- Ferdinand Freiherr von Lüninck
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Ferdinand Joseph Meinolph Anton Maria Freiherr von Lüninck (* 3. August 1888 in Ostwig, heute Bestwig; † 14. November 1944 in Berlin-Plötzensee) war ein deutscher Offizier und Politiker (DNVP) (Oberpräsident von Westfalen) und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus.
Inhaltsverzeichnis
Familie, Ausbildung und Erster Weltkrieg
Ferdinand von Lüninck entstammte dem alten niederrheinischen Adelsgeschlecht von Lüninick und war das älteste von acht Kindern von Carl Freiherr von Lüninck. Sein Bruder Hermann Freiherr von Lüninck wurde später Oberpräsident der Rheinprovinz. Die Mutter Anna stammte aus der Familie der Zentrumspolitiker von Mallinckrodt. Zunächst wurde Ferdinand von einem Hauslehrer unterrichtet, später wechselte er der Familientradition gemäß auf das Internat Stella Matutina (Jesuitenkolleg) Feldkirch in Vorarlberg und schloss die Schulausbildung am Gymnasium Petrinum Brilon 1906 ab. Ferdinand von Lüninck studierte Jura in Münster, Göttingen und München. Bereits 1909 legte er sein Referendarsexamen ab. Den freiwilligen Militärdienst leistete er in Berlin beim Garde-Schützen-Bataillon in Berlin-Lichterfelde ab. Anschließend war er als Referendar tätig. Bereits zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde Lüninck Soldat und Kompanieführer im Garde-Schützen-Bataillon. Erst im Jahr 1917 konnte er sein Assessorexamen ablegen und heiratete kurz vor der Revolution von 1918 Auguste Freiin von Gaugreben-Schönau.
Der Weg nach rechts während der Weimarer Republik
Nach dem Ersten Weltkrieg machte er Karriere im Staatsdienst. Ohne Rücksprache mit der Revolutionsregierung wurde er noch 1918 vom Regierungspräsidenten in Düsseldorf zunächst kommissarisch zum Landrat in Neuß ernannt. In diesem Amt kam es immer wieder zu Konflikten mit den belgischen Besatzungsbehörden, die 1920 zu einer Verurteilung zu acht Wochen Haft durch ein belgisches Gericht führten. Bereits durch seine Herkunft konservativ geprägt, führten diese Reibereien zu einer Radikalisierung seiner Ansichten. Lüninck lehnte Republik und Demokratie strikt ab, blieb Monarchist und näherte sich immer stärker den Deutschnationalen an, ohne zunächst dieser Partei beizutreten.
Nicht nur wegen der Konflikte mit den belgischen Behörden, sondern auch zur Übernahme seines Erbes kehrte er nach Ostwig zurück. 1923 übernahm er die Leitung des „Westfalenbundes“, eines aus der Organisation Escherich hervorgegangenen „Vaterländischen Verbandes“, den er 1924 in den Stahlhelm überführte. Das politische Denken der Führung des „Westfalenbundes“ wurde von den Ideen der Jungkonservativen um Arthur Moeller van den Bruck im Berliner Juniklub und dem dazugehörigen Politischen Kolleg unter Leitung von Professor Martin Spahn beeinflusst. Vor allem die mit dem Gedanken an einen Ständestaat verknüpfte Idee einer Volksgemeinschaft, die in programmatischen Aussagen des „Westfalenbundes“ immer wiederkehrt, dürfte auf den Einfluss der Jungkonservativen zurückzuführen sein.
Bis 1928 teilte sich Lüninck den Vorsitz des Stahlhelm-Landesverbands Westfalen mit dem Generalmajor a. D. Eduard Kreuter. Von der gerade im Sauerland eher vom Arbeiterflügel geprägten Zentrumspartei fühlte er sich politisch nicht vertreten und war zunächst als Parteiloser in der konservativen Bauernbewegung aktiv. Bereits 1925 gehörte er zu den Gründern der Landeskulturgesellschaft „Sauerland“ und übernahm deren Vorsitz. Dieser wurde zur wichtigsten landwirtschaftlichen Interessenorganisation in zehn südwestfälischen Kreisen. Im Jahr 1929 wurde er Vizepräsident des westfälischen Bauernverbandes und 1931 zum Präsidenten der Landwirtschaftskammer in Münster. Zu dieser Zeit war Lüninck längst Mitglied der DNVP und sprach sich 1929 dezidiert für das von den monarchistischen Rechten und der NSDAP initiierte Volksbegehren gegen den Young-Plan aus. Auch in seiner Zeit als Präsident der Landwirtschaftskammer trat er offen und vehement gegen Demokratie und Republik auf.
