Otakar II. Premysl

Otakar II. Premysl
Ottokar II. Přemysl

Ottokar Přemysl oder auch Přemysl Ottokar (er hat selbst beide Versionen benutzt; tschechische Namensform ist Otakar), aus dem Haus der Přemysliden (* um 1232; † 26. August 1278 in Dürnkrut, Niederösterreich) war als Ottokar II. König von Böhmen (ab 1253). Er war auch Herzog von Österreich (ab 1251), Herzog der Steiermark (ab 1261) und Herzog von Kärnten und Krain (ab 1269). Damit hatte er eine für einen Přemysliden zuvor und später nie erreichte Machtfülle erlangt, was sich auch in seiner mehrfachen Bewerbung um die Krone des Heiligen Römischen Reiches zeigt.

Inhaltsverzeichnis

Jugend

Ottokar Přemysl war der zweite Sohn von König Wenzel I. von Böhmen und Kunigunde von Schwaben. Sein Geburtsjahr ist nicht bekannt. Es werden jedoch die Jahre 1230, Herbst 1232 oder Anfang 1233 in Betracht gezogen.[1] Ottokar Přemysl wurde nach seinem Großvater Ottokar I. Přemysl benannt. Zum Erzieher Ottokar Přemysls wurde möglicherweise Philipp von Kärnten, Kanzler von Böhmen, gemacht. Seine Schulbildung beschränkte sich vermutlich auf das Erlernen von Geschichte sowie vielleicht etwas Latein und Deutsch. Der Zeit entsprechend dürfte er jedoch noch Analphabet gewesen sein. Sollte er als Zweitgeborener zum Geistlichen erzogen worden sein, wäre sein Bildungsniveau höher anzusetzen.

Das erste gesicherte Ereignis aus dem Leben Ottokar Přemysls ist die Erhebung zum Markgrafen von Mähren durch seinen Vater am 27. März 1247. Dem vorausgegangen war der Tod seines älteren Bruders Vladislav. Ottokar Přemysl weilte in Mähren zumeist in der Residenz Brünn. Seine politischen Maßnahmen waren auf eine Stärkung der Wirtschaftskraft Mährens nach den Zerstörungen des Mongoleneinfalls 1241 ausgerichtet. 1247 widersetzte er sich seinem Vater, indem er sich gegen die Amtsenthebung des Olmützer Bischofs Konrad stellte. Im folgenden Jahr plante Wenzel I. auf Wunsch der Kurie einen Feldzug nach Österreich und löste dadurch einen pro-staufischen Aufstand einiger mit seiner Regierungsführung unzufriedenen Adeligen aus. Diesen gelang es in kurzer Zeit einen Großteil des přemyslidischen Herrschaftsgebiets zu besetzen. Ottokar Přemysl, der wohl nicht zu den eigentlichen Urhebern der Revolte gezählt werden kann, ließ sich am 31. Juli 1248 in Prag von den Aufständischen zum "jüngeren König" wählen und wurde somit zu ihrem nominellen Führer. Einer Niederlage der Aufständischen vor Brüx folgte ein Abkommen mit Wenzel I. Anfang November 1248, in dem Ottokar Přemysl eine dem Vater zumindest gleichberechtigte Stellung eingeräumt wurde. Nach weiteren kriegerischen Auseinandersetzungen wurde Ottokar Přemysls Stellung als Mitregent im März 1249 in Verhandlungen bestätigt.

Im April 1249 exkommunizierte Papst Innozenz IV. Ottokar Přemysl wegen der stauferfreundlichen Ausrichtung des Aufstands. Daraufhin verlor dieser einen Teil seines Anhangs und musste sich nach der Eroberung Prags durch Wenzel I. seinem Vater im August desselben Jahres unterwerfen, wofür er erneut mit der Markgrafschaft Mähren belehnt wurde. Während des weiteren Verlaufs der Verhandlungen ließ Wenzel seinen Sohn für einige Monate in der westböhmischen Burg Pfraumberg festsetzen. In der Folgezeit konnte Ottokar Přemysl aufgrund des vermehrten Rückzugs seines Vaters von der Politik zugunsten seiner Jagdleidenschaft seinen Einfluss ausbauen.

Thronanwärter und Herzog von Österreich

Diese Auseinandersetzung endete, als Wenzel begann, sich in die Entwicklung in Österreich einzuschalten. Mit Friedrich II. waren dort 1246 die Babenberger in männlicher Linie ausgestorben. Dieser hinterließ eine Nichte (Gertrud) und eine Schwester (Margarete). Gertrud heiratete den Markgrafen Hermann VI. von Baden, der sich im Land jedoch nicht durchsetzen konnte, ebensowenig wie der Reichsverweser. Im Jahr 1250 fiel Wenzel in das Land ein. Anderen Quellen zufolge wurde er von den österreichischen Ständen gerufen, um die Wirren zu beenden. Mit Zustimmung des Adels setzte Wenzel seinen Sohn Ottokar als Statthalter ein. Gleichzeitig schlossen Wenzel und Ottokar einen Friedensvertrag, der den Sohn 1251 auch zum Markgrafen von Mähren machte. Ottokar hatte damit die klassische Herrschaftsposition der böhmischen Thronfolger inne. Im gleichen Jahr zog Ottokar in Österreich ein und wurde von den Ständen bald zum Herzog ernannt. Um seine Würde zu legitimieren, heiratete er am 11. Februar 1252 die gut dreißig Jahre ältere Margarete in der Burgkapelle von Hainburg.

Böhmischer König

Karte mit dem Einflussbereich Ottokars II. zwischen 1253 und 1271

1253 starb König Wenzel I. und Ottokar übernahm die Krone. Sein ausdrückliches Ziel war die Kaiserwürde des Heiligen Römischen Reiches. An der Wahl nahm er jedoch nicht persönlich teil. Er war überzeugt, dass sein Reichtum genüge, diesen Titel übertragen zu bekommen.

Der Ungarnkönig Béla IV. fühlte sich durch diesen Machtzuwachs des benachbarten Reiches bedroht. Gemeinsam mit den bayerischen Wittelsbachern ging er gegen Ottokar vor. Die Kurie vermittelte schließlich einen Frieden (Frieden von Ofen), in dem ein großer Teil der Steiermark Ungarn zugeschlagen wurde.

Die folgende vorübergehende Friedensphase nutzte Ottokar II., um den Deutschen Orden bei zwei Kreuzzügen im Baltikum gegen die Pruzzen zu unterstützen. Im Winter 1254 zog er nach Polen, um den Aufstand der Samen im Samland zu unterdrücken. Nach dem Sieg trug er dazu bei die Bevölkerung um Königsberg zu christianisieren. Mit diesen Handlungen wollte er vor allem seine Stellung gegenüber der Kurie festigen.

1260 schlug er die Ungarn in der Schlacht bei Kressenbrunn erneut, was Ungarn zum Frieden von Wien (1261) zwang und Ottokar den Besitz und die Herzogswürde der Steiermark sicherte. Um diese Einigung zu bekräftigen, ließ er sich von Margarete scheiden und heiratete Kunigunde von Halitsch, eine Enkelin des Königs von Ungarn. Auch auf Reichsebene machte er großen Einfluss geltend, da sich die Könige Alfons X. und Richard von Cornwall jeweils seiner Unterstützung zu versichern suchten. 1266 besetzte er das reichsunmittelbare Egerland. 1267 brach er zu einem Kreuzzug nach Litauen auf.

In dieser Zeit schloss er auch einen Erbvertrag mit dem kinderlosen Herzog Ulrich III. von Kärnten. 1269 starb Ulrich und Ottokar erbte Kärnten und Krain. Damit zog er sich allerdings die Feindschaft des dortigen Adels zu. Auch die Mehrzahl der Reichsfürsten begann sich über den Machtzuwachs des böhmischen Königs Sorgen zu machen.

Ihren Ausdruck fand diese Haltung 1273, als es zu einer neuen Königswahl im Reich kam. Ottokar war den Kurfürsten wegen seiner Machtfülle suspekt, sie wählten den vermeintlich "armen Grafen" Rudolf von Habsburg. Ottokar erkannte die Wahl und den neuen König nicht an. Dieser forderte im Gegenzug die Rückgabe angeeigneter Reichsterritorien, was vor allem auf Ottokar und das besetzte Egerland gemünzt war. In einer Reichsgerichtsverhandlung zu dieser Anschuldigung unterlag Ottokar, worauf Rudolf die Reichsacht gegen ihn verhängte. Dadurch verlor Ottokar die letzte Unterstützung innerhalb des Reiches und in den benachbarten Territorien. Auch innerhalb Böhmens verweigerte eine starke Adelsopposition dem König die Unterstützung. Im Süden seines Territoriums brach sogar ein offener Aufstand aus, an dem sich einflussreiche böhmische Geschlechter wie die Witigonen, angeführt durch Zawisch von Falkenstein und Boresch von Riesenburg beteiligten. Ottokar war gezwungen, 1276 in Wien (Frieden von Wien) auf alle Erwerbungen zu verzichten. Ihm blieben nur Böhmen und Mähren. Als er kurz darauf versuchte, seinen Herrschaftsraum mit Waffengewalt wiederherzustellen, unterlag er am 26. August 1278 in der Schlacht auf dem Marchfeld. Rudolf blieb siegreich, Ottokar wurde auf dem Schlachtfeld getötet, man vermutet einen Racheakt eines Kärntner Ritters.

Kampf um die Nachfolge

Nach seinem Tod übernahm Rudolf von Habsburg die Macht in Mähren. Mit der Verwaltung wurde der Olmützer Bischof Bruno von Schauenburg beauftragt. In Böhmen bat Königswitwe Kunigunde den Verbündeten der Premysliden, Otto V., Markgraf von Brandenburg um Hilfe.

Otto V., entfernt mit dem böhmischen Herrscherhaus verwandt, zog mit seinem Heer nach Böhmen und traf auf intensive innere Machtkämpfe. Vor allem die Gegner der Premysliden, hier vor allem die Witigonen, stürmten königliche Städte und Güter in Südböhmen. Die Herren von Lichtenburg (Nachkommen derer von Ronow) besetzten Deutschbrod und auch in anderen Gegenden herrschten erbitterte Kämpfe. Otto versuchte diese Situation für sich auszunutzen, musste sich aber schließlich gegen die Übermacht der Habsburger geschlagen geben.

Nachwirken

In Österreich gründete Ottokar die Städte Marchegg, Leoben und Bruck an der Mur. Das vom Babenbergerherzog Friedrich II. begonnene romanische Westwerk der Stephanskirche ließ er weiterbauen, sowie auch die Hofburg.

Auch in Böhmen förderte er die Städte gegenüber dem Adel. Vor allem die Residenzstadt Prag profitierte von der durch ihn angestoßenen regen Bautätigkeit. Ottokar belebte die vorher wenig besiedelten Randgebiete Böhmens, indem er Bauern und Handwerker "aus Schwaben" zur Ansiedlung einlud und sie mit königlichen Freiheiten ausstattete. Vom Adel verlangte er dagegen die Auslieferung aller unrechtmäßig erworbenen Güter und ließ neue Burgen schleifen. Die erste geschriebene Reimchronik in tschechischer Sprache, die während seiner Regierungszeit entstand, rügte Ottokars Verhalten. Und tatsächlich konnte seine rigide Konfrontationspolitik den allgemeinen Machtzuwachs des böhmischen Adels im 13. Jahrhundert nicht aufhalten.

1255 soll der Deutsche Orden auf Veranlassung des böhmischen Königs Ottokar II. eine Burg namens Conigsberg errichtet haben. Die umliegende Stadt wurde später als Königsberg berühmt.

Ottokar war auch verantwortlich für eine neue Grenzziehung innerhalb der österreichischen Länder; die Anfänge des Landes Oberösterreich gehen auf ihn zurück.

