Schmerzbehandlung

Schmerzbehandlung

Die Erkenntnis, dass chronische Schmerzen eigenen Krankheitswert erlangen können und besondere Behandlungsformen und -einrichtungen erfordern, hatte in den USA bereits in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts zur Gründung der ersten Schmerzklinik geführt. Als Begründer der modernen interdisziplinären Schmerztherapie gilt der 1994 verstorbene John J. Bonica. In Deutschland gibt es schmerztherapeutische Einrichtungen erst seit den 70er Jahren. Die erste Schmerzklinik wurde an der Universität Mainz unter Rudolf Frey und Hans Ulrich Gerbershagen eingerichtet. Die ersten beiden kassenärztlichen Schmerzpraxen wurden im Januar 1982 in Frankfurt a. M. (Dres. Flöter) und Hamburg (Dres. Jungck) von Ärzten gegründet, die vorher als Chefärzte an ihren Abteilungen Schmerzambulanzen eingerichtet hatten.

Inhaltsverzeichnis

Unterschiede zwischen akuten und chronischen Schmerzen

Akute Schmerzen sind als Warner und als Hinweis zur Diagnose der zugrundeliegenden Krankheit sinnvoll und besitzen somit eine wichtige biologische Funktion. Sie haben eine eindeutige Ursache. Kausale Behandlung führt meist dazu, dass die Schmerzen nachlassen und nach einer gewissen Zeit, für die es Erfahrungswerte gibt, verschwinden.

Chronischer Schmerz überdauert diesen zu erwartenden Zeitraum, in dem normalerweise eine Heilung stattfindet. Bei den betroffenen Patienten ist festzustellen, dass es für dieses Überdauern der Schmerzen mehrere ursächliche und anhaltende Faktoren gibt, die sich im somatischen, psychischen und sozialen Bereich finden oder zumindest vermuten lassen. Die Behandlung muss zusätzlich zur Behebung der Ursache auch die Linderung oder Beseitigung der Folgen mit berücksichtigen.

Chronischer Schmerz kann zu einer eigenständigen Schmerzkrankheit werden. Die Schmerzen haben dann ihre Leit- und Warnfunktion verloren und sich zu einem selbstständigen Krankheitsbild entwickelt. Diese Schmerzkrankheit ist neben den organischen auch durch die daraus folgenden psychosozialen Veränderungen und weitere Folgeschäden definiert, und sie bestimmt das ganze Leben des Patienten mit seinen sozialen Beziehungen.

Als Beispiele seien bestimmte Kopf- und Rückenschmerzen (auch nach mehreren Operationen), Stumpf- und Phantomschmerzen, postzosterische Neuralgien, Trigeminusneuralgie, Krebsschmerzen, sympathisch unterhaltene, postoperative und posttraumatische Schmerzen genannt, die erhebliche psychosoziale Folgen haben und in eine chronische Schmerzkrankheit übergehen können.

Primär chronische Schmerzen sind beispielsweise Migräne, Cluster-Kopfschmerz, Trigeminusneuralgie, postzosterische Neuralgie, Stumpf- und Phantomschmerzen, Thalamusschmerz und Krebsschmerz. Gerade bei solchen Schmerzen und bei den Akutschmerzen, die nicht nach der zu erwartenden Zeit zu beseitigen sind, müssen Behandlungsmaßnahmen ergriffen werden, die präventiv wirken, also der Entwicklung der Schmerzkrankheit entgegenwirken können. Chronische Schmerzen haben - im Gegensatz zu akuten - fast nie nur eine einzige auslösende oder unterhaltende Ursache, sie sind multikausal.

Schmerzbahn

Schmerzen stellen grundsätzlich ein Warnsignal dar und haben somit eine Schutzfunktion. Schmerzen führen einerseits zu Angstreaktionen und steigern den Sauerstoffverbrauch des Herzens, andererseits können starke Schmerzen auch eine Kreislaufinsuffizienz verursachen.

