- Von Witzleben
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Das Adelsgeschlecht Witzleben zählt zum thüringischen Uradel. Der Stammsitz Witzleben ist heute eine Gemeinde im Ilm-Kreis in Thüringen.
Inhaltsverzeichnis
Ursprung und Geschichte
Geschichte
Erste Spuren der Familie finden sich auf der Stammburg der Elgersburger Linie in Form des in Stein gehauenen Wappens und der Jahreszahl 1088. Daraus lässt sich schließen, dass das Geschlecht als Familie schon um 1088 existiert haben muss. Dafür spricht auch, dass im Jahre 1115 ein Fritz von Witzleben als Ritter und Edler des thüringer Landgrafen Ludwig des Bärtigen in der Schlacht am Welfesholz gefallen ist. Noch frühere – und deswegen möglicherweise nicht korrekte – Quellen nennen erste Namensträger bereits im Jahr 988.
Urkundlich verbürgt – und seither in der Genealogie durchgehend – erscheint das Geschlecht erstmals 1133 mit „Adelherus et Berbato de Wiceleibe“ im Gefolge des Grafen Ludwig III. von Thüringen.
Schon im 13. Jahrhundert haben sich mehrere Linien herausgebildet. Eine nennt Christian von Witzleben zu Barchfeld 1290, eine Friedrich von Witzleben zu Elgersburg 1288 und eine weitere einen Ritter Herbord (Herbotho) von Witzleben ihren Stammherren – ebenfalls 1288. Andere Linien und Äste sind im Laufe der Zeit wieder erloschen. Bis heute haben sich die Linien Elgersburg, Liebenstein und Wendelstein erhalten.
Besitzungen
Das Geschlecht Witzleben verfügte über zahlreiche Besitzungen. So unter anderem über Angelroda (erstmals 1363 bis in das 15. / 16. Jahrhundert, dann 1651–1946), Berka, Bösleben, Elgersburg (1437–1802), Liebenstein (1282–1363 und 1434–1820), Molschleben (1351–1737), Neuroda, Oberellen, Wartenburg, Wendelstein (1355–1523), Witzleben i. Ostpreußen (bis 1945) und Wolmirstedt.
Der Doktor beider Rechte und Ritter Heinrich von Witzleben zum Wendelstein stiftete 1554 die noch heute bestehende Klosterschule Roßleben, an deren Spitze seitdem immer ein Wendelsteiner Witzleben als Erbadministrator steht. Dieses Wendelsteiner Vorrecht wurde allerdings 2001 durch die Stiftung insoweit geändert und auf alle volljährigen männlichen Nachkommen erweitert.
Bedeutend war auch der Besitz des Heinrich Hartmann Friedrich Graf von Witzleben-Alt-Doebern bestehend aus dem Schloss Altdöbern, der Brauerei und den angeschlossenen Gütern Reddern, Gräbendorf, Laasdorf, Göritz, Casel, Ilmersdorf und Muckwar, die allesamt von 1879/1880 bis 1914 in Familienbesitz blieben.
Vor allem die Enteignungen nach 1945 führten zu zahlreichen Verlusten (darunter auch das Schloss Angelroda) von Besitzungen, die teilweise seit dem 13. Jahrhundert in Familienbesitz waren.
So befinden sich heute noch das Herrenhaus Hude (Oldenburg) (seit 1678) der Liebensteiner Linie und die Klosterschule Roßleben (seit 1554) im Eigentum von Familienmitgliedern bzw. Stiftungen. Das Schloss Weingartsgreuth ist als ehemaliger Besitz des Reichsfreiherrn von Seckendorff seit 1962 im Eigentum des Erben, des Freiherrn von Seckendorff-von Witzleben.
Namen
Als uradeliges Geschlecht haben es die Mitglieder der Familie in aller Regel bis heute abgelehnt, außer dem „von“ Titel „anderer Adelsklassen“ wie Freiherr / Baron, Graf oder etwa Reichsgraf führen, um ihr Bestehen seit einer Zeit, in der es diese Titel nicht gab, zu dokumentieren.
Dennoch finden sich in den Quellen häufig Barone / Freiherren von Witzleben. Dies war im 18. und 19. Jahrhundert durchaus üblich: So war es dem jeweiligen Landesfürsten möglich, seinen Hofstaat entsprechend repräsentativ aussehen zu lassen. Viele der heutigen Freiherren ließen ihren gewohnheitsmäßig getragenen Freiherrn-Titel erst später legitimieren.
