäre eine notwendige Reaktion der Gesellschaft, mit der sie sich vor Straftätern schützt, andere potentielle Straftäter abschreckt und den Straftäter zur Verhaltensänderung veranlasst. „Schuld“ wäre nicht mehr im moralischen, sondern nur noch im inhaltlichen Sinne zu verstehen: Ein Straftäter hätte sich zwar nicht entscheiden können, die Tat nicht zu begehen, wäre also auch nicht schuldig im moralischen Sinne – inhaltlich ist er jedoch schuldig, sofern er die Tat begangen hat.

Zitate

„Das Verlangen nach “Freiheit des Willens,” in jenem metaphysischen Superlativ-Verstande, wie er leider noch immer in den Köpfen der Halb-Unterrichteten herrscht, das Verlangen, die ganze und letzte Verantwortlichkeit für seine Handlungen selbst zu tragen und Gott, Welt, Vorfahren, Zufall, Gesellschaft davon zu entlasten, ist nämlich nichts Geringeres, als eben jene causa sui zu sein und, mit einer mehr als Münchhausen’schen Verwegenheit, sich selbst aus dem Sumpf des Nichts an den Haaren in’s Dasein zu ziehn.“

Friedrich Nietzsche

„Ich lache eures freien Willens und auch eures unfreien: Wahn ist mir das, was ihr Willen heißt, es gibt keinen Willen. “

Friedrich Nietzsche: Nachlass, Sommer 1883, 13 [1-36], Zarathustras heilige Gelächter

„Eben so muß der entschlossenste Fatalist, der es ist, so lange er sich der bloßen Speculation ergiebt, dennoch, so bald es ihm um Weisheit und Pflicht zu thun ist, jederzeit so handeln, als ob er frei wäre, und diese Idee bringt auch wirklich die damit einstimmige That hervor und kann sie auch allein hervorbringen. Es ist schwer, den Menschen ganz abzulegen“

Immanuel Kant: Recension von Schulz's Versuch einer Anleitung zur Sittenlehre…“, 1783, AA VIII S.13

„Die Daumenschraube eines jeden finden: Dies ist die Kunst, den Willen Anderer in Bewegung zu setzen. Es gehört mehr Geschick als Festigkeit dazu. Man muss wissen, wo einem Jeden beizukommen sei. Es gibt keinen Willen, der nicht einen eigentümlichen Hang hätte, welcher, nach der Mannigfaltigkeit des Geschmacks, verschieden ist. Alle sind Götzendiener, Einige der Ehre, Andere des Interesses, die meisten des Vergnügens. Der Kunstgriff besteht darin, dass man diesen Götzen eines Jeden kenne, um mittels desselben ihn zu bestimmen. Weiß man, welches für jeden der wirksame Anstoß sei, so ist es, als hätte man den Schlüssel zu seinem Willen. Man muß nun auf die allererste Springfeder oder das primum mobile in ihm zurückgehen, welches aber nicht etwa das Höchste seiner Natur, sondern meistens das Niedrigste ist: denn es gibt mehr schlecht- als wohlgeordnete Gemüter in dieser Welt. Jetzt muss man zuvörderst sein Gemüt bearbeiten, denn ihm durch ein Wort den Anstoß geben, endlich mit seiner Lieblingsneigung den Hauptangriff machen; so wird unfehlbar sein freier Wille schachmatt.“

Baltasar Gracián: Handorakel und Kunst der Weltklugheit, 1647, Übersetzung: Arthur Schopenhauer

„Ich weiß ehrlich nicht, was die Leute meinen, wenn sie von der Freiheit des menschlichen Willens sprechen. Ich habe zum Beispiel das Gefühl, dass ich irgend etwas will; aber was das mit Freiheit zu tun hat, kann ich überhaupt nicht verstehen. Ich spüre, dass ich meine Pfeife anzünden will und tue das auch; aber wie kann ich das mit der Idee der Freiheit verbinden? Was liegt hinter dem Willensakt, dass ich meine Pfeife anzünden will? Ein anderer Willensakt? Schopenhauer hat einmal gesagt: ‚Der Mensch kann tun was er will; er kann aber nicht wollen was er will.‘“

Albert Einstein: Ich vertraue auf Intuition. Der andere Albert Einstein. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, Berlin, Oxford, Seite 176.

