Reicherskreuz

Reicherskreuz
Reicherskreuz
Koordinaten: 52° 2′ N, 14° 28′ O52.02861111111114.46361111111191Koordinaten: 52° 1′ 43″ N, 14° 27′ 49″ O
Höhe: 91 m ü. NN
Einwohner: 54 (2008)
Eingemeindung: 31. Dez. 1998
Eingemeindet nach: Pinnow-Heideland
Postleitzahl: 03172
Vorwahl: 033671

Reicherskreuz (niedersorbisch Rychartojce) ist ein Ortsteil der Gemeinde Schenkendöbern und liegt südwestlich von Henzendorf im Naturpark Schlaubetal in Brandenburg. Die nächste große Stadt ist Guben im Südosten, etwa 35 Straßenkilometer entfernt, da Reicherskreuz nur über kleine Ortsverbindungsstraßen zu erreichen ist. Die B 320 südlich des Ortes ist etwa sieben Kilometer, die L 452 im Norden rund sechs Kilometer entfernt.

Inhaltsverzeichnis

Geologie

Kopfsteinpflasterstraße Reicherskreuz

Das Gebiet um Reicherskreuz weist eine Häufung von Reliefformen auf, welche erlauben, den Eiszerfall und die damit zusammenhängenden mehrphasigen Abflusssysteme des Schmelzwassers zu rekonstruieren. Eine Eisrandlage nach Ende des Brandenburger Stadiums, die Saarmund-Reicherskreuzer-Staffel[1], wurde nach dem Ort benannt. Mit dieser Stillstandslage ist die großflächige, nach Süden und Südwesten gerichtete Schüttung des Reicherskreuzer Sanders verbunden. Das Dorf Reicherskreuz wurde auf dem Oberen Schwanheide-Sander angelegt. Dieser entstand, als nach Ende der Saarmund-Reicherskreuzer-Staffel bis zum Beginn der Grunower Stillstandslage, auch Grunower Halt[2], die Schlaube- und Ölserinne als südwärts gerichtete Schmelzwasserbahn diente.

Diese geologischen Gegebenheiten brachten reichliche Mengen von Findlingen in die Region. Nirgends im Gebiet sind so viele Gebäude aus den vorhandenen Feldsteinen oder aus einer Mischung von Feldsteinen und Ziegeln errichtet worden, wie hier.

Namensdeutung

Erstmals findet das Dorf 1393 als Richartcrucze Erwähnung, ab 1673 dann Reicherskreutz. Ob man den Namen mit Kreuz eines Richard deuten kann, ist nicht mehr feststellbar, da es sich ebenso um ein Wegekreuz, ein Grenzkreuz, Grabkreuz oder anders Merkmal in der Flur handeln könnte, welches namensgebend war. Da auf der Separationskarte des Jahres 1841[3] unter den aufgezählten Flurnamen etwa ein Drittel niedersorbischer Herkunft waren oder den Einfluss aufweisen, waren Teile der Bevölkerung im Mittelalter vermutlich Sorben. Belegbar sind unter anderema. Guschinke von gusćinka = Gebüsch[4], Sagrod von zagroda = Feldgarten[5] oder Schinneläugchen von sćina = Rohr, Schilf[6] und Lauch.

Geschichte

Fachwerkkirche Reicherskreuz
Backhaus gegenüber dem ehemaligen Forstarbeiterhaus
ehemaliges Forstarbeiterhaus

Das Angerdorf wurde im Lübbener Stadtbuch erstmals 1393 erwähnt. Der erste bekannte Besitzer von Reicherskreuz war Nickel Belau im Jahre 1526. Die Belau (auch Behlo oder von Behlen)[7] besaßen eine Hälfte des vor 1596 geteilten Gutes noch bis 1610, der andere Teil gehörte den von Sehlstrang und von Wiedebach. Dann erwarb die Familie von Bomsdorf ganz Reicherß-Creuze im Jahre 1614 und blieb bis etwa 1650. Die bäuerliche Dorfbevölkerung bestand aus lassitischen Kossäten, denen ihr Land vom Grundherrn auf Widerruf zur Bewirtschaftung überlassen wurde.

