Rostock-Gedser-Querung

Rostock-Gedser-Querung
Lage der geplanten Brücke im bestehenden Autobahn-Netz

Eine feste Rostock-Gedser-Querung wurde als Alternative zur Fehmarnbelt-Querung vorgeschlagen. Sie würde die Ostsee an einer Breite von 40 bis 45 Kilometer von der Küste bei Rostock nach Gedser auf der dänischen Insel Falster überqueren. Diese Querung sollte die Hauptverkehrsader zwischen Berlin und Skandinavien bilden. Mit der politischen Entscheidung für die Fehmarnbelt-Querung hat sich diese Alternativplanung erledigt.

Die Querung wäre die mit Abstand längste Brücke der Welt. Würde ein Tunnel gewählt, wäre er noch die längste Seequerung, in der Gesamttunnellänge wären jedoch der Seikan-Tunnel und der Eurotunnel, sowie auch der Gotthard-Basistunnel als längster Tunnel der Welt, länger. Die Rostock-Gedser-Querung wäre auch die einzige Hochsee-Querung der Welt, in dem Sinne, dass sie nicht einen Sund, Belt, Kanal oder eine andere Meerenge überqueren würde, sondern die Ostsee.

Inhaltsverzeichnis

Linienführung

Brücke

Die Querung über die Ostsee wäre mit ca. 40 bis 45 Kilometern erheblich länger als die 19 Kilometer über den Fehmarnbelt; jedoch ist die Tiefe im küstennahen Gebiet niedrig, was die Baukosten verringern würde.

Etwaige Alternativen für die Linienführung wären:

Die östlicheren Linienführungen bieten den Vorteil, dass dem südostwärts in die Ostsee hinausragenden Gedser Riff über etwa 15 Kilometer gefolgt werden könnte. Über die Hälfte des Gesamttrajektes würde so an Tiefen von weniger als 10 Meter verlaufen. Auch bieten die östlicheren Linienführungen die kürzeste Verbindung nach Polen, aber sie sind entsprechend ungünstiger nach Hamburg/Westdeutschland. Für Berlin/Süddeutschland wäre das östlichste Trajekt um wenige Kilometer länger als die westlicheren.

Landanlagen

Bei einer Rostock-Gedser-Lösung wäre in erster Linie ein Ausbau der dänischen Landanlagen notwendig, während auf deutscher Seite schon eine Autobahnverbindung besteht. Bei der Fehmarnbelt-Querung ist die Lage umgekehrt: hier sind die Straßen auf der dänischen Seite völlig ausgebaut, während auf der deutschen Seite 25 Kilometer Autobahn (hierunter eine Alternative zur zweispurigen Fehmarnsundbrücke) fehlen. Dies erklärt zum Teil, warum die dänische Regierung der Fehmarnbelt-Querung den Vorzug gibt, während die Motivation auf deutscher Seite geringer ist.

Straße

Auf deutscher Seite würde die Rostock-Gedser-Querung zur Bundesautobahn 19/Europastraße 55 anknüpfen. Diese verläuft heute von Rostock Überseehafen südwärts bis zur A 24 und Berlin. Die 2005 fertiggestellte A 20 stellt die Verbindung westwärts nach Lübeck/Hamburg sowie ostwärts nach Greifswald/Stettin/Polen dar. Einige der Ausbauvorschläge für die A 37/A 39 würden eine südwestliche Diagonalverbindung von Rostock zum Raum Celle/Hannover/Braunschweig und dem westlichen Europa schaffen. Mit dem Fertigausbau der A 14 bestünde zudem eine Verbindung nach Magdeburg-Leipzig-Süddeutschland, die den Berliner Ring vermeidet.

Auf dänischer Seite würde die Querung zur befindlichen Europastraße 55 anknüpfen. Diese besteht heute auf den südlichsten 35 Kilometern von Gedser bis zur E 47-Autobahn bei Eskilstrup nur aus einer zweispurigen Hauptstraße, die aber wegen eines sehr regulären Verlaufs vielleicht ausbaufähig ist. Um Nykøbing Falster wird seit einigen Jahren eine Umgehungsstraße geplant, da nach der deutschen Wende der Durchgangsverkehr nach Rostock/Berlin stark gestiegen ist.

