Albrecht Goes

Albrecht Goes

Albrecht Goes (* 22. März 1908 in Langenbeutingen; † 23. Februar 2000 in Stuttgart-Rohr) war ein deutscher Schriftsteller und protestantischer Theologe.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Albrecht Goes wurde 1908 im evangelischen Pfarrhaus in Langenbeutingen geboren, wo er auch seine Kindheit verbrachte. Nach dem frühen Tod seiner Mutter 1911 kam er 1915 zur Großmutter nach Berlin-Steglitz, wo er bis 1919 das Gymnasium besuchte. Von 1919 bis 1922 ging er in Göppingen zur Schule. 1922 trat er in das theologische Seminar in Urach ein und besuchte von 1922 bis 1923 das theologische Seminar in Schöntal. Sein Zimmergenosse dort war Gerd Gaiser. Er legte danach das württembergische Staatsexamen ab und besuchte ab 1924 das Oberseminar in Urach.

Ab 1926 studierte er Germanistik und Geschichte, später Theologie in Tübingen und ab 1928 Theologie in Berlin, wo er von Romano Guardini beeinflusst wurde. Goes wurde 1930 in der Tuttlinger Stadtkirche zum Pfarrer ordiniert und war 1931 Stadtvikar in der Martinskirche in Stuttgart. 1933 trat er seine erste Pfarrstelle in Unterbalzheim bei Illertissen an. Im selben Jahr heiratete er Elisabeth Schneider, mit der er die drei Töchter Christin, Brigitte und Rose hat. Ab 1938 war er Pfarrer in Gebersheim (heute Teilort der Stadt Leonberg).

Im Zweiten Weltkrieg wurde er 1940 einberufen und zum Funker ausgebildet und danach in Rumänien eingesetzt. 1942 bis 1945 war er als Geistlicher im Lazarett und im Gefängnis in Russland, Polen, Ungarn und Österreich tätig. Nach dem Krieg war er wieder Pfarrer in Gebersheim, bis er 1953 den Pfarrdienst quittierte und von da an als freier Schriftsteller wirkte. Er predigte weiterhin zweimal im Monat. 1954 zog er nach Stuttgart-Rohr um. Er engagierte sich nach dem Krieg gegen die Wiederaufrüstung Deutschlands, zum Beispiel – unter anderem mit Gustav Heinemann – als Unterzeichner des „Deutschen Manifests“ der Paulskirchenbewegung. 1958 wurde er in die Berliner Akademie der Künste aufgenommen.

Schlichter Buchdeckel zur Erzählung "Unruhige Nacht" aus dem Friedrich-Wittig-Verlag Hamburg von 1950

Bereits 1932 erschienen mit Verse und dann 1934 mit Der Hirte erste Gedichtbände. 1950 veröffentlichte er die Erzählung Unruhige Nacht, die die Ereignisse eines Abend und einer Nacht in dem von den Deutschen besetzten Proskurow (Ukraine) im Oktober 1942 beschreiben. Der Ich-Erzähler wird hier als evangelischer "Kriegspfarrer" der Wehrmacht von seinem Lazarettstandort Winniza nach Proskurow gerufen, um den deutschen Soldaten Baranowski auf seine Hinrichtung vorzubereiten, die ihn in den frühen Morgenstunden ereilen sollte. Baranowski war wegen Fahnenflucht kriegsgerichtlich zum Tode verurteilt worden. In den Begegnungen mit verschiedenen Wehrmachtsangehörigen und im Gespräch mit dem Häftling reflektiert der Ich-Erzähler und damit der Autor die moralischen Implikationen des Zweiten Weltkriegs. Zugleich erhält der Leser Einblicke in die Doppelrolle eines Militärgeistlichen, der einen zum Tode Verurteilten bis zur letzten Minute begleitet. Damit ist der Geistliche einerseits Seelsorger, spendet Trost und bereitet jemanden im Auftrag Gottes auf das ewige Leben vor. Gleichzeitig ist er Teil des militärischen Systems, handelt im Auftrag seiner Wehrmachtsvorgesetzten und darf die Rechtmäßigkeit der Verurteilung und der Erschießung nicht in Frage stellen. Die Reflexionen des Ich-Erzählers spiegeln diese Zerrissenheit wider und implizieren, dass man 1942 von den Verbrechen des NS-Regimes einschließlich der Judenverfolgung Kenntnis haben und sich nach dem Krieg nicht als unwissend herausreden konnte: "Und wenn wir je doch übrigbleiben sollten, dann wird man uns fragen: was habt ihr getan? Und dann werden wir alle daherkommen und sagen: wir, wir tragen keine Verantwortung, wir haben nur getan, was uns befohlen wurde. Ich sehe es schon im Geist, Herr Bruder, das ganze Heer der Beteuerer, die Händewäscher der Unschuld" (Oberleutnant Ernst an den Ich-Erzähler, Ausgabe Friedrich-Wittig-Verlag 1950, S.42).

