- Corps Suevia Tübingen
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Corps Suevia Tübingen ist ein Corps, das von 1857 bis 1971 dem Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV), dem ältesten Dachverband deutscher Studentenverbindungen, angehörte. Das Corps ist farbentragend und schlägt im Gegensatz zu den meisten Corps seit 1971 keine Mensuren mehr. Es vereint Studenten und ehemalige Studenten der Eberhard Karls Universität Tübingen. Die Corpsmitglieder werden „Tübser Schwaben“ genannt.
Inhaltsverzeichnis
Couleur
Suevia trägt die Farben schwarz-weiß-rot mit silberner Perkussion, dazu wird eine rote Mütze getragen. Die Füchse tragen ein Band in schwarz-rot. Die Farbwahl soll, wie schon die ähnlichen Kombinationen bei Obersuevia (1808-1812) und Suevia II (1813-1826) auf die 1793 durch kaiserlichen Gnadenbrief verliehenen Uniformfarben der schwäbischen Reichsritterschaft zurückgehen.[1]
Geschichte
Bereits vor der Gründung des heutigen Corps Suevia hat es in Tübingen Corps dieses Namens gegeben. So von 1807 bis 1811 die Suevia I mit den Farben schwarz-gelb-weiß, von 1808 bis 1812 die Suevia superior, von 1813 bis 1826 die Suevia II sowie von 1829-1830 die Suevia III. Die drei letzteren Corps trugen bereits das heutige schwarz-weiß-rot.
Im Jahre 1831 wurde dann die heutige Suevia (nach studentenhistorischer Zählung Suevia IV) gegründet. Im Jahre 1857 traten die Tübinger Corps - zusammengeschlossen im Tübinger Senioren-Convent (SC) - dem Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV) bei. 1899 war Suevia das präsidierende Vorortcorps und stellte mit Friedrich Blauel den Vorsitzenden des oKC.
Innerhalb des Verbandes schloss sich das Corps in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dem „grünen Kreis“ an. Dieser Zusammenschluss von Corps erhielt seine Prägung durch Corpsangehörige aus Familien, die oft schon über Generationen durch Landbesitz und öffentliche Ämter ihre Stellung in der Gesellschaft hatten festigen können. Den Höhepunkt der gesellschaftlichen Anerkennung erreichte das Corps durch die Mitgliedschaft des württembergischen Kronprinzen Wilhelm, der bald darauf als Wilhelm II. der letzte König von Württemberg wurde. Zusammen mit den Kartellcorps Vandalo-Guestphalia (entstanden aus den alten Heidelberger Corps Guestphalia und Vandalia) und Bremensia Göttingen bildet die Suevia heute das sogenannte „urgrüne“ Kartell.
Im Jahre 1933 wurde unter dem Druck der NS-Regierung, wie in allen Studentenverbänden, auch im Kösener Senioren-Convents-Verband der „Ariergrundsatz“ eingeführt. Als man 1934 zudem den Ausschluss der „Judenstämmlinge und jüdisch Versippten“ aus den Verbindungen forderte, verweigerten dies die Corps Suevia, Baltia, Suevia München, Guestphalia Heidelberg, Rhenania Straßburg, Austria Prag und Borussia Halle. Sie wurden aus dem KSCV ausgeschlossen, Suevia löste sich auf.
1949 gründete Suevia mit Franconia und Borussia die Verbindung Österberg. 1950 rekonstituierte Suevia allein.
Zusammen mit anderen prominenten, vornehmlich „grünen“ Corps verfolgte Suevia im Zuge der Umwälzungen durch die Studentenproteste von 1968 im KSCV das Ziel, das Schlagen von Mensuren als Pflicht in Frage zu stellen. Dahinter stand der Gedanke, an innerer und äußerer Glaubwürdigkeit zu gewinnen, wenn die Mensur als Instrument zur charakterlichen Erziehung in den Hintergrund tritt. Als das nicht zu erreichen war, wurde über eine Aufspaltung des Verbandes nachgedacht. Schließlich traten im Jahre 1971 aufgrund der Deckelung der Fechtfrage vier „grüne“ Corps, darunter Suevia Tübingen, aus dem Verband aus. Seitdem haben Angehörige dieser Corps keine Mensuren mehr auf ihre Farben geschlagen.
2010 wurde das 150jährige Kartell mit Bremensia gefeiert.
