- Bernhard Wicki
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Bernhard Wicki (* 28. Oktober 1919 in St. Pölten, Niederösterreich; † 5. Jänner 2000 in München) war ein österreichisch-schweizerischer Schauspieler und Filmregisseur.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Wickis Vater war ein Schweizer Ingenieur und Teilhaber einer Maschinenfabrik, seine Mutter eine Österreicherin mit ungarischen Vorfahren. Nach dem Abitur in Schlesien studierte er zunächst an der Universität Breslau Kunstgeschichte, Geschichte und Germanistik, 1938 wechselte er an die Schauspielschule des Staatlichen Schauspielhauses in Berlin. 1939 wurde er wegen bloßer Mitgliedschaft in der Bündischen Jugend (der dj 1.11.) für mehrere Monate im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert. Nach seiner Entlassung siedelte er zunächst nach Wien um und studierte dort am Max Reinhardt Seminar Schauspiel und Regie. Am Schönbrunner Schlossparktheater spielte er den Urfaust, weitere Engagements waren unter anderem in Bremen, bei den Salzburger Festspielen, in Basel und Zürich. Anfang 1945 heiratete er die Schauspielerin Agnes Fink, beide verließen noch vor Kriegsende Deutschland und gingen an das Schauspielhaus Zürich. Dort lernte er unter anderem den Dramatiker Friedrich Dürrenmatt kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband.
1950 gab Wicki sein Debüt als Filmschauspieler in Der Fallende Stern, es folgten u. a. Die letzte Brücke (1953) und Es geschah am 20. Juli (1955). Nachdem er 1952 eine Fotografie-Ausstellung der Agentur Magnum in Luzern gesehen hatte, beschloss er, auch das Fotografieren zu erlernen. Er bat Regisseur Helmut Käutner um eine Mitarbeit als Kamera-Assistent bei dessen Film Monpti (1957). 1958 führte er erstmals selbst Regie im Dokumentarfilm Warum sind sie gegen uns? International berühmt wurde er mit einem Schlag 1959 durch den Antikriegsfilm Die Brücke, in dem er die tragische Geschichte der sinnlosen Verteidigung einer Brücke durch Jugendliche am Ende des Zweiten Weltkriegs erzählt. In den folgenden Jahren arbeitete Wicki weiterhin als Filmregisseur. Seine letzte Regiearbeit (1986–1989), die Verfilmung des Romans Das Spinnennetz von Joseph Roth kann auch als sein Vermächtnis gesehen werden: Wicki zeigt hier die Gefahr der Verstrickung des deutschen Bürgertums in rechtsextremer Ideologie und den Antisemitismus der Weimarer Republik.
Nach seinem Tod wurde 2001 in München der Bernhard Wicki Gedächtnis Fonds gegründet. Dieser vergibt seit 2002 den Bernhard-Wicki-Filmpreis – Die Brücke als Friedenspreis des deutschen Films. Ein weiterer Bernhard-Wicki-Filmpreis, ab 2006 dotiert mit 15.000 Euro, wird bereits seit 2000 im ostfriesischen Emden verliehen. Bernhard Wicki war von Beginn an ein ideeller Förderer des 1990 erstmals veranstalteten Festivals Internationales Filmfest Emden-Norderney.
In zweiter Ehe war Wicki seit 1995 mit der Schauspielerin Elisabeth Endriss verheiratet. In dem Dokumentarfilm Verstörung – und eine Art von Poesie (2007) porträtiert Elisabeth Wicki-Endriss Leben und Werk von Bernhard Wicki.
Bernhard Wicki wurde auf dem Nymphenburger Friedhof in München beigesetzt (Grab Nr. 4-1-23).
