- Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates
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Der Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates ist die institutionelle Vertretung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der 47 Mitgliedsstaaten des Europarates. Der Kongress besteht aus zwei Kammern, der Kammer der Gemeinden und der Kammer der Regionen. Die Plenarsitzungen des Kongresses werden im Europapalast (Palais de l’Europe) in Straßburg abgehalten, wo auch das Kongresssekretariat seinen Sitz hat.
Inhaltsverzeichnis
Entstehungsgeschichte
Die Geschichte des Kongresses spiegelt die über fünfzigjährige Entwicklung der Lokal- und Regionaldemokratie in Europa wider. Der Kongress der Gemeinden und Regionen wurde in seiner jetzigen Form am 14. Januar 1994 mit der Statuarischen Entschließung 94(3) des Ministerkomitees des Europarates als Nachfolgeinstitution der Ständigen Konferenz der Gemeinden und Regionen Europas gegründet.
Die erste Konferenz der Gemeinden wurde 1957 ins Leben gerufen. Die erste Sitzung fand am 12. Januar 1957 in Straßburg unter dem Vorsitz des französischen Politikers Jacques Chaban-Delmas statt, welcher von Januar 1957 bis Januar 1960 als Präsident der Konferenz tätig war. Im Jahr 1974 wurden offizielle Vertreter der Regionen in die Konferenz aufgenommen. Seit 1979 nennt sie sich 'Ständige Konferenz der Gemeinden und Regionen Europas'.
Am 15. Oktober 1985 gab die Ständige Konferenz die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung zur Unterschrift frei, mit welcher der essentiellen Bedeutung der lokalen Selbstverwaltung für die Demokratie Rechnung getragen wurde. Die Charta wurde seitdem von fast allen Mitgliedstaaten der Europarates ratifiziert. Die Ständige Konferenz beantragte 1994 beim Ministerkomitee ihren Status zu stärken und wurde daraufhin in den gegenwärtigen Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates umgewandelt. Im Jahr 1998 trat die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen in Kraft.
Beim Gipfeltreffen des Europarates 2005 in Warschau betonten die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Europarates die Wichtigkeit der Lokal- und Regionaldemokratie für Europa und hoben die Bedeutung des Kongresses und seines Auftrages hervor, indem sie ihm weiterhin Unterstützung für das Mandat zusagten. Im gleichen Jahr wurde ein Abkommen zur Zusammenarbeit mit dem Ausschuss der Regionen der Europäischen Union geschlossen.
Das Ministerkomitee hat am 2. Mai 2007 eine neue Statuarische Entschließung und eine neue Charta für den Kongress der Gemeinden und Regionen verabschiedet. Die Veränderungen sind auf die neuen Anforderungen des Kongresses zurückzuführen. Neben seiner beratenden Tätigkeit werden die Wahlbeobachtung bei Regional- und Kommunalwahlen sowie eine enge Zusammenarbeit mit den nationalen Verbänden der Gebietskörperschaften und anderen europäischen Partnern (insbesondere dem Ausschuss der Regionen) als weitere Aufgaben des Kongresses identifiziert.
Rolle
Der Kongress ist die Stimme der 200.000 Regionen und Gemeinden Europas und bietet ein Diskussionsforum für deren gewählte Vertreter, in dem sie gemeinsame Belange diskutieren, Erfahrungen austauschen und Politikvorschläge entwickeln können. Zielsetzungen des Kongresses sind die Stärkung der Demokratie und die Verbesserung der lokalen und regionalen Dienstleistungen. Dabei beschäftigt er sich mit spezifischen Themen wie etwa u.a. Bürgerbeteiligung, städtische Sicherheit, interkultureller und interreligiöser Dialog, Migration, nachhaltige Entwicklung von Gebietskörperschaften, Kultur und Bildung und Kampf gegen Menschenhandel. Der Kongress möchte mit seiner Arbeit auf die verschiedenen Herausforderungen eingehen, welchen die Gemeinden und Regionen heutzutage in Europa gegenüberstehen sowie die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden und den Regionen fördern. Der Kongress verabschiedet in seiner beratenden Funktion Empfehlungen und Meinungen zu den betreffenden Themen und stellt diese dem Ministerkomitee und/oder der Parlamentarischen Versammlung vor. Er verabschiedet auch Resolutionen und stellt diese den Gemeinden und Regionalbehörden vor. Auch die Wahlbeobachtung bei Gemeinderats-, Landtags- bzw. Kantonswahlen in den Mitgliedstaaten zählt zu den Aufgaben des Kongresses. Bei seinen Zielen wird der Kongress von diversen Partnern unterstützt: nationale und internationale Verbände, Beobachter und weitere Partner.