Die 1954 erschienene Erzählung Das Brandopfer thematisiert die Judenverfolgung während des Dritten Reiches anhand einer schlichten Metzgersfrau, die zuletzt durch (die ihr dann verwehrte) Selbstopferung Gerechtigkeit sucht. Das in einfacher Sprache geschriebene Werk gilt bis heute als Beitrag zu Dialog und Versöhnung von Juden und Christen. Dem Autor selbst wurde 1978 für diesen Beitrag die Buber-Rosenzweig-Medaille verliehen. Seine beiden Werke Unruhige Nacht und Das Brandopfer wurden verfilmt.

Um Albrecht Goes, dessen Werk oft mit dem Albrecht Haushofers, Reinhold Schneiders, Rudolf Alexander Schröders oder dem der Gertrud von Le Fort verglichen wird, ist es nach seinem Tod still geworden. Dass er jedoch nicht vergessen ist, zeigen neue Bücher und Neuauflagen zum 100. Geburtstag und ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm aus diesem Anlass.

Albrecht Goes wurde am 28. Februar 2000 auf dem Pragfriedhof in Stuttgart bestattet. [1] [2]

Werke

  • Verse; Stuttgart 1932
  • Der Hirte. Gedichte; Leipzig 1934
  • Heimat ist gut. Zehn Gedichte; Hamburg 1935
  • Lob des Lebens. Betrachtungen und Gedichte; Stuttgart 1936
  • Vergebung; 1937
  • Der Zaungast; 1938
  • Der Nachbar. Gedichte; Berlin 1940
  • Gelöbnis; Nachtwache, Fleckfieberlazarett, Frühling 1943
  • Die guten Gefährten. Begegnungen; 1942
  • Die Begegnung. Zehn Gedichte; (Privatdruck) 1944
  • Der Weg zum Stall; 1946
  • Die Herberge. Gedichte; Berlin 1947
  • Unruhige Nacht; 1950
  • Das Brandopfer. Erzählung, 1954
  • Der Gastfreund. Prosa und Verse; Berlin (Ost) 1958
  • Das Sankt Galler Spiel von der Kindheit Jesu, erneuert; 1959
  • Zehn Gedichte; Frankfurt a.M. 1961
  • Die Gabe und der Auftrag; Berlin (Ost) 1962
  • Aber im Winde das Wort. Prosa und Verse aus zwanzig Jahren; Frankfurt a.M. 1963
  • Das Löffelchen; 1965
  • Tagwerk. Prosa und Verse; Frankfurt a.M. 1976
  • Lichtschatten du. Gedichte aus fünfzig Jahren; Frankfurt a.M. 1978
  • Erzählungen, Gedichte, Betrachtungen; Frankfurt a.M. 1986
  • Keine Stunde schwindet. Eine Auswahl; Berlin (Ost) 1988
  • Mit Mörike und Mozart. Studien aus fünfzig Jahren; 1991
  • Dunkle Tür, angelehnt. Gedanken an der Grenze des Lebens; 1997
  • Das Erstaunen. Begegnung mit dem Wunderbaren; 1998
  • Lebensspur. Gedichte von Albrecht Goes und Aquarelle von Andreas Felger; Präsenz Kunst & Buch, 2007