Caspar Loth und Tochter Barbara Sophie von Schlieben finden sich im Jahre 1682 in Reicherskreuz.[8] Im Jahre 1723 gab es die Tochterkirche von Muckrow, gebaut 1718, zehn Gehöfte, eine kleine Schänke, eine kleine Dorfschmiede und eine westlich des Dorfes gelegene Windmühle. An die Mühle erinnert nur noch der Flurname Mühlberg, sie brannte 1906 ab, nachdem der Mahlbetrieb bereits eingestellt worden war.[9] Adam Friedrich von Schlieben auf Reicherskreuz leistete im Jahre 1727 durch Vertretung seinen Treueeid auf den neuen Abt des Klosters Neuzelle.[10] Im 17. Jahrhundert wurden die von der Schulenburg-Lieberose neue Eigentümer. Um 1850 entstand das Vorwerk Clarahöhe am Weg nach Dammendorf, es gehörte ebenfalls zum Gut. Nach 1850 entstand die Fachwerkkirche auf der Friedhofshöhe, um die alte Kirche zu ersetzen. Der Rittersitz von Reicherskreuz wechselte einige Male den Besitzer, von Berg, von Voß, ehe die letzte Eigentümerin, eine Witwe Kelch aus Berlin verstarb. Ihre Erben verkauften 1890 das Gut an den preußischen Forstfiskus. Es hatte eine Größe von 922 Hektar, davon 529,75 Hektar Kiefernwald. Die Revierförsterei wurde im Folgejahr (1891) auf dem Gutshof eingerichtet und der Oberförsterei Dammendorf unterstellt. Auch das Rittergut Leeskow wurde im Jahre 1891 der Revierförsterei Reicherskreuz angegliedert. Im Jahr 1905 wurde die Schule fertiggestellt, sie war ebenso wie der Kirchhof mit einer Feldsteinmauer umgeben. Eine Freiwillige Feuerwehr wurde im Jahre 1927 gegründet.

Das Dorf war immer klein, im Jahre 1695 wurde ein Schneider im Ort erwähnt, 1744 ein Leinenweber, 1806 ein Handelsmann, alle wohnten zur Miete. Der Heideläufer von Reicherskreuz war Johann Haschick im Jahre 1808[11], im darauf folgenden Jahr gab es sechs Häusler, einen Höhepunkt erreichte die Einwohnerzahl 1875, damals lebten 176 Einwohner in Reicherskreuz, dann sanken die Zahlen ab. Im Jahre 1933 wurden noch 108 Bewohner gezählt. Erst durch die Flüchtlinge zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurde noch einmal ein Anstieg auf 200 Einwohner erreicht[12], im Jahre 2006 waren es nur noch 53.[13]

Der Umsiedlung, um Platz für den Bau des SS-Truppenübungsplatzes Kurmark zu machen, entkamen die Reicherskreuzer im April 1945 durch den Einmarsch der Roten Armee. Die geplanten Flächen wurden zum Schießplatz der GSSD-Truppen bis 1992. Mit dem Endes des Truppenübungsplatzes Lieberose und seiner Übergabe an des Land Brandenburg im Jahre 1994 wurde die Reicherskreuzer Heide im Folgejahr in das 2840 Hektar große Naturschutzgebiet Reicherskreuzer Heide und Schwansee integriert.[14] Dieses ist seitdem Bestandteil des Naturparks Schlaubetal. Die waldreiche Umgebung sorgte schon immer dafür, das die Gemeinde ein Waldarbeiterdorf war. In der Zeit der DDR war ein Großteil der Einwohner im Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Frankfurt (Oder) beschäftigt, die Äcker wurden durch die LPG Schadow bewirtschaftet. Eine Schule gab es im Ort nicht mehr, im Gebäude war der Sitz des Rates der Gemeinde. Die Försterei wurde um 1970 aufgelöst, heute gehört das Revier Reicherskreuz zur Oberförsterei Lieberose. Mit dem Ende des Schulstandortes besuchten die Kinder die ersten vier Klassen in der Grundschule in Jamlitz und danach die Oberschule in Lieberose. Das frühere Forstarbeiter-Wohnhaus wurde in der DDR als Konsum-Verkaufsstelle genutzt, ihm gegenüber befand sich eines der drei Feldstein-Backhäuser des Dorfes, welche die Zeiten überdauert hatten. In den Jahren 1985 und 1986 wurde die Kirche bis auf die Grundmauern abgetragen und unter Beachtung des Denkmalschutzes wieder aufgebaut. Auf ihrem Friedhof befindet sich der liegende Stamm einer Winterlinde. Sie wurde um 1850 gepflanzt, vermutlich, als die Kirche neu errichtet wurde und ist ein Naturdenkmal. Als die erste befestigte Straße im Jahre 1995 gebaut wurde, entschieden sich die Reicherskreuzer für ein Kopfsteinpflaster, da es sich besser in das Ortsbild einfügt. Dabei fand das Natursteinpflaster der ehemaligen Bärenklauer Dorfstraße (B 97) Wiederverwendung.

