Internationaler Slavistenkongress

Internationaler Slavistenkongress

Der Internationale Slawistenkongress (russ. Международный съезд славистов/Meschdunarodny sjesd slawistow, transliteriert Meždunarodnyj s”ezd slavistov; engl. International Congress of Slav(ic)ists) ist die seit 1929 fünfjährlich stattfindende zentrale Konferenz der weltweiten Slawistik. Er wird vom Internationalen Slawistenkomitee veranstaltet und findet stets in einem slawischsprachigen Land statt.

Am letzten Slawistenkongress 2008 in Ohrid haben rund 700 Literatur- und Sprachwissenschaftler(innen) aus vierzig Ländern teilgenommen.

Kongresssprachen sind traditionell alle slawischen Sprachen, Englisch, Französisch und Deutsch, wobei nicht gedolmetscht wird. Dies führt dazu, dass es z. B. immer wieder auch Vorträge und Diskussionsbeiträge auf Niedersorbisch gibt. Der berühmteste Fall eines Vortrags in einer selten gesprochenen Sprache ist Reinhold Oleschs Vortrag „Okcent venst’ă recĕ“ („Der dravänopolabische Wortakzent“) 1973 in Warschau in der seit 200 Jahren ausgestorbenen Sprache Dravänopolabisch.[1] Viele zentrale Informationen über den Kongress werden jedoch entweder nur in der Sprache des Gastgeberlandes oder zusätzlich auf Russisch und Englisch angeboten.[2]

Am letzten Tag eines Slawistenkongresses wird aus den Reihen der Vorsitzenden der nationalen Verbände ein neuer Vorsitzender des Internationalen Slawistenkomitees gewählt, der fünf Jahre im Amt bleibt und den nächsten Kongress in seinem Land durchführt. (Derzeit amtiert der Weißrusse Aljaksandr Lukaschanez, so dass der nächste Internationale Slawistenkongress in Weißrussland stattfinden wird.)

Der Internationale Slawistenkongress sollte nicht mit den Slawenkongressen des 19. und 20. Jahrhunderts verwechselt werden, zu denen keine Verbindung besteht.

Chronologie

Nachdem der erste Internationale Slawistenkongress am Ort des Prager Linguistenkreises initiiert wurde, fanden die ersten zehn Kongresse je zweimal in den damals nur fünf slawischen Ländern statt (bis zum siebten Kongress stets in den Hauptstädten). Seit dem Ende des Kalten Krieges ist die Reihenfolge gelockert, und es kommen vermehrt die acht „neuen“ slawischen Staaten zum Zuge.

Nr. Jahr Datum Ort Anmerkungen
I 1929 Prag
II 1934 Warschau
(III) (1939) (18.–25.9.) Belgrad geplant, aber aus Protest gegen den Überfall Deutschlands auf Polen am 1.9. abgesagt
(1955) Belgrad außerordentlicher Kongress, an dem das Internationale Slawistenkomitee gegründet wurde, das die weiteren Kongresse veranstaltete[3]
IV 1958 Moskau erster regulärer Kongress in einem kommunistischen Land, nach insgesamt 24 Jahren Pause durch den Zweiten Weltkrieg und den Beginn des Kalten Krieges
V 1963 Sept. Sofia
VI 1968 7.–13.8. Prag im Prager Frühling, kurz vor dem Einmarsch sowjetischer Truppen am 21.8.
VII 1973 21.–27.8. Warschau
VIII 1978 3.–9.9. Ljubljana und Zagreb
IX 1983 6.–14.9. Kiew
X 1988 14.–22.9. Sofia letzter Kongress in einem kommunistischen Land
XI 1993 30.8.–9.9. Bratislava Der Kongress war turnusgemäß an die Tschechoslowakei vergeben worden und fand acht Monate nach der Unabhängigkeit der Slowakei statt.
XII 1998 26.8.–3.9. Krakau
XIII 2003 15.–21.8. Ljubljana
XIV 2008 10.–16.9. Ohrid
XV 2013 Minsk geplant

Teilnahme

Über die Teilnahme am Internationalen Slawistenkongress entscheiden die nationalen Slawistenverbände nach je eigenen Regeln, nachdem das Internationale Slawistenkomitee, das aus den Vorsitzenden der nationalen Verbände besteht, jedem Land ein Kontingent zugewiesen hat. Für den Kongress 2008 galten folgende Kontingente für die slawischen (*) und nichtslawischen Länder[4]:

Neben diesen 600 Einzelvorträgen gab es Themenblöcke, runde Tische und Kommissionssitzungen.

Einzelnachweise

  1. Das Manuskript des Vortrags war 25 Jahre lang verschollen und wurde erst nach seinem Tod wiederentdeckt: Reinhold Olesch: Okcent venst’ă recĕ – Der dravänopolabische Wortakzent. Hg. Hans Rothe, Angelika Lauhus. Köln, Weimar, Wien: Böhlau 1998 (ISBN 3-412-08398-4). Vgl. Angelika Lauhus und Bodo Zelinsky: Vorwort, in: Slavistische Forschungen: In memoriam Reinhold Olesch, Köln, Weimar, Wien: Böhlau 2005 (ISBN 3-412-12305-6), S. IX–XV, hier S. XII–XIII.
  2. Vgl. die Homepage des 14. Internationalen Slawistenkongresses in Ohrid.
  3. Vgl. Norbert Franz, „Das Internationale Slavistenkomitee“, in: Bulletin der deutschen Slavistik 2 (1996), S. 74–76, hier S. 74.
  4. Vgl. International Congress of Slavists: General Information beim American Committee of Slavists

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