DStP

DStP
Papierfähnchen aus dem Wahlkampf der DDP bei der Wahl zur Berliner Stadtverordnetenversammlung 1929

Die Deutsche Demokratische Partei (kurz DDP) war eine liberale Partei der Weimarer Republik, die an fast allen Reichsregierungen bis 1932 beteiligt war.

Sie ging 1918 aus der linksliberalen Fortschrittlichen Volkspartei hervor. Am Samstag, dem 16. November, genau eine Woche nach der Revolution in Berlin, erschien in der Morgenausgabe des Berliner Tageblattes unter der Überschrift Die große demokratische Partei ein von Theodor Wolff verfasster und von 60 namhaften Persönlichkeiten unterzeichneter Gründungsaufruf. Und am 20. November 1918 haben sich – so wörtlich im Tageblatt und fast gleichlautend in der mit der neuen Partei ebenfalls sympathisierenden Vossischen Zeitung„die Fortschrittliche Volkspartei und ein erheblicher Teil der Nationalliberalen mit den Unterzeichnern des Aufrufes vom 16. November auf die Grundsätze dieses Aufrufes vereinigt[1].“ Die DDP vereinte liberale, nationale und soziale Positionen, grenzte sich aber von der Annexionspolitik der früheren Nationalliberalen ab. An der Person von Gustav Stresemann scheiterte daher die Schaffung einer einheitlichen liberalen Partei zu Beginn der Weimarer Zeit.

1930 vereinigten sich Teile der DDP mit dem Jungdeutschen Orden zur Deutschen Staatspartei (DStP). Im Prozess der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde die DStP am 28. Juni 1933 aufgelöst.

Im Jahr 2004 wurde eine neue Partei gegründet, die den Namen Deutsche Demokratische Partei annahm und sich dabei auf die Partei der Weimarer Republik berief. Sie nahm bisher nicht an Wahlen teil.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der DDP und DStP

DDP und DStP in der Weimarer Republik

Entstehung der DDP

Die 1910 aus der Freisinnigen Volkspartei, der Freisinnigen Vereinigung und der Deutschen Volkspartei (DtVP) des Kaiserreichs hervorgegangene eher linksliberale Fortschrittliche Volkspartei und der vergleichsweise kleine „linke“ Flügel der vormaligen Nationalliberalen Partei des Kaiserreichs gingen in der neuen Partei auf. Das Programm der DDP war eine Synthese aus liberalem und sozialem Gedankengut, wie sie bereits Friedrich Naumann in der Vorkriegszeit versucht hatte.

Anhänger und Mitglieder der Partei rekrutierten sich vor allem aus den freien Berufen, Lehrern und Hochschullehrern, also aus dem Bildungsbürgertum. Weiter wurde sie getragen von leitenden Angestellten und Beamten, von vorwiegend der Chemie- und der Elektroindustrie zugehörigen Industriellen, von Mittelständlern sowie von liberalen Juden.

Neben der DDP gab es die rechtere und republikfeindliche Deutsche Volkspartei (DVP) – allerdings versöhnte der realpolitische Kurs Gustav Stresemanns, des späteren von der DVP gestellten Außenministers, diese Partei bis zu seinem Tod 1929 mit der Demokratie zeitweilig. In der DVP waren eher die Besitzbürger organisiert. Mit der Deutschen Volkspartei (DVP) nicht zu verwechseln ist der württembergische Landesverband der DDP, der 1945 als Demokratische Volkspartei – ebenfalls mit DVP abgekürzt – neu gegründet wurde.

Prominente Mitglieder der DDP waren Außenminister Walther Rathenau, der erste Parteivorsitzende Friedrich Naumann, Theodor Heuss, Thomas Mann, Wilhelm Külz, die Publizisten Theodor Wolff und Georg Bernhard von der Vossischen Zeitung, der Friedensnobelpreisträger Ludwig Quidde, der Pazifist Hellmut von Gerlach, Eduard Hamm, Hugo Preuß (der „Vater“ der Weimarer Verfassung), der Gewerkschaftsführer Anton Erkelenz, Reichsjustizminister Erich Koch-Weser, der langjährige Hamburger Bürgermeister Carl Wilhelm Petersen, der Berliner Oberbürgermeister Gustav Böß, der Reichstagsabgeordnete und spätere Bundesminister Ernst Lemmer, der spätere erste Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Reinhold Maier, der Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, sowie kurzzeitig der Soziologe Max Weber. Die DDP bot vielen frauenpolitisch aktiven Frauen der Weimarer Republik eine Heimat. Zu nennen wären unter anderem Gertrud Bäumer sowie Marie Elisabeth Lüders, die spätere Alterspräsidentin des Deutschen Bundestages.

Die DDP war neben der SPD eine der entschiedensten Befürworterinnen der Weimarer Republik. Hochburgen der Partei fanden sich in Berlin, Potsdam, Schleswig-Holstein, Württemberg, dem Bereich Weser-Ems und ganz besonders in Hamburg, wo der zeitweilige Parteivorsitzende Carl Wilhelm Petersen Erster Bürgermeister und damit Regierungschef war.