Zum Zwecke des Monitorings der Lokaldemokratie erstellt der Kongress hauptsächlich zwei Arten von Berichten:
- Monitoringberichte[1]: diese zeigen die Entwicklungen im Bereich der Kommunal- und Regionaldemokratie in den Mitgliedstaaten des Europarates auf und werden einzeln für die Länder erstellt. Die Monitoringtätigkeit stellt eine wichtige Grundlage dar, um in einen konstruktiven politischen Dialog zum Thema Kommunal- und Regionaldemokratie mit den Behörden der Mitgliedstaaten zu treten. Das Monitoring ermöglicht es dem Kongress die Regierungen, Parlamente, Verbände, gewählten Volksvertreter und Medien mit seinen wesentlichen Konventionen und Rechtsmitteln aus dem Bereich der lokalen und regionalen Verwaltung vertraut zu machen. Vielzählige Gesetzesreformen wurden von den Mitgliedstaaten auf Grundlage der Empfehlungen aus den Monitoringberichten eingeleitet. Zudem wurde ein neues Verfahren eingeführt, welches den Staaten, die Gegenstand eines Monitorings waren, eine schnellere Umsetzung der Empfehlungen ermöglicht. Künftig müssen die betroffenen Länder dem Kongress schriftlich über die getroffenen Maßnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen berichten.
- Allgemeine Berichte: hierbei handelt es sich um allgemeine Berichte, welche die Anwendung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung in den Mitgliedstaaten und in den Ländern, die sich um einen Beitritt zum Europarat bewerben, untersucht. Innerhalb des Rahmens der allgemeinen Informationspflicht über die Anwendung der Charta in den Mitgliedstaaten erstellt der Kongress bereichsübergreifende Berichte.
Auch im Rahmen seiner Tätigkeiten als Wahlbeobachter erstellt der Kongress Berichte[2]. Die regelmäßige Beobachtung von Kommunal- und Regionalwahlen in Mitgliedstaaten und Beitrittskandidatenländern ist von großer Wichtigkeit, um die Fortschritte im Bereich der Kommunal- und Regionaldemokratie in diesen Ländern zu messen. Die Wahlbeobachtung besteht neben der direkten Beobachtung des Ablaufs am Wahltag immer auch aus einer Analyse des Wahlkampfs. Weiterhin gehören Diskussionen auf höchster Ebene dazu, welche der Kongress mit Vertretern von Parteien und mit Wahlanfechtern, Wahlkommissionen, Medien und Bürgerrechtsgruppierungen führt. Am Ende einer solchen Mission wird in der Regel eine Pressekonferenz abgehalten und eine Pressemitteilung veröffentlicht. Danach folgt die Veröffentlichung eines Berichts, welcher dem Kongressbüro übergeben wird. Dieser Bericht enthält eine Evaluation des Wahlkampfs und -ablaufs sowie Empfehlungen zu möglichen Verbesserungen.Arbeits- und Funktionsweise
Gemäß der neuen Charta des Kongresses, die am 2. Mai 2007 vom Ministerkomitee verabschiedet wurde, setzt sich der Kongress aus Vertretern von kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten des Europarates zusammen, welche entweder direkt gewählt werden oder einer direkt gewählten Versammlung unterstehen. Die Delegationen aus den einzelnen Mitgliedstaaten sind so aufgestellt, dass sie eine ausgeglichene geografische Verteilung, eine gleichberechtigte Vertretung der verschiedenen Arten kommunaler und regionaler Gebietskörperschaften und der politischen Kräfte innerhalb dieser Gebietskörperschaften, sowie eine gleichberechtigte Repräsentation von Frauen und Männern gewähren. Jeder Mitgliedstaat hat Anspruch auf die gleiche Anzahl an Sitzen im Kongress wie in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Neben ihren eigentlichen Vertretern entsenden die Mitgliedstaaten die gleiche Anzahl an Stellvertretern in den Kongress, die in der gleichen Funktion arbeiten. Innerhalb des Kongresses schließen sich die Mitglieder in nationale sowie politische Gruppen zusammen.
