- Waffensysteme
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Im Allgemeinen bezeichnet der Begriff Waffensystem komplexes technisches Wehrmaterial, meist modernes militärisches Großgerät des Industriezeitalters. Zumindest ein Bestandteil des Waffensystems ist die eigentliche Waffe.
Waffensysteme können von unterschiedlicher Größe sein und auch aufeinander aufbauen. Beispielsweise ein Luftabwehrflugkörper in einem Nahbereichsverteidigungssystem auf einem Kriegsschiff, welches mit anderen Schiffen einen Luftabwehrverbund bildet. Jede dieser einzelnen Stufen (Flugkörper, Nahbereichsverteidigung, Schiff und Luftabwehrverbund) kann als Waffensystem bezeichnet werden.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Folglich der Definition eines allgemeinen Systems wäre ein Waffensystem, ein Verbund einzelner technischer Elemente, welche untereinander wechselwirken und durch diesen Verbund eine verbesserte Waffenwirkung erzielen oder überhaupt erst ermöglichen.
Im Einzelfall ist die Frage, ob ein Waffensystem vorliegt, nicht ganz einfach. Besonders die technische Wechselwirkung ist schwierig zu beurteilen. Normalerweise geht diese über einen trivialen technischen Zusammenhang wie beispielsweise die Befestigung hinaus.
Beispiele:
- Das Zielfernrohr eines Gewehrs steigert die Effektivität der Waffe, ein Waffensystem wird das Gesamtgebilde dadurch jedoch nicht, da die Kopplung durch den Bediener erfolgt. Dagegen kann das Waffensystem CROWS als solches bezeichnet werden, weil über einen Laserentfernungsmesser und über automatische ballistische Korrektur verfügt
- Ein Geschütz auf Selbstfahrlafette oder auf einem Schiffsdeck bildet erst mal eine Waffenplattform, aber nicht unbedingt ein Waffensystem. Davon kann man ausgehen, wenn beispielsweise die Motorleistung für Antrieb des Fahrzeugs und auch zum Schwenken der Geschützes verwendet wird.
- Ein Flugzeug mit einem montierten Maschinengewehr wird erst dann zum Waffensystem, wenn z. B. das MG und der Flugzeugmotor durch einen Synchronisationsmechanismus gekoppelt werden, so dass zwischen den Rotorblättern hindurch geschossen werden kann.
- Modularität ist nicht zwingend ein Kennzeichen von Waffensystemen. Handfeuerwaffen mit Erweiterungsmöglichkeiten (z. B. Granatwerfer, Bajonett) steigern zwar den Kampfwert der Waffe, aber aufgrund der fehlenden direkten Wechselwirkung sind diese keine Waffensysteme. Dagegen ist beispielsweise ein Flugabwehrraketensystem ein modular aufgebautes Waffensystem. Die verschiedenen Elemente wie Radaranlage, Steuerstelle und Startanlage können an verschiedenen Orten liegen und an die jeweiligen Gegebenheiten skaliert sein. Die Wechselwirkung erfolgt über Datenkommunikation.
Der Begriff wird umgangssprachlich teilweise ungenau verwendet und variiert zudem nach Themengebiet. Eine Ursache hierfür dürfte die Tatsache sein, dass das zugehörige theoretische Terrain kaum an öffentlich zugänglichen Instituten gelehrt wird. Da das Wort „System“ eine steigernde Wirkung hat, wird es nicht selten aus Gründen des Marketings hinzugefügt.
Bei der Beschaffung (z. B. durch Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung) eines Waffensystems wird der Begriff ausgedehnt. So ist mit dem Systembegriff nicht nur ein einzelnes Flug- oder Fahrzeug gemeint, sondern auch die gesamte Peripherie, z. B. Simulatoren, Werkzeuge, Messgeräte, speziell angepasste Waffen und eventuell ein Ersatzteilvorrat und Betriebsstoffe. Deshalb sind die Beschaffungskosten eines Waffensystems oft wesentlich höher, als das Produkt aus Anzahl und Einzelkosten.
Kulturelle und technische Entwicklung
Der Weg zum modernen Waffensystem
Die Entwicklung von Waffensystemen reicht weit zurück und basiert auf den Kriegsmaschinen der Antike und des Mittelalters. Durch die immer weiterentwickelte Industrialisierung des 19. Jahrhunderts wurde der Grundstein zu den komplexen und hochtechnischen modernen Waffensystemen gelegt und ermöglichte eine fortschreitende Technologisierung des Militärs mit revolutionären Auswirkungen auf die Kriegführung. Die Entwicklung moderner Waffensysteme erzeugte eine sich steigernde Spirale der Aufrüstung und Spezialisierung und erzwang ein Umdenken der Militärführung und Militärtheoretiker.