Exemplarisch sind in der Familie Witzleben verbürgt:
- Adam Heinrich Freiherr von Witzleben (um 1740), Kommandant auf Burg Gutenfels, Obristwachtmeister von Kaub, Erbauer des Mainzer Domhofs zu Kaub.
- Friedrich Ludwig Freiherr von Witzleben (1755–1833), Staatsrat und Generaldirektor der Domänen, Forste und Gewässer in Hessen, zuletzt Geheimer Staatsminister in Kurhessen; Ritter des Großkreuzes des Kurhessischen Hausordens; Verfasser forstwissenschaftlicher Literatur; Dr. iur. und Dr. phil. h.c. der Universität Marburg.
- Johann Rudolf Hermann Freiherr von Witzleben (1816–1890), Herr auf Kitzscher, kgl. preußischer Kammerherr, Premierleutnant. a. D., Rechtsritter des Johanniterordens; Vater der Margarete Freiin von Witzleben (siehe unten „Namensträger“)), die bis heute als Freifrau Margarete von Witzleben bekannt ist.
- Rochus Baron von Witzleben (um 1810), Offizier der russisch-deutschen Legion von 1811 bis 1815.
Eine weitere Ausnahme bildet Heinrich Hartmann Friedrich Graf von Witzleben-Alt-Doebern, der 1886 als „Graf von Witzleben-Alt-Doebern“ in den erblichen Grafenstand erhoben wurde.
Verwandtschaftliche – und adelsrechtlich legitimierte – Zusammenschlüsse mit Linien anderer adeliger Familien haben überdies zu den Namensvereinigungen von Witzleben-von Normann (seit 1876), von Ziegler-von Witzleben (seit 1919), Freiherren von Seckendorff-von Witzleben (seit 1962) und von Wurmb-von Witzleben (seit 1989) geführt, die teilweise bis heute existieren und dabei sowohl eigenständige Familien als auch Teile der beiden jeweils betroffenen – soweit noch existenten – Familien sind.
Wappen
Das Stammwappen ist dreimal von Silber und Rot in gestürztem Sparrenschnitt geteilt. Auf dem Helm ist ein runder roter Hut mit aufgeschlagener Hermelinkrempe. Der Hut ist besteckt mit zwei schwarzen Schäften, die beiderseits mit roten Blättern besteckt sind und oben fünf abwechselnd rot und silberne Straußenfedern tragen. Die Helmdecke ist ebenfalls rot-silber.
Die Liebensteiner Linie führt darüber hinaus einen zweiten Helm, aus dem in natürlicher Farbe Hals samt Kopf eines goldbewehrten Geiers mit goldenem Halsband zwischen rechts zwei und links drei silbern- und rotgespaltenen Fähnlein mit roten Stangen hervorwächst.
Namensträger
Neben zahlreichen Offizieren und Generälen (14 deutsche Generäle von 1755 bis 1976) der deutschen Geschichte finden sich:
- Christian von Witzleben (1358–1394), Bischof von Naumburg-Zeitz von 1381/1382 bis 1394.
- Esther-Maria von Wittelsbach, Pfalzgräfin zu Birkenfeld-Gelnhausen (auch Esther-Maria von Birkenfeld-Gelnhausen), geborene von Witzleben (1665–1725), verwitwete von Bromsee, verheiratet mit Johann Karl Pfalzgraf von Birkenfeld-Gelnhausen (1638–1704), mit ihr wurde die bis heute bestehende und auf Schloss Tegernsee und Schloss Wildenwart ansässige Nebenlinie zu den Königen von Bayern, die Linie der Herzöge in Bayern, begründet; sie ist die leibliche Urururgroßmutter der späteren Kaiserin Elisabeth von Österreich („Sisi“).
- Friedrich Hartmann von Witzleben (1722-1788), Erb-, Lehn- und Gerichtsherr auf Elgersburg, Gera, Manebach, Martinroda, Neuroda und Traßdorf, zunächst Sachsen-Gothaischer Kammerjunker, 1751 Kammerherr, 1753 Sachsen-Weimarscher Vize-Oberstallmeister und Oberschenk, ab 1757 Fürstlich Sachsen-Weimarscher Oberstallmeister, Wirklicher Geheimer Rat, Oberhofmarschall und Chef aller Hofämter; Ritter des Johanniterordens; Ritter des Hausorden vom Weißen Falken; verheiratet mit Martha Eleonore von Oppel.