Eisenbahn

Die zweigleisige Eisenbahnstrecke Rostock–Berlin (Lloydbahn und Preußische Nordbahn) wird gegenwärtig für 160 km/h ausgebaut, was aber wegen Verzögerungen erst 2015 abgeschlossen wird.[1] Auch die Strecke (Hamburg–) Rostock–Stralsund ist (Teilstrecke Hamburg–Hagenow–Schwerin) oder wird (Teilstrecken Bad Kleinen–Rostock, Schwerin–Bad Kleinen und Rostock–Stralsund) für 160 km/h vorbereitet. Die Bahnstrecke Schwerin–Ludwigslust–Wittenberge–Stendal (Teilstrecken Schwerin–Ludwigslust und Wittenberge–Magdeburg) als auch die Bahnstrecke Lübeck–Lüneburg bieten dem von Skandinavien kommenden Güterverkehr eine Möglichkeit, die Engpässe Hamburg und Berlin zu umfahren.

Die 20 Kilometer lange, eingleisige Eisenbahn zwischen Gedser und Nykøbing wurde in den Jahren 2006 und 2007 renoviert, entspricht jedoch mit einer Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h und vielen Bahnübergängen kaum dem Stand einer Fernbahn. Der 25 Kilometer lange Abschnitt nördlich von Nykøbing bis Vordingborg ist eingleisig, aber für 120 km/h ausgerüstet. Weiter bis Kopenhagen ist die Eisenbahn zweigleisig und für 140 bis 180 km/h ausgerüstet.[2] Ein Ausbau der Strecke Nykøbing–Vordingborg käme auch bei einer festen Fehmarnbelt-Querung in Frage; jedoch wurde wenig Konkretes hierüber entworfen. Die Storstrømbrücke wäre für ein zweites Gleis ein Engpass; dies gilt auch bei der Fehmarnbelt-Lösung.

Argumente

Fehmarnbelt-Querung (grün) bzw. Rostock-Gedser-Querung (orange) im Autobahnnetz

Als wichtigstes Argument der Rostock-Gedser-Lösung wird hervorgehoben, dass diese östlichere Linienführung eine weitaus bessere Verbindung mit den Wachstumsgebieten in Osteuropa, besonders Polen, und vor allem mit der Metropole Berlin, darstelle.

Im Vergleich sei die Fehmarnbelt-Querung eine heute überholte Idee, die besser für die Geografie eines geteilten Europas passen würde. Die Rentabilität einer Fehmarnbelt-Querung ist oft in Frage gestellt worden. Die deutsche Regierung verhielt sich bisher zögernd zum Fehmarnbelt-Projekt, da inländische Projekte (z. B. Ausbau der Eisenbahn Berlin-Rostock und die geplante westliche Elbquerung) den Vorrang haben.

Verkehrsforscher Per Homann Jespersen von der Universität Roskilde beschreibt die Querung so: „Eine feste Querung über die Ostsee zwischen Dänemark und Deutschland wäre erheblich einfacher über das Gedser Riff zu führen. Ein langer Abschnitt einer solchen Brücke könnte als Flachbrücke errichtet werden. Hamburg bildet für den Straßen- und den Eisenbahnverkehr einen notorischen Flaschenhals. Daher wäre eine Ostseequerung zwischen Rostock-Warnemünde und Gedser besser.“[3]

Politische Entwicklung

Die Verkehrssprecher der Radikale Venstre und der Dänischen Volkspartei forderten am 3. Juni 2007, dass die dänische Regierung sich künftig für eine Gedser-Rostock-Querung statt der Fehmarnbeltquerung einsetze. Sie erhielten Unterstützung von Verkehrsforschern sowie dem Verkehrsexperten Christoph Stroschein im deutschen Verkehrsministerium. Eine Fahrt zwischen Kopenhagen und Berlin sei bei der Gedser-Rostock-Linie 130 Kilometer kürzer, Kopenhagen–München 160 Kilometer kürzer, und Kopenhagen–Polen 230 Kilometer kürzer als über den Fehmarnbelt, so Stroschein.[4]

