Stilfserjoch

Stilfserjoch

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Stilfser Joch
Die serpentinenreiche Nordostrampe

Die serpentinenreiche Nordostrampe

Nordost Südwest
Passhöhe 2.757 m s.l.m.
Provinz Südtirol Sondrio, Lombardei
Wasserscheide Trafoier Bach, Etsch Braulio, Adda
Talorte Prad am Stilfserjoch Bormio
Ausbau Straße
Erbaut 1820 – 1826
Wintersperre November – Juni
Gebirge Ortlergruppe
Profil
Ø-Steigung 7.2 % (1972 m / 27.5 km) 7 % (1536 m / 22 km)
Max. Steigung 15 % 12 %
Karte
Stilfser Joch (Italien)
DEC
Stilfser Joch
Stilfser Joch
Koordinaten 46° 31′ 42″ N, 10° 27′ 12″ O46.52833310.4533332757Koordinaten: 46° 31′ 42″ N, 10° 27′ 12″ O

Das Stilfser Joch (auch Stilfserjoch, ital. Passo dello Stelvio) ist mit 2.757 m s.l.m. der zweithöchste asphaltierte Gebirgspass der Alpen. Das Stilfser Joch verbindet Bormio im Veltlin, Lombardei, mit Prad im Vinschgau, Südtirol. Auf der Westseite mündet auf 2.503 m die über den Umbrailpass kommende Straße von Santa Maria ein. Ebenso auf dieser Seite durchfährt man etwas tiefer gelegen mehrere Kurztunnels. An der Ostrampe kann man in Gomagoi auf 1.260 m in das Suldental nach Innersulden abzweigen. Auf 2.188 m liegt auf der Ostseite das Berghotel Franzenshöhe.

Das Stilfser Joch ist durchgängig asphaltiert und in der Regel zwischen Ende Mai und November für den Verkehr geöffnet. Die Westrampe von Bormio wird meist etwas früher für den Verkehr geöffnet. Während dieser kurzen Öffnungszeit herrscht auf dieser Straße starkes Verkehrsaufkommen, vor allem durch Tourismus- und Freizeitfahrten, was den Naturpark stark belastet. So versammeln sich bei dem „Internationalen Treffen“ in der ersten Juliwoche jedes Jahr dort hunderte Motorradfahrer.

Als höchster Alpenpass gilt der Col de l’Iseran mit 2.770 m. Manchmal wird aber auch der Col de la Bonette in Frankreich mit 2.802 m als höchster Alpenpass gezählt; diese Höhe ist jedoch die Scheitelhöhe der Straße, die nicht zwischen zwei Gipfeln hindurch, sondern westlich um die Cime de la Bonette herum führt, also keine Passstraße ist.

Das Gebiet des Stilfser Jochs ist seit 1935 Nationalpark.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vorzeit

Das Stilfser Joch, benannt nach der Ortschaft Stilfs östlich des Passes, gehörte nie zu den überregional bedeutenden Pässen – im Gegenteil, er stand bis zum Bau der Stilfser-Joch-Straße immer im Schatten des Umbrailpasses. Dieser wurde in früheren Zeiten „Wormser Joch“ genannt, nach der Ortschaft Bormio, zu deutsch Worms. Auch das Stilfser Joch nannte man einst „Wormser Steig“. Wenn auch der damalige Passverkehr über das Stilfser Joch sicher nicht rege war, wurde der Pass sicher doch immer wieder begangen. Funde lassen auf eine Nutzung in der Bronzezeit schließen.

Archäologisches Zeugnis für einen Verkehr über das Stilfser Joch scheint eine Kultstätte an den heißen Quellen von Bormio zu bieten. Dort fand man ein Fragment eines Steinreliefs, das eine überlebensgroße Götterfigur mit einem Hörnerhelm, einem Schild und Standarte zeigt. Ihr nähert sich ein Mann mit kurzem Rock und einem Messer am Gürtel, welcher ein Horn bläst. Auch er scheint eine Lanze zu halten, mit einem daran befestigten Schild, vielleicht eine Weihegabe an den Gott. Der Steinfries wurde auf das 5.–4. Jahrhundert v. Chr., also die Eisenzeit, datiert.

Zur Zeit der Römer führte ein Saumweg über den Pass, der eine gewisse Bedeutung hatte, da er einen schnellen Zugang und Flankenschutz für die über den Reschenpass führende Via Claudia Augusta bot.