Einen technischen Sprung, der während des Zweiten Weltkrieges eingeleitet wurde, brachte besonders die Entwicklung der Sensorik, in Verbindung mit der Absicht, den Gegner möglichst auf Abstand und überraschend zu treffen, mit sich. Die Ortung eines Ziels, die Verarbeitung der erhaltenen Informationen und die darauf folgende und abgestimmte Reaktion durch das Waffensystem stellen die moderne Verkettung der Verteidigung dar. Häufig findet sich diese standardisierte Reihenfolge in dem Waffensystem selber wieder und wird manuell durch den Menschen oder automatisiert über einen Prozessor gesteuert.
Der Soldat der Zukunft
Bestimmte Arten von Handfeuerwaffen (vor allem Schnellfeuerwaffen) sind heutzutage aufgrund der modernen Anforderungen ebenfalls zu Waffensystemen erweiterbar. Bereits im Vietnamkrieg entstand eine Kombination aus Sturmgewehr und Granatwerfer zur Effektivitätssteigerung des Infanteristen beim Angriff auf feindliche Stellungen. Die Sensorik trägt ihren Teil dazu bei, da durch sie heutige Infanteristen und ihre Handfeuerwaffe zu einem zusammenwirkenden Systems werden. Projekte zur Modernisierung der Infanteristen finden ihren Weg in immer mehr Streitkräfte der Welt. Die Bundeswehr gehörte zu einer der ersten, die mit ihrem „Infanterist der Zukunft“ neue Wege zur verbesserten Informationsgewinnung und Kampfwertsteigerung suchte. Zu den Technologien die eine Handfeuerwaffe zu einem System werden lassen gehören zum Beispiel Granatwerfer, Infrarot-Zielgeräte und mit einer Kamera an der Waffe verbundene Helmvisiere. Durch letztere Einrichtung kann der Soldat zum Beispiel aus der Deckung heraus oder um eine Ecke herum ein Ziel erfassen. Es wird auch großer Wert auf einen modularen Aufbau gelegt, um die Waffe den verschiedenen Anforderungen des Einsatzes in kürzester Zeit und mit wenig Aufwand anzupassen.
Mensch-Maschine-Schnittstelle
Es wird auch umgangssprachlich von einer „Verschmelzung“ des Menschen mit der Maschine gesprochen. Eine Überwachung der Systeme durch den Menschen bleibt bei allem Fortschritt nicht aus. Sogenannte „Human-Machine Interfaces“ (dt.: Mensch-Maschine-Schnittstelle) verbessern die Entscheidungsfähigkeit und die entsprechende Reaktion des Menschen durch weiterentwickelte Informationsdarstellung (z. B. Head-Up-Display oder Helmvisier) und einfacherer Bedienung (z. B. Spracheingabe).
Automatisierung
Heutige Waffensysteme können auch vollkommen autonom auf eine Bedrohung, die eventuell schneller als die menschliche Reaktionsfähigkeit ist, reagieren. Durch die Verbesserung der Waffensysteme wird auch eine entsprechende Reaktion der verteidigenden Systeme erforderlich, die menschliche Fähigkeiten übersteigen können. Ein technologisches Beispiel stellen sogenannte Close-in-Weapon-Systems (CIWS) dar, wie das Phalanx CIWS oder das Goalkeeper, die mehrere überschallschnelle, aus verschiedenen Richtungen auf das Schiff zukommende Seezielflugkörper auf kurze Distanz (Nahbereichsverteidigung) zerstören kann.
Durch diese Formen der Automatisierung werden vollkommen neue Konzepte der Verteidigung ermöglicht. So stehen z. B. dem Verteidigungs- und Gefechtssystem auf einem modernen Kriegsschiff zahlreiche untergeordnete und gestaffelte Waffensysteme zur Verfügung, die den Bedrohungen entsprechend eingesetzt werden. Die Waffensysteme werden zentral von der sogenannten Operationszentrale (OPZ) gesteuert.
Unbemannte Systeme
Auch unbemannte Flugzeuge (UAV; dt. Drohne), Fahrzeuge und Boote werden heutzutage mit Waffen ausgestattet und zu Waffensystemen einer neuen Art. Während unbemannte Fahrzeuge und Boote sich größtenteils noch in der Entwicklung oder Erprobung befinden, haben unbemannte und bewaffnete Flugzeuge (UCAV, Unmanned Combat Air Vehicle) bereits erste Kampfeinsätze hinter sich. Sie fliegen entweder einen voreingestellten Kurs oder sind ferngesteuert. Auch im ersteren Fall ist ein ständiges Eingreifen durch einen Piloten möglich. So können z. B. während des Einsatzes neu entdeckte Ziele angegriffen werden. Eine große Zahl von Bodenzielen im Irak konnten mit Hilfe des MQ-1 Predator zerstört werden.