„Warum sollte denn der von Gott unmittelbar geschaffene autonome und selbstbewusste Geist ein Gehirn oder gar die Beeinflussung von Wahrscheinlichkeitsfeldern synaptischer Transmitterausschüttung nötig haben, um in der materiellen Welt zu leben? “

Gerhard Roth: 1997

„Nehmen wir an, Sie hätten einen freien Willen. Es wäre ein Wille, der von nichts abhinge: ein vollständig losgelöster, von allen ursächlichen Zusammenhängen freier Wille. Ein solcher Wille wäre ein aberwitziger, abstruser Wille. Seine Losgelöstheit nämlich würde bedeuten, dass er unabhängig wäre von Ihrem Körper, Ihrem Charakter, Ihren Gedanken und Empfindungen, Ihren Phantasien und Erinnerungen. Es wäre, mit anderen Worten, ein Wille ohne Zusammenhang mit all dem, was Sie zu einer bestimmten Person macht. In einem substantiellen Sinn des Wortes wäre er deshalb gar nicht Ihr Wille.“

Peter Bieri: „Unbedingte Freiheit: eine Fata Morgana“ (in „Das Handwerk der Freiheit“)[13]

Literatur

Klassiker

Systematische Darstellungen

  • Bieri, Peter: Das Handwerk der Freiheit. Über die Entdeckung des eigenen Willens. Hanser, München 2001, ISBN 3-596-15647-5; Lizenzausgabe als „Fischer TB 15647“ Fischer, Frankfurt 2003 (2. Aufl. 2004) ISBN 978-3-596-15647-4.
  • Bieri, Peter: Untergräbt die Regie des Gehirns die Freiheit des Willens? In: Martin Heinze et al. 2006.
  • Dennett, Daniel: Elbow Room: The Varieties of Free Will Worth Having. MIT Press, Cambridge, MA 1994.
  • Düsing, Edith, Klaus Düsing und Hans-Dieter Klein (Hrsg.): Geist und Willensfreiheit. Klassische Theorien von der Antike bis zur Moderne. Königshausen & Neumann, Würzburg 2006 ISBN 3-8260-3507-0
  • Gestrich, Christof und Thomas Wabel (Hrsg.): Freier oder unfreier Wille? Handlungsfreiheit und Schuldfähigkeit im Dialog der Wissenschaften. Beiheft 2005 zur Berliner Theologischen Zeitschrift.
  • Geyer, Christian (Hrsg.): Hirnforschung und Willensfreiheit. Zur Deutung der neuesten Experimente. Suhrkamp, Frankfurt 2004, (es 2387) ISBN 3-518-12387-4.
  • Goschke, Thomas: Der bedingte Wille. Willensfreiheit und Selbststeuerung aus der Sicht der kognitiven Neurowissenschaft. In: Gerhard Roth und Klaus-Jürgen Grün (Hrsg.): Das Gehirn und seine Freiheit. Beiträge zur neurowissenschaftlichen Grundlegung der Philosophie. Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen 2006, ISBN 978-3-525-49085-3, S. 107–156.
  • Habermas, Jürgen: Freiheit und Determinismus. DZPhil 2004: 52/6, 871-890; ern. in: Zwischen Naturalismus und Religion. Philosophische Aufsätze. Suhrkamp, Frankfurt 2005, ISBN 3-518-58447-2, S. 155–186.
  • Heilinger, Jan-Christoph (Hrsg.): Naturgeschichte der Freiheit. BBAW Humanprojekt 1. de Gruyter, Berlin/New York 2007, ISBN 978-3-11-019111-0.
  • Heinze, Martin, Thomas Fuchs und Friedel M. Reischies (Hrsg.): Willensfreiheit – eine Illusion? Naturalismus und Psychiatrie. Pabst/Parodos, Lengerich/Berlin 2006, ISBN 978-3-89967-337-1 bzw. ISBN 978-3-89967-337-1.
  • Hochhuth, Martin: Die Bedeutung der neuen Willensfreiheitsdebatte für das Recht. Juristenzeitung (JZ) 2005, S. 745–753 ISSN 0022-6882.
  • Hondrich, Ted: Wie frei sind wir? Das Determinismus-Problem. Reclam, Stuttgart 1995 ISBN 3-15-009356-2.
  • Keil, Geert: Willensfreiheit. De Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-019561-3.
  • Keil, Geert: Willensfreiheit und Determinismus. Grundwissen Philosophie. Reclam TB 20329. Reclam, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-15-020329-3.
  • Klein, Andreas: Willensfreiheit auf dem Prüfstand. Ein anthropologischer Grundbegriff in Philosophie, Neurobiologie und Theologie. Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 2009, ISBN 978-3-7887-2357-6.
  • Lukas, Josef (Hrsg.): Themenheft: Wie frei ist unser Wille? Psychologische Rundschau 55/4, 2004 S. 161–206 (Kommentare dazu in: Psychol. Rdsch. 56/3, 2005 S. 220–239) ISSN 0033-3042.
  • Pauen, Michael: Illusion Freiheit? Mögliche und unmögliche Konsequenzen der Hirnforschung. Fischer, Frankfurt 2004, ISBN 3-10-061910-2.
  • Pauen, Michael und Gerhard Roth: Freiheit, Schuld und Verantwortung. Grundzüge einer naturalistischen Theorie der Willensfreiheit. Suhrkamp, Frankfurt 2008, ISBN 3-518-26012-X.
  • Stompe, Thomas und Hans Schanda (Hrsg.): Der freie Wille und die Schuldfähigkeit in Recht, Psychiatrie und Neurowissenschaften. Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Berlin 2010, ISBN 3-941468-23-5.
  • Wuketis, Franz M.: Die Illusion des freien Willens - Essay. In: APuZ 44-45/2008, S. 3–5.
  • Werth, Reinhard: Die Natur des Bewusstseins – Wie Wahrnehmung und freier Wille im Gehirn entstehen. C.H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60594-9