Bei den ersten reichsweiten Wahlen der noch jungen Republik zur Nationalversammlung erreichte die DDP 18 Prozent und bildete 1919/20 mit SPD und Zentrum die „Weimarer Koalition“ als erste Regierung der Weimarer Republik. Trotz ihrer stetig schwindenden Größe spielte die DDP in den ersten Jahren der Republik eine wichtige politische Rolle. Zum einen half sie durch ihre Mittelposition zwischen SPD und Zentrum die Weimarer Koalition in Deutschland und insbesondere in Preußen zu stabilisieren. Als Beispiel kann hier der Staatssekretär im preußischen Innenministerium Wilhelm Abegg gelten, der die preußische Polizei neu organisierte und modernisierte. Zum anderen bildeten die Mitglieder der DDP ein bedeutendes Personalreservoir für hohe Positionen in der öffentlichen Verwaltung. Keine andere Partei konnte in diesem Maße Beamte zur Verfügung stellen, die sowohl die fachliche Ausbildung besaßen als auch dem demokratischen System der Weimarer Republik loyal gegenüberstanden, was bei den meisten aus der Monarchie übernommenen monarchistisch und antidemokratisch gesinnten Beamten zu dieser Zeit nicht der Fall war.

Niedergang in den 20er Jahren

Schon ab 1920 verlor die DDP in großem Maße Stimmen an DVP, DNVP und Interessenparteien. Damit einher ging gleichzeitig ein Verlust an Mitgliedern, Finanzen und Publikationsorganen. Bedeutende Zeitungen wie die Vossische Zeitung oder die Frankfurter Zeitung waren zwar DDP-nah, die Partei konnte aber nie ein wichtiges eigenes Parteiblatt wie den Vorwärts (SPD) oder später den Völkischen Beobachter (NSDAP) etablieren. In der Öffentlichkeit herrschte zum Teil das – faktisch falsche und antisemitisch aufgeladene – Vorurteil, die DDP sei die „Partei des Hochkapitals“. In den späteren Jahren nutzte die NSDAP dies weidlich aus, um die DDP als „die Judenpartei“ zu diffamieren.

Fusion zur Deutschen Staatspartei

1930 vereinigte sich die DDP mit der Volksnationalen Reichsvereinigung Artur Mahrauns („Jungdeutscher Orden“) zunächst für die Reichstagswahl zur Deutschen Staatspartei, was im Vorfeld mit heftigen innerparteilichen Konflikten einher gegangen war. Nach dieser Fusion traten viele Mitglieder des linken Flügels, darunter auch Ludwig Quidde und Hellmut von Gerlach, aus der Partei aus und gründeten noch 1930, sozusagen gegen Ende der zu der Zeit faktisch schon gescheiterten Demokratie der Weimarer Republik, die weitgehend politisch erfolglose Radikaldemokratische Partei. Der Jungdeutsche Orden löste sich jedoch direkt nach der Reichstagswahl wieder von der DDP, die sich trotzdem im November 1930 auch formell in Deutsche Staatspartei umbenannte[2].

Bis 1932 war die DStP an der Mehrzahl der Reichsregierungen beteiligt, erreichte aber bei den Wahlen dieses Jahres nur noch etwa ein Prozent und sank zur Bedeutungslosigkeit herab. Ihre fünf Sitze im Reichstag aufgrund der Wahlen vom 5. März 1933 erhielt die DStP aufgrund einer Listenverbindung mit der SPD[3]. Die fünf Abgeordneten der Partei stimmten für das Ermächtigungsgesetz, das den Reichstag faktisch entmachtete[4]. Ihr „Ja“ zum Ermächtigungsgesetz wurde von dem Abgeordneten Reinhold Maier begründet. Der Text seiner Rede ist im Protokoll der Reichstagssitzung vom 23. März 1933 nachzulesen (S. 38). Der Schlusssatz seiner Rede lautete: „Im Interesse von Volk und Vaterland und in der Erwartung einer gesetzmäßigen Entwicklung werden wir unsere ernsten Bedenken zurückstellen und dem Ermächtigungsgesetz zustimmen[5].“

Ab der NS-Machtergreifung bis heute

Selbstauflösung 1933 und Widerstand

Da sie mittels Wahlvorschlägen der Sozialdemokratischen Partei errungen worden waren, erloschen die Mandate der Reichstagsabgeordneten der DStP im Juli 1933 aufgrund der Vorschrift des § 1 der Verordnung zur Sicherung der Staatsführung des nationalsozialistischen Reichsinnenministers Frick, die dieser mit Berufung auf § 18 des Vorläufigen Gesetzes zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich vom 31. März 1933 (Reichsgesbl. I S. 153) am 7. Juli 1933 erließ[6].

