Geschichte Dilis

Geschichte Dilis
Der Regierungspalast. Davor das Denkmal für Heinrich den Seefahrer

Die Geschichte Dilis beginnt mit der Ankunft der ersten Portugiesen in der Bucht von Dili 1520, doch erst 250 Jahre später wurde die Siedlung zur Hauptstadt der kolonialen Besitzungen der Portugiesen auf den Kleinen Sunda-Inseln. Heute ist Dili die Hauptstadt Osttimors.

Inhaltsverzeichnis

Gründung

Portugiesische Kanone am Hafen von Dili

Dili ist angeblich nach einer tropischen Frucht benannt. Der Name der Frucht soll das erste Wort gewesen sein, das die Portugiesen hörten, als sie 1520 erstmals die Bucht von Dili erreichten.[1] Kurz darauf wurde ein Militärposten und eine kleine Siedlung gegründet. Missionare waren vor allem im nahen Manatuto aktiv.[2]

1730 schloss Gouverneur Pedro de Melo (1729 bis 1731) mit dem Liurai von Manatuto und anderen Herrschern der Region Bündnisse – ein Umstand, der die spätere Verlagerung der kolonialen Hauptstadt von Lifau nach Dili erleichtern sollte. Ein Jahr später errichtete Gouverneur Pedro de Rego Barreto da Gama e Castro (1731 bis 1734) in Manatuto eine portugiesische Garnison.[2]

Am 10. Oktober 1769 begann Gouverneur António José Teles de Meneses mit dem Bau der neuen Hauptstadt, nachdem sie von den Topasses am 11. August 1769 aus Lifau im Westen der Insel vertrieben worden waren. (siehe dazu: Cailaco-Rebellion) Kurz nach der Ankunft Meneses schworen in Dili 42 Liurais Portugal die Treue, darunter Dom Alexandre, Herrscher von Motael, der Portugal vertraglich die gesamte Ebene von Dili bis zu den umgebenden Bergen übertrug. Zudem sicherte Dom Alexandre den Portugiesen Bauholz und, zur Verteidigung der Siedlung, Männer und Pferde zu. Durch die vorhergehenden Kontakte der Dominikaner mit den timoresischen Herrscher, die bereits Missionen in Manatuto und Viqueque gegründet hatten, konnte sich Portugal zu dieser Zeit auf eine relativ große Unterstützung durch die Liurais stützen, wie es später nicht mehr der Fall war. 1772 lebten in Dili neben 40 Europäern viele Inder aus Goa und Mosambik; insgesamt 750 Menschen, wobei die Hälfte Sklaven waren. Ein Feuer zerstörte 1779 große Teile des Archivs mit vielen Dokumenten aus der Gründungszeit.[2]

Der Ort war in den ersten Jahren nicht viel mehr als eine Ansammlung von Holzhütten mit einem Erdwall als äußere Befestigung und einer Kirche. Mit dem Bau der ersten Festung aus Stein wurde am 22. September 1796 unter Gouverneur João Baptista Verquaim (1794–1800) begonnen, da zu diesem Zeitpunkt die mit den Niederlanden verbündeten Reiche Maubara und Sonba'i sich im Krieg mit verschiedenen Vasallen Portugals befanden. Zudem war Dili verwundbar für Angriffe durch andere Kolonialmächte, wie Frankreich und Großbritannien. Unter Gouverneur José Joaquim de Sousa (1800–1803) wurde die Festung mit Kanonen bestückt.[3]

19. Jahrhundert

Boaventura auf dem Integrationsdenkmal in Dili

1813 hatte Dili 1.768 Einwohner, inklusive 688 afrikanischer Sklaven, die einheimische Bevölkerung aber nicht mitgezählt. Auch wenn von diesen Afrikanern heute keine sichtbaren Spuren mehr auf Timor vorhanden sind, so brachte der portugiesische Sklavenhandel doch bis 1830 200 bis 250 mosambikanische Sklaven über den Indischen Ozean nach Ostasien. Abgesehen von der Festung, dem Haus des Gouverneurs und der St. António-Kirche bestand der Ort immer noch nur aus Hütten mit Dächern aus Palmwedeln. Erst 1834 begann Gouverneur José Maria Marques schließlich damit, Dili zu einer wirklichen Stadt auszubauen. Die Stadtrechte erhielt der Ort im Januar 1864.[2]