Einzelnachweise

  1. Henrik Walter: Willensfreiheit, Verantwortlichkeit und Neurowissenschaft.In: Psychologische Rundschau, Band 55, Nr. 4, 2004, S. 171.
  2. Peter van Inwagen: An essay on free will. 2. Aufl., Clarendon Press, Oxford 1986, ISBN 0-19-824624-2 , S. 3.
  3. P. Haggard, M. Eimer: On the relation between brain potentials and the awareness of voluntary movements. In: Experimental Brain Research. 1999, 126, 128–133. PMID 10333013.
  4. J. P. Brasil-Neto, A. Pascual-Leone, J. Valls-Solé, L. G. Cohen, M. Hallett: Focal transcranial magnetic stimulation and response bias in a forced-choice task. In: Journal of Neurology, Neurosurgery and Psychiatry. 1992, 55: 964–966. PMID 1431962.
  5. Während in der Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft behauptet wird, dass damit Entscheidungen prognostiziert wurden, beschränkt sich der Originalartikel Unconscious determinants of free decisions in the human brain in: nature neuroscience 11 (2008), S. 543–545 auf die nachträgliche Feststellung von Zusammenhängen
  6. Geyer 2004, Birbaumer S. 28, Libet S. 287
  7. Werth 2010, Kap. 9 „Warum es einen freien Willen gibt“ S. 153 ff., zum Libet-Experiment S. 161 ff.
  8. Theodor Geiger: Vorstudien zu einer Soziologie des Rechts. Mit einer Einleitung und internationalen Bibliographie zur Rechtssoziologie von Paul Trappe. Luchterhand : Neuwied am Rhein 1964. (zuerst: Kopenhagen 1947). S. 54 ff.
  9. Eugen Muchowski: Die Einheit der Person Zur Frage der Begründbarkeit von Verantwortung im Determinismus In: Widerspruch, Münchner Zeitschrift für Philosophie Nr. 47/ 2008
  10. Eduard Dreher: Die Willensfreiheit. Ein zentrales Problem mit vielen Seiten. C. H. Beck, München 1987, ISBN 3-406-32360-X , S. 11 ff.
  11. Wolfgang Prinz: Kritik des freien Willens: Bemerkungen über eine soziale Institution. In: Psychologische Rundschau, 55 (4), S. 199, 205.
  12. Michael Schmidt-Salomon: Können wir wollen, was wir wollen? Unzeitgemäßes zur Theorie der Willensfreiheit.
  13. Bieri 2003, Kap. 7, S. 230

Weblinks

 Commons: Freier Wille – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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