In zahlreichen Ländern laufen Entwicklungsprogramme zu unbemannten Kampfflugzeugen. Während die amerikanische Verteidigungsindustrie vor allem an den Projekten X-45 (Air Force und Boeing) und X-47 (Navy und Northrop Grumman) arbeitet, haben sich verschiedene europäische Nationen zu zwei Initiativen zusammengeschlossen: das Neuron-Projekt und die UCAV-Entwicklung der ETAP.
Einsatzzweck in den Streitkräften
Im folgenden wird aufgelistet in welchen Bereichen und zu welchen Zwecken Waffensysteme angewendet werden. Die Nutzung der einzelnen Waffensysteme durch die verschiedenen Teilstreitkräfte kann in jedem Staat unterschiedlich sein.
Bodenfahrzeuge Seefahrzeuge Luftfahrzeuge Infanterie - Kampfpanzer, gepanzerte Fahrzeuge, Raketenwerfer, Artillerie, Flugabwehr (-fahrzeuge)
- Luftverteidigung
- Artillerie
- Kriegsschiff, U-Boot
- Luftverteidigung
- Geschütze
- U-Bootbekämpfung
- Kurzstrecken-, Mittelstrecken- und Interkontinentalraketen
- Jagdflugzeug, Jagdbomber, Bomber, Kampfhubschrauber, Unterstützungshubschrauber
- Luftverteidigung
- Luft-Bodenbekämpfung (Luftunterstützung)
- Schiffs- und U-Bootbekämpfung
- Combat Search and Rescue
- Handfeuerwaffen
- Häuserkampf (MOUT)
- Objektschutz
Weiterer Einsatzzweck von Waffensystemen
Durch die sicherheitspolitischen Veränderungen der letzten Jahrzehnte finden Waffensysteme vermehrt Anwendungen im zivilen Bereich. Da in demokratisch regierten Ländern Militäreinsätze im Inneren des Landes häufig umstritten sind, kann es erforderlich sein, zivile Behörden besser auszurüsten. Zum Beispiel mussten sich die südamerikanischen Behörden mit militärischen Mitteln ausstatten, um gut organisierte und ausgerüstete Drogenkartelle zu bekämpfen. Ein Grenzbeispiel stellt auch die FMA Pucará dar, die zwar für das Militär, jedoch zur Guerillabekämpfung (also kein Kriegszustand) entwickelt wurde.
Die erhöhte Terrorgefahr führte vor allem in den Vereinigten Staaten zu einer Veränderung der zivilen Behörden und ihrer Ausrüstung. Zu beachten ist jedoch, dass hier die Küstenwache den Streitkräften angehört. Trotz der vorwiegend zivilen Aufgaben verfügt die US-Küstenwache über eine umfangreiche militärische Ausrüstung, die von Hubschraubern, Schiffen mit Geschützen, bis hin zu unbemannten Aufklärungsflugzeugen reicht.
Es lässt sich nicht verhindern, dass einige Waffensysteme über den Schwarzmarkt in die Hände terroristischer und paramilitärischer Einheiten gelangen. So wird zum Beispiel eine besondere Gefahr für Zivilflugzeuge durch Man Portable Air Defense System schultergestützte Luftabwehrraketen angenommen.
Beispielliste moderner Waffensysteme
Da die Auflistung aller existierender Waffensysteme den Rahmen sprengen würde, stehen im Folgenden nur einige repräsentative Beispiele zu den einzelnen Bereichen.
Landsysteme Marinesysteme Luftfahrtsysteme - Artilleriesysteme:
- Bison
- MLRS
- Panzerhaubitze 2000
- Kriegsschiffe:
- F124-Klasse
- Visby-Klasse
- Artilleriesysteme:
- Bofors 57-mm/70 SAK Mk3-Schiffsgeschütz
- RBS 15 Mk3-Antischiffsflugkörper
- Luftverteidigungssysteme:
- Phalanx CIWS (Close-in-Weapon-System)
- RIM-116 RAM (Rolling Airframe Missile)
- Unbemannte Systeme:
- RAFAEL Protector
- Kampfflugzeuge:
- Kampfhubschrauber:
- Unbemannte Systeme:
Siehe auch
- Portal:Waffen
- Rüstung (Militär)
- Wettrüsten
Weblinks
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