Verkehrsminister Flemming Hansen lehnte am 4. Juni 2007 die Forderungen ab, da eine solche Kursänderung die feste Querung „um zehn Jahre verzögere“. Der Sprecher der Sozialdemokraten, in dieser Sachfrage Mehrheitspartner der Regierung, sehe ebenfalls den Gedser-Rostock-Vorschlag als ein Ablenkungsmanöver in letzter Minute, gab jedoch auch zu: „wenn die Deutschen nicht mitmachen wollen, sondern etwas anderes wünschen, dann werden wir natürlich zuhören“.[5] Am 29. Juni 2007 wurde schließlich der Bau der festen Fehmarnbelt-Querung beschlossen.[6]

Heutige Verbindungen

Heute wird der größte Teil des Güterverkehrs mit Skandinavien im RoRo-Verfahren über die Ostsee abgewickelt. Der restliche Güterverkehr geht über den Großen Belt, entweder auf der Schiene oder auf der Europastraße 45 (in Deutschland die A 7).

Heute sind Rostock Überseehafen und Gedser mit den Autofähren der Scandlines verbunden (siehe Trajekt Warnemünde–Gedser). Die Fähren (Kronprins Frederik und Prins Joachim) verkehrten früher als Eisenbahnfähren auf dem Großen Belt; die Rillenschienen am Wagendeck wurden zugeschweißt. Sowohl der heute nicht mehr benutzte Fähranleger in Warnemünde und der heutige Fähranleger in Rostock-Überseehafen sind mit Eisenbahnverladeklappen ausgestattet, jedoch wurden keine Züge oder Eisenbahnwagen mehr überführt, seitdem die Linie nach Rostock-Überseehafen wechselte. Zum Hafen gibt es Gleis- und S-Bahnverbindungen.

Rostock Überseehafen ist direkt mit dem Bundesautobahnnetz verbunden, was für Autofahrer vorteilhaft ist. Mehrere Fernbusdienste Berlin–Kopenhagen werden von den Betrieben Graahundbus/Berolina, Swebus Express, Eurolines und Säfflebussen betrieben.

Die durchgehende Zugverbindung Berlin–Kopenhagen über die Eisenbahnfähre Warnemünde–Gedser wurde 1995 beendet. Der 20 Kilometer lange Gleisabschnitt zwischen Gedser und Nykøbing Falster wurde seitdem nur noch mit einem täglichen Regionalzugpaar befahren, weil eine komplette Stilllegung nicht ohne Parlamentsbeschluss erfolgen konnte. 2006 und 2007 wurde das Gleis leicht saniert, und im Sommer 2007 sollten versuchsweise zwei Zugpaare täglich fahren. Über den Sinn einer bedürftigen Gleisrenovierung, die angeblich 112 Millionen Kronen kosten sollte, wurde 2008 und 2009 diskutiert. Die Glaubwürdigkeit dieser hohen Kostenzahl wurde von einigen Seiten in Frage gestellt, am Ende wurde der Bahnabschnitt jedoch ab 13. Dezember 2009 stillgelegt.

Seit 1995 müssen Eisenbahnfahrer zwischen Berlin und Kopenhagen entweder über Hamburg fahren (Vogelfluglinie) oder mit dem Nachtzug Berlin–Malmö (der mit der Fähre Sassnitz–Trelleborg überführt wird).

Siehe auch

Quellen

  1. ICE-Testfahrt Richtung Berlin, Ostsee-Zeitung / Mecklenburg-Vorpommern Landesportal
  2. Streckeninfo, Banedanmark
  3. Geteilte Meinungen über den Nutzen einer festen Fehmarnbelt-Querung, Der Nordschleswiger, 14. Februar 2007
  4. Neuer Vorschlag: Brücke zwischen Gedser und Rostock bauen, Jyllands-Posten, 3. Juni 2007 (dänisch)
  5. Verkehrsminister lehnt Brücke über Gedser–Rostock ab, Politiken, 4. Juni 2007 (dänisch)
  6. Durchbruch für feste Fehmarnbeltquerung, BMVBS, 29. Juli 2007

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