Karry

Karry
Heinz-Herbert Karry auf dem FDP-Bundesparteitag 1977

Heinz-Herbert Karry (* 6. März 1920 in Frankfurt am Main; † 11. Mai 1981 ebenda) war ein deutscher Politiker (FDP).

Inhaltsverzeichnis

Leben und politische Laufbahn

Karry besuchte die Helmholtzschule und absolvierte anschließend eine kaufmännische Lehre. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde er als „Halbjude“ verfolgt und zeitweise als Zwangsarbeiter verpflichtet. 1945 ließ er sich als selbständiger Kaufmann und Vermögensverwalter in Frankfurt am Main nieder. Zunächst Mitglied der Gesellschaft für Bürgerrechte, trat er 1949 in die FDP ein. Er wurde Mitglied des Kreisvorstandes, seit 1958 des Landesvorstandes sowie des Bundesvorstandes, später Landes- und Bundesschatzmeister.

1960 bis 1972 war er ehrenamtlicher Stadtrat für Frankfurt-Bornheim, 1960 bis 1978 Mitglied des hessischen Landtags, dessen stellvertretender Vorsitzender er 1963 bis 1968 war. 1968 bis 1970 war er Vorsitzender der Landtagsfraktion der FDP, für die er 1970 auch als Spitzenkandidat zur Landtagswahl kandidierte[1]. Seit 1974 war Karry auch Bundesschatzmeister und Mitglied des Bundesvorstandes der FDP[2]. Karry war in der Zeit, in welcher die Gelder im Zusammenhang mit der "Flick-Affäre" der FDP zuflossen, Schatzmeister der FDP.[3]

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Karry war ab 1970 hessischer Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident in der sozialliberalen Koalition unter Ministerpräsident Albert Osswald. In Frankfurt am Main setzte er sich u.a. für den Wiederaufbau der Alten Oper ein. Des Weiteren ist ein Bürgschaftssystem für klein- und mittelständische Betriebe auf ihn zurückzuführen. Heinz Herbert Karry betrieb als erster Wirtschaftsminister eines Bundeslandes – neben seinen Schwerpunkten Verkehrs-, Mittelstands- und Innovationspolitik – aktiv Handelspolitik, etwa bei seinen Besuchen in der Volksrepublik China – welche in dieser Zeit die ersten gemeinsamen deutsch-chinesischen Joint-Ventures zuließ – oder mit den Arabischen Staaten.

Karrys Eintreten für die Startbahn West

Als hessischer Wirtschaftsminister ordnete Heinz-Herbert Karry 1980 auch die sofortige Umsetzung des Beschlusses zum Bau der Startbahn West des Frankfurter Flughafens an.

Die Meinungen über die Startbahn West teilten zu dieser Zeit die Gemüter des Rhein-Main-Gebiets bzw. der gesamten Region Südhessen. Für die einen bedeutete die Erweiterung des Frankfurter Flughafens einen ökologischen Fluch, da sie mit einer deutlichen Erhöhung der Lärmbelästigung sowie weiteren Natureingriffen verbunden war. Für die anderen bedeutete sie einen wirtschaftlichen Segen, da der Flughafen Frankfurt - mittlerweile - der größte Arbeitgeber Hessens ist und viele Menschen durch die Flughafenerweiterung ihre wirtschaftliche Existenz gesichert bzw. in deren Unterlassung dieselbe bedroht sahen. Doch durch die Umsetzung von Wirtschaftsinteressen wurde er letztlich nicht nur für die überwiegend vielen friedlich gesinnten Startbahngegner, sondern auch für die militanten Gegner bis hin zu den Linksterroristen wie den Revolutionären Zellen zur Reizfigur [4].