Der Kongress besteht aus zwei Kammern, der Kammer der Gemeinden und der Kammer der Regionen und arbeitet im Rahmen von Ausschüssen. Der Kongress hat einen ständigen und vier statuarische Ausschüsse:
- Ausschuss für institutionelle Fragen: zuständig für die Abfassung von Berichten über den Fortschritt der Kommunal- und Regionaldemokratie in Europa; ein unabhängiges Expertenkomitee steht dem Ausschuss zur Seite
- Ausschuss für Kultur und Bildung: zuständig für Kultur, Bildung, Medien, Jugend, Sport und Kommunikation
- Ausschuss für sozialen Zusammenhalt: zuständig für Fragen der Beschäftigung, der staatsbürgerlichen Verantwortung, für Migration, interkommunale Beziehungen und für die Gleichberechtigung der Geschlechter
- Ausschuss für nachhaltige Entwicklung: zuständig für Umweltfragen, Stadt- und Raumplanung
Der Ständige Ausschuss sichert im Rahmen von Herbst- und Frühjahrssitzungen mit den einzelnen Fachausschüssen die Kontinuität der Arbeit zwischen den Plenarsitzungen, die in der Regel jährlich im Mai stattfinden. Das Kongressbüro (bestehend aus den Büros der beiden Kammern unter dem Vorsitz des Kongresspräsidenten) ist für das Alltagsgeschäft und die Kontinuität der Arbeit des Kongresses verantwortlich. Der Kongress wählt seinen Präsidenten abwechselnd aus einer der beiden Kammern für die Dauer von zwei ordentlichen Sitzungen. Generalsekretär des Kongresses ist zurzeit Ulrich Bohner. Gemäß seinem Statut besteht der Kongress aus 318 Mitgliedern und ebenso vielen Stellvertretern:
Staat Mitglieder Staat Mitglieder Staat Mitglieder Albanien 4 Andorra 2 Armenien 4 Aserbaidschan 6 Belgien 7 Bosnien und Herzegowina 5 Bulgarien 6 Dänemark 5 Deutschland 18 Estland 3 Finnland 5 Frankreich 18 Georgien 5 Griechenland 7 Irland 4 Island 3 Italien 18 Kroatien 5 Lettland 3 Liechtenstein 2 Litauen 4 Luxemburg 3 Malta 3 Mazedonien 3 Moldawien 5 Monaco 2 Montenegro 3 Niederlande 7 Norwegen 5 Österreich 6 Polen 12 Portugal 7 Rumänien 10 Russland 18 San Marino 2 Schweden 6 Schweiz 6 Serbien 7 Slowakei 5 Slowenien 3 Spanien 12 Tschechien 7 Türkei 12 Ukraine 12 Ungarn 7 Vereinigtes Königreich 18 Zypern 3 GESAMT 318 Siehe auch
- Rat der Gemeinden und Regionen Europas
- Ausschuss der Regionen
- Europarat
- Kammer der Gemeinden
- Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung
- Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen
- Europäisches Landschaftsübereinkommen
- Europäisches Übereinkommen über die Beteiligung von Ausländern am kommunalen öffentlichen Leben
Einzelnachweise
- ↑ Monitoringberichte nach Ländern (Link nicht mehr abrufbar) (englisch)
- ↑ Berichte der Wahlbeobachtungen nach Ländern (englisch)
Weblinks
- Homepage des Kongresses der Gemeinden und Regionen
- Charta des Kongresses der Gemeinden und Regionen (englisch)
- Statuarische Entschließung 94(3) des Ministerkomitees (englisch)
- Statuarische Entschließung (2000)1 des Ministerkomitees (englisch)
- Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung
Portal:Europa – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Europa
Kategorien:- Organ des Europarats
- Europa in Straßburg
- Kommunalpolitik (Europa)
- Regionalpolitik (Europa)
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