Nach Ottokars Tod fiel Österreich an die Habsburger, die es bis zum Ende der Monarchie 1918 beherrschen sollten.

Person

Ottokar II. war ein äußerst ambitionierter Herrscher, der ohne Rücksicht und skrupellos seine Ziele verfolgte. Seine Regentschaft zeichnete sich durch autokratische Züge aus. Trotz allem gelang es dabei den böhmischen Adligen die Schaffung des Landesgerichts durchzusetzen und einige Ämter, die bisher nur der Herrscher ausübte (cameratius regis) auf die Kämmerer (cameratius regni) zu verteilen. Seine Beschlagnahmungen von Ländereien, die bereits dem Adel gehörten, bezeichnen einige Historiker als einen Rückschritt in das frühe Mittelalter. Solange er erfolgreich war, konnte er die Adligen mit Vergabe von Funktionen und Verwaltungsaufgaben still halten und ihnen ein gesichertes Einkommen zukommen lassen. Nach der Thronbesteigung des römisch-deutschen Königs Rudolf kam es jedoch zum Umbruch und die dauernden Misserfolge riefen den Widerstand und das Misstrauen der Aristokratie hervor. Es ist jedoch fraglich, ob diese damit dem eigenen Land nicht einen Dienst erwiesen haben, indem sie nicht blind dem König gehorchten. Zumindest die Krise in den Jahren zwischen 1278 bis 1283 zeigte, dass ein Großteil des böhmischen Adels doch eine gewisse Verpflichtung gegenüber seinem Volk übernommen hat und das Land aus den Schwierigkeiten, in die es geraten war, herausführte.

Nachkommen

Erste Ehe: Margarete von Babenberg (1205-1267), kinderlos, Scheidung 1261

Zweite Ehe: Kunigunde von Halitsch (1246-1285)

  • Heinrich, *1262, † 1263
  • Kunigunde (1265 - 27. November 1332) ∞ Herzog Boleslaw von Masowien, nach seinem Tod (1302) Äbtissin von St. Georg zu Prag
  • Agnes (1269-1296) ∞ Rudolf II. (1271-1290), Herzog von Österreich (Bruder von Albrecht I.)
  • Wenzel II. (1271-1305), König von Böhmen

Illegitime Kinder mit Hofdame Anna (?Margarete, ?Agnes) von Chuenring (alle?)

Durch Ottokar II. Přemysl gegründete Königsstädte

Böhmen

Mähren

Steiermark

Niederösterreich

Vorlage zum Drama

Franz Grillparzer nahm 1825 seine tragische Geschichte als Vorlage für das DramaKönig Ottokars Glück und Ende“.

Literatur

  • Jörg K. Hoensch: Přemysl Otakar II. von Böhmen. Der goldene König. Verlag Styria, Graz/Wien/Köln 1989, ISBN 3-222-11910-4.
  • Jiří Kuthan: Přemysl Ottokar II. König, Bauherr und Mäzen. Höfische Kunst im 13. Jahrhundert. Verlag Böhlau, Wien 1996, ISBN 3-205-98119-7.


Einzelnachweise

  1. Jörg K.Hoensch: Přemysl Otakar II. von Böhmen Der goldene König, S. 14; für die Datierung in das Jahr 1233 spricht, dass Wenzel I. zu diesem Zeitpunkt gemeinsam mit Albrecht I. von Sachsen-Wittenberg im Zisterzienserkloster Sedletz weilte. Dort könnte Albrecht Pate des Neugeborenen geworden sein.

Weblinks


Vorgänger Amt Nachfolger
Vladislav V. Markgraf von Mähren
1247–1278
Rudolf I.
(Wenzel I.) Mitregent im Königreich Böhmen
1248–1249
(Wenzel I.)
Friedrich I. Herzog von Österreich und der Steiermark
1251/61–1278
Rudolf I.
Wenzel I. König von Böhmen
1253–1278
Wenzel II.
Ulrich III. Herzog von Kärnten und Krain
1269–1276
Rudolf I.

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