Mittelalter

Auch das Mittelalter hindurch fand das Stilfser Joch eine gewisse Verwendung, um in der Neuzeit als Passweg selbst von Einheimischen kaum noch genutzt zu werden. Im Dreißigjährigen Krieg, in den zwar fast ganz Europa einbezogen ist, der aber hauptsächlich auf deutschem Boden tobte, wurde das Stilfser Joch mehrfach vom Militär genutzt. Im Jahre 1632 ziehen mailändische Truppen über das Stilfser Joch um dem österreichischen Erzherzog Leopold beizustehen. Im nächsten Jahr zog neuerlich ein mailändisches Heer mit 12.000 Soldaten und 1600 Pferden über das Stilfser Joch, während der Herzog von Mailand mit seinen Gefolge den Weg über das Wormser Joch wählte. Und wiederum ein Jahr später zog der spanische Kardinalinfant Don Fernando, der Bruder des spanischen Königs, mit 21.000 spanischen Soldaten über das Stilfser Joch ins Vinschgau.

Neuzeit

Um die Passverbindungen nach Norden zu verbessern, wollte Bormio im Jahre 1795 einen der alten Wege, die über das Wormser bzw. Stilfser Joch führten, zu einem Karrenweg ausbauen. Aber der Neid der Engadiner, die befürchteten, dass damit der bisherige durch das Engadin führende Handelsverkehr zum Reschen abgelenkt werden würde, verhinderte einen Ausbau. Als im Jahre 1808 Bayern mit italienischen Gebieten einen Handelsvertrag abschließt, kommt es erneut zu Studien zum Bau einer von Bormio nach Norden führenden Passstraße. Neben dem Fraèlepass und dem Wormser Joch betrafen sie vor allem das Stilfser Joch. Die Planung einer weiteren Straße, die über den Gaviapass und durch das Val di Forno ins Martelltal führen sollte, wurde aufgegeben, da sie zu sehr durch vergletschertes Gebiet geführt hätte. Die Entscheidung fiel auf das Stilfser Joch, ein erstes Projekt einer 2,70 m breiten Straße zwischen Bormio und der Passhöhe wurde entwickelt. Bevor die Planungen über die Passhöhe fortgesetzt werden konnte oder mit den Bau begonnen werden konnte, änderte sich die politische Lage in Europa so sehr, dass es Wichtigeres gab als den Bau einer Handelsstraße.[1]

Die moderne Straße

Die etwa 50 km lange Straße über das Stilfser Joch wurde von 1820 bis 1826 vom österreichischen Kaiserreich unter der Leitung von Carlo Donegani[2] gebaut, um die Lombardei, die zum Kaiserreich Österreich gehörte, schnellstmöglich mit den anderen Reichsteilen zu verbinden. Im Ersten Weltkrieg verlief zwischen 1915 und 1917 über das Stilfser Joch die Italienfront. Aus dieser Zeit sind dort noch heute Überreste von Stellungsanlagen zu erkennen. Die Straßenführung wurde seit dem Bau kaum verändert. Noch heute besteht die kurvenreiche Nordost-Rampe von Trafoi (1.540 m) aus 48 nummerierten Kehren.

Umgebung

Südlich des Stilfser Joches beginnt das Ortler-Massiv, mit dem Ortler-Hauptgipfel (3.905 m s.l.m.) als höchste Erhebung. Die ersten Gipfel dieses Massivs sind der 3.095 m hohe, leicht zu ersteigende, jedoch selten begangene Monte Scorluzzo mit umfassender Sicht auf die Passhöhe, die Ortlergruppe, auf den Umbrailpass und ins beginnende Sondrio sowie der schon im Sommerskigebiet befindliche 3.174 m hohe Monte Livrio. Nördlich des Stilfser Joches schließt sich die Dreisprachenspitze (2.843 m) an. Dies ist der Punkt, an dem die drei Regionen Lombardei, Südtirol und der Kanton Graubünden (Schweiz) aufeinander treffen. Lohnend ist eine Fußwanderung beginnend von der Passhöhe auf der nördlichen Talseite parallel oberhalb der Passstraße auf markiertem Bergsteig bis nach Trafoi.