Der Ort Reicherskreuz steht als Flächendenkmal unter Denkmalschutz.[15]

Politische Gliederung

Reicherskreuz gehörte bis zum 30. Juni 1950 zum Landkreis Lübben. Durch die Neubildung in der ersten DDR-Kreisreform[16] gehörte der Ort vom 1. Juli 1950 bis zum 24. Juli 1952 zum Kreis Frankfurt (Oder). Am 25. Juli 1952 gliederte man das Dorf in den Kreis Guben ein, als eigenständige Gemeinde gehörte Reicherskreuz ab dem 6. Dezember 1993 zum Landkreis Spree-Neiße. Ab dem 1. Oktober 1992 bis zum 30. Dezember 1998 gehörte die Gemeinde Reicherskreuz dem Amt Schenkendöbern an, ehe in die Gemeinde Pinnow-Heideland eingegliedert wurde (vom 31. Dezember 1998[17] bis zum 25. Oktober 2003). Seit dem 26. Oktober 2003 gehört das Dorf als Ortsteil zu Schenkendöbern.[18] Mit diesen Abänderungen traten auch Änderungen der Postleitzahl (PLZ) ein. Bis 30. Juni 1993 noch O-1231, erhielt das Dorf am 1. Juli 1993 die 15868[19], die Eingemeindung brachte eine neue PLZ mit sich, die 03172.[20]

Literatur

  • Klaus-Dieter Gansleweit: Eisenhüttenstadt und seine Umgebung. Ergebnisse der heimatkundlichen Bestandsaufnahme im Gebiet zwischen Oder, Neisse und Schlaubetal um Eisenhüttenstadt und Neuzelle (= Werte unserer Heimat, Band 45). Akademie-Verlag, 1986, S. 133f.

Einzelnachweise

  1. Olaf Juschus: Das Jungmoränenland südlich von Berlin – Untersuchungen zur jungquartären Landschaftsentwicklung zwischen Unterspreewald und Nuthe. Dissertation, Humboldt-Universität zu Berlin 2001 (Digitalisat)
  2. L. Lippstreu: Die Gliederung des Pleistozäns in Brandenburg. Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg, 1999
  3. Kartensammlung Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam
  4. dsb:Wužywaŕ:Tlustulimu/Rěcna_pomoc
  5. Institut für Sorbische Volksforschung in Bautzen: Sorbischer Sprachatlas. Band 5, VEB Domowina-Verlag, Bautzen 1965, S. 46
  6. hsb:Sćina
  7. Götz von Houwald: Die Niederlausitzer Rittergüter und ihre Besitzer. Band 3: Kreis Lübben. Degener, Neustadt an der Aisch 1984, ISBN 3-7686-4109-0, S. 275–284
  8. George Adalbert von Mülverstedt: Ehestiftungen und Leibgedingsbriefen ritterschaftlicher Geschlechter der Provinzen Sachsen, Brandenburg, Pommern und Preußen nach archivalischen Quellen. F. Baensch, Magdeburg 1863, S. 66
  9. H. Hoffmann: Aus der Vergangenheit von Reicherskreuz. In: Gubener Heimatkalender. Nr. 11, Jahrgang 1966, S. 104–110
  10. Winfried Töpler: Das Kloster Neuzelle und die weltlichen und geistlichen Mächte 1268–1817. (= Studien zur Geschichte, Kunst und Kultur der Zisterzienser. Band 14). Berlin 2003, ISBN 3-931836-53-3, S. 379
  11. KB Groß Muckrow, Eheschließungen, 24. November 1808
  12. Reicherskreuz, Rychartojce auf der Seite des Vereins für Computergenealogie
  13. Auszug aus dem Grundstücksmarktbericht 2008 Landkreis Spree-Neiße
  14. Verordnung über das Naturschutzgebiet „Reicherskreuzer Heide und Schwansee“ vom 23. November 1995 (GVBl.II/95, [Nr. 71], S. 678)
  15. Aushang durch die Gemeinde Reicherskreuz vom 23. Dezember 1993
  16. Gesetz über die Änderung zur Verbesserung der Kreis- und Gemeindegrenzen vom 28. April 1950 der Volkskammer der DDR
  17. StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 1998
  18. StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 2003
  19. Reicherskreuz, Rychartojce auf der Seite des Vereins für Computergenealogie]
  20. Postleitzahlensuche der Deutschen Post

Siehe auch

Wiktionary Wiktionary: Heideläufer – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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