Ermordung

Heinz-Herbert Karry wurde am 11. Mai 1981 in seiner Wohnung im Frankfurter Stadtteil Seckbach im Schlaf angeschossen. Vier der sechs abgeschossenen Kugeln trafen. Dabei wurde er im Bauchraum getroffen und eine Arterie verletzt. Die starken inneren Blutungen führten innerhalb von einer halben Stunde zum Tod[5]. Später tauchte ein Bekennerschreiben der Revolutionären Zellen auf. Dort wird ausgeführt, es seien „mehrere Schüsse in seine Beine“ beabsichtigt gewesen, also nicht der Tod Karrys, sondern eine schwere Verletzung.[6]

Die Tat ist bis heute nicht aufgeklärt, daher wurde die Täterschaft der Revolutionären Zellen nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Der ehemalige Generalbundesanwalt Kurt Rebmann erklärte, dass er aufgrund der Beweislage die Täterschaft der Revolutionären Zellen als die wahrscheinlichste ansehe. Er verweist im selben Interview darauf, dass diese Gruppe jedoch vorher und nachher nie Tötungsdelikte begangen habe.[7]

Karry war damit der erste Minister der deutschen Nachkriegsgeschichte, der einem Attentat zum Opfer fiel. Nach einem Staatsakt in der Frankfurter Paulskirche zog eine Trauergemeinde von mehreren tausend Menschen in einem Schweigemarsch durch die Frankfurter Innenstadt.

Bezüglich der Ermordung Karrys wurde später eine Verbindung zum Grünen-Politiker Joschka Fischer offenbar: Sein Auto sei im Jahre 1973 für den Transport der späteren Tatwaffe verwendet worden. Fischer meinte dazu, er habe dem Terroristen Hans-Joachim Klein den Wagen lediglich gegeben, um von ihm einen neuen Motor einbauen zu lassen. Erst später habe er erfahren, dass mit dem Auto Waffen transportiert wurden, die aus einer amerikanischen Kaserne gestohlen worden waren.

Ehrungen

Karry war Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband (1979), der Ehrenplakette der Stadt Frankfurt am Main (1970) und der Silbernen Römerplakette (1973). Er erhielt ein Staatsbegräbnis auf dem Hauptfriedhof. In Frankfurt-Seckbach wurde die Rotenburger Straße in Heinz-Herbert-Karry-Straße umbenannt.

Heinz Herbert Karry-Stiftung

Die 1982 gegründete Heinz Herbert Karry-Stiftung verleiht den Heinz Herbert Karry-Preis an „Persönlichkeiten, die sich um das Gedeihen und den Ausbau des freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaats verdient gemacht haben“. Vorsitzende der Stiftung sind: Ruth Wagner (MdL), Raimund A. Bach, Christian Graf Dohna, Wolfgang Gerhardt (MdB), Ronald E. Karry, Dieter Posch (MdL). Der Preis wurde bisher an folgende Personen vergeben[8]:

1983 Theodor Eschenburg
1985 Wolf Graf Baudissin
1987 Ernst Benda
1989 Otto Esser
1991 Liselotte Funcke
1993 Ignatz Bubis
1995 Hermann Rappe
1997 Manfred Rommel
1999 Johann Phillipp Freiherr von Bethmann
2001 Richard Schröder
2003 Jutta Limbach
2005 Joachim Gauck
2007 Paul Kirchhof[9]

Literatur

  • Manfred Mays: Heinz Herbert Karry. HörbucHHamburg, Hamburg, 1999
  • Heinz Herbert Karry-Stiftung (Herausgeber): Heinz Herbert Karry 1920 – 1981 Zum Gedenken, Melsungen, 2008

Weblinks

Quellen

  1. Hessischer Rundfunk: "Der hessische Außenminister", 10.05.2006
  2. Ruth Wagner: Heinz Herbert Karry – Ein Leben für Freiheit und Liberalismus, in: Heinz Herbert Karry 1920 – 1981, Seite: 7-9
  3. sueddeutsche: Flick-Affäre. Die „gekaufte Republik”, 06.10.2006
  4. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 17.04.2009, Nr. 15, S. R 1.
  5. Archiv der Gegenwart, Band 8 1979 - 1985, Siedler Verlag, St. Augustin, ISBN 3-87748-611-8, S. 7484
  6. Aktion gegen den hessischen Wirtschaftminister Karry (Mai 81), Revolutionäre Zellen, Mai 1981, nach: Die Früchte des Zorns. Texte und Materialien zur Geschichte der Revolutionären Zellen und der Roten Zora. - Band 2, ID- Archiv im IISG (Hg.), ID-Verlag, Amsterdam 1993, S. 450 - 454
  7. Interview Kurt Rebmann
  8. Heinz Herbert Karry-Stiftung, in: Heinz Herbert Karry 1920 – 1981, Seite: 49-53
  9. Rede von Ruth Wagner zur Preisverleihung

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