Filmografie
Darsteller (Auswahl)
- 1950: Der fallende Stern, Regie: Harald Braun
- 1953: Der Haflinger Sepp, Regie: Paul May
- 1953: Die letzte Brücke, Regie: Helmut Käutner
- 1954: Rummelplatz der Liebe, Regie: Kurt Neumann
- 1954: Das Zweite Leben, Regie: Victor Vicas
- 1954: Ewiger Walzer, Regie: Paul Verhoeven
- 1955: Es geschah am 20. Juli, Regie: Georg Wilhelm Pabst
- 1955: Kinder, Mütter und ein General, Regie: László Benedek
- 1955: Rosen im Herbst, Regie: Rudolf Jugert
- 1955: Du mein stilles Tal, Regie: Leonard Steckel
- 1956: Weil du arm bist, mußt du früher sterben, Regie: Paul May
- 1956: Skandal um Dr. Vlimmen / Tierarzt Dr. Vlimmen, Regie: Arthur Maria Rabenalt
- 1957: Es wird alles wieder gut, Regie: Géza von Bolváry
- 1957: Die Zürcher Verlobung, Regie: Helmut Käutner
- 1958: Unruhige Nacht, Regie: Falk Harnack
- 1960: Die Nacht, Regie: Michelangelo Antonioni
- 1967: Madeleine und der Legionär, Regie: Wolfgang Staudte
- 1969: Deine Zärtlichkeiten, Regie: Peter Schamoni
- 1971: Carlos
- 1973: Der Kommissar – Herr und Frau Brandes
- 1977: Derrick – Eine Nacht im Oktober
- 1977: Despair – Eine Reise ins Licht, Regie: Rainer Werner Fassbinder
- 1978: Die gläserne Zelle, Regie: Hans W. Geissendörfer
- 1978: Die Abenteuer des David Balfour (TV-Vierteiler), Regie: Jean-Pierre Decourt
- 1980: Derrick – Zeuge Yurowski
- 1983: Frühlingssinfonie, Regie: Peter Schamoni
- 1983: Eine Liebe in Deutschland, Regie: Andrzej Wajda
- 1984: Paris, Texas, Regie: Wim Wenders
- 1986: Killing Cars, Regie: Michael Verhoeven
- 1991: Erfolg, Regie: Frank Seitz
- 1993: Das Prinzenbad, Regie: Richard Blank
- 1994: Rosamunde Pilcher – Wilder Thymian
Regie
- 1958: Warum sind sie gegen uns?
- 1959: Die Brücke, nach dem gleichnamigen Roman von Manfred Gregor
- 1961: Das Wunder des Malachias, nach einem Roman von Bruce Marshall
- 1962: Der längste Tag (zusammen mit anderen Regisseuren, unter anderem Ken Annakin und Andrew Marton) nach dem gleichnamigen Tatsachenbericht von Cornelius Ryan über den D-Day
- 1964: Der Besuch, nach dem Drama Der Besuch der alten Dame von Friedrich Dürrenmatt
- 1965: Morituri (Fernsehtitel: Kennwort: Morituri), nach einem Roman von Werner Jörg Lüddecke
- 1967: Der Paukenspieler
- 1970: Karpfs Karriere
- 1971: Das falsche Gewicht, nach dem gleichnamigen Roman von Joseph Roth [1]
- 1977: Die Eroberung der Zitadelle, nach der gleichnamigen Novelle von Günther Herburger
- 1984: Die Grünstein-Variante, nach einem Hörspiel von Wolfgang Kohlhaase
- 1986: Sansibar oder Der letzte Grund, nach dem gleichnamigen Roman von Alfred Andersch
- 1989: Das Spinnennetz, nach dem gleichnamigen Roman von Joseph Roth
Literatur
- Peter Zander: Bernhard Wicki. Bertz + Fischer Verlag, Berlin 1995, 2. überarbeitete Auflage, ISBN 3-929470-04-7
- Richard Blank: Jenseits der Brücke. Bernhard Wicki. Ein Leben für den Film, 1999 ISBN 3-430-11473-X
- Andreas Weber (Hrsg.): Er kann fliegen lassen. Gespräche und Texte über Bernhard Wicki. Literaturedition Niederösterreich, St. Pölten 2000, ISBN 3-901117-47-4
- Filmfestival Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Sanftmut und Gewalt - Der Regisseur und Schauspieler Bernhard Wicki. Filmographie, Biographie, Essays, Interview. Mit Beiträgen von Robert Fischer (Vorwort), Alexander Kluge, Laurens Straub, Wilhelm Roth, Friedrich Dürrenmatt, Hans Abich, Gunther Witte, Hermann Barth. edition filmwerkstatt, Essen 2004, ISBN 3-9807175-6-9
