- 107-Prozent-Regel
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Als 107-Prozent-Regel wird ein 1996 eingeführter Teil des sportlichen Reglements der Formel 1 bezeichnet. Zur Qualifikation für das Rennen darf ein Fahrer demnach für seine schnellste Runde im Qualifying nicht mehr als 107 Prozent der Pole-Zeit benötigen. Diese Regelung wurde nach der Saison 2002 außer Kraft gesetzt und findet seit 2011 erneut Anwendung, basierend auf der schnellsten Rundenzeit im ersten Qualifying-Abschnitt (Q1).
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
1995 bis 2002
Der letzte Fahrer, der 2002 vor der Aussetzung der 107-Prozent-Regel die Qualifikation verpasste: Alex Yoong (Minardi)Durch die sinkende Zahl der Teams Mitte der 1990er Jahre war zur Saison 1995 die Zahl von 14 Rennställen unterschritten, womit jedes Fahrzeug aufgrund der 26 verfügbaren Startplätze von vorn herein für das Rennen qualifiziert war. Wegen teils eklatanter Geschwindigkeitsunterschiede innerhalb des Starterfeldes stellte dieser Umstand ein Sicherheitsrisiko dar, häufige Überrundungen im Rennen waren die Folge. Ursprünglich war geplant, die 107-Prozent-Regelung deshalb bereits ab dem Großen Preis von Ungarn 1995 in Kraft treten zu lassen. Diese Überlegungen scheiterten jedoch am Widerstand der in diesem Jahr besonders leistungsschwachen Teams Forti und Pacific, die befürchteten, künftig nicht mehr regelmäßig an Rennen teilnehmen zu können. Durch großen Zuspruch der größeren Teams wurde die Regel zur Saison 1996 aber eingeführt.
Die FIA behielt es sich vor, Fahrer, die aufgrund besonderer Umstände an der 107-Prozent-Hürde scheiterten, trotzdem zum Grand Prix zuzulassen. Bei insgesamt 37 Überschreitungen der 107-Prozent-Zeit wurden 13 Fahrer über solche Ausnahmen zum Grand-Prix-Start zugelassen. Am häufigsten scheiterten die Fahrer Andrea Montermini und Ricardo Rosset an der Regelung, sie konnten sich jeweils fünfmal nicht qualifizieren.
Durch eine Änderung im Qualifying-Modus, der ab 2003 aus zwei Einzelrunden pro Fahrzeug mit Rennbetankung durchgeführt wurde, entschloss man sich die Regelung außer Kraft zu setzen, da die unterschiedlichen Benzinmengen in den Fahrzeugen zu große Abweichungen in den Rundenzeiten hervorrufen würden.
Wiedereinführung ab 2011
Das erste Auto, das nach der Wiedereinführung 2011 an der 107-Prozent-Regel scheiterte: Der HRT F111 von Hispania RacingZur Saison 2010 kamen einige neue Teams in die Formel 1, von denen insbesondere Virgin Racing und HRT teils große Rückstände auf die Spitze hatten. Es wäre mit der Regel im Laufe der Saison zu 17 Nicht-Qualifikationen gekommen. Aus diesem Grunde wurde die 107-Prozent-Regel zur Saison 2011 wieder ins sportliche Reglement aufgenommen. Alle Fahrer, die im ersten Qualifying-Abschnitt über 107 Prozent der schnellsten Runde liegen, sind nicht für das Rennen qualifiziert.[1] Bereits im ersten Rennen der Saison 2011, dem Großen Preis von Australien, wirkte sich die 107-Prozent-Regel aus: Beide Fahrer des Teams HRT, das mit einem neuen, gänzlich ungetesteten Auto antrat, erreichten im Qualifikationstraining keine ausreichenden Zeiten und konnten nicht am Rennen teilnehmen.
