Geschichte der Stadt Freiberg

Geschichte der Stadt Freiberg

Inhaltsverzeichnis

Anfänge bis zum Dreißigjährigen Krieg

Das Gebiet von Freiberg lag in einem Urwald, der sich über große Teile Sachsens (vor allem über seine südlichen Grenzregionen) erstreckte. Hier wurde um 1168 in Christiansdorf mit der Donatikirche als Dorfkirche auf dem Gebiet des Klosters Altzella an der Handelsstraße Halle-Leipzig nach Prag gediegenes Silber im Bleiglanz gefunden. Es handelte sich hierbei um eine berühmte, ca. 35 x 40 Kilometer große Ganglagerstätte von Edel- und Buntmetallen.[1] Daraufhin kamen der Sage nach Bergleute aus Goslar, das damals gerade verwüstet wurde, und siedelten sich in der nach ihrer Herkunft benannten, zweiten Siedlung an dieser Stelle, der civitas saxonum, zu deutsch: Sächsstadt, an. Die Gründung dieser Siedlung zog die Kunde an, dass der Berg frei sei. Die in der Literatur immer wieder angegebene Stadtgründung 1186 ist nicht belegbar, vielmehr müssen die Stadtanfänge deutlich früher – spätestens um 1170 – angesetzt werden. Um 1170/80 wurde der markgräfliche Herrenhof als Burg errichtet, die Markgraf Otto der Reiche von Meißen erbauen ließ (seit dem 16. Jh. Schloss Freudenstein). In der Umgebung der Sächsstadt entstand die dritte Vorläufersiedlung, die Stadt Freiberg mit der Jakobikirche als Bergleutekirche.

1180 bis 1185 wurde die Marienkirche, der spätere Dom (Kollegiatsstift 1480), begründet. Um 1220/40 (Dendrodatum 3. Turmgeschoss 1224/25) entstanden die Türme der Nikolaikirche als letzter oberirdisch erhaltener Rest der zweiten romanischen steinernen Nikolaikirche, die nach Abbruch der ersten, wohl um 1170 entstandenen ersten Steinkirche (Saalbau) seit dem ausgehenden 12. Jh. erbaut wurde. Die Stadt kann auf eine ereignisreiche Geschichte, die vor allem durch den Bergbau bestimmt wurde, zurückblicken. Im hohen Mittelalter war Freiberg die größte Stadt in der Mark Meißen, bis sie im 15. Jahrhundert von Leipzig übertroffen wurde.

Goldene Pforte

Freiberg gilt bei Heimathistorikern als die Mutter der sächsischen Bergstädte, was mit den realen politischen Gegebenheiten nichts zu tun hat. Vielmehr war Freiberg die erste wettinische Bergstadt, zahlreiche nichtwettinische Bergstädte folgten in anderen Gegenden des heutigen Sachsen (Erzgebirge und Erzgebirgsvorland, Reichsland Pleißen) völlig unabhängig von Freiberg. Die Stadt war im hohen Mittelalter der wirtschaftliche Mittelpunkt und zugleich die bevölkerungsreichste Stadt der Markgrafschaft Meißen sowie jahrhundertelang Münzstätte. Wie archäologische Ausgrabungen und die dendrochronologische Bestimmung mehrere Holzstraßen belegen, war die plan- und regelmäßig angelegte Oberstadt um Obermarkt und Petrikirche seit den 1180er Jahren in Bau. Der Name „Freiberg“ lässt sich erstmals 1201 belegen. Stadt- und Bergverfassung, das „ius Freibergensis“, das in der Kulmer Handfeste 1233 erwähnt wurde, stellte eine Einheit dar und die bürgerliche Autonomie hatte einen hohen Stand. Ab 1227 wurde das romanische Stadtsiegel, das älteste der Mark Meißen, verwendet.

Die Mark Meißen um 1600

Frühzeitig wurden moderne Produktions- und Handelsformen in Gruben, Schmelzhütten, im Fernhandel und Geldgeschäft geschaffen. Um 1230 entstand die Goldene Pforte, Um 1236 wurden ein Dominikanerkloster und etwa gleichzeitig ein Franziskanerkloster gegründet. 1248 ist ein Kloster der Magdalenerinnen nachgewiesen. 1260 wurde eine Stadtschule eingerichtet, die 1515 zur Lateinschule umgewandelt worden war. Im 14. Jahrhundert kam es zu einer ersten Krise im Bergbau. 1400 wurde die erste Knappschaft genannt. Nach der Leipziger Teilung 1485 war Freiberg mit seinen Erzgruben in Besitz beider Linien. Zur Zeit der Reformation wurde es 1505 Fürstensitz und damit sächsische Residenz, hier herrschte der Wettiner Heinrich der Fromme. Seine Frau Katharina von Mecklenburg förderte den protestantischen Glauben. In dieser Zeit, nach dem letzten großen Stadtbrand von 1484 entstanden bis 1512 der Dom, mit der Tulpenkanzel von Hans Witten um 1505, der Domherrenhof 1484/88, das spätgotische Rathaus 1470 bis 1474, Um 1500 bis um 1520 die spätgotische Nikolaikirche sowie Bürgerhäuser im Stil von Spätgotik und Renaissance. Der Dom war von 1541 bis 1694 (Übertritt Augusts des Starken zum katholischen Glauben) Begräbnisstätte der Wettiner. Im 15. Jahrhundert verlor Freiberg wegen der Abwanderung von Kapital seine führende wirtschaftliche Stellung innerhalb Sachsens an Leipzig. Im 16. Jahrhundert blühte der Silberbergbau erneut auf, es wurden neue Bergbauanlagen und Hüttenwerke angelegt. Dies schlug sich in der Metallverarbeitung und im Kunsthandwerk (Hilligersche Glockengießerei) und in der Wissenschaft durch das Wirken des Arztes und Montanwissenschaftlers Ulrich Rülein von Calw nieder. Die erste Druckerei ist 1550 nachgewiesen. Bergbauliche Wasseranlagen der heutigen so genannten Revierwasserlaufanstalt Freiberg, die auf Betreiben des Bergmeisters Martin Planer um 1550 entstanden, ziehen sich mit Teichen und Kunstgräben weiter südlich bis nach Sayda hin. Die ober- und unterirdischen Anlagen dienten in niederschlagsarmen Zeiten mit ihren Teichen und Gräben vor allem der Überbrückung der Versorgung mit Brauchwasser, da sonst der Bergbau zum Erliegen gekommen wäre. Auch konnte damit in Teufen über 400 m vorgedrungen werden. Das Sprengen mit Sprengstoff im Bergbau ist 1613 durch Martin Weigel oder Weigold in Freiberg erfunden worden und wurde auch in Sachsen erst seit 1643 allgemeiner gebräuchlich.

17./18. Jahrhundert

Freiberg im Dreißigjährigen Krieg 1643

1632 nahm während des Dreißigjährigen Krieges das kaiserliche Heer die Stadt - Sachsen stand auf schwedischer Seite - ein. Nachdem der Kurfürst von Sachsen mit dem Kaiser Frieden geschlossen hatte, und damit Sachsen die Seite gewechselt hatte, konnten Schwedische Belagerungen während des Dreißigjährigen Krieges 1639 sowie 1642 bis 1643 durch Georg Hermann von Schweinitz erfolgreich abgewehrt werden. Schloss Freudenstein wurde im Stil der Renaissance umgebaut. Der Bergbau wurde aber durch diesen Krieg stark in Mitleidenschaft gezogen und konnte erst ab 1700 wieder an Aufschwung gewinnen. Der Orgelbauer Gottfried Silbermann und der Baumeister Johann Gottlieb Ohndorff wirkten in Freiberg.

In der Schlacht bei Freiberg, dem letzten Gefecht des Siebenjährigen Krieges, besiegte Heinrich von Preußen, ein Bruder Friedrichs des Großen, am 29. Oktober 1762 die Österreicher. 1765 wurde die Bergakademie als zweite (nach der in Schemnitz/Banská Stiavnica in der Slowakei) montanwissenschaftliche Hochschule der Welt gegründet. Nordische Kriege, Schlesischer Krieg und Siebenjähriger Krieg fügten der Stadt und dem Bergbau wiederum beträchtliche Schäden zu. 1724 und 1728 kam es innerhalb der Stadt noch einmal zu zwei lokalen Stadtbränden. 1790 wurde das Stadttheater eröffnet.

19. Jahrhundert bis 1945

Ansicht um 1850
Die Freiberger Innenstadt um 1932

1848 und 1849 kämpften Freiberger auf den Barrikaden in Dresden. Im 19. Jahrhundert wurden erhebliche Teile der Stadtbefestigung mit ihren ehemals fünf Stadttoren abgetragen. Am 14. März 1860 gründete sich der Freiberger Alterthumsverein, der seine aus der Altertumssammlung und der Bibliothek bestehenden Bestände mit der Eröffnung des Freiberger Museums am 17. März 1861 auch der Öffentlichkeit präsentierte. 1862 erfolgte der Eisenbahnanschluss nach Dresden, 1869 nach Chemnitz, 1873 nach Nossen und 1875 nach Mulda. Die Anbindung an das deutsche Eisenbahnnetz und die Anlage eines sehr großzügigen Bahnhofs begünstigte eine beschleunigte industrielle Entwicklung. 1886 fand der so genannte Freiberger Geheimbundprozess gegen August Bebel und andere statt. Anfang des 20. Jahrhunderts mussten fast alle Erzgruben ihren Betrieb einstellen. Seit 1903 hielten die in Freiberg ansässigen und die vorübergehend dort studierenden Juden ihre Gottesdienste in der Gaststätte „Hornmühle“ und später im Saal des Restaurants „Stadt Dresden“ ab. Am 27. Oktober 1923 forderte das Vorgehen der Reichswehr im Rahmen der Reichsexekution 26 Todesopfer. Während der Zeit des Nationalsozialismus befand sich in Freiberg ein Frauen-Außenlager des KZ Flossenbürg. Die 1.000 jüdischen Frauen mussten zusammen mit polnischen Zwangsarbeiterinnen im Landratsamts-Gebäude für die Arado Flugzeugwerke GmbH Potsdam-Babelsberg (Tarnname „Freia GmbH“) Rüstungsteile produzieren.

1945 bis Gegenwart

Freiberg war zwischen 1949 und 1990 auch bekannt durch seine rauchenden Schornsteine
Der Freiberger Obermarkt im Mai 1973 vor den X. Weltfestspielen, wie auf dem Großplakat des Rathausturmes zu erkennen ist.

Durch die Aufnahme von vielen ausgebombten Menschen der umliegenden Großstädte und von Vertriebenen wuchs die Einwohnerzahl von Freiberg sprunghaft. Freiberg wurde von der Roten Armee eingenommen, wobei dem damaligen Oberbürgermeister, Dr. Hartenstein (NSDAP), welcher von 1924 bis 1945 dieses Amt ausübte, eine besondere Rolle zukommt. Ihm gelang es, die Stadt vor unnötigen Verlusten zu bewahren und insgeheim die Kapitulation der Stadt vorzubereiten.

Freiberg gehörte mit ganz Sachsen zur Sowjetischen Besatzungszone. Bemühungen der SDAG Wismut in der Nachkriegszeit, spaltbares Material in Form von Uranerz im Freiberger Bergbaurevier zu finden, waren nicht erfolgreich. Ab 1952 wurde in der DDR im Rahmen einer Verwaltungsreform die Stadt dem Bezirk Karl-Marx-Stadt zugeschlagen. In den 1950er und 1960er Jahren wurden große Teile des jetzigen Campus der TU errichtet. 1965 wurde als ÖPNV wieder ein innerstädtischer Busverkehr eingerichtet. Der Bergbau auf Zink und Blei lief bis 1969 weiter, bevor er wegen mangelnder Ausbeute eingestellt wurde. Durch den massiven Ausbau der Hüttenindustrie in und um Freiberg zum Zentrum der Nicht-Eisen-Metallurgie (Zinn, Zink und Blei in Freiberg, in unmittelbarer Nachbarschaft Edelmetalle in Halsbrücke und Spurenmetalle in Muldenhütten) und wegen der unbefriedigenden Lösung des Problems der Abwasser- und Abgasreinigung entstanden enorme Schäden an der Umwelt in der näheren und weiteren Umgebung. Im Süden, Südwesten und Westen der Stadt entstanden zwischen 1964 und 1990 größere Wohngebiete. Um 1970 überstieg die Einwohnerzahl 50.000.

Einzelnachweise

  1. Herbert Pforr, Freiberger Silber und Sachsens Glanz. Lebendige Geschichte und Sehenswürdigkeiten der Berghauptstadt Freiberg; 1. Aufl., Sachsenbuch Verlagsgesellschaft Leipzig 2001, ISBN 3-89664-042-9

Siehe auch: Geschichte Sachsens


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