Die Schmerzempfindung im Gehirn kann folgendermaßen beeinflusst werden:

  1. Beseitigung der Noxe:
    1. Glucokortikoide („Kortisone“ = Steroidale Antirheumatika) hemmen die Entzündung.
    2. Spasmolytika heben schmerzhafte Verkrampfungen der glatten Muskulatur auf.
    3. Nitrate verbessern die Herzdurchblutung und heben den Ischämie-Schmerz auf.
  2. Beeinflussung der Schmerzrezeptoren
    1. Lokalanästhetika betäuben die Schmerzrezeptoren (Infiltrationsanästhesie).
    2. Nicht-Opioid-Analgetika setzen die Sensibilität der Schmerzrezeptoren herab.
  3. Lokalanästhetika unterbrechen die Weiterleitung von Schmerzimpulsen in peripheren Nerven (Leitungsanästhesie) und zentralen Nervenbahnen (Rückenmarksanästhesie).
  4. Opiatanalgetika hemmen die Weiterleitung von Schmerzimpulsen im Rückenmark und Gehirn (Thalamus) durch Unterstützung der absteigenden hemmenden Bahnen. Sie wirken über Opioid (µ, kappa, delta, tau). Von der aufsteigenden Schmerzbahn zweigen Fasern ab, die direkt zur Steigerung von Aufmerksamkeit/Wachheitsgrad und zur Anregung des Herzkreislaufsystems und des Atmungssystems führen. Eine weitere direkte Verbindung besteht zum limbischen System und den entsprechenden Emotionen.
  5. Ketamin bewirkt u. a. über den NMDA-Rezeptor eine dissoziative Analgesie.
  6. Psychopharmaka (Sedativa wie Antidepressiva, Benzodiazepine und Neuroleptika) beeinflussen die Schmerzverarbeitung im Gehirn.

Schmerzbehandlung

Pharmakotherapie

ist die Therapie mit Analgetika (Opioide und Nicht-Opioid-Analgetika), mit Co-Analgetika, welche durch Beseitigung der Noxe den Schmerz aufheben (Kortison, Spasmolytika, Nitrate) und im weiteren Sinne auch mit Medikamenten, welche in der Anästhesie eingesetzt werden (siehe 2.). Therapie nach der WHO-Stufenschema.

1. Stufe: Nicht-Opioidanalgetika (Metamizol, Diclofenac)

2. Stufe: Schwache Opioide (Codein, Tilidin) nach Bedarf in Kombination mit Stufe 1

3. Stufe: Starke Opioide (Morphin, Fentanyl) nach Bedarf in Kombination mit Stufe 1
+ Begleitmedikamente z. B. Antidepressiva, Steroide, Spasmolytika

Anästhesie

Lokalanästhetika

(z. B. Lidocain, Mepivacain, Bupivacain) hemmen die Entstehung bzw. die Weiterleitung eines elektrischen Impulses. Abhängig von der Isolation der Nerven werden mit zunehmender Konzentration des Lokalanästhetikum zuerst die vegetativen, dann die sensiblen und schließlich die motorischen Nerven blockiert.

Lokalanästhetika dienen zur

  • Oberflächenanästhesie (für Wunden und Schleimhaut)
  • Infiltrationsanästhesie (als intrakutane, subkutane oder intramuskuläre Injektion)
  • Leitungsanästhesie (Umspritzung von peripherer Nerven, Nervengeflechten, Nervenganglien)
  • Rückenmarksnahe Anästhesie (Spinalanästhesie = Injektion in den Liquor, Periduralanästhesie = PDA = Injektion außerhalb der Dura);
  • therapeutische Lokalanästhesie

das Lokalanästhetikum kann bei der PDA mit einem Opiat kombiniert werden (in der Regel Morphin), oder das Opiat wird alleine gegeben; Indikation der rückenmarksnahen Opiat-Analgesie ist Tumorschmerz.

Kryoanalgesie (Vereisung)

Bei der sogenannten Kälteanästhesie werden Schmerzrezeptoren der Nerven unter der Haut durch Kälteeinfluss blockiert. Das Verfahren wird oft bei Sportverletzungen, zum Beispiel Prellungen eingesetzt.

Narkose

Diese Maßnahme zur Schmerzbehandlung wird nur zur Überbrückung relativ kurzer und sehr schmerzhafter Zustände eingesetzt (Operationen, VW, Polytrauma etc.).