Von Januar bis April 1861 besuchte der britische Forschungsreisende Alfred Russel Wallace Dili. Er beschreibt den Ort als sogar „noch schäbiger“, als die niederländischen Besitzungen in der Region. Alle Gebäude, auch die Kirche und das Zollhaus, bestanden nur aus Lehm ohne jegliche Dekorationen. Das einzige Steingebäude war das Haus des Gouverneurs, ein kleines weiß getünchtes Gebäude. Den Ort umgaben Sümpfe, weswegen Dili als malariaverseucht galt und, laut Wallace, ständig die Hälfte der europäischen Einwohner Dilis an Fieber litt.[4] Zu dieser Zeit lebten 3.000 Europäer, Inder, Chinesen und Timoresen in Dili.[2]

Während der Rebellion von 1861 wurde Dili durch die aufständischen Liurai von Laclo und Ulmera bedroht. Am 10. Juni erklärte Gouverneur Afonso de Castro den Notstand und ließ Waffen an Zivilisten und sogar an die chinesische Bevölkerung Dilis austeilen. Der Aufstand in Laclo wurde Ende August niedergeschlagen und der Belagerungszustand für Dili wurde aufgehoben. Der Sieg Portugals wurde von Castro ausführlich in Dili gefeiert, inklusive dem traditionellem Likurai-Tanz, der für die vom Krieg heimkehrenden Männer von den Frauen vorgeführt wird. Dazu trug man die Köpfe der erschlagenen Feinde in einer Prozession durch den Ort.[2]

Am 18. September versammelten sich in Dili 1.200 einheimische Krieger, um gegen Ulmera vorzugehen. Ihnen schlossen sich noch 3.000 Mann aus Liquiçá an. Ulmera wurde überrannt und der Herrscher von Ulmera und sein Sohn als Gefangene nach Dili gebracht. Dort wurde eine weitere Siegesfeier veranstaltet, wo der gefangene Liurai niederknien und sich zur Zahlung einer hohen Entschädigungssumme verpflichten musste. Auch die Köpfe der gefallenen Gegner wurden wieder präsentiert. Castro schrieb später über die Rebellion: „Es benötigt Stärke, nicht zum tyrannisieren, sondern um ein träges Volk dazu zu bringen, die Gesetze zu befolgen und zur Arbeit zu zwingen.“ Castros Nachfolger José Manuel Pereira de Almeida (1863 bis 1864) ließ die Befestigungen der Festung ausbauen, Baracken für Soldaten und Offiziere errichten und den Gouverneurssitz erweitern. Auch das Castro-Lahane-Krankenhaus (seit 1860, heute im Suco Mascarenhas), die Brücke und Straße nach Lahane, ein Gefängnis und eine Schule für die Söhne der Liurais wurden fertiggestellt. In ihr unterrichtete als erster der in Übersee ausgebildete timoresische Geistliche Jacob dos Reis e Cunha.[2]

Am 24. August 1866 brannten große Teile Dilis nieder. Die Militärbaracken, das Munitionslager, die Kirche, das Schatzamt, der Gouverneurspalast und 15 private Häuser fielen ihm zu Opfer. Auch letzte Teile des Archivs aus der Zeit von Lifau gingen verloren. Todesopfer gab es keine. Der Gouverneur von Macao rief die Bevölkerung zu Spenden für den Wiederaufbau Dilis auf. Insgesamt konnten 2.630 Patacas gesammelt werden, ein Fünftel davon stammt von der chinesischen Bevölkerung Macaos. 1867 brachte Macaos Gouverneur José Maria da Ponte e Horta persönlich Medikamente und zudem Bilder und Ornamente für die neue Kirche Dilis. Diese erhielt Steinwände und hatte eine Länge von 40 Metern und eine Breite von 10 Metern. An den Seiten hatte sie jeweils acht Fenster, vorne und hinten jeweils zwei. Der Wiederaufbau der Stadt kam aber aufgrund des Mangels an Materialien und Fachkräften nur langsam voran. 1869 wütete eine Choleraepidemie. Gouverneur João Clímaco de Carvalho (1870 bis 1871) dachte zeitweise über eine komplette Verlagerung der Hauptstadt in das klimatisch günstiger und weniger ungesunde Lahane, anderthalb Kilometer von Dilis Zentrum entfernt in den Bergen. Doch die Einwohner wollten aufgrund der Wasserversorgung nicht. In Dili hatte fast jedes Haus einen Brunnen, in Lahane musste man das Wasser von einem etwas entfernten Fluss holen.[5]

1870 kam der Wiederaufbau gut voran. Die wiederaufgebaute Festung Nossa Senhora da Conceição reichte im Westen bis zum Fluss und war im typischen portugiesischen Design gehalten. Die hydrographische Kartographierung des Hafens war abgeschlossen und das Fort Carqueto beschützte die Ankerplätze. Auf der anderen Seite der Bucht stand gegenüber ein Leuchtturm. Am Hauptplatz lag das aus Kalkstein gebaute Gefängnis. Auch Zollhaus, Militärbaracken, Arsenal, Schule und Krankenhaus standen wieder. Der Gouverneurspalast ist auf einer Karte von 1870 allerdings noch als Ruine verzeichnet. Eine Hauptstraße führte von Bidau bis nach Motael. An dieser standen mehrere Privathäuser. Bidau war das kommerzielle Zentrum in dem viele Chinesen, Topasse und Moradores lebten. Die Moradores waren Timoresen, die von Liurais für die portugiesischen Streitkräfte gestellt und finanziert wurden. Mehrere chinesische Handelshäuser entstanden entlang der größeren Straßen. Auch das Stadtviertel von Lahane war bereits aufgebaut. Bis zum Ende des Jahrhunderts entstanden hier, jenseits des malariaverseuchten Tieflands, mehrere Häuser im Kolonialstil und Regierungsgebäude. 1879 beschrieb ein Reisender Dili als „kleine, aufblühende Stadt“ mit 4.114 Einwohnern, von denen 2.498 Katholiken waren. Allerdings fehlten kulturelle Einrichtungen wie Theater, Konzerthäuser, Büchereien oder ein einfacher zentraler Platz als Treffpunkt. So beschäftigten sich die Einwohner in erster Linie mit politischen Diskussionen über die lokalen Autoritäten und der Alkoholkonsum. Portugiesischer Wein war eher selten, meist wurden Alkoholika aus Zuckerrohr und einheimischer Palmwein konsumiert. Immerhin wurde in Dili Weizenbrot gebacken und Tee aus Macao importiert. Die wiederaufgebaute Kirche wurde im August 1879 eingeweiht.[2] 1884 erhielt Dili eine Straßenbeleuchtung, die mit Öl aus Laclubar befeuert wurde.[6]

Das Krankenhaus in Lahane war in drei Bereiche aufgeteilt: Einer für Europäer für vier Rupien, einer für Chinesen für drei Rupien und einer für Einheimische für zwei Rupien pro Tag. Ein Australier beschreibt 1877 das Krankenhaus als ein großes, luftiges und sauberes Gebäude, in dem den Kranken viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde. 1883 wurde der medizinische Offizier J. Gomes da Silva zum Leiter des Macau-Timor Gesundheitsdienst ernannt. Er kreidete mehrere Missstände an. So fehlte im Krankenhaus eine Geburtenabteilung und von allen Friedhöfen von Dili, entsprach nur der chinesische den Grundlagen für die Öffentliche Gesundheit. Zudem kritisierte er, dass zwar die „unzivilisierten“ timoresischen und afrikanischen Soldaten im Lahanefluss badeten, die europäischen aber niemals. Im Gegensatz dazu hatte das niederländische Militär zu diesem Zeitpunkt bereits ein System von wechselnden Badetagen für seine kolonialen Truppen eingeführt. Gerade die Malaria und die mangelnde Hygiene brachten Dili den Ruf als den ungesündesten Hafen des Archipels ein. Diese Beschreibung verwundert nicht, denn die Todesrate in Dili entsprach zwar in etwa jener der Kolonien in Mosambik, war aber dreimal so hoch wie in Macao. 1887 gab es mehrere Tote aufgrund von Durchfallerkrankungen und Beriberi, dem vor allem afrikanische Soldaten zum Opfer fielen.[2]