- Friedrich Ludwig Freiherr von Witzleben (1755–1833), Staatsrat und Generaldirektor der Domänen, Forste und Gewässer in Hessen, zuletzt Geheimer Staatsminister in Hessen; Ritter des Großkreuzes des Kurhessischen Hausordens; Verfasser forstwissenschaftlicher Literatur; Dr. iur. und Dr. phil. h.c. der Universität Marburg.
- Karl August Friedrich von Witzleben (1773–1839), deutscher Schriftsteller unter dem Pseudonym A. von Tromlitz.
- Karl Ernst Job-Wilhelm von Witzleben (1783–1837), Herr auf Liszkowo (Witzleben), zuletzt preußischer Generalleutnant und Generaladjutant König Friedrich Wilhelms III. von Preußen, 1833–1835 Staats- und Kriegsminister. Nach ihm ist der Stadtteil „Berlin-Witzleben“ in Berlin benannt, da ihm die Gründe um den Lietzensee vom König geschenkt wurden.
- Hartmann Erasmus von Witzleben (1805–1878), Oberpräsident in Magdeburg, Königlich-Preußischer Wirklicher Geheimer Rat, Dechant von Merseburg; Mitglied des Preußischen Herrenhauses; verheiratet mit Marie Wilhelmine Elise Gräfin von Solms-Baruth (1823–1910); Vater von Heinrich Hartmann Friedrich Graf von Witzleben-Alt-Doebern.
- Gerhard August von Witzleben (1807–1880), preußischer Generalleutnant und Militärschriftsteller.
- Johanna Margarethe (Freiin) von Witzleben (1853–1917), Enkelin von Karl August Friedrich von Witzleben; gründete – nach einem Witwenverein und nach Leitung eines Heims für Arbeiterinnen – ab 1900 die deutschen Hephata-Vereine für Schwerhörige und Ertaubte, Gründerin der deutschen Schwerhörigen-Bewegung; 1901 organisierte sie den ersten Gottesdienst für Schwerhörige, 1905 begründete sie die „Hephata“-Zeitschrift für arbeitslose Schwerhörige, 1906 ein erstes Gymnasium für Schwerhörige, die heutige Margarethe-von-Witzleben-Schule in Berlin. Ihr Grab auf dem Friedhof Berlin-Wilmersdorf wurde 1995 zum Ehrengrab ernannt. Das „Witzlebenhaus“ in der Sophie-Charlotten-Straße 23A in Berlin – Sitz des Schwerhörigen Vereins Berlin e. V.-, das mit von ihr vererbten Geldmitteln erworben wurde, trägt eine Gedenktafel. Das Wohnhaus in der Tieckstraße 17 in Berlin-Mitte trägt ebenfalls eine Gedenktafel. Bis heute verleiht der Deutsche Schwerhörigenbund (DSB) als höchste Auszeichnung die Margarethe-von-Witzleben-Medaille. Ferner existiert die Margarethe-von-Witzleben-Gemeinschaftsstiftung.
- Heinrich Hartmann Friedrich Graf von Witzleben-Alt-Doebern (1854–1933), Herr auf Reddern, Gräbendorf, Laasdorf, Göritz, Casel, Ilmersdorf und Muckwar. Baute das Schloss Altdöbern samt Park und Brauerei (Brauerei „Graf von Witzleben-Alt-Doebern“) von 1880 bis 1914 grundlegend um. Stiftete das Johanniterkrankenhaus zu Altdöbern. Ermöglichte die kostenlose Erziehung aller Witzlebens in der Klosterschule Roßleben. Freund Kaiser Wilhelms I., für den er auf Schloss Altdöbern bedeutende Feste gab, und Vertrauter Kaiser Wilhelms II., der ihn 1886 in den Grafenstand erhob. Seit 1905 Mitglied des Preußischen Herrenhauses. Verheiratet mit Marie Prinzessin Reuß jüngerer Linie.
- Walther Otto Dietrich von Witzleben (1865–1949), Generalmajor, Kommandeur des sächsischen Militärordens St. Heinrich, Ritter des Ordens Pour Le Mérite; Weggefährte Mackensens.
- Job-Wilhelm Georg Erwin von Witzleben (1881–1944 (hingerichtet)) deutscher Heeresoffizier, zuletzt Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber des Heeres West; seit 1934 regimekritisch, als Widerstandskämpfer des 20. Juli wurde er 1944 in Berlin hingerichtet.