Sport

Radsport

Das Stilfser Joch zieht wegen seiner kurvenreichen Straßenführung jährlich tausende sportbegeisterte Radfahrer an. Radfahrern bietet sich eine Rundfahrt mit dem Ausgangspunkt in Prad am Stilfserjoch (am Fuße der Passstraße) oder aber der Stadt Glurns an. Die übliche Route führt über das Stilfser Joch bis kurz nach der Passhöhe, dann über den Umbrailpass und Santa Maria Val Müstair durch die Schweiz wieder zurück nach Glurns beziehungsweise Prad. Auch das berühmte Radrennen Giro d’Italia führt oft über das Stilfser Joch.

Seit einigen Jahren wird am ersten Samstag im September oder am letzten Samstag im August der Radtag Stilfserjoch[3] veranstaltet, bei dem die Straße (von Trafoi bis Bormio) von morgens bis in den späten Nachmittag hinein für den motorisierten Verkehr gesperrt wird und allein den tausenden Fahrradfahrern und (einigen wenigen) Wanderern/Läufern vorbehalten ist. Seit 2007 ist auch die Straße von Santa Maria im Münstertal über den Umbrailpaß an diesem Tag für den Verkehr gesperrt.

Mitte Juli wird alljährlich vom Amateurradsportverein Vinschgau[4] ein Radrennen mit Start in Prad und Ziel auf der Passhöhe des Stilfserjoch organisiert.

Skisport

Am Stilfser Joch befindet sich eines der letzten Sommerskigebiete der Alpen. Der Skibetrieb finden auf dem Ebenferner unterhalb der Geisterspitze statt. Es ist zugleich das einzige Skigebiet der Alpen, das nur im Sommer geöffnet ist, da die Passstraße als einzige Zugangsmöglichkeit von November bis Ende Mai geschlossen wird (die kleine Siedlung ist zu dieser Zeit unbewohnt). Im Skigebiet Stilfser Joch trainieren regelmäßig viele Ski-Nationalmannschaften aus ganz Europa. Es beginnt ab einer Höhe von 2.760 m und erstreckt sich laut Prospekt bis auf eine Höhe von 3.450 m. Tatsächlich endet der höchste Lift etwas niedriger, und die Abfahrt bis zum Pass ist aus Schneemangel meistens nur in den ersten und letzten Tagen der Saison im Frühjahr bzw. Herbst möglich. Für Langläufer stehen insgesamt drei Loipen zur Verfügung.

An Aufstiegshilfen verblieben sind noch sechs Bahnen und Lifte, neben den beiden Zubringerbahnen vom Pass zum „Trincerone“ und von dort weiter zum „Livrio“ sind dies die Schlepplifte Geister I und II, Payer und Cristallo. Alle weiteren Lifte wurden in den vergangenen Jahren stillgelegt und/oder abgebaut. Aus seilbahntechnischer Sicht interessant ist hierbei die Bahn vom Typ Funifor, die die „Trincerone“ mit dem „Livrio“ verbindet und vom System her (zwei Tragseile in einem Abstand größer als die Kabinenbreite, zwei Zugseilstränge) im Jahr 2000 eine „Weltneuheit“ darstellte.

Die jährliche Öffnung des Sommerskigebiets erfolgt im Allgemeinen zu Pfingsten, die Schließung dann mit Schließung der Passstraße im November.

Geplante Maut

Die Provinzverwaltung Südtirols beabsichtigte, ab Juli 2006 für das Befahren des Stilfser Jochs eine Maut zu erheben. Für Pkw sollte eine Gebühr von 10 bis 15 Euro fällig werden, für Motorräder eine Gebühr von 5 Euro. Mit dieser Maßnahme, die auch andere Alpenpässe in Südtirol betreffen soll, war beabsichtigt, zum einem den Verkehr zu reduzieren zum anderen Investitionen in die Verkehrssicherheit zu finanzieren. Aufgrund von Streitigkeiten zwischen den beiden betroffenen Regionen (Südtirol und das Veltlin) liegt jedoch die geplante Einführung bis auf weiteres auf Eis.

Einzelnachweise

  1. Steffan Bruns: Alpenpässe - vom Saumpfad zum Basistunnel
  2. http://www.museodellatecnica.it/index.php?option=com_tecneum&task=object&id=461
  3. Radtag Stilfserjoch
  4. Radrennen auf das Stilfserjoch

Weblinks

Bildergalerie


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