1887 wurde Gouverneur Alfredo de Lacerda Maia von einer Gruppe Moradores in einem Hinterhalt auf der Straße zwischen Dili und Lahane ermordet. Gruppen von ihnen waren in Dili, Batugade und Manatuto stationiert. Dili fiel während der Revolte der Moradores, laut der Presse in Macao, in „totalen Terror“.[2] Gouverneur Rafael Jácome Lopes de Andrade (1888 bis 1890) führte den Ausbau Dilis weiter, verband die Vororte mit Straßen, sorgte für ein Wasserleitungsnetz und errichtete den Leuchtturm am Hafen. Zwischen Dezember 1893 und Februar 1894 wütete in der Kolonie nochmals die Cholera mit mindestens 1000 Toten. Nach der Revolte von Maubara waren die Leichen der Gefallenen liegen geblieben, was zum Ausbruch der Krankheit vor allem in Maubara führte. Aber auch in Tibar, Atapupu und auf Alor krassierte die Seuche, und selbst Dili blieb nicht verschont.[2]

Beginn des 20. Jahrhundert

Das Kanonenboot Pátria
Schulgebäude in Dili, zwischen 1930 und 1936

Die Meldung über den Sturz der Monarchie Portugals am 6. Oktober 1910 erreichte Dili bereits einen Tag später per Telegramm. Gouverneur Alfredo Augusto Soveral Martins gab am 30. Oktober offiziell die Ausrufung der Republik bekannt, die blau-weiße Flagge des royalen Portugals wurde eingeholt und die neue grün-rote Flagge Portugals wurde unter Abfeuern von 21 Schuss Salut gesetzt. Zu dieser Zeit bildete sich in Dili auch eine Freimaurerloge.[2]

1911 brach die große Rebellion von Manufahi aus. Angeblich versammelten sich am 5. Oktober, zum Jahrestag der Proklamation der Republik, mehrere Liurai in den Vororten von Dili. Nach portugiesischen Berichten aus der Zeit planten sie eine Verschwörung, bei der alle Europäer ermordet werden sollten. Die Anwesenheit eines englischen Handelsschiffs im Hafen von Dili soll sie von ihrem Plan abgebracht haben.[2]

Am 19. Februar 1912 meldete der Sydney Morning Herald:

„Der Großteil der Insel Timor ist in Aufruhr. Männer des Rameastammes überfielen Dili, töteten viele Einwohner und brannten viele Häuser nieder. Major Ingley, Leutnant Silva und mehrere Soldaten wurden während der Straßenkämpfe getötet. Die Köpfe wurden von den Rebellen abgeschnitten und auf Pfähle gesteckt. Das Regierungsgebäude wurde geplündert.[2]

Der Bericht übertrieb die Situation, doch Dili wurde tatsächlich schwer in Mitleidenschaft gezogen und europäische Familien evakuiert. Dennoch konnte die Stadt durch eilig zusammengesuchte Verteidiger vor einer Plünderung bewahrt werden. Zur Verstärkung schickte Portugal von Macao aus das Kanonenboot Pátria, das am 6. Februar eintraf. Am 11. Februar erreichte Dili das englische Dampfschiff St. Albans mit 75 Soldaten (zur Hälfte Europäer) der Companhia Europeia da India und am 15. Februar das englische Schiff Aldenam mit der achten Companhia Indigena de Moçambique.[2]