Vom Oberpräsidenten unter den Nationalsozialisten zum Regimegegner
Seine politische Haltung empfahl Lüninck nach dem 30. Januar 1933 den neuen nationalsozialistischen Machthabern. Nicht zuletzt der Fürsprache Franz von Papens, der ebenfalls aus Westfalen stammte, bei Adolf Hitler verdankte er seine Ernennung zum Oberpräsidenten von Westfalen. Sein Bruder Hermann übernahm denselben Posten in der Rheinprovinz. Die Nationalsozialisten erhofften sich von diesen Personalien eine höheren Grad der Anerkennung bei den für sie bis 1933 kaum erreichbaren Katholiken in den beiden westlichen Provinzen. In seinen Äußerungen hat sich Lüninck deutlich für das Regime ausgesprochen.
Allerdings verstärkte sich offenbar bei beiden Brüdern die Skepsis gegenüber den Nationalsozialisten. Dabei spielte sowohl ihre adelige Herkunft als auch der Katholizismus eine Rolle. Bereits 1937 trat Hermann vom Amt des Oberpräsidenten des Rheinlandes zurück und trat auch aus der NSDAP aus. Nach erheblichen Meinungsverschiedenheiten mit Hermann Göring vollzog auch Ferdinand ein Jahr später diesen Schritt.
Mit Kriegsausbruch trat von Lüninck wieder in den Militärdienst ein und wurde 1939 zunächst Bataillonskommandeur in Soest und später in der 23. Infanterie-Division in Potsdam. Dort kam er in Kontakt mit Widerstandskreisen. Im Jahr 1943 trat Carl Friedrich Goerdeler an ihn heran und fragte ihn, ob er nach einem geplanten Staatsstreich ein Amt übernehmen würde. Seine positive Antwort fand die Gestapo nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 in den Aufzeichnungen Goerdelers. Daraufhin wurde von Lüninck auf seinem Gut Haus Ostwig bei Bestwig verhaftet. Am 13. November wurde er vom Volksgerichtshof unter Vorsitz von Roland Freisler zum Tode verurteilt und einen Tag später in Plötzensee erhängt.
Lüninck ist zunächst ein Beispiel für den Kampf der alten Eliten gegen die Weimarer Republik. Nicht zu unterschätzen ist, dass seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Diktatur ein Bild der Respektabilität verschaffte. Um so bemerkenswerter ist es, dass er schließlich den Bruch mit dem Regime vollziehen konnte.
Literatur
- Ekkehard Klausa: Vom Bündnispartner zum „Hochverräter“. Der Weg des konservativen Widerstandskämpfers Ferdinand von Lüninck. In: Westfälische Forschungen. 43, 1993, S. 530–571.
- Gerd Krüger: Von den Einwohnerwehren zum Stahlhelm. Der nationale Kampfverband „Westfalenbund“ e.V. (1921–1924). In: Westfälische Zeitschrift. 147, 1997, S. 405–432.
- Patrick Ernst Sensburg: Ferdinand Freiherr von Lüninck. In: Die großen Juristen des Sauerlandes. Arnsberg 2002, S. 231–240.
- Karl Teppe: Die Oberpräsidenten der Provinz Westfalen 1919 bis 1945. Eine sozialhistorische Studie. In: Mentalitäten und Lebensverhältnisse. Beispiele aus der Sozialgeschichte der Neuzeit. Göttingen 1982, S. 261–274.
Weblinks
Commons: Ferdinand Freiherr von Lüninck – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienVorgänger Amt Nachfolger Johannes Gronowski Oberpräsident von Westfalen
1933–1938Alfred Meyer Kategorien:- Militärperson (Preußen)
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