- Eyâlet
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Das Eyâlet (osmanisch ايالت) war die Großprovinz des Osmanischen Reiches bis zur Tanzimatzeit. Es wurde ab 1867 durch das Vilâyet abgelöst. An der Spitze der auf dem Lehnswesen gegründeten Verwaltung des Eyalets stand der Beylerbey, der den Rang eines Pascha von zwei Rossschweifen (Tugh), in der Spätzeit auch oft Wesirsrang (drei Rossschweife) hatte.
Ein Eyâlet bestand aus zwei oder mehr Sandschaks, die unter der Leitung von Beys standen. Die meisten Sandschaks umfassten mehrere hundert bis tausend Lehen (je nach Größe aufsteigend Timar, Zeamet/Ziamet oder Hass genannt), aus denen die Angehörigen der Lehensreiterei (Sipahis) ihren Lebensunterhalt bestritten; allein die Eyalets Ägypten, Bagdad, Abessien und al-Hasa waren nicht weiter in Sandschaks und Timars untergliedert.
Das erste Eyâlet war Rumeli (Rumelien); es wurde von Murad I. (1360–89) gebildet und umfasste anfangs alle europäischen Besitzungen. Kurz darauf wurde das Eyalet Anadolu (Anatolien) geschaffen, das die asiatischen Besitzungen umfasste. Die Ränge der Beylerbeys von Rumeli und Anadolu blieben die höchsten der Feudalhierarchie und wurden in der Spätzeit auch als Ehrentitel verliehen.
Inhaltsverzeichnis
Territoriale Typologie der osmanischen Herrschaft im 16. Jahrhundert[1]
Vasallen wurden im Laufe der Jahrhunderte durchaus zu Provinzen und andersherum.
Osmanische Kernprovinzen (Eyâlet/Vilâyet)
- regiert durch vom Sultan bestimmten Großgouverneur
- unterteilt in Sandschaks, regiert durch Gouverneure
- das meiste Land war in Pfründe/Lehen aufgeteilt (Timar).
- Beispiele: Anatolien, Buda, Zypern, Rumelien, etc.
- Sonderstellungen: Kleinere Gemeinden und Regionen erhielten spezielle Privilegien und lokale Autonomien; Beispiele: Klöster von Athos und Sinai, einige Inseln und Bergregionen in Griechenland, etc.
Osmanische Provinzen (Sâliyâne-Eyâlet/Sâliyâne-Vilâyet)
- regiert durch vom Sultan bestimmten Großgouverneur
- unterteilt in Sandschaks, regiert durch Gouverneure
- Land nur teilweise oder wenig durch Pfründe verteilt. Unter Beibehaltung der vorosmanischen sozioökonomischen und Verwaltungsstrukturen wird an den osmanischen Fiskus ein jährlicher Tribut entrichtet
- Beispiele: Ägypten, Jemen, Tunesien, Bagdad, Basra, etc.
- Sonderstellungen: Selten auf der Ebene von Eyâlets, eher auf Sandschak-Ebene findet man einige Provinzen regiert von Gouverneuren, die ihr Amt vererben durften; Beispiele: Adana unter den Ramazan Oğulları, einige kurdische Sandschaks, Widin unter der Mihaloğlu-Familie, etc.
Muslimische Vasallen
- Staaten, die die Oberherrschaft der Osmanen akzeptieren, aber ihre traditionelle Organisationsstruktur beibehalten dürfen. Trotzdem behält sich der Sultan das Recht vor, den Machthaber des Vasallengebietes selber zu nominieren. Müssen ihre Politik allgemein an der osmanischen Politik ausrichten, können aber auch eigenverantwortlich agieren, sogar lokale kriegerische Handlungen durchführen.
- hat im Allgemeinen eine starke politische, militärische und/oder symbolische Bedeutung für das Osmanische Reich, und erhält daher verschiedene Formen der finanziellen Unterstützung
- Beispiele: Khanat der Krimtataren, Scherifen von Mekka, etc.
- Sonderstellung: Iran zahlte zwar zwischen 1590 - 1603 Tribut, war aber politisch unabhängig.
Christliche Vasallen
- Staaten, die die Oberherrschaft der Osmanen akzeptieren, sie bezahlen eine jährliche Gesamtsumme als Tribut an den Sultan, müssen ihre Außenpolitik an der osmanischen Politik ausrichten, behalten dafür aber größtenteils ihre Autonomie und traditionelle christliche Institutionen (kein islamisches oder osmanisches Recht im Gebiet des Vasallen). Trotzdem behält sich der Sultan das Recht vor, den Machthaber des Vasallengebietes selber zu nominieren, sollte sich die Politik nicht an die Vorgaben halten.
- Beispiele: Ragusa, Georgien, Siebenbürgen, Moldau, Walachei, etc.
- Sonderstellungen: einige christlichen Reiche zahlten zwar Tribut, entweder für Teile ihres Territoriums (z.B. zahlte Venedig für Zypern bis zur osmanischen Eroberung zwischen 1517-1571; die Habsburger zahlten Tribut für Nordungarn 1533-1593) oder als „Schutzgebühr“ um nicht angegriffen zu werden oder durch Beutezüge heimgesucht zu werden (z.B. Polen-Litauen an das Khanat der Krim und gelegentlich auch an die Osmanen), behielten aber ihre politische Unabhängigkeit.
Liste der Eyâlet
Ab 1609 bestanden die folgenden Eyâlets (Name der Hauptstadt in Klammern, falls nicht identisch mit dem des Vilâyets):
Name Osmanischer Name and Transliteration (Türkisch) Gegründet Gegenwärtige Lage Anmerkungen Abessinien Hebeşe ca. 1554 Saudi-Arabien, Sudan, Eritrea, Somalia Umfasste beide Küsten des Roten Meeres. Wurde auch Mekka und Medina genannt. Adana آضنه Ażana (Adana) ca. 1608 Türkei Ägäische Inseln Cezayir Mitte 1500 Griechenland Aleppo حلب Ḥaleb (Halep) ca.1516–1521 Syrien, Türkei Algerien جزاير غرب Cezâyîr-i Ġarb (Cezayir Garp) 1519 Algerien Anatolien Anadolu ca. 1365 Türkei Bagdad بغداد Baġdâd (Bağdat) 1535 Irak Basra بصره Baṣra (Basra) ca. 1552 Irak, Kuwait Bosnien Bosna ca. 1520s Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Serbien, Montenegro Buda Budin 1541 Ungarn, Kroatien, Serbien Zypern قبرص Ḳıbrıṣ (Kıbrıs) 1571 Zypern, Türkei Von ca. 1660–1703 and 1784 Teil der Eyalets der ägäischen Inseln Diyarbekir دياربكر Diyârbekir (Diyarbakır) 1515 Türkei, Irak Eger اكر Egir (Eğri) 1596 Ungarn Ägypten مصر Mıṣır (Mısır) 1517 Ägypten, Israel, Jordanien, Saudi-Arabien Erzurum Erzurum ca. 1514–1534 Türkei al-Hasa Lahsa ca. 1579 Saudi-Arabien Kefe Kefe ca. 1581 Ukraine, Russland Kanizsa Kanije 1600 Ungarn, Kroatien Karaman Karaman ca. 1470 Türkei Kars Kars 1579 Türkei, Georgien 1604 zusammengefasst mit Samtskhe. Dann 1845 an Erzurum angebunden. Maraş Maraş, Dulkadır ca. 1522 Türkei Mosul Musul ca. spätes 15. Jh. Irak ar-Raqqa Rakka 1586–1683 Syrien, Türkei, Irak Auch Urfa genannt Rumelien Rumeli ca. 1365 Bulgarien, Griechenland, Mazedonien, Albanien, Serbien, Montenegro, Türkei Samtskhe Çıldır ca. 1579 Georgien, Türkei Auch Meskheti genannt. Der Großteil der Eyalets ging 1829 an Russland verloren. Der Rest wurde an Erzurum angegliedert. Schahrazor Şehrizor Mitte 1500 Irak, Iran Auch Shahrizor, Sheherizul oder Kirkuk genannt. Wurde 1830 als Sandschak an Mosul angebunden. Silistrien Silistre ca. 1599 Bulgarien, Rumänien, Moldawien, Ukraine Später auch Ochakiv/Özi genannt. Sivas Sivas Anfang 1500 Türkei Syrien Şam 1516–17 Syrien, Libanon, Israel, Palästina, Jordanien, Türkei und Irak. Timișoara Tımışvar 1552 Rumänien, Serbien, Ungarn Auch Temesvar genannt Trabzon Trabzon Späte 1500er Türkei, Georgien Tripoli Trablus-ı Şam (Trablusşam) ca. 1570er Libanon, Syrien Tripolitanien Trablus-ı Garb (Trablusgarp) 1551 Libyen Tunis Tunus 1574 Tunesien Van Van 1548 Türkei Jemen Yemen 1517–18, 1539 Jemen, Saudi-Arabien Quellen:
- Colin Imber. The Ottoman Empire, 1300–1650: The structure of Power. (Houndmills, Basingstoke, Hampshire, UK: Palgrave Macmillan, 2002.)
- Halil Inalcik. The Ottoman Empire: The Classical Age 1300–1600. Trans. Norman Itzkowitz and Colin Imber. (London: Weidenfeld & Nicolson, 1973.)
- Donald Edgar Pitcher. An Historical Geography of the Ottoman Empire (Leiden, Netherlands: E.J.Brill,1972.)
Literatur
- Encyclopaedia of Islam, s. v. EYÂLET.
- Andreas Birken: Die Provinzen des Osmanischen Reiches, Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients, Reihe B Nr. 13, Wiesbaden 1976.
Einzelnachweise
Kategorie:- Verwaltungsgliederung (Osmanisches Reich)
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