Dili hatte am 31. Dezember 1927 laut einer Volkszählung 8.136 Einwohner. Zu Beginn des Estado Novo entstanden eine Vielzahl von kolonialen Bauten, wie die Residenz des Gouverneurs in Lahane, der Gouverneurspalast (heute der Regierungspalast), das Gebäude des Stadtrats und andere Verwaltungsgebäude, aber auch neue Schulen. 1937 wurde der Sportverein Sport, Lisboa e Dili gegründet und im folgenden Jahr die Associacão de Beneficencia de Timor, die sich für die Wohlfahrt einsetzte.[2]

Der Zweite Weltkrieg (1942 bis 1945)

Siehe auch: Schlacht um Timor

Portugal war während des Zweiten Weltkrieges neutral. Allerdings befürchteten die Alliierten, dass das militärisch schwache Portugiesisch-Timor von den Japanern als Brücke nach Australien verwendet werden könnte, weswegen Niederländer und Australier 1941 die Kolonie kurzzeitig besetzten. In der Nacht vom 19. auf den 20. Februar 1942 griffen die Japaner mit 20.000 Mann an und besetzten Dili und nach und nach den Rest Timors. Dili war danach ständiges Ziel alliierter Bombenangriffe. So bombardierten ab Ende 1942 einmal pro Woche zwei bis drei alliierte Flugzeuge Dili, ab November sogar täglich, was sowohl japanische, als auch timoresische und chinesische Opfer forderte. Hauptziele waren unter anderem das japanische Konsulat (November 1942), die Radiostation (März 1943), ein portugiesisches Schiff und das Krankenhaus (Februar 1944). Die Bevölkerung hatte bereits im Juni 1942 die Stadt verlassen. Am 26. September 1945 fand die offizielle Zeremonie der Kapitulation der Japaner in Portugiesisch-Timor und der Rückgabe der Macht an Portugal in Dili statt. Bereits am nächsten Tag trafen die langerwarteten portugiesischen Schiffe Bartolomeu Dias und Zarco in Dili ein. Nochmals zwei Tage später erreichten portugiesische Truppentransporter mit über 2.000 Soldaten (Infanterie, Pioniere und Artillerie) die Kolonie. Mit an Bord waren Nahrungsmittel und Baumaterial. Die Ankunft der Schiffe wurde in Dili gefeiert. Anwesend waren die meisten der in der Kolonie verbliebenen Portugiesen, viele Timoresen, die Kommandanten von Baucau und Manatuto und loyale Liurais und Dorfchefs. Die neoklassizistische Kathedrale und das Gebäude des Stadtrats überstanden den Zweiten Weltkrieg nicht.[7]

Die letzten Kolonialjahre (1945 bis 1975)

Denkmal in Dili zum 500. Todestag von Heinrich dem Seefahrer 1960

Der Wiederaufbau verlief schleppend. Erst unter Gouverneur Oberst Temudo Barata (1959–1963) wurde der Hafen und die Strom- und Wasserversorgung wieder hergestellt. Ebenso wurden Schulen, das Krankenhaus und Brücken wieder aufgebaut. Unter General José Alberty Correia (Gouverneur 1963–1968) wurde eine 24-Stunden-Stromversorgung aufgebaut und die Stadt weiter modernisiert. Verschiedene Bauwerke wurden errichtet: Das Telekommunikationszentrum, die Technische Schule, die Post und das Gefängnis. Der Seehafen wurde modernisiert und ausgebaut. Mit neuen Lagerhäusern war es nun möglich Schiffe bis zu einer Größe von 7.000 Tonnen zu bedienen, wie die India und die Timor der Companhia Colonial de Navegação. Gouverneur José Nogueira Valente Pires (1968–1972) sorgte für neue Viertel mit Sozialwohnungen, um den Gesundheitszustand der Einwohner zu verbessern. Dili hatte nun etwa 10.000 Einwohner. Neben Europäern und Timoresen waren dies auch kleine chinesische und arabische Gemeinden. Die Portugiesen waren zumeist Kolonialbeamte, Soldaten oder ins Exil Verbannte (deportados). Daneben gab es ein paar Hotelbesitzer und Händler, die gegen das chinesische Monopol arbeiteten. Viele davon hatten Timoresinnen geheiratet. Die meisten Europäer lebten im Viertel Farol (Parol), das zu Motael gehört.

