Friedrich Asinger

Friedrich Asinger

Friedrich Asinger (* 26. Juni 1907 in Freiland/Niederdonau (Österreich); † 7. März 1999 in Aachen) war Professor für Technische Chemie. Bekannt wurde Asinger durch seine Arbeiten zur Petrolchemie, Substitutionsreaktionen an Alkanen und Olefinen sowie eine nach ihm benannte Mehrkomponentenreaktion, die Asinger-Reaktion, bei der 3-Thiazoline entstehen.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Asinger wuchs zusammen mit einem älteren Bruder und zwei Schwestern in Niederösterreich als Sohn des Leiters einer Papier- und Pappenfabrik auf. Seine Mutter entstammte einer angesehenen Gastwirtsfamilie. Das Abitur erlangte er 1924 an der Oberrealschule in Krems/Donau mit 17 Jahren. Er studierte Chemie an der TH Wien, wo er 1932 als akademischer Schüler von Friedrich Böck (1876–1958) mit einer Arbeit „Über den Einfluß von Substituenten auf die Verseifungsgeschwindigkeit von Benzalchlorid“ promoviert wurde. Alle genannten Prüfungen schloss er mit Auszeichnung ab. Nach einigen Industriejahren als Abteilungsleiter in der Firma Koreska, Fabrik chemisch präparierter Papiere, als Chemiker bei der Vacuum Oil in Wien und seit dem 1. Mai 1937 als Forschungschemiker im Zentralen Versuchslaboratorium der Ammoniakwerke GmbH Merseburg in Leuna wurde Asinger 1943 die Habilitation an der Reichsuniversität Graz. Damit war der Weg für die Lehrprobe (7. Dezember 1943) und eine Dozentur (23. Februar 1944 ) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg eröffnet. Es folgten verschiedene Stationen in der universitären und industriellen Forschung, so eine Anstellung an der Universität Halle bei Karl Ziegler, wo er Honorar-Dozent wurde. Mit Kriegsende ereilte Friedrich Asinger beruflich ein herber Rückschlag. Wegen seiner Mitgliedschaft in der NSDAP wurde er im Dezember 1945 als Honorar-Dozent der Martin-Luther-Universität entlassen. Seine Bemühungen, diese Entlassung rückgängig zu machen, blieben trotz schriftlicher Unterstützung seitens der Leuna-Werke – auch mit Verweis auf das Wohlwollen seiner russischen Vorgesetzten – und unterstützender Briefe verschiedener gesellschaftlicher Organisationen, ohne Erfolg.

Im Oktober 1946 wurde Asinger gemeinsam mit 34 Chemikern, Physikern und Ingenieuren der Leuna-Werke bei der Aktion Ossoawiachim in die Sowjetunion verschleppt und nachfolgend in Dsershinsk, nahe Gorki, als Arbeitsgruppenleiter an der Entwicklung von Raketentreibstoffen beteiligt. Ab 1951 arbeitete er in Rubeshnoe im Donbass. Während des acht Jahre währenden Aufenthalts beobachtete er, dass die Reaktion von Ketonen oder Aldehyden, Schwefel oder Schwefelwasserstoff sowie Ammoniak oder Aminen verschiedene Stickstoff- und schwefelhaltige Heterocyclen lieferte. In seiner Freizeit begann Asinger Vorarbeiten zu den Monographien „Chemie und Technologie der Paraffine“ und „Chemie und Technologie der Monoolefine“, die später 1956 und 1957 im Akademie-Verlag Berlin erschienen. 1954 kehrte er nach Deutschland zurück, drei Jahre später als die meisten anderen Wissenschaftler der Leuna-Werke. Er arbeitete in Leuna und wirkte parallel als Honorarprofessor in Halle-Wittenberg. 1957 folgte er einem Ruf auf einen Lehrstuhl für Organische Chemie an die Martin-Luther-Universität in Halle (Saale) und später an die Technischen Universität Dresden. Asinger ermunterte H. G. O. Becker und anderen Oberassistenten das bis heute populäre (Gesamtauflage: fast 400 000) „Organikum“ zu schreiben, ein Arbeitsbuch für das organisch-chemischen Grundpraktikum im Chemiestudium. Das Buch wurde von Asinger als Institutsverpflichtung aus Anlass des 10. Jahrestages der Gründung der DDR auf den Weg gebracht.

Im Jahr 1959 nahm er (Staatsbürger der Republik Österreich) einen Ruf der RWTH Aachen an, wo er das Institut für Technische Chemie und Petrolchemie leitete.[1]

In seinen Jahren als Lehrstuhlinhaber der verschiedenen Universitäten entwickelte er die Chemie der Stickstoff-Schwefel-Heterocyclen weiter, so dass diese heutzutage als Asinger-Chemie bezeichnet wird. Ein Meilenstein dieser Chemie ist die Totalsynthese des Wirkstoffs D-Penicillamin in einer dreizehnstufigen Synthese, ausgehend von Isobutyraldehyd, Ammoniak und Schwefel.[2] Insgesamt veröffentlichte er 118 Arbeiten zu diesem Thema.

Im Jahr 1972 wurde Asinger in Aachen emeritiert.

Aus der wissenschaftlichen Schule von Friedrich Asinger gingen – neben vielen Industriechemikern – insgesamt 26 spätere Professoren hervor, 10 davon aus der Leunaer und Dresdener Zeit. Bekannte Schüler Asingers sind Heribert Offermanns, ein langjähriges Vorstandsmitglied der Degussa AG, Egon Fanghänel, Professor für organische Chemie an der Technischen Hochschule Merseburg und danach an der Universität in Halle-Wittenberg sowie Karl Gewald, der durch die Gewald-Reaktion und seine Arbeiten auf dem Gebiet der Thiophen- und Heterocyclenchemie bekannt wurde.[3]

Ehrungen

Werke (Auswahl)

  • Methanol, Chemie- und Energierohstoff. Akademie-Verlag, Berlin, 1987, ISBN 3-05-500341-1.
  • Chemie und Technologie der Monoolefine. Akademie-Verlag, Berlin 1957.
  • Chemie und Technologie der Paraffinkohlenwasserstoffe. Akademie-Verlag, Berlin 1959.
  • Einführung in die Petrolchemie. Akademie-Verlag, Berlin 1959.

Literatur

  • Friedrich Asinger (1907-1999): ein Vermittler zwischen Grundlagen- und angewandter Forschung von W. Keim und H. Offermanns, Angewandte Chemie 119, 6116-6120 (2007); doi:10.1002/ange.200700904.
  • Winfried R. Pötsch, Annelore Fischer und Wolfgang Müller unter Mitarbeit von Henz Cassenbaum: Lexikon bedeutender Chemiker, VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1988, S. 18−19, ISBN 3-323-00185-0.

Einzelnachweise

  1. Roland Mayo: Schwefel-Mayer und das Prinzip vom Optimum und Pessimum. BoD GmbH, 2004, ISBN 978-3833410680. (online in der Google Buchsuche)
  2. Wolfgang M. Weigert, Heribert Offermanns und Paul Scherberich: D-Penicillamin – Production and Properties, Angewandte Chemie-International Edition 14, 330–336 (1975).
  3. Gewald-Reaktion
  4. Hans Höfer Medaille. oegew.at. Abgerufen am 12. Mai 2009.
  5. Verleihung der Carl-Engler-Medaille 1972 an Prof. Dr. techn. Dr. phil. habil. Dipl.-Ing. Friedrich Asinger. www.dgmk.de. Abgerufen am 5. Juni 2009.

Weblinks


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