- Wolf-Dietrich von Witzleben (1886–1970), zuletzt bis 1966 Aufsichtsratsvorsitzender der Siemens-Halske AG und der Siemens-Schukertwerke AG, der beiden Stammgesellschaften des späteren Siemenskonzerns. Nach dem Ersten Weltkrieg kam Witzleben zur Siemens & Halske AG, wo seine Arbeitsschwerpunkte von Anbeginn im Bereich der Personal- und Sozialpolitik lagen. Zwischen 1927 und 1941 leitete er das Büro von Carl Friedrich von Siemens und war somit dessen engster Mitarbeiter und Vertrauter. Im Jahr 1930 übernahm Witzleben zusätzlich die Leitung des Personalreferats, 1934 erfolgte die Ernennung zum stellvertretenden, 1939 zum ordentlichen Vorstandsmitglied der beiden Siemens-Stammgesellschaften. Er nahm am Geheimtreffen vom 20. Februar 1933 in Hermann Görings Amtssitz im Reichstagspräsidentenpalais teil, in dem es um die Finanzierung des Wahlkampfes der NSDAP ging. Im Mai 1945 übernahm er den Vorstandsvorsitz beider Häuser, den er bis 1949 ausübte. Sein Verdienst besteht im Wiederaufbau des Hauses Siemens nach Kriegsende unter schwierigen äußeren Rahmenbedingungen. Darüber hinaus hat er in der Aus- und Weiterbildung die Qualifizierung von Führungsnachwuchs entscheidend vorangetrieben. Er war Mitbegründer der Baden-Badener Unternehmergespräche und Präsident des Deutschen Instituts zur Förderung des industriellen Führungsnachwuchses.
- Irmgard Marie Elisabeth von Witzleben (1896–1944 (hingerichtet)), Widerstandskämpferin, Künstlerin, Schülerin von Emil Orlik, malte unter anderem den Kronprinzen Wilhelm von Preußen; als kämpferische Gegnerin des Nationalsozialismus korrespondierte sie mit der Königin von Großbritannien. Als dieses Bemühen aufkam, wurde sie verhaftet und 1944 im Konzentrationslager Ravensbrück hingerichtet.
- Friedrich-Karl Dietrich von Witzleben (1929–2001), Vorstandsvorsitzender der Siemens Nederland N. V.
- Uta von Kardorff geb. von Witzleben, Journalistin und Schriftstellerin (Veröffentlichungen meist unter dem Geburtsnamen „Uta von Witzleben“); Werke: Das Leben ein Wagnis, König Mayer, Geständnisse der ersten Liebe, Für A. P., Die Autojagd, Geschichten aus dem Schāhnāme, Das Buch der Könige, Der Trecker und die Tiere, Wünsche in der Nacht.
- Alexander Reymar Karl-Wilhelm von Witzleben (* 1963), seit 1. Juli 2007 Mitglied des Vorstands der Franz Haniel & Cie. GmbH; seit 1993 in der Jenoptik Gruppe, seit 1996 im Vorstand und von 2003 bis 2007 Vorstandsvorsitzender der JENOPTIK AG und seit Mitte 2007 Mitglied des Vorstandes der Haniel Gruppe (Franz Haniel & Cie GmbH).
Siehe auch
Literatur
- Otto Hupp: Münchener Kalender 1929; München, Regensburg: Buch und Kunstdruckerei, 1929
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser A, Band 24, S. 465 f.; Limburg (Lahn): C. A. Starke, 1996; ISSN 0435-2408
- Hermann von Witzleben, Ilka von Vignau: Die Herzöge in Bayern. Von der Pfalz zum Tegernsee; München: Prestel, 1976
- Hartwig Claussen, Uta Dörfer: Auch einsame Seelen können sehr glücklich werden. Aus dem Leben der schwerhörigen Margarethe von Witzleben; Median, 2000; ISBN 3-922-76673-0
- Gerhard August von Witzleben, Karl Hartmann August von Witzleben: Geschichte des Geschlechts von Witzleben; Berlin: A. Bath, 1880
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band XVI, Band 137 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 2005, ISSN 0435-2408
Weblinks
- Wappen der Witzleben im Wappenbuch des Heiligen Römischen Reiches, Nürnberg um 1554-1568
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