Nach der Nelkenrevolution 1974 sollte die Kolonie auf die Unabhängigkeit vorbereitet werden, doch als sich eine Dominanz der linksgerichteten FRETILIN abzeichnete, kam es 1975 in Dili zu Straßenkämpfen zwischen ihr und der konservativen UDT. Portugals letzter Gouverneur Mário Lemos Pires floh auf die Dili vorgelagerte Insel Atauro, von wo aus er erfolglos versuchte, zwischen den Parteien zu vermitteln. Die FRETILIN ging aus den Kämpfen als Sieger vor, doch inzwischen hatte Indonesien begonnen, mit als UDT-Anhängern getarnten Truppen nach und nach das Grenzland zu besetzen. Angesichts der Bedrohung hoffte die FRETILIN auf internationale Unterstützung und erklärte daher am 28. November 1975 Osttimor von Portugal unabhängig. Neun Tage später, am 7. Dezember, begannen indonesische Truppen offiziell mit der Invasion des Landes und besetzten Dili.[8]

Indonesische Besatzungszeit (1975 bis 1999)

Friedhof von Santa Cruz
8. September 1999: Dili in Flammen
Australische INTERFET-Soldaten in Dili 2000

Unter dem FALINTIL-Chef Xanana Gusmão begann der timoresische Widerstand, mit Guerillataktiken gegen die Besatzer vorzugehen. Am 10. Juni 1980 griffen FALINTIL-Einheiten einen Fernsehsender am Rande der Hauptstadt Dili an. Es war der erste größere Angriff, auch „levantamento“ (port.: Erhebung, Aufstand) genannt, seit der fast völligen Zerschlagung der Widerstandsbewegung im Jahre 1978. Das indonesische Militär tötete als Reaktion darauf über 100 Menschen und folterte oder verbannte Angehörige von Widerstandskämpfern auf die als Gefängnisinsel benutzte Insel Atauro.[9]

Papst Johannes Paul II. besuchte Dili am 12. Oktober 1989. Nach der Messe entfaltete eine Gruppe junger Leute Transparente. Sie riefen laut nach Selbstbestimmung und gegen Menschrechtsverletzungen. Auf diesen für Indonesien peinlichen Moment folgte eine Welle von Verhaftungen und Folter. Der amerikanische Botschafter in Jakarta, John Monjo, reiste in Januar 1990 nach Dili, um die Foltervorwürfe zu untersuchen. Vor seinem Aufenthaltsort, dem Turismo Hotel in Dili, kam es an drei aufeinanderfolgenden Tagen zu kleineren Demonstrationen. Am 12. November 1991 forderte ein Massaker nach einer Beerdigung auf dem Friedhof Santa Cruz über 200 Todesopfer. Der damalige indonesische Gouverneur Mário Viegas Carrascalão deckte dabei unter anderem geheime Exekutionen durch indonesische Soldaten auf.[10]

Im folgenden Jahr wurde der Bürgermeister José Abílio Osório Soares Gouverneur der Provinz und beteiligte sich maßgeblich an dem Aufbau der Milizen, die im ganzen Land Terror und Angst verbreiteten. Nach dem Unabhängigkeitsreferendum am 30. August 1999, eskalierte die Gewalt. Als am 4. September das Ergebnis veröffentlicht wurde, das sich für die Unabhängigkeit aussprach, zogen die pro-indonesischen Milizen plündernd und mordend durch die Stadt. 67 Menschen starben, etwa die Hälfte der Gebäude wurden dabei beschädigt.[11]