Physiotherapeutische/physikalische Maßnahmen

Von den sensiblen Nerven der Haut zu den vegetativen Nerven der inneren Organe laufen die kutiviszeralen Reflexe (z. B. warme Umschläge auf der Bauchhaut führen zu einer Entspannung des Darms). Die sensiblen Nerven dieser Hautareale (= Headsche Zonen) treten außerdem auf gleicher Höhe ins Rückenmark wie die sensiblen Nerven der zugeordneten inneren Organe, sodass bei Schmerzzuständen des inneren Organs auch eine Überempfindlichkeit bzw. Schmerzen in der zugeordneten Headschen Zone auftreten können (z. B. Schmerzen im linken Arm bei Angina Pectoris oder Herzinfarkt).

Neben sensiblen Reizen von der Haut ziehen auch sensible Reize von Bindegewebe (BGW), Knochenhaut (Periost) und Skelettmuskulatur über Reflexbögen sowohl zu den inneren Organen als auch zu den Skelettmuskeln und ebenso von einem Organ zu einem anderen (siehe Abb. Reflexbögen des Rückenmarks). Entsprechend unterscheidet man von den Headschen Zonen (Haut) noch BGW-Zonen (Bindegewebe der Subcutis), Knochhaut-Zonen und Muskel-Zonen.

Man kann sagen, dass sich die inneren Organe durch die Nervenstrukturen auf die Körperoberfläche projizieren (so genannte Head'sche Zonen). Daneben gibt es aber Projektionen, die dadurch nicht zu erklären sind: So scheint die Oberfläche jedes Körperteils nochmal das gesamte Körperinnere widerzuspiegeln (z. B. Reflexzonen des Fußes und der Hand). Ebenso gilt die Funktionsweise der Akupunkturpunkte als ungeklärt.

Massagetherapie

Durch bestimmte Massagetechniken (z. B. Reflexzonenmassage des Rumpfes, des Fußes, manuelle Segmenttherapie, Akupressur etc.) kann man über die Reflexbögen Einfluss nehmen auf das zugeordnete innere Organ. Dies führt zur Durchblutungsverbesserung und Muskelentspannung und infolgedessen zur Schmerzlinderung dieser Organe. Außerdem werden durch die vermehrte Durchblutung schneller die Substanzen abtransportiert, die bei einem Gewebsschaden die Schmerzrezeptoren reizen. Übrigens: Ätherische Öle (z. B. von Rosmarin, Thymian und Waldkiefer) wirken ebenfalls durchblutungsfördernd, muskelentspannend und deshalb schmerzlindernd. Sie werden daher auch zum Einreiben eingesetzt. Auch mit Manueller Lymphdrainage, beispielsweise nach Traumen und Operationen, auch bei RA (Rheumatischer Arthrose) und CRPS I (Morbus Sudeck, Sympathische Refelexdystophie) lässt sich eine Schmerzlinderung bewirken.

Thermotherapie

Desgleichen können Wärme- und Kälteanwendungen die inneren Organe beeinflussen. Man unterscheidet Wärmezufuhr (Wärmetherapie) und Wärmeentzug (Kryotherapie). Bei Traumen und akuten Entzündungen wird Kälte, bei chronischen Entzündungen und Entzündungen von Schleimhäuten sowie bei Muskelverspannungen wird Wärme angewendet.

Wärme bewirkt:

  • Müdigkeit
  • Senkung des Muskeltonus (= Entspannung) von glatter Muskulatur und Skelettmuskulatur
  • Zunahme der Durchblutung durch Gefäßweitstellung
  • Analgesie (Schmerzlinderung) wegen Muskelentspannung und Durchblutungssteigerung

Kälte bewirkt:

  • Erhöhung der Wachsamkeit, allgemeine Unterkühlung macht schläfrig
  • Zunahme des Muskeltonus
  • Abnahme der Durchblutung durch Gefäßengstellung und damit Blutstillung, gefolgt von reaktiver Hyperämie (Zunahme der Durchblutung nach Kältereiz)
  • Analgesie durch Kälteanästhesie
  • Entzündungshemmung (weil kühlend und abschwellend), Fiebersenkung

Lokale Anwendung von Eis (ca. –20 °C) von 5 Min. bis max. 20 Min. (z. B. an den Gelenken); Ganzkörperkältetherapie in trockener Luft (ca. –180 °C) für die Dauer von 2 Min. unter Schutz der Akren (z. B. bei Rheuma) oder als Eistauchbad (ca. 10 °C).

