- Oswald Mathias Ungers
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Oswald Mathias Ungers (* 12. Juli 1926 in Kaisersesch, Eifel; † 30. September 2007 in Köln) war ein deutscher Architekt und Architekturtheoretiker. Für den auch außerhalb Deutschlands bekannten Wettbewerbs-Architekten standen in Architekturfachkreisen und Publikationen die Initialen OMU seines Namens als polarisierende "Trademark" für die Kompromisslosigkeit seiner Baukunst. Er sah sich Entwurfs- und Gestaltungsprinzipien gegenüber verpflichtet, die er aus der Vergangenheit ableitete, weiterentwickelte und in seinen Bauten jenseits aller Moden und Schulen als in seiner Sicht zeitgemäßen Ausdruck allgemein menschlicher Ordnungen zu verwirklichen suchte.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Der Postbeamtensohn[1] Oswald Mathias Ungers besuchte die Schule von 1932 bis 1945 in Mayen. Noch kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Ungers zum Militär eingezogen und am Kriegsende gefangengenommen.[2] Nach seiner Freilassung machte er 1946 am Megina-Gymnasium Abitur und studierte von 1947 bis 1950 an der Technischen Hochschule Karlsruhe bei Egon Eiermann Architektur. Nach erfolgreichem Abschluss gründete Ungers Konstrukteur-Büros in Köln (1950), Berlin (1964), Frankfurt am Main (1974) und Karlsruhe (1983).
Ungers war Professor an der Technischen Universität Berlin und dort 1965 bis 1967 Dekan der Fakultät für Architektur. Vor den besonders in Berlin stark spürbaren studentischen Unruhen der späten 1960er-Jahre verabschiedete er sich für ein Jahrzehnt in die USA.[3] 1967 wurde er Professor an der Cornell University in Ithaca im Bundesstaat New York und deren „Chairman of the Department of Architecture“ von 1969 bis 1975. Gleichzeitig erhielt er Professuren an der Harvard University in Cambridge (1973), der University of California in Los Angeles (UCLA) (1974–1975), der Hochschule für angewandte Kunst in Wien (1979–1980) und der Kunstakademie Düsseldorf (1986–1990). Ungers war Mitglied der Akademie der Künste (Berlin).[2]
Oswald Mathias Ungers starb am 30. September 2007 an den Folgen einer Lungenentzündung. Er war verheiratet mit Liselotte Gabler. Aus der Ehe gingen ein Sohn, Simon Ungers, der selbst erfolgreicher Architekt war und 2006 verstarb, und zwei Töchter hervor.
Wirken
Ungers’ Bauten zeichnen sich durch strenge geometrische Gestaltungsraster aus. Grundlegende gestalterische Elemente seiner Architektur sind elementare Formen wie Quadrat, Kreis bzw. Kubus und Kugel, die Ungers in seinen Entwürfen variiert und transformiert. Dies wird auch in der Fassadengestaltung sichtbar. Als Architekturtheoretiker und Hochschullehrer entwickelte Ungers das, was seine Kritiker den „Quadratismus“, seine Bewunderer den „deutschen Rationalismus“ nannten. Er griff dabei zurück auf die Lehre Jean-Nicolas-Louis Durands, der 1820 seine Musterbücher mit geometrischen Urtypen für „jedes x-beliebige Bauwerk“ publiziert hatte.[4] Ungers berief sich in seiner Formensprache explizit auf elementare und vom jeweiligen Zeitgeschmack unabhängige Gestaltungsmittel der Architektur. Seine historischen Vorbilder in der Architekturgeschichte kommen hauptsächlich aus der römisch-griechischen Antike. Sein Werk wurde daher aber auch gelegentlich als formalistisch kritisiert. Im Zusammenhang mit seiner Bebauung auf dem Messegelände Frankfurt wurde oft von einer „neuen Klarheit“ gesprochen. Wie kaum ein anderer Architekt ist Ungers seiner einmal gewählten Formensprache über Jahrzehnte treu geblieben. Er zählte zu den maßgeblichen Theoretikern der sogenannten Zweiten Moderne.
Bekannte Schüler von Ungers sind neben anderen Max Dudler, Hans Kollhoff, Christoph Mäckler, Rem Koolhaas und Jürgen Sawade.