Unabhängigkeit

Anti-Alkatiri-Demonstration in Dili 2005

Am 20. September 1999 landeten die ersten Einheiten der internationalen Friedenstruppe INTERFET, darunter hauptsächlich Angehörige der australischen Luftwaffe RAAF, auf dem Flughafen bei Dili. Es kam zu leichten Zusammenstößen mit Mitgliedern der Milizen, bei denen es mehrere Festnahmen gab. Nach wenigen Tagen hatte die Eingreiftruppe die Lage vollständig unter Kontrolle. Die meisten Milizen hatten sich bereits in den Westteil der Insel zurückgezogen. Die Vereinten Nationen übernahmen die Verwaltung des Landes. Am 20. Mai 2002 wurde Dili schließlich Hauptstadt des unabhängigen Staates Osttimor.[2]

Einen Tag nach der Verhaftung eines Studenten wurden am 4. Dezember 2002 bei Unruhen in Dili und anderen Orten Osttimors das Haus von Premierminister Marí Alkatiri und Regierungsfahrzeuge angezündet. Als die Randalierer zu der Polizeistation gingen, eröffnete die Polizei das Feuer. Studenten trugen die Leiche eines Kommilitonen zum Parlamentsgebäude, wo es dann zu Kämpfen mit der Polizei kam. Es wurden Geschäfte geplündert, die zumeist chinesischen Händlern gehörten. Der Supermarkt Hello Mister wurde angezündet. Wieder schoss die Polizei auf die Randalierer und vier weitere Studenten wurden getötet. Alkatiri leitete eine Untersuchung ein und machte ausländischen Einfluss für die Vorfälle verantwortlich.[12]

Flüchtlingslager in Balide 2006

Ende April bis Oktober 2006 erschütterten die schwersten Unruhen seit der Unabhängigkeit die Hauptstadt und das Land, nachdem 600 Soldaten der Streitkräfte aufgrund von Missständen desertiert waren. Zusätzlich bekämpften sich Jugendbanden aus dem West- und dem Ostteil des Landes. Zwischen den Rebellen, loyalen Soldaten und der Polizei kam es zu Schießereien. Am 25. Mai wurden mindestens acht Polizisten durch meuternde Soldaten erschossen und 25 weitere Menschen verletzt. Tausende Häuser wurden niedergebrannt, mindestens 45 Menschen starben. Schließlich musste Premierminister Alkatiri zurücktreten. Auch der Einsatz einer internationalen Interventionstruppe konnte zuerst nicht für Ruhe sorgen. Seit dem 13. September ist eine neue Polizeimission der Vereinten Nationen im Einsatz. Die UN-Mission (UNMIT) soll mit bis zu 1.600 Polizisten für Ruhe und Ordnung sorgen. Ein Großteil der Einwohner Dilis musste in Flüchtlingslagern und Kirchen Zuflucht suchen. Zeitweise lebten landesweit 100.000 Menschen in Notzeltlagern der Regierung. Anfang 2008 waren es allein in Dili noch 23.000. Seitdem hat die Regierung die Lebensmittelhilfen für die Flüchtlinge eingestellt und bietet jeder rückkehrenden Familie 1.500 bis 4.500 US-Dollar an. Ihre Zahl nimmt nun langsam ab. Seit Ende 2007 funktioniert die Stromversorgung der Hauptstadt wieder verhältnismäßig reibungslos.[13]

Hauptartikel: Unruhen in Osttimor 2006

Im Februar 2008 übernahm erstmals die Nationalpolizei Osttimors wieder die Verantwortung für die Sicherheit in der Hauptstadt. Nur wenige Tage später führte der Chef der Rebellen Alfredo Reinado einige seiner Männer nach Dili. Es kam zu einem Feuergefecht im Wohnhaus von Staatspräsident José Ramos-Horta, bei dem Reinado und ein weiterer Rebell ums Leben kamen und der Staatspräsident und einer seiner Leibwächter schwer verletzt wurden. Kurz darauf überfielen Rebellen auch das Wohnhaus und die Wagenkolonne von Premierminister Xanana Gusmão, der aber unverletzt entkommen konnte. Es wurde der Notstand ausgerufen und 1.000 Polizisten und Soldaten durchsuchten die Stadt und nähere Umgebung nach den Tätern.[14]