Elektrotherapie

Neben der direkten Muskelreizung führt ein elektrischer Strom über die genannten Reflexbögen zur Durchblutungsverbesserung, Muskelentspannung und infolgedessen zur Schmerzlinderung der inneren Organe. Zusätzlich bewirkt die Reizung der sensiblen Nervenstrukturen, dass zum einen die Schmerzrezeptoren unempfindlicher werden und zum anderen eine Steigerung der Ausschüttung körpereigener Endorphine erreicht wird. Durch diese Behandlung wird eine Linderung oder Beseitigung von Schmerzzuständen u. a. bei: HWS-Syndrom, BWS-Syndrom, LWS-Syndrom, Arthrosen, Sportverletzungen, Durchblutungsstörungen, Neuralgien, Myalgien, Narben- und Phantomschmerzen, Frakturschmerzen, Schmerzen im Bereich des Beckenbodens erreicht.

Ein Beispiel ist die Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS). Die Klebeelektrode wird im Schmerzgebiet selbst, den Headschen Zonen oder anderen Reflexzonen angebracht. Dann wird für 3 x 30 Min./Tag Gleichstrom in Form von niederfrequenten Impulsen zwischen 1 und 150 Hz gegeben. Die Stromstärke wird individuell eingestellt, sodass der Strom nicht schmerzhaft ist.

Akupunktur/Akupressur

Die Akupunktur ist ein Teilgebiet der traditionellen chinesischen Medizin (TCM). Sie geht von Lebensenergien des Körpers aus, welche auf definierten Längsbahnen, den Meridianen, zirkulieren und einen steuernden Einfluss auf alle Körperfunktionen haben. Ein gestörter Energiefluss soll durch Reizung der auf den Meridianen liegenden Akupunktur- und Akupressurpunkte wieder ausgeglichen werden. Die Reizung kann durch Vibration (Akupunkt-Massage = APM), Druck (Akupressur) oder Nadelstiche erfolgen. Zur Analgesie eignet sich sowohl die Körper- als auch die Ohrakupunktur. Beim Einsatz von Nadeln kann zusätzlich elektrischer Strom appliziert werden. Eine Alternative stellt auch die Injektion von Lokalanästhetika in Akupunkturpunkte dar.

Die Elektrotherapie kann ebenso wie die Lokalanästhesie auf Reflexzonen angewendet werden.

Psychotherapie

Menschen, die sich durch Leistung definieren, fühlen sich durch eine Krankheit in ihrem Selbstwertgefühl verletzt. Sie setzen sich unter Druck und erleiden Stress, wodurch auch das Immunsystem geschwächt wird. Die Krankheit „Schmerz“ stellt einen speziellen Leidensdruck dar. Die Psyche steht durch das limbische System (Triebe, Antrieb, Gefühle, primäres Gedächtnis, Tag- und Nachtrhythmus etc.) mit dem Hypothalamus in Verbindung, welcher Überlebensprogramme mit Hilfe der Hypophyse (Hormonzentrale), des vegetativen, des sensiblen und des motorischen Nervensystems umsetzt. Deshalb können Stress und psychische Störungen grundsätzlich zu hormonellen Störungen und vegetativen Funktionsstörungen führen. Sobald Gewebeschäden auftreten, spricht man von psychosomatischen Krankheiten.

Schmerzen gehen mit Ängsten und häufig auch mit Aggressionen einher. Insbesondere die Angst vor dem Wiederauftreten des Schmerzes (Schmerzangst) führt zum Vermeiden (vermeintlich) schmerzauslösender Bewegungen und führt letztlich zu einem ausgeprägten Vermeidungsverhalten von Bewegung überhaupt („Ich muss mich schonen“). Das wiederum bewirkt eine dysfunktionale Schwächung der Muskulatur. Außerdem führt die Angst zu verstärkter muskulärer Anspannung. Häufig führen chronische Schmerzen (insbesondere das Erleben, den Schmerzen ausgeliefert zu sein) zu Depressionen, welche wiederum die Schmerzen unterhalten bzw. verstärken können. So kann es zum Teufelskreis des Schmerzes kommen.