Übersicht: Teams und Fahrer, die die 107-Prozent-Regel nicht erfüllten
Saison Rennen Pole-Zeit 107%
der Pole-ZeitFahrer Team Chassis Qualifikationszeit %
der Pole-ZeitZum Rennen zugelassen? 1996 Großer Preis von Australien 1:32.371 1:38.837 Luca Badoer
Forti Corse
Forti FG01B 1:39.202 107.395 Nein Andrea Montermini
Forti FG01B 1:42.087 110.518 Nein Großer Preis von Europa 1:18.941 1:24.467 Andrea Montermini
Forti Corse
Forti FG01B 1:25.053 107.742 Nein Luca Badoer
Forti FG01B 1:25.840 108.739 Nein Großer Preis von San Marino 1:26.890 1:32.972 Andrea Montermini
Forti Corse
Forti FG01B 1:33.685 107.802 Nein Großer Preis von Spanien 1:20.650 1:26.295 Luca Badoer
Forti Corse
Forti FG03 1:26.615 107.396 Nein Andrea Montermini
1:27.358 108.317 Nein Großer Preis von Großbritannien 1:26.875 1:32.956 Andrea Montermini
Forti Corse
Forti FG03 1:35.206 109.590 Nein Luca Badoer
1:35.304 109.702 Nein Großer Preis von Deutschland 1:43.912 1:51.186 Giovanni Lavaggi
Minardi
Minardi M195B 1:51.357 107.165 Nein Großer Preis von Belgien 1:50.574 1:58.314 Giovanni Lavaggi
Minardi
Minardi M195B 1:58.579 107.239 Nein Großer Preis von Japan 1:38.909 1:45.833 Giovanni Lavaggi
Minardi
Minardi M195B 1:46.795 107.973 Nein 1997 Großer Preis von Australien 1:29.369 1:35.625 Pedro Diniz
Arrows
Arrows A18 1:35.972 107.388 Ja Vincenzo Sospiri
Mastercard Lola F1 Team
Lola T 97/30 1:40.972 112.988 Nein Ricardo Rosset
1:42.086 114.230 Nein 1998 Großer Preis von Spanien 1:20.262 1:25.880 Ricardo Rosset
Tyrrell
Tyrrell 026 1:25.946 107.082 Nein Großer Preis von Monaco 1:19.798 1:25.383 Ricardo Rosset
Tyrrell
Tyrrell 026 1:25.737 107.443 Nein Großer Preis von Ungarn 1:16.973 1:22.361 Ricardo Rosset
Tyrrell
Tyrrell 026 1:23.140 108.012 Nein Großer Preis von Japan 1:36.293 1:43.033 Ricardo Rosset
Tyrrell
Tyrrell 026 1:43.259 107.234 Nein 1999 Großer Preis von Australien 1:30.462 1:36.794 Marc Gené
Minardi
Minardi M01 1:37.013 107.242 Ja Großer Preis von Frankreich 1:38.441 1:45.331 Damon Hill
Jordan
Jordan 199 1:45.334 107.002 Ja Marc Gené
Minardi
Minardi M01 1:46.324 108.008 Ja Luca Badoer
1:46.784 108.475 Ja Pedro de la Rosa
Arrows
Arrows A20 1:48.215 109.929 Ja Toranosuke Takagi
1:48.322 110.038 Ja 2001 Großer Preis von Australien 1:26.892 1:32.974 Tarso Marques
Minardi
Minardi PS01 1:33.228 107.292 Ja Großer Preis von Großbritannien 1:20.447 1:26.078 Tarso Marques
Minardi
Minardi PS01 1:26.508 107.534 Nein Großer Preis von Belgien 1:52.072 1:59.917 Jos Verstappen
Arrows
Arrows A22 2:02.039 108.893 Ja Fernando Alonso
Minardi
Minardi PS01 2:02.594 109.389 Ja Enrique Bernoldi
Arrows
Arrows A22 2:03.048 109.794 Ja Tarso Marques
Minardi
Minardi PS01 2:04.204 110.825 Ja 2002 Großer Preis von Australien 1:25.843 1:31.852 Takuma Sato
Jordan
Jordan EJ12 1:53.351 132.045 Ja Großer Preis von San Marino 1:21.091 1:26.767 Alex Yoong
Minardi
Minardi PS02 1:27.241 107.584 Nein Großer Preis von Großbritannien 1:18.998 1:24.527 Alex Yoong