Ehrungen und Andenken

  • 1958: Willibald-Pirckheimer-Medaille für Verdienste um Kultur und Literatur
  • 1959: Großer Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland, verliehen durch Theodor Heuss
  • 1962: Heinrich-Stahl-Preis der jüdischen Gemeinde Berlin
  • 1972: Ehrengast der Villa Massimo in Rom
  • 1974: Ehrendoktorwürde durch die Evangelisch Theologische Universität Mainz
  • 1977: Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg
  • 1978: Buber-Rosenzweig-Medaille (für seinen Roman Das Brandopfer)
  • 1979: Professorentitel, verliehen durch den Ministerprädsidenten von Baden-Württemberg Lothar Späth
  • 1981: Albrecht-Goes-Straße in Langenbeutingen wird ihm gewidmet
  • 1983: Bürgermedaille der Stadt Stuttgart für besondere Verdienste
  • 1991: Otto-Hirsch-Medaille (Stuttgart)
  • 1994: Literaturpreis der Stadt Stuttgart
  • 1998: (Zum 90. Geburtstag) Ehrungen durch die Städte Stuttgart und Leonberg, Evangelische Akademie Bad Boll und das Bildungshaus in Schöntal
  • 2000: Albrecht-Goes-Platz in Stuttgart wird ihm gewidmet, Gedenkfeiern in Marbach und Leonberg
  • 2001: Gedenkstein vor seinem Geburtshaus in Langenbeutingen mit Zeilen aus seinem Gedicht Die Schritte
  • 2004: Goes-Stube, ein kleines Museum im Unteren Kirchle in Langenbeutingen wird eröffnet
  • Relief von Hermann Koziol in der Gedächtnisstätte für die Gefallenen auf dem Friedhof Bretzfeld-Waldbach
  • 2008: Veranstaltungsreihe „Albrecht Goes zum Hundertsten“ in ca. 20 Orten in Baden-Württemberg, sowie in Leipzig [2]
  • 2008: Gedenktafel im Evangelischen Stift in Tübingen [3]

Zitate

Richard von Weizsäcker: „Ein Dichter, der so fein hören kann, bei dem ist es kein Wunder, dass er das Seine zu sagen versteht.[1]

Literatur

  • H. Preuss: Goes - Weben der Stille; in: ders., Lyrik der Zeit. Es geht kein Wort verloren; Ratingen 1971
  • Matthias Sträßner: Leicht und schwer. Siebzig Jahre im Gedicht; auf: Deutschlandfunk, 20. März 1998
  • Klaus Goebel: Ein guter Brief ist die Leistung eines Menschen, der sich selbst mit allem dem Seinen zusammenfassen kann. Albrecht Goes und Heinrich Wolfgang Seidel korrespondierten 1936-1944 miteinander. Deutschlandfunk, 16.Januar 2001
  • Volker Spangenberg: Der Gott, der mich sieht. Zum Predigtwerk von Albrecht Goes; in: Ingolf U. Dalferth u.a. (Hrsg.), Denkwürdiges Geheimnis. Beiträge zur Gotteslehre. Festschrift für Eberhard Jüngel zum 70. Geburtstag, Tübingen 2004 S.515-537
  • Klaus Goebel: Nur einmal war er sprachlos. Erinnerungen an Johannes Rau. Neukirchen-Vluyn 2007, darin über Goes: Dichterlesungen, S. 23 f.
  • Helmut Zwanger: Albrecht Goes. Freund Martin Bubers und des Judentums. Eine Hommage. Tübingen 2008
  • Willy Bourgoignie: "Auf der Suche nach reiner Menschlichkeit. Der schwäbische Dichter Albrecht Goes"; in : Studio Germanica Gandensia, 7, 1965, S.255-286

Verfilmungen

Einzelnachweise

  1. a b Hartmut Müller: Er versteht, das Seine zu sagen, In: Heilbronner Stimme vom 22. März 2008, S. 40
  2. a b Broschüre „Albrecht Goes zum Hundertsten“ auf www.stuttgart.de
  3. http://www.evangelischer-kirchenbezirk-tuebingen.de/news/2008/11/goes-gedenktafel.php

Weblinks


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