Zur Behandlung von chronischen Schmerzen (Dauer mind. 6 Monate) bzw. von gehäuft auftretenden akuten Schmerzen gehört die Schmerzbewältigungstherapie.

In der Psychotherapie unterscheidet man drei Formen, die als Regelleistung der Krankenkassen zugelassen sind:

  • Psychoanalyse
  • Tiefenpsychologisch fundierte Therapie
  • Verhaltenstherapie

Die Schmerzbewältigungtherapie wird zur Verhaltenstherapie gezählt. Ziel der Verhaltenstherapie ist es, „falsch“ erlerntes Verhalten zu löschen und statt dessen erwünschte Verhaltensweisen aufzubauen.

Methoden der Psychologischen Schmerzbewältigung:

  1. Ablenkung: Man lässt sich vom Schmerz nicht unterkriegen, sondern setzt ihm etwas entgegen. Dabei geht es darum, den Fokus der Aufmerksamkeit vom Schmerz weg auf andere Inhalte zu lenken. Das geschieht durch:
    1. Positive Gedanken wie z. B. „Ich lasse mich vom Schmerz nicht unterkriegen“, „Der Schmerz geht schon vorüber“ u. ä.
    2. Positive Vorstellung z. B.: Ort der Kraft, Ort der inneren Ruhe, Fantasiereisen
    3. Angenehme Aktivitäten wie z. B. „Buch lesen“, „Spaziergang“, „Baden“ oder „ins Kino gehen“; unterstützt durch körperliches Training und physiotherapeutische Maßnahmen
  2. Wahrnehmung: Die Wahrnehmung ist bei depressiven Zuständen gehemmt und muss entsprechend geübt werden.
    1. Selbstwahrnehmungstraining
    2. Biofeedback: Es stellt operantes Lernen dar. Körperfunktionen, für die man keine bewusste Antenne hat, werden durch den Einsatz von Messgeräten wahrnehmbar gemacht. So kann das Ausmaß der Entspannung durch die Messung und Sichtbarmachung des Hautwiderstandes erkannt werden. Das Messgerät stellt also ein Feedback für den Patienten dar. Bewährt hat sich das Respiratorische Feedback.
  3. Löschung von Schmerz- und Rückzugverhalten
  4. Aktivitätsregulation bei Überbelastung, z. B. langes Arbeiten ohne Pausen („durchhalten müssen“)
  5. Entspannung: Schmerzen treten eher in Stress- und Belastungssituationen auf, umgekehrt zeigt es sich, dass im Zustand der Entspannung die Schmerzintensität abnimmt. Deshalb sind verschiedene Entspannungsverfahren sehr sinnvoll einzusetzen:
    1. Progressive Entspannung
    2. Autogenes Training: Vorstellung von Ruhe, Glück, Freiheit und Harmonie; Einbeziehen beruhigender Sinneseindrücke
    3. Selbsthypnose: Durch Autosuggestion herbeigeführter schlafähnlicher Zustand, z. B. durch Audiokassetten
    4. Hypnose: Bei Hypnose kann über Suggestion das Schmerzempfinden herabgesetzt werden (siehe das folgende Beispiel)

Verhaltenstherapeutische Hypnose

Ein Beispiel zeigt die positiven Ergebnisse einer Verhaltenstherapeutischen Hypnose bei chronischem Schmerz:

In einer Studie an 28 chronischen Schmerzpatienten wurden die Effekte eines verhaltenstherapeutischen Kurzprogramms von neun Sitzungen mit hypnotischen Interventionen untersucht. Als Interventionsmethoden kamen verhaltenstherapeutische Elemente zur Vermeidung Schmerz fördernder Aktivitäten, und hypnotherapeutische Interventionen (Hypnotische Dissoziation) zur Schmerzreduktion zum Einsatz. Eine Kassette mit den Schmerz reduzierenden, hypnotherapeutischen Interventionen wurde von den Patienten zusätzlich zu den therapeutischen Sitzungen zu Hause bei Schmerzattacken eingesetzt.