- Inka Graeve Ingelmann (Hrsg.): Bernhard Wicki. Fotografien. Dumont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2005, Gebunden, ISBN 3-8321-7570-9, Ausstellungskatalog
- Elisabeth Endriss-Wicki: Die Filmlegende Bernhard Wicki. Verstörung - und eine Art von Poesie. Henschel Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-89487-589-3
- Michel Quint, "Die schrecklichen Gärten". btb-Verlag 2002, ISBN 3-442-75068-7 (Übersetzung von Elisabeth Edl), Originalausgabe "Effroyables Jardins", Editions Joelle Losfeld, Paris 2000
Dokumentarfilm
- Verstörung - und eine Art von Poesie. Die Filmlegende Bernhard Wicki. Dokumentation, Deutschland, 2007, 120 Min., Buch und Regie: Elisabeth Wicki-Endriss, Produktion: Wicki Film, BR, u.a. mit Maximilian Schell, Michael Mendl, Klaus Maria Brandauer
Auszeichnungen
- 1958: Filmband in Silber (Dokumentarfilm) für Warum sind sie gegen uns?
- 1960: Goldene Schale für Die Brücke
- 1960: Filmband in Gold (Regie) für Die Brücke
- 1960: Preis der deutschen Filmkritik für Die Brücke
- 1960: Deutscher Jugendfilmpreis für Die Brücke
- 1960: Golden Globe für Die Brücke
- 1960: Oscar-Nominierung (Bester ausländischer Film) für Die Brücke"
- 1960: Auszeichnung der Vereinten Nationen für Verdienste um den Frieden
- 1961: Silberner Bär auf der Berlinale 1961 für Das Wunder des Malachias (Beste Regie)
- 1962: Bambi
- 1962: Oscar-Nominierung für The Longest Day"
- 1972: Goldene Kamera (Regie) für Das falsche Gewicht
- 1972: Filmband in Gold (Regie) für Das falsche Gewicht
- 1976: Filmband in Gold für langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film
- 1977: Filmband in Silber für Die Eroberung der Zitadelle
- 1982: Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
- 1985: Filmband in Gold (Regie) für Die Grünsteinvariante
- 1986: Helmut-Käutner-Preis [2]
- 1986: Kritikerpreis DDR für "Die Grünsteinvariante"
- 1988: Adolf-Grimme-Preis in Gold für Sansibar oder Der Letzte Grund
- 1989: Filmband in Gold (Sonderfilmpreis 40 Jahre Bundesrepublik Deutschland) für Die Brücke
- 1989: Bayerischer Filmpreis
- 1989: Ehrenpreis der Abendzeitung
- 1989: Oscar-Nominierung (Bester ausländischer Film) für Das Spinnennetz
- 1990: Filmband in Gold (Regie) für Das Spinnennetz
- 1990: Internationale Filmfestspiele Berlin 1990: Berlinale Kamera
- 1990: Schwabinger Kunstpreis (Ehrenpreis)
- 1992: UFA Ehrenpreis
- 1992: Bayerischer Verdienstorden
- 1998: DIVA-Award
- 1999: Medaille «München leuchtet» in Gold
- 2000: Großer Österreichischer Verdienstorden «Litteris et Artibus»
Einzelnachweise
- ↑ Cineman Bernhard Wicki: Das falsche Gewicht, BRD 1971
- ↑ Kulturamt Düsseldorf Laudatorin: Charlotte Kerr, Filmregisseurin und Publizistin
Weblinks
- Literatur von und über Bernhard Wicki im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Bernhard Wicki in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- Bernhard Wicki Gedächtnisfonds e.V.
- „Verstörung - und eine Art von Poesie“ - Offizielle Filmseite
- „Porträt Bernhard Wicki“, Bayerischer Rundfunk, 16. Juni 2008
- Bernhard Wicki. In: Österreich-Lexikon, online auf aeiou.
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