Einzelnachweise

  1. Phillip Adams, Late Night Live in Timor.Leste
  2. a b c d e f g h i j k l m n o p q History of Timor – Technische Universität Lissabon
  3. Colonial Voyage: Chronik der portugiesischen Ausbreitung auf Timor
  4. Alfred Russel Wallace: The Malay Archipelago
  5. Monika Schlicher: Portugal in Osttimor. Eine kritische Untersuchung zur portugiesischen Kolonialgeschichte in Osttimor 1850 bis 1912. Abera, Hamburg 1996, ISBN 3-931567-08-7, (Abera Network Asia-Pacific 4), (Zugleich: Heidelberg, Univ., Diss, 1994).
  6. Frédéric Durand: Three centuries of violence and struggle in East Timor (1726-2008), Online Encyclodpedia of Mass Violence
  7. Einzelnachweise, siehe Artikel Schlacht um Timor
  8. Timor-Leste [Mémória - Chronology] (englisch)
  9. „Part 3: The History of the Conflict“ aus dem „Chega!“-Report der CAVR (englisch)
  10. Einzelnachweise, siehe Hauptartikel Santa-Cruz-Massaker
  11. Dili District Development Plan 2002/2003 (englisch)
  12. UNMISET Report on 4 December 2002 Civil Disturbance in Dili
  13. Einzelnachweise, siehe Hauptartikel Unruhen in Osttimor 2006
  14. Einzelnachweise, siehe Hauptartikel Attentat vom 11. Februar 2008 in Dili

Siehe auch

Literatur

  • Monika Schlicher: Portugal in Osttimor. Eine kritische Untersuchung zur portugiesischen Kolonialgeschichte in Osttimor 1850 bis 1912. Abera, Hamburg 1996, ISBN 3-931567-08-7, (Abera Network Asia-Pacific 4), (Zugleich: Heidelberg, Univ., Diss, 1994).

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Geschichte Osttimors — Flagge von Osttimor Die Lage Osttimors …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte der Araber in Osttimor — Ein Angehöriger der arabischstämmigen Bevölkerung: der ehemalige Premierminister Marí Bin Amude Alkatiri Die Geschichte der Araber in Osttimor reicht bis in die vorkoloniale Zeit zurück. Neben malaiischen und chinesischen Händlern reisten auch… …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte der Chinesen auf Timor — Hakka Hochzeit in Osttimor 2006 Die Geschichte der Chinesen auf Timor reicht bis in das 10. Jahrhundert zurück. Noch bevor die Europäer die Region erreichten, hatten die Timoresen Kontakt mit chinesischen Händlern, die die Insel besuchten. Später …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte der Chinesischen Minderheit in Osttimor — Hakka Hochzeit in Osttimor 2006 Die Geschichte der Chinesen auf Timor reicht bis in das 10. Jahrhundert zurück. Noch bevor die Europäer die Region erreichten, hatten die Timoresen Kontakt mit chinesischen Händlern, die die Insel besuchten. Später …   Deutsch Wikipedia

  • Dili — Díli Dili …   Deutsch Wikipedia

  • Zeittafel Osttimor — Die Zeittafel Osttimor gibt die Ereignisse der Geschichte Osttimors und der Kolonie Portugiesisch Timor wieder. Inhaltsverzeichnis 1 Vorkoloniale Zeit 2 Kolonialzeit 2.1 1511 bis 1769 2.2 …   Deutsch Wikipedia

  • Dili (Distrikt) — Distrikt von Dili Daten Hauptstadt Dili Fläche …   Deutsch Wikipedia

  • Colmera — Suco Colmera Daten Fläche 0,58 km²[1] Einwohnerzahl 3.315 (2010) …   Deutsch Wikipedia

  • Santa Cruz (Dili) — Suco Santa Cruz Daten Fläche 0,48 km²[1] Einwohnerzahl 5.195 (2010) …   Deutsch Wikipedia

  • Bemori — Suco Bemori Daten Fläche 0,59 km²[1] Einwohnerzahl 5.527 (2010) …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”