Die multivarianten Ergebnisse zeigen eine deutliche Reduzierung der Schmerzstärke (Effektgröße über 1,0) und ähnliche Ergebnisse der Verbesserungen in Depressivität und Funktionsfähigkeit. Die Ergebnisse wurden gegen ein vierwöchiges Eigenwartegruppendesign kontrolliert und in einer 3-Monats-Katamnese bestätigt. Die aktuelle Schmerzreduktion durch Heterohypnose und Autohypnose zeigt in der Intrasplitting-Erhebung Effektgrößen um 2,0.

Der Medikamentenkonsum der Patienten konnte mithilfe dieses Kurzprogramms stark reduziert werden. Im Vergleich zum Zeitpunkt vor der Therapie betrugen die Reduktionen bei den Neuroleptika 30 %, bei den peripher wirksamen Medikamenten 60 %, und 75 % in der Gruppe der Opioide.

(Literatur siehe unten)

Neurochirurgie

Neurochirurgische Maßnahmen werden als ultima ratio angesehen; Beispiele:

  • Chordotomie: Durchtrennung der Schmerzbahn zwischen Rückenmark und Thalamus (Tractus spinothalamicus)
  • Koagulation des Ganglion Gasseri (sensibler Hirnnervenkern des N. trigeminus; dieser Hirnnerv versorgt das Gesicht sensibel mit drei Ästen) oder Durchtrennung eines der drei Äste dieses Nerven; Indikation: Trigeminus-Neuralgie

Übersicht

Physikalische Maßnahmen

  • Ruhigstellung, zum Beispiel bei einem Knochenbruch
  • Kühlung, beispielsweise bei einem Sonnenbrand
  • Lokale Wärme, zum Beispiel bei Schmerzen durch Muskelverspannungen
  • Mechanische Beseitigung eines Steines oder anderen Hindernisses bei Darm-, Nieren- und Gallenkoliken.
  • Manuelle Lymphdrainage, beispielsweise nach Traumen und Operationen, auch bei RA (Rheumatischer Arthrose) und CRPS I (Morbus Sudeck, Sympathische Reflexdystophie)

Medikamentöse Maßnahmen

Lokale Analgetika

Systemische Analgetika

Pyrazolone

Nicht-steroidale Analgetika: Laut WHO werden bei Gelenkschmerzen (Arthrose ist eine der häufigsten Schmerzursachen) zunächst diese nicht-steroidalen Analgetika eingesetzt. Diese haben jedoch in vielen Fällen Nebenwirkungen im Magen-Darm-Bereich. So können bei längerem Gebrauch Magenblutungen entstehen. Vielfach wird versucht, diese Nebenwirkungen durch zusätzliche Gabe von PPI (Protonenpumpen-Hemmern) zu vermeiden.

Selektive COX2-Inhibitoren (neu entwickelte Stoffklasse, ähnlich NSAR, mit deutlich weniger Nebenwirkungen, vor allem im Magen-Darm-Trakt): Nach den nicht-steroidalen Analgetika sollen laut Therapie-Schema die Coxibe eingesetzt werden. Es gab die Nebenwirkungsmeldungen im Kardialen Bereich (Herz) zu Vioxx, worauf das Medikament vorsorglich vom Markt genommen wurde. Es zeigen jedoch große Studien mit den neuen Coxibe-Substanzen, dass diese wesentlich besser verträglich sind und kaum kardiale Nebenwirkungen haben. Durch den Rückzug von zwei Substanzen ist die gesamte Substanzklasse wohl fälschlicherweise in Verruf geraten. Es gibt im Gegenteil Überlegungen, das WHO-Schema wegen der wesentlich geringeren Ulkus-Komplikationen anzupassen.

Sonstige

  • Paracetamol Die Wirkweise des Paracetamols ist bislang nicht vollständig geklärt (s. interner Link). Gesichert ist die analgetische und antipyretische Potenz des Wirkstoffes.

Opioide

Schwache Opioide, u. a.:

Starke Opioide:

Andere schmerzlindernde Mittel

Begleitende Maßnahmen

WHO-Stufenschema

Die WHO empfiehlt zur Schmerztherapie (ursprünglich für die Tumortherapie entwickelt) ein Vorgehen in drei Stufen:

  • 1. Nicht-Opioide Analgetika, +/- Adjuvantien
  • 2. Nicht-Opioide Analgetika, +/- Adjuvantien, und schwaches Opioid
  • 3. Nicht-Opioide Analgetika, +/- Adjuvantien, und starkes Opioid

Eine Kombination von starken und schwachen Opioiden ist kontraindiziert, sie wirken zum größten Teil antagonistisch.

