Meinolf Wewel

Meinolf Wewel
Meinolf Wewel (2006)

Meinolf Wewel (* 24. April 1931 in Paderborn) ist ein deutscher Verleger.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Meinolf Wewel wuchs als drittes von vier Kindern des damaligen Journalisten und späteren Verlegers Erich Wewel und seiner Frau Maria, geb. Mai, in und bei München auf. Dort machte er 1951 sein Abitur. Anschließend absolvierte er eine Buchhandelslehre im väterlichen Erich Wewel Verlag. Gleichzeitig studierte er Philosophie, Psychologie, Germanistik und Kunstgeschichte an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg u. a. bei Martin Heidegger, Max Müller, Bernhard Welte, Wilhelm Szilasi, Erik Wolf, Robert Heiß, Walther Rehm und Kurt Bauch. 1954/55 besorgte er bei Hermann Loeb im Holbein-Verlag in Basel Werbung und Vertrieb. Jan Tschichold hatte das vermittelt. Von 1956 bis 1958 leitete Meinolf Wewel die Werbestelle des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Frankfurt am Main und besuchte Abendseminare bei Theodor W. