- Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg
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Friedrich-Werner Erdmann Matthias Johann Bernhard Erich Graf von der Schulenburg (* 20. November 1875 in Kemberg; † 10. November 1944 in Berlin-Plötzensee) war ein deutscher Diplomat und Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Diplomatische Karriere
Er wurde als Sohn des Oberstleutnants Bernhard Graf von der Schulenburg (1839–1902) geboren. 1894 legte er am Wilhelm-Gymnasium in Braunschweig das Abitur ab. Bis 1895 diente er als Einjährig-Freiwilliger im Potsdamer Infanterie-Regiment 9. Er studierte Rechtswissenschaft in Lausanne, München und Berlin. 1900 legt er die zweite juristische Staatsprüfung ab. Ein Jahr später trat er in den konsularischen Dienst des Auswärtigen Amtes ein. 1903 war er Vizekonsul beim Generalkonsulat in Barcelona. In den folgenden Jahren übernahm er Aufgaben in den Konsulaten Lemberg, Prag, Warschau und ab 1911 in Tiflis.
Seit Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 diente Schulenburg in der deutschen Armee. Nach der Marneschlacht im Oktober 1914 wurde er zum Hauptmann einer Geschützbatterie befördert. 1915 wechselte er als deutscher Verbindungsoffizier zur Osmanischen Armee. Er übernahm dort die Aufstellung der Georgischen Legion, einer Einheit georgischer Freiwilliger im Kampf gegen Russland. Er erhielt er das Eiserne Kreuz und hohe türkische Auszeichnungen.
1917 kehrte Schulenburg in den Dienst des Auswärtigen Amtes zurück, wurde im gleichen Jahr Konsul in Beirut, dann in Damaskus. 1918 wurde er Botschafter bei der neu gegründeten Demokratischen Republik Georgien in Tiflis. Nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches internierten ihn zusammen mit Friedrich Freiherr Kreß von Kressenstein[1]die Engländer auf der türkischen Insel Prinkipo, von wo er 1919 nach Deutschland zurückkehrte.
In der Weimarer Republik setzte Schulenburg seine diplomatische Karriere fort, war von 1922 bis 1931 Gesandter in Teheran (Iran), dort besuchte er auch Persepolis, und von 1931 bis 1934 in Bukarest. 1934 wurde er Mitglied der NSDAP und der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt, wechselte als deutscher Botschafter in die Sowjetunion. Schulenburg trat für eine Verständigung zwischen Deutschland und der UdSSR ein, war maßgeblich am Zustandekommen des Deutsch-Sowjetischen Nichtangriffspakts vom August 1939 beteiligt. Bis zuletzt versuchte er, den deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 zu verhindern. Er warnte, Russland sei militärisch stark und seine Industriereserven praktisch unangreifbar.
Nach dem Beginn des Russlandfeldzugs 1941[2] wurde er in Moskau einige Wochen interniert, dann an der türkischen Grenze ausgetauscht. Danach wies das Auswärtige Amt Schulenburg einen Posten ohne politischen Einfluss zu: Er wurde Leiter des Russland-Komitees und damit kaltgestellt.
Im Zweiten Weltkrieg wurden in der Sowjetunion im Auftrag des Reichsministers für die besetzten Ostgebiete, Alfred Rosenberg, erbeutete Akten und Bücher bis Frühjahr 1943 in der Hardenbergstraße 29 in Berlin gesammelt und weiterverteilt. Friedrich Werner Graf von der Schulenburg entnahm sich dort unter anderem etwa 100 Bände meist französischsprachiger Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts, die aus der Bibliothek des Pawlowsk-Palast bei Leningrad stammten.[3]
Widerstandskämpfer
Im Sommer 1943 suchte Carl Friedrich Goerdeler, ein Kopf des deutschen Widerstandes, Kontakt mit Schulenburg. Die beiden diskutierten über Möglichkeiten eines Sonderfriedens mit der Sowjetunion. Später erörterte Schulenburg mit Henning von Tresckow, wie er durch die Ostfront geschleust werden könne, um mit Stalin einen Friedensvertrag auszuhandeln. Die Verschwörer sahen Schulenburg zeitweise als deutschen Außenminister nach dem Staatsstreich vor (Schattenkabinett Beck/Goerdeler).
Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 wurde er verhaftet und wegen Hochverrats angeklagt. Im Prozess vor dem „Volksgerichtshof“ behauptete er vergeblich, von Umsturzplänen nichts gewusst zu haben. Er wurde am 23. Oktober 1944 zum Tode verurteilt und am 10. November 1944 in der Hinrichtungsstätte des Strafgefängnisses Berlin-Plötzensee erhängt. Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg wurde auf dem Braunschweiger Hauptfriedhof bestattet, wo sein Grab heute Teil einer Gedenkstätte für die Beteiligten des Attentates vom 20. Juli 1944 ist.
Privates
In den 1930er Jahren erwarb Schulenburg die Burg Falkenberg in der Oberpfalz. Er ließ die Burg als Altersruhesitz einrichten und sanieren. Unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten wurde die Anlage zwischen 1936 und 1939 restauriert.
Von 1908 bis 1910 war er mit Elisabeth von Sobbe (1875–1955) verheiratet, mit der er die Tochter Christa-Wernfriedis hatte.
Siehe auch
- Persönlichkeiten des 20. Juli 1944
- Widerstand gegen den Nationalsozialismus
- Geschlecht derer von der Schulenburg
- Fritz-Dietlof von der Schulenburg
Literatur
- Sigrid Wegner-Korfes: Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg. Botschafter Nazideutschlands und Mitverschwörer des 20. Juli 1944. In: Olaf Groehler (Hrsg.): Alternativen: Schicksale deutscher Bürger. Verlag der Nation, Berlin 1987, ISBN 3-373-00002-5
- Erich F. Sommer: Botschafter Graf Schulenburg: Der letzte Vertreter des deutschen Reiches in Moskau. Mut-Verlag, Asendorf 1989, ISBN 3-89182-025-9
- Ingeborg Fleischhauer: Diplomatischer Widerstand gegen „Unternehmen Barbarossa“: Die Friedensbemühungen der Deutschen Botschaft Moskau 1939–1941. Ullstein, Berlin, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-550-07504-9
- Gedenkfeier des Auswärtigen Amts zum 100. Geburtstag von Botschafter Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg. Bonn 1975
Weblinks
- Literatur von und über Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biografie bei der Gedenkstätte Deutscher Widerstand
- Verhör vor dem „Volksgerichtshof“, 10. November 1944
- Foto Friedrich-Werner Graf von der Schulenburgs vor dem Volksgerichtshof
- Meine Mission im Kaukasus - General der Artillerie a.D. Friedrich Kress Freiherr von Kressenstein: Die Erinnerungen des kaiserlichen militär-diplomatischen Vertreters im Kaukasus 1918. Volle Zusammenstellung der diplomatisch-wirtschaftlichen Verträge zwischen Deutschland und Georgien von 1918. Verfasst mit der Einleitung von David Paitschadse
Einzelnachweise
- ↑ s. Die Erinnerungen des Generals von Kressenstein "Meine Mission im Kaukasus"
- ↑ An der deutschen Grenze sprungbereit. In: Der Spiegel. Nr. 26, 1965 (online).
- ↑ Anja Heuß:Das Sonderkommando Künsberg und der Kulturgutraub in der Sowjetunion. In: Viertelsjahreshefte für Zeitgeschichte, 45 (1997), H. 4, S. 552
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- Gestorben 1944
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