Schienenverkehr in Luxemburg

Schienenverkehr in Luxemburg
Bahnhof Luxemburg (2008)

Der Schienenverkehr in Luxemburg umfasst die Geschichte der Eisenbahnen wie der Schmalspurbahnen im Großherzogtum Luxemburg sowie das gegenwärtig durch das Unternehmen Chemins de Fer Luxembourgeois (CFL) bediente Schienennetz.

Inhaltsverzeichnis

Luxemburger Eisenbahngeschichte

Das Großherzogtum Luxemburg gehörte von 1815 bis 1866 als souveräner Staat zum Deutschen Bund und blieb bis 1918 Mitglied des deutschen Zollvereins. Als im 19. Jahrhundert die ersten Bahnlinien entstanden, sollten sie zwei divergierenden Voraussetzungen entsprechen:

  • Im Land selber treffen mehrere europäische Verkehrsströme aufeinander. Der Hauptbahnhof von Luxemburg bildet dabei den Schnittpunkt.
  • Das Land hatte und hat trotz seiner geringen Größe stets einen Verkehrsbedarf in der Fläche, der sich durch ein Streckennetz mit einem eindeutigen Mittelpunkt kaum befriedigen lässt, insbesondere, da Luxemburg als Hauptstadt und größte Stadt des Landes deutlich südlich des Landeszentrums liegt.

Wilhelmsbahn

Die Luxemburgische Wilhelmsbahn, offiziell Société royale grand-ducale des Chemins de Fer Guillaume-Luxembourg (Königlich-Großherzogliche Wilhelm-Luxemburg-Eisenbahngesellschaft, kurz: GL), baute mit Hilfe von Kapital aus dem Deutschen Reich die heute noch betriebenen Durchgangsstrecken.

Im Jahre 1859 konnte man die Landeshauptstadt sowohl aus westlicher Richtung von Brüssel über Arlon als auch aus südlicher Richtung von Metz her erreichen. Die Verbindung nach Osten brachte 1861 die Bahn nach Trier. Mit der Strecke nach Ettelbrück, wo eine Zweigbahn nach Diekirch abging, und weiter über Clerf nach Lüttich im Norden war 1867 das Grundnetz der luxemburgischen Eisenbahnen vollendet, das in den achtziger Jahren noch um einige Strecken im Bergbaugebiet von Esch und durch die Vennbahn Ulflingen – St. Vith im Norden ergänzt wurde, die im luxemburgischen Grenzort Troisvierges (Ulflingen) bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs von der Luxemburger Nordbahn in Richtung St. Vith abzweigte. Bedingt durch die Kriegszerstörungen in Belgien und Deutschland wurde der Betrieb auch auf dem Luxemburger Teilstück eingestellt.

Die Betriebsführung oblag – je nach der politischen Konstellation – zunächst der privaten Compagnie des chemins de fer de l’Est, ab 1871 der deutschen Kaiserlichen General-Direction der Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen mit Sitz in Straßburg. Sie unterstand dabei zunächst unmittelbar dem Reichskanzler, 1878 wurde sie jedoch dem in Berlin neu errichteten Reichsamt für die Verwaltung der Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen mit unterstellt. Ab 1918 war sie Teil des staatlichen französischen Netzes Réseau ferroviaire d’Alsace-Lorraine (AL). Im Zweiten Weltkrieg wurde sie von der Deutschen Reichsbahn verwaltet. Nach der Statistik für 1912 betrieb die Reichseisenbahn die Strecken der Wilhelm-Luxemburg-Bahn von 203 Kilometern Länge.

Der Bahnhof des Jhangelis in Noerdingen
Bahnhof Reisdorf der Linie Diekirch-Echternach
Schild an der Attertlinie
Gedenktafel für die Attertlinie
Bahnhof Noerdingen an der Attertlinie
Technische Daten des längsten Tunnels der Attertlinie
Gedenktafel für den Benny bei Vianden
Denkmal für den Benny am gleichen Ort
Strecken der Wilhelm-Luxemburg-Bahn im Jahre 1929 (180 km)

(Betrieb: Administration des Chemins de Fer d’Alsace et de Lorraine in Straßburg)

  • 4. Oktober 1859: Luxembourg–Kleinbettingen–Grenze(–Brüssel) 19 km
  • 5. Oktober 1859: Luxembourg–Bettembourg (–Diedenhofen–Metz) 17 km
  • 23. April 1860: Bettembourg–Noertzange–Esch 10 km
  • 1. Juni 1860: Noertzange–Tétange–Rumelange-Otange 7 km
  • 29. August 1861: Luxembourg–Wasserbillig (–Igel–Trier Hbf) 38 km
  • 21. November 1862: Ettelbrück–Diekirch 4 km
  • 20. Februar 1867: Luxembourg–Ettelbrück–Clervaux–Troisvièrges (–Lüttich) 77 km
  • 1. November 1881: Esch (–Audun le Tiche) 1 km
  • 4. November 1889: Troisvièrges–Wilwerdange (– St. Vith) 7 km