Auszeichnungen und Ehrungen
- 1971: Mitglied des American Institute of Architects (AIA)
- 1987: Großer BDA-Preis
- 1987: Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Berlin
- 1988: Ehrenmitgliedschaft des Bundes Deutscher Architekten (BDA)
- 1989: Prix Rhenan/Strasbourg
- 1992: Member of the Moscow Branch of the International Academy of Architecture (IAA)
- 1997: Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
- 1999: Ehrendoktorwürde der TU Berlin
- 2000: Großer DAI-Preis für Baukultur des Verbandes Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine
- 2001: Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main
- 2003: Ehrenmitglied der Hochschule für bildende Künste Hamburg
- 2006: Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen
Werke
- 1951: Mehrfamilienhaus, Köln
- 1951: Kleiderfabrik und Wohnhaus, Köln
- 1952–53: Mehrfamilienhaus an der Riehler Straße 29–31, Köln-Neustadt, zusammen mit Helmut Goldschmidt
- 1953–58: Institut zur Erlangung der Hochschulreife, Oberhausen
- 1955: Mehrfamilienhaus, Köln
- 1957: Zweifamilienhaus, Köln
- 1956: Studentenwohnheim an der Goldenfelsstraße 19 (heute Hygieneinstitut der Universität zu Köln), Köln-Lindenthal
- 1958: Eigenes Wohn- und Bürohaus an der Belvederestraße 60/Quadratherstraße 2, Köln-Müngersdorf (1989/90 erweitert)
- 1962: Einfamilienhaus „Haus Wokan“, Bad Homburg vor der Höhe
- 1962–67: Wohnhochhaus im Märkischen Viertel, Berlin
- 1965–66: Wohnanlage am Asternweg in Köln-Seeberg
- 1967: Mehrfamilienhaus am Hansaring 25 (Haus Reimbold), Köln-Neustadt
- 1979–83: Wohnanlage am Lützowplatz, Berlin (im Rahmen der IBA)
- 1979–84: Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt am Main
- 1980–83: Galeria, 9 und Messe Torhaus auf dem Messegelände, Frankfurt am Main
- 1983–84: Wohnanlage „Forellenwegsiedlung“, Salzburg
- 1985: Renovierung und Umbau Schloss Morsbroich, Leverkusen
- 1983–91: Badische Landesbibliothek, Karlsruhe
- 1986: Damaliges Hauptgebäude des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven
- 1989–96: Thermen am Viehmarkt in Trier.
- 1990–91: Hofflügel des Haus Bitz, Frechen-Bachem
- 1990–94: Bundesanwaltschaft, Karlsruhe
- 1993–95: Familiengericht, Berlin-Kreuzberg
- 1993–96: Friedrichstadt-Passagen (Quartier 205), Berlin
- 1993–99: Erweiterung der Messe Berlin
- 1994: Residenz des deutschen Botschafters in den USA in Washington, D.C.
- 1994–95: Haus ohne Eigenschaften, Köln-Müngersdorf
- 1997: Erweiterungsbau „Galerie der Gegenwart“ für die Hamburger Kunsthalle
- 1999: Neubau der „Forschungsstelle Potsdam“ des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung
- 1999/2000: Umbau des „museum kunst palast“ der Ehrenhof-Anlage, Düsseldorf
- 1998-2001: Dorotheenhöfe, Berlin
- 2001: Wallraf-Richartz-Museum, Köln
- 2002–2004: Hugo-Preuß-Brücke in Berlin-Moabit[5]
- 2006: Entrée-Situation zu den Kaiserthermen in Trier
- Umfeldbebauung des Hauptbahnhofs, Berlin (Projekt)
- Umbau des Pergamonmuseums auf der Museumsinsel, Berlin (Projekt)
Ausstellungen
Vom 27. Oktober 2006 bis 7. Januar 2007 veranstaltete die Neue Nationalgalerie zu Berlin eine Werkschau mit dem Titel O. M. Ungers. Kosmos der Architektur. Dabei wurden neben einer Auswahl seiner Projekte auch Beispiele aus seinen Sammlungen (Kunst, Bücher, Modelle) gezeigt.
Literatur
- Oswald Mathias Ungers: Entwerfen mit Vorstellungsbildern, Metaphern und Analogien. Anmerkungen zu einem morphologischen Konzept, in: Architektur 1951-1990, Stuttgart 1991
Die Thematisierung der Architektur, 1983, herausgegeben von Technische Universität Dortmund und Walter A.Noebel, Niggli Verlag, 2009, ISBN 978-3-7212-0698-2 - Oswald Mathias Ungers. Architektur 1951–1990, mit einem Beitrag von Fritz Neumeyer, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1991, ISBN 3-421-03010-3
- Anja Sieber-Albers (Hrsg.): O. M. Ungers. Zeiträume. Architektur.Kontext. Ausstellungskatalog Wallraf-Richartz-Museum in der Josef-Haubrich-Kunsthalle Köln, Köln 1999
- Andres Lepik (Hrsg.): O. M. Ungers. Kosmos der Architektur, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2006 und Nationalgalerie Staatliche Museen zu Berlin, ISBN 978-3-7757-1820-2
- Martin Kieren: Oswald Mathias Ungers, Zürich (München, London) Artemis 1994, ISBN 3-7608-8144-0
- Anja Sieber-Albers, Martin Kieren (Hrsg.): Sichtweisen. Betrachtungen zum Werk von O.M.Ungers, Braunschweig/Wiesbaden (Vieweg), 1999
- Frampton, Kenneth (preface); Brown-Manrique, Gerardo (Introduction): O.M. Ungers: Work in Progress 1976–1980. Ausstellungskatalog Nr. 6, IAUS. New York (Rizzoli), 1981.
- O.M. Ungers: A Comprehensive Bibliography 1953–1995. Oxford, OH (Interalia/Design Books), 1996, ISBN 0-9630969-5-8
- Die Architekturzeitschrift ARCH+ hat in Zusammenarbeit mit dem Ungers Archiv für Architekturwissenschaft (UAA) in der ARCH+ 179/Juli 2006 die „Berliner Vorlesungen“ aus den Jahren 1964–65 erstmalig veröffentlicht (Sonderausgabe zum 80. Geburtstag von Oswald Mathias Ungers, bearbeitet von Nikolaus Kuhnert, Anh-Linh Ngo, Stephan Becker, Martin Luce, Gregor Harbusch); ARCH+ Verlag, Aachen 2006. Nachdem das Heft kurz nach Erscheinen vergriffen war, hat ARCH+ die Ausgabe im Dezember 2010 neu aufgelegt: ISBN 978-3-931435-08-0.
- Als ergänzende Werksammlung erschien ARCH+ 181 Lernen von O.M. Ungers. Es ergibt einen zu den Vorlesungen komplementären Überblick über O.M. Ungers praktisch-schöpferische Lehrauffassung, die in unzähligen Projekten und vor allem in den „Veröffentlichungen zur Architektur“ ihren Ausdruck fanden.
- Jasper Cepl: Oswald Mathias Ungers – Eine intellektuelle Biografie. Köln 2007, ISBN 978-3-86560-158-2
Weblinks
Commons: Oswald Mathias Ungers – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- UAA: Ungers Archiv für Architekturwissenschaft
- Literatur von und über Oswald Mathias Ungers im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Oswald Mathias Ungers. In: archINFORM.
- Biografie in der Festschrift 125 Jahre Technische Universität Berlin
- Oswald Mathias Ungers in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- Im Kopf des Architekten. In: Tagesspiegel, 27. Oktober 2006, „Baumeister und Sammler: Die Neue Nationalgalerie Berlin widmet Oswald Mathias Ungers eine große Werkschau.“
- Echolog: Ungers – Quadrat, Kreis und Dreieck
Einzelnachweise
- ↑ „Architekt Oswald Ungers gestorben“ Nachruf auf Spiegel Online, 4. Oktober 2007
- ↑ a b Porträt von O. M. Ungers mit Liste der Werke; abgerufen am 29. Oktober 2009
- ↑ Kritisch-nüchterner Nachruf in: The Times, 8. Oktober 2007
- ↑ Dieter Bartetzko: Fürst des Quadrats. In: FAZ, 4. Oktober 2007 (Nachruf)
- ↑ Ing.firma Grassl mit Details zur Hugo-Preuß-Brücke (abgerufen 29. Oktober 2009)
Kategorien:- Deutscher Architekt
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