Zu beachten ist, dass schwache Opioide aufgrund ihres Ceiling-Effektes (d. h. die Wirkung bei Dosissteigerung ist begrenzt) eine beschränkte Wirkung zeigen.

Gesellschaften

Mehrere Gesellschaften und Verbände bemühen sich um die Erforschung und Therapie des Schmerzes:

Siehe auch

Analgesie, Palliation, Zentraler Schmerz, Visuelle Analogskala, Analgetikum, Multimodale Schmerztherapie, Patient-Controlled Analgesia

Literatur

  • Thomas Flöter, Manfred Zimmermann (Hrsg.): Der multimorbide Schmerzpatient. Thieme, Stuttgart 2003, ISBN 3-13-133071-6.
  • Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP, Hrsg.): Expertenstandard Schmerzmanagement in der Pflege, Entwicklung - Konsentierung - Implementierung. Doris Schiemann (Autorin). Osnabrück, Verlag Fachhochschule Osnabrück; 2005, 163 Seiten. ISBN 3-00-012743-7.
  • Michael Hamm, Cornelia Ludwig: Schach dem Schmerz. Umschau Buchverlag, Frankfurt/Main 2003, ISBN 3-8295-7153-4.
  • Felix Mann, Thomas Flöter (Übersetzung): Die Revolution der Akupunktur. Akupunktur Medizin Information, Gießen 1997, ISBN 3-927971-08-1.
  • Susanne Holst, Ulrike Preußiger-Meiser: Erfolgreiche Schmerztherapie. Endlich wieder schmerzfrei leben. Neue Behandlungsmethoden und wirksame Medikamente gegen akute und chronische Schmerzen. Südwest, München 2004, ISBN 3-517-06727-X.
  • Uwe Junker, Thomas Nolte (Hrsg.): Grundlagen der Speziellen Schmerztherapie. Curriculum Spezielle Schmerztherapie der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie e. V. nach dem Kursbuch der Bundesärztekammer. Urban & Vogel, München 2005, ISBN 3-89935-218-1.
  • Stefan Jacobs, Ines Bosse-Düker: Verhaltenstherapeutische Hypnose bei chronischem Schmerz. Ein Kurzprogramm zur Behandlung chronischer Schmerzen. Reihe: Therapeutische Praxis, Hogrefe Verlag, Göttingen 2005, ISBN 3-8017-1732-1.
  • Franz-Josef Kuhlen: Historisches zum Thema Schmerz und Schmerztherapie. In: Pharmazie in unserer Zeit. 31(1), S. 13-22 (2002), ISSN 0048-3664.
  • Ministerium für Arbeit, Gesundheit, Familie und Sozialordnung Baden-Württemberg, Stuttgart und Landesärztekammer BW (Hrsg, 1994 ff): Schmerztherapie für Tumorkranke. Ein Leitfaden. Gemeinsame Empf. der Tumorzentren, Kassenärztl. Vereing., Landesärztekammer. Gesundheitspolitik 13. 3. unveränderte Auflage.
  • Holger Thiel, Norbert Roewer: Anästhesiologische Pharmakotherapie. Allgemeine und spezielle Pharmakologie in Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie. Thieme, Stuttgart u. a. 2004, ISBN 3-13-138261-9.
  • Julia Thomass, Bertram Disselhoff, Thomas Flöter: Gut drauf mit TENS! A. M. I. Akupunktur Medizin Information, Gießen 2004, ISBN 3-927971-18-9.
  • Torsten Wieden, Hans-Bernd Sittig (Hrsg.): Leitfaden Schmerztherapie. Elsevier, Urban und Fischer, München u. a. 2005, ISBN 3-437-23170-7.
  • Michael Zenz, Michael Strumpf, Anne Willweber-Strumpf: Taschenbuch der Schmerztherapie. Bochumer Leitlinien zur Diagnostik und Therapie. 2. Aufl. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004, ISBN 3-8047-2046-3.

Weblinks


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