Minardi
Minardi PS02 1:24.785 107.291 Nein Großer Preis von Frankreich 1:11.985 1:17.023 Heinz-Harald Frentzen
Arrows
Arrows A23 1:18.497 109.046 Nein Enrique Bernoldi
1:19.843 110.916 Nein Großer Preis von Deutschland 1:14.389 1:19.596 Alex Yoong
Minardi
Minardi PS02 1:19.775 107.240 Nein 107% Regel ab 2011 Saison Rennen Schnellste Zeit in Q1 107% der schnellsten Q1-Zeit Fahrer Team Chassis Zeit in Q1 % der schnellsten Q1-Zeit Zum Rennen zugelassen? 2011 Großer Preis von Australien 1:25,296 1:31,266 Vitantonio Liuzzi
HRT
HRT F111 1:32,978 109,006 Nein Narain Karthikeyan
1:34,293 110,547 Nein Großer Preis der Türkei 1:27,039 1:33,103 Kamui Kobayashi
Sauber
Sauber C30 keine Zeit — Ja[2] Großer Preis von Spanien 1:22,960 1:28,767 Nick Heidfeld
Renault
Renault R31 keine Zeit — Ja[3] Großer Preis von Monaco 1:13,556 1:20,471 Vitantonio Liuzzi
HRT
HRT F111 keine Zeit — Ja[4] Narain Karthikeyan
keine Zeit — Ja Großer Preis von Kanada 1:13,822 1:18,989 Jérôme D’Ambrosio
Virgin
Virgin MVR-02 1:19,414 107,575 Ja Großer Preis von Belgien 2:01,813 2:10,339 Jérôme D’Ambrosio
Virgin
Virgin MVR-02 2:11,601 108,035 Ja Vitantonio Liuzzi
HRT
HRT F111 2:11,616 108,048 Ja Daniel Ricciardo
2:13,077 109,247 Ja Michael Schumacher
Mercedes
Mercedes MGP W02 keine Zeit — Ja Großer Preis von Japan 1:32,626 1:39,109 Nico Rosberg
Mercedes
Mercedes MGP W02 keine Zeit — Ja Vitantonio Liuzzi
HRT
HRT F111 keine Zeit — Ja Großer Preis von Korea 1:37,525 1:44,351 Daniel Ricciardo
HRT
HRT F111 keine Zeit — Ja Großer Preis von Indien 1:26,189 1:32,222 Timo Glock
Virgin
Virgin MVR-02 1:34,046 109,116 Ja Großer Preis von Abu Dhabi 1:39,782 1:46,766 Rubens Barrichello
Williams-Cosworth
Williams FW33 keine Zeit — Ja Weitere Rennserien
Diese Regel findet außerdem in der GP2-Serie Anwendung. Der erste Fall geht auf das Rennen am Hungaroring im Jahr 2007 zurück, als der Spanier Marcos Martínez an der Hürde scheiterte. Des Weiteren reagierte die IndyCar-Series während der Saison 2010 auf die sportlich schwachen Ergebnisse von Milka Duno und führte die 107-Prozent Regel auf Straßenkursen und Rundstrecken ein. Auf den Ovalkursen durfte die Durchschnittsgeschwindigkeit maximal zehn Meilen pro Stunde unter der des schnellsten Piloten liegen.[5] Zur Saison 2011 verschärfte die IndyCar Series die Regelung zur 105-Prozent-Regel.[6]
Einzelnachweise
- ↑ “2011 season changes” (formula1.com; abgerufen am 21. Februar 2011)
- ↑ Nach Technik-Pech: Kobayashi erhält Starterlaubnis Motorsport-total.com, 7. Mai 2011.
- ↑ „Offiziell: Heidfeld darf am Rennen teilnehmen“ (Motorsport-Total.com am 21. Mai 2011)
- ↑ Weise Entscheidung der FIA, (Motorsport-Magazin.com am 28. Mai 2011)
- ↑ „Duno-Desaster: IndyCars reagieren endlich“ (Motorsport-Total.com am 25. Juli 2010)
- ↑ „Vorbild NASCAR: Viele neue IndyCar-Regeln“ (Motorsport-Total.com am 12. Januar 2011)
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