Nur Güterverkehr (24 km):

  • 29. September 1884: Bettembourg–Dudelange-Ville–Dudelange-Usines 6 km
  • Dudelange-Usines–Reiteschkopp (Erzladestelle) 1 km
  • Rumelange-Otange–Langenacker Erzladestelle 3 km
  • Tétange–Langengrund–Kirchberg Erzladestelle 3 km
  • Fentange–Oetrange 11 km

ferner zwei Güterbahnen in Lothringen

Luxemburgische Prinz Heinrich-Eisenbahn-und Erzgruben-Gesellschaft

Als zweites Unternehmen setzte die Luxemburgische Prinz Heinrich-Eisenbahn-und Erzgruben-Gesellschaft, die Société Anonyme Luxembourgeoise des Chemins de fer et Minières Prince Henri (Prinz-Heinrich-Bahnen AG, kurz: PH) den Bau von Eisenbahnen fort. Sie erschloss das Land in der Fläche durch eine Ringbahn, die heute abschnittsweise stillgelegt ist. Außerdem erbaute und betrieb die Gesellschaft mehrere Strecken ins benachbarte Frankreich und Belgien.

Von Diekirch gelangte man 1873/74 im Sauertal nach Echternach und erreichte in Wasserbillig die Trierer Strecke. Im gleichen Jahr führte man von Esch eine Linie an der Westgrenze entlang über Petingen nach Kleinbettingen, und verknüpfte sie 1880 über Nördingen mit dem Knoten Ettelbrück an der Nord-Süd-Achse.

In Petingen wurden 1874 bzw. 1886 Anschlüsse an das belgische und französische Bahnnetz hergestellt. Von Kautenbach, das nördlich von Ettelbrück an der Hauptlinie liegt, baute man noch 1881/88 eine Verbindung zu dem belgischen Städtchen Bastogne. Endlich schloss man 1891 Grevenmacher an der Mosel an den Grenzbahnhof Wasserbillig an.

Strecken der Prinz-Heinrich-Bahn im Jahre 1929 (188 km)
  • 1. August 1873: Esch–Pétange 16 km
  • 1. August 1873: Pétange–Hagen–Steinfort 18 km
  • 8. Dezember 1873: Diekirch–Grundhof–Echternach 27 km
  • 20. Mai 1874: Echternach–Wasserbillig 22 km
  • 1. Dezember 1874: Pétange–Rodange–Athus 5 km
  • 20. Dezember 1875: Pétange–Lamadelaine (Rollingen) (Güterbahn) 6 km
  • 7. März 1877: Esch–Esch-Hoehl (Güterbahn) 1 km
  • 19. April 1879: Lamadelaine–Grenze (Güterbahn) 4 km
  • 20. April 1880: Steinfort–Noerdange–Ettelbrück 34 km
  • 1. Juni 1881: KautenbachWiltz 9 km
  • 27. Juni 1886: Rodingen (–Longwy) 2 km
  • 1. Juli 1888: Wiltz–Schimpach-Wampach (–Bastogne) 10 km
  • 25. November 1891: Wasserbillig–Grevenmacher 6 km
  • 1900: Luxembourg–Pétange 20 km
  • vor 1914: Grundhof–Beaufort (Meterspur) 7 km
  •  ??? Hagen–Kleinbettingen 1 km

Im Jahre 1946 beschloss die Luxemburgische Regierung, alle Eisenbahnen in einer Staatsbahn zusammenzufassen, die den Namen „Société nationale de chemins de fer luxembourgois (CFL)“ trägt.

Dieses Netz der beiden großen Gesellschaften von fast 400 km Länge wurde bis zum Jahre 1975 auf rund 275 Kilometer reduziert.

Lokomotiven der Prinz-Heinrich-Bahn
Reihe Bahnnummern DRB-Nummern CFL-Nummern Anzahl Baujahre Bauart Bemerkungen
A 1–9 9 1871+73 C n2t Tubize Bauart 10
B 21–24 4 1875 C n2t Tubize Bauart 14
C 51–65, 67–68 17 1874+1900 C n2 Tubize Bauart 2
66 1 ? 1B od. B1 n2 1899 in den Niederlanden gebraucht gekauft
D 91–98 8 1870–94 B1 n2t Tubize Bauart 6
99 1 1887 C n2t 1900 in den Niederlanden gebraucht gekauft
E 31–37 71 601–607 2001–2007 7 1900–06 1'B1' n2t wie preuß. T 51; 1922–28 auf Heißdampf umgebaut
F 151–152 2 1902 C n2t wie preuß. T 3; 1940/41 verkauft
G 101–103 92 2701–2703 4001–4003 3 1904 D n2t 1922 auf Heißdampf umgebaut
G' 104–106 92 2711–2713 4201–4203 3 1906 D n2t 1925/26 auf Heißdampf umgebaut
H 201–205 75 641–645 3302, 3303 5 1908 1'C1' n2t 1922–32 auf Heißdampf umgebaut
H' 206–215 75 651–660 3401…3410 10 1913 1'C1' h2t
I 401–405 57 901–905 5101–5105 5 1913 E h2
K 451–461 57 2773–2783 5201…5211 11 1913–21 E h2 ex preuß. G 10; 1923 aus Belgien angekauft
L 251–263 75 1121–1133 3501…3513 13 1914–18 1'C1' h2t ex bad. VI c, 1923 aus Belgien angekauft
M 301–302 2 1897 B n2t Spurweite 700 mm; für die Erzbahn Differdingen–Thillenberg
303–304 2 1907+13 B n2t
N 311–312 99 291–293 361–362 2 1904 C n2t Spurweite 1000 mm; für die Schmalspurbahn Grundhof–Befort
O 501–504 58 2145–2148 5401–5404 4 1918 1'E h3 ex preuß. G 12; 1926 aus Belgien angekauft
O' 505–507 58 601–603 5301, 5303 3 1917 1'E h3 ex preuß. G 12 (Bauart CFOA); 1927 aus Belgien angekauft

Historische Schmalspurbahnen

siehe auch: Jhangeli

Auch die rund 140 Kilometer umfassenden meterspurigen Nebenbahnen, die von zwei Gesellschaften errichtet worden waren, wurden in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg stillgelegt:

Die Luxemburgischen Sekundärbahnen – ursprünglich eine Tochter der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik und Genossen in Winterthur – hatten am 20. Februar 1882 eine 27 Kilometer lange Linie von der Stadt Luxemburg über Bad Mondorf zu dem Moselweinort Remich eröffnet, von der ab 1. September 1899 eine Querverbindung (10 km) von Aspelt nach Bettemburg abzweigte. Die längste Schmalspurbahn des Landes war 46 Kilometer lang und verband ab 20. April 1904 die Stadt Luxemburg über Junglinster direkt mit dem Wallfahrtsort Echternach im Sauertal. Das malerische Städtchen Fiels (Larochette) und seine Umgebung waren ab 20. Februar 1882 mit Kruchten an der Nord-Süd-Achse verbunden (12 km). Alle diese Strecken waren in Meterspur angelegt. In den zwanziger Jahren führte die Prinz-Heinrich-Bahn den Betrieb der Vizinalbahnen Luxembourg–Echternach und Bettembourg–Aspelt.

Die Strecken der Luxemburgischen Kantonal-Eisenbahnen (Société anonyme des chemins de fer cantonaux) mit Sitz in Diekirch waren am 4. April 1889 zwischen Diekirch und dem Burgenstädtchen Vianden an der Our sowie am 24. November 1890 zwischen Nördingen (Noerdange) und Martelingen (Martelange) an der belgischen Grenze in Betrieb genommen worden. Sie waren ebenfalls meterspurig und 14 bzw. 30 Kilometer lang.

Die ehemaligen Luxemburger Schmalspurbahnen dienen heute als Radweg. Die Popularität der Züge der Schmalspurbahnen spiegeln ihre im Volksmund geläufigen Spitznamen wider:

Zu den Namen: Den Namen „Jhangeli“ lieferte der Promotor der Felser Bahn, der Felser Tuchfabrikant, Bürgermeister und Abgeordnete Jean Knaff. (Jean = luxemburgisch Jhang).[1]

Der Echternacher „Charly“ wurde benannt nach dem Generaldirektor der öffentlichen Bauten, Charles Rischard.

Der Diekircher „Benny“ war anfänglich auch ein Jhangeli. Als 1925 zwei Benzin-Triebwagen eingesetzt wurden, wurde er umbenannt. (Benzin = Benny).

Das insgesamt 150 km lange Netz von Schmalspurbahnen bestand zum größten Teil aus isolierten Linien.

Das gleiche gilt für die ehemaligen normalspurigen Verbindungen der „Prinz-Heinrich-Bahnen AG“:

beide Bestandteile der Luxemburger „Gürtelbunn“ (Gürtelbahn),

Das heutige Schienennetz

Interregio, Durchfahrt Bahnübergang Walferdange - Helmsange
Brücke vor Luxemburg Hbf
Strecke Trier-Luxemburg, kurz vor Endstation

Nach dem Zweiten Weltkrieg umfasste das Netz der luxemburgischen Eisenbahnlinien 550 Kilometer, wobei damals noch ein ausgedehntes Schmalspurbahnennetz existierte. Innerhalb von eineinhalb Jahrzehnten wurde das Schienennetz halbiert. Am 15. Februar 1953 wurde mit dem „Jhangeli“ eine im Volksmund sehr bekannte Schmalspurbahn stillgelegt. Ende 2003 hatte das nationale Liniennetz eine Länge von 275 Kilometern, davon 140 Kilometer zweigleisig und 135 Kilometer eingleisig. Insgesamt gab es zu diesem Zeitpunkt 618 Schienenkilometer, wovon 436 Kilometer auf Hauptstrecken und Bahnhöfe entfallen und 182 Kilometer auf Nebenstrecken. Das Schienennetz umfasst 65 Bahnhöfe und Haltestellen, und ist zu 95 Prozent elektrifiziert.

Hauptträger des Verkehrs sind die 70 Kilometer lange Luxemburger Nordstrecke (Thionville/Frankreich) − Luxemburg (Stadt)Troisvierges − (Lüttich/Belgien) sowie die Ost-West-Verbindung (Trier/Deutschland) − Wasserbillig − Luxemburg (Stadt) − Kleinbettingen − (Arlon/Belgien).[2]

Technische Besonderheiten

Durch die Lage Luxemburgs an einem Kreuzungspunkt zwischen mehreren angrenzenden nationalen Schienennetzen zeichnet sich das luxemburgische Schienennetz durch einige technische Besonderheiten bei der Stromversorgung sowie den Signal- und Sicherheitssystemen aus. Diese erfordern sowohl Anpassungen am Rollmaterial als auch an der Streckeninfrastruktur. Darüber hinaus müssen Lokführer eine spezielle Ausbildung aufweisen können. Die CFL war der erste Netzbetreiber, der sich für die netzweite Einführung des europäischen Zugsicherungssystemes ETCS (European Train Control System) Level 1 als nationales Sicherheitssystem entschieden hat.

1995 übernahm der luxemburgische Staat das Schienennetz von der CFL durch die Einrichtung des Réseau Ferré National Luxembourgeois. Durch den Fonds du Rail wird seitdem die Finanzierung von Instandhaltung und Ausbau des Schienennetzes gewährleistet. Erstmals seit etlichen Jahrzehnten wurde 2003 mit der Verbindung zwischen Dudelange-Usines (Luxemburg) und Volmerange-les-Mines (Frankreich) eine neue Eisenbahnlinie in Betrieb genommen. Für weitere Ausbauprojekte sind in der Legislaturperiode 1999−2004 die gesetzlichen Grundlagen geschaffen worden.

Nicht zuletzt wegen der baldigen EU-verordneten Öffnung des Personenverkehrs für ausländische Eisenbahngesellschaften steuert die CFL in den kommenden Jahren auf Umstrukturierungen und Reformen zu.

Ausbauprojekte

Spätestens ab dem Jahre 2012 soll der Zugverkehr zwischen Petingen und der Stadt Luxemburg zweigleisig erfolgen. Hierzu wurde April 2010 über die Autobahn A6 in Höhe von Cessingen eine neue Eisenbahnbrücke geführt.[3]

Literatur

  • Ed Federmeyer: "Schmalspurbahnen in Luxemburg, Band 1", ISBN 3-921980-46-1, GAR-Documentation
  • Ed Federmeyer: "Schmalspurbahnen in Luxemburg, Band 2", ISBN 3-921980-46-1, GAR-Documentation
  • Ed Federmeyer: "Eisenbahnen in Luxemburg", ISBN 3-88255-400-2, Eisenbahn-Kurier
  • Ed Federmeyer: "Eisenbahnen in Luxemburg, Band 1", EAN 978-3-933178-21-3 (Zwei weitere Bände über die Triebfahrzeuge (Band 2, voraussichtlich Ende 2008) sowie die Personen- und Güterwagen (Band 3) sind beim Herdam Fotoverlag geplant.)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Schmalspurbahnen: “De Jhangeli” Briefmarke der Luxemburger Post.
  2. Le réseau ferré luxembourgeois.
  3. Neue Zugbrücke über die Autobahn A6 gespannt. Luxemburger Wort, 24. April 2010.

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