Die von den Nationalsozialisten erzwungene Selbstauflösung der DStP war am 28. Juni 1933 erfolgt. Mit dem am 14. Juli erlassenen Gesetz gegen die Neubildung von Parteien wurde kurze Zeit später die Existenz einer einzigen Partei im Deutschen Reich, der NSDAP, gesetzlich festgeschrieben und jegliches Wirken für andere Parteien unter Strafe gestellt[7]. Einzelne Mitglieder der DStP beteiligten sich am antifaschistischen Widerstand. Die einzige linksliberale Widerstandsgruppe, die Robinsohn-Strassmann-Gruppe, bestand im wesentlichen aus ehemaligen DDP/DStP-Mitgliedern. Viele ehemalige Mitglieder der DDP bzw. der Radikaldemokratischen Partei sahen sich wegen ihrer antifaschistischen Haltung oder ihrer pazifistischen Einstellung auch zur Flucht ins Exil gezwungen, unter ihnen beispielsweise Ludwig Quidde oder Wilhelm Abegg.

DDP-Politiker nach dem Zweiten Weltkrieg

Frühere Mitglieder der DDP waren nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich an der Gründung der FDP bzw. LDPD beteiligt (z. B. Theodor Heuss, Thomas Dehler oder Reinhold Maier) andere gingen zur CDU (unter anderem Ernst Lemmer und August Bach) oder SPD (unter anderem Erich Lüth), vereinzelte auch zur KPD.

Die seinerzeit DDP-nahe Jugendorganisation Jungdemokraten besteht, nach wechselvoller Geschichte, heute noch.

Neugründung als Kleinpartei

Die DDP wurde 2007 als liberale Kleinpartei neu gegründet. Sie stellt sich bewusst in die Tradition der Weimarer DDP, deren Geschichte sie auf der Homepage als eigene Vergangenheit darstellt[8]. Von der FDP versucht sie sich vor allem durch linksliberale Positionen abzugrenzen[9]. Die Partei ist nicht bundesweit aktiv und unterhält nur drei Landesverbände (Bayern, Berlin/Brandenburg und Niedersachsen)[10].

Wahlergebnisse der DDP beziehungsweise (ab 1930) der DStP

Reichstagswahlen 1919 bis 1933

Reichstagswahlen einschließlich der Wahl
zur Verfassunggebenden Nationalversammlung (1919)
19. Januar 1919 18,5 % 75 Sitze
6. Juni 1920 08,3 % 39 Sitze
4. Mai 1924 05,7 % 28 Sitze
7. Dezember 1924 06,3 % 32 Sitze
20. Mai 1928 04,9 % 25 Sitze
14. September 1930 03,8 % 20 Sitze
31. Juli 1932 01,0 % 04 Sitze
6. November 1932 01,0 % 02 Sitze
5. März 1933 00,9 % 05 Sitze


Preußische Landtagswahlen 1919 bis 1933

Wahlen zum Preußischen Landtag 1919 bis 1933
1919 16,2 % 65 Sitze
1921 05,9 % 26 Sitze
1924 05,9 % 27 Sitze
1928 04,4 % 21 Sitze
1932 01,5 % 02 Sitze
1933 00,7 % 03 Sitze

Literatur

  • J. C. Hess: Das ganze Deutschland soll es sein. Demokratischer Nationalismus in der Weimarer Republik am Beispiel der Deutschen Demokratischen Partei. Stuttgart 1978.
  • Werner Schneider: Die Deutsche Demokratische Partei in der Weimarer Republik 1924–1930. München 1978.
  • Joachim Stang: Die Deutsche Demokratische Partei in Preußen 1918–1933. (= Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Bd. 101), Düsseldorf 1994.
  • K. Wegner (Bearb.): Linksliberalismus in der Weimarer Republik. Die Führungsgremien der Deutschen Demokratischen Partei und der Deutschen Staatspartei 1918–1933. Düsseldorf 1980 (Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 3)
  • Werner Stephan: Aufstieg und Verfall des Linksliberalismus 1918 bis 1933. Die Geschichte der Deutschen Demokratischen Partei. Göttingen 1973.

Siehe auch

Weblinks

Quellennachweise

  1. Horst Wagner: Die Gründung der DDP 1918. 1998. Archiviert vom Original am 12. Dezember 2007. Abgerufen am 13. April 2009.
  2. Christof Brauers, die FDP in Hamburg 1945 bis 1953, München 2007, Seiten 75ff.
  3. Deutsche Demokratische Partei (DDP)/Deutsche Staatspartei 1918–1933
  4. Amtliches Protokoll der Reichstagssitzung vom 23. März 1933, s. DStP
  5. Verhandlungen des Reichstags, stenographischer Bericht, 23. März 1933, S. 25 C, S.38
  6. Text der Verordnung zur Sicherung der Staatsführung vom 7. Juli 1933 im Reichsgesetzblatt in retrodigitalisierter Form bei ALEX – Historische Rechts- und Gesetzestexte Online
  7. Text des Gesetzes gegen die Neubildung von Parteien vom 14. Juli 1933 bei verfassungen.de
  8. http://ddp-partei.de/index.php?option=com_content&task=view&id=13&Itemid=45
  9. http://ddp-partei.de/index.php?option=com_content&task=view&id=32&Itemid=71
  10. http://ddp-partei.de/index.php?option=com_content&task=section&id=9&Itemid=40

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