Siehe auch: Liste aktiver Tübinger VerbindungenCorpshaus
Siehe Hauptartikel: Schwabenhaus (Tübingen)
Das erste Corpshaus der Suevia war ein gekauftes Haus in der Neckarhalde 66, das von 1885 bis 1900 vom Corps genutzt wurde. Bald reichte der Platz nicht mehr aus und es wurde ein neues Haus direkt am Neckarufer gebaut. Das Schwabenhaus in der Gartenstr. 12 war von 1900 bis 1936 das Corpshaus der Suevia Tübingen, heute ist es Sitz der Evangelischen Hochschule für Kirchenmusik. Seit 1952 nutzt Suevia ein neues Haus in der Kleiststraße. [2]
Mitglieder
- Heinrich Albers-Schönberg (1865-1921), Radiologe
- Prinz Asfa-Wossen Asserate (* 1948), Großneffe des letzten Kaisers von Äthiopien, Unternehmensberater und Autor[3]
- Hermann Bagge (1867-1936), Mitglied der Hamburger Bürgerschaft
- Adolf Bingel (1879-1953), Internist in Braunschweig[4]
- Carl Braband (1870-1914), liberales Mitglied der Hamburger Bürgerschaft
- Paul von Bruns (1846-1916), Mediziner, Professor für Chirurgie an der Universität Tübingen
- Friedrich Gramsch (1894-1955), Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages
- Stephan von Gröning (1861-1944), Regierungspräsident in Stralsund
- Ulrich von Hassell (1881-1944), deutscher Diplomat und Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944
- Hans von Heppe (1907-1982), Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft
- Johannes zu Hohenlohe-Bartenstein (1863-1921), Offizier und Standesherr des Königsreichs Württemberg
- Ernst II. zu Hohenlohe-Langenburg (1863-1950)
- August von Knieriem (1887-1978), Industrieller
- Eugen Emil Arthur Kulenkamp (1850-1939), Senator der Hansestadt Lübeck
- Wilhelm Kutscher (1876-1962), Oberpräsident von Ostpreußen
- Max Landois (1873-1935), Reichsgerichtsrat
- Ascan Lutteroth (Genealoge) (1874-1960), Jurist
- Kurt Melcher (1881–1970), deutscher Verwaltungsjurist
- Fritz ter Meer (1884-1967), Industrieller
- Fritz Michel (1877-1966), deutscher Arzt, Politiker, Historiker und Kunsthistoriker
- Hermann von Mittnacht (1825-1909), Ministerpräsident des Königreichs Württemberg
- Wolfgang Mülberger (1900-1983), Oberbürgermeister von Tübingen
- Ludwig Munzinger junior (* 1921), Verleger
- Konstantin Freiherr von Neurath (1873-1956), Reichsaußenminister, Reichsprotektor von Böhmen und Mähren
- Fritjof von Nordenskjöld (* 1938), Botschafter in Rom und in Paris
- Hugo Riemann (1849-1919), Musiktheoretiker, Musikhistoriker, Musikpädagoge und Musiklexikograph
- Robert Römer (1823-1879), Mitglied des Reichstags
- Alexander Schön (1864-1941), Präsident der Hamburgischen Bürgerschaft
- Karl Roth von Schreckenstein (1823-1894), Archivar und Historiker, Direktor des Generallandesarchivs in Karlsruhe
- Julius Freiherr von Soden (1846-1921), Gouverneur von Kamerun und Deutsch-Ostafrika, Außenminister des Königreichs Württemberg
- Alfred Spindler (1888-1948), Jurist in der Finanzverwaltung
- Paulus von Stolzmann (1901-1989) Botschafter in La Paz, Addis Abeba und Luxemburg
- Julius Vermehren (1855-1928), Senator der Hansestadt Lübeck
- Carl Völckers (Jurist) (1886-1970), Präsident der Behörde für Schiffahrt, Handel und Gewerbe in Bremen
- Werner Wachsmuth (1900-1990), Chirurg
- Wilhelm II. (1848-1921), König von Württemberg
- Eduard Zacharias (1852-1911), Botaniker, Direktor der Hamburgischen Botanischen Staatsinstitute
- Ernst Ziehm (1867-1962), Senatspräsident der Freistadt Danzig
Einzelnachweise
- ↑ Aribert Schwenke: Über die Herkunft der unterschiedlichen Farben unserer Schwabencorps. In: Einst und Jetzt. Jahrbuch des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung 34 (1989), S. 138-139
- ↑ Arnold Sieveking, Wilhelm Girardet, Vladimir Freiherr von Schnurbein, Nicolaus Fallmeier: Eckdaten zur Corpsgeschichte Suevia Tübingens - zur Geschichte der Schwabenhäuser. in: Wilhelm G. Neusel (Hrsg.): Kleine Burgen, große Villen - Tübinger Verbindungshäuser im Porträt, Tübingen 2009, S. 232-241, ISBN 978-3-924123-70-3
- ↑ „Manieren“, Frankfurt/Main 2003. Schreibt in seiner Autobiographie „Ein Prinz aus dem Haus David“ sehr positiv über sein Corps
- ↑ Adolf Bingel: Untersuchungen über den Einfluss des Biertrinkens und Fechtens auf das Herz junger Leute. Münchener Medizinische Wochenschrift 2/54 (1907)
Literatur
- Martin Biastoch: Duell und Mensur im Kaiserreich (am Beispiel der Tübinger Corps Franconia, Rhenania, Suevia und Borussia zwischen 1871 und 1895). Vierow 1995. ISBN 3-89498-020-6.
- Martin Biastoch: Tübinger Studenten im Kaiserreich. Eine sozialgeschichtliche Untersuchung, Sigmaringen 1996 (Contubernium - Tübinger Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte Bd. 44) ISBN 3-51508-022-8
- Heinz Howaldt: Suevia Tübingen 1831 – 1931. Band 1. Corpsgeschichte. Tübingen 1931. 274 S. Gln. Illustriert; Band 2. Mitglieder. Tübingen 1931. 376 S. Gln.
Weblinks
Commons: Corps Suevia Tübingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Website der Suevia: http://www.corps-suevia.de/
- Informationen zu Corps Suevia Tübingen im BAM-Portal
Kategorien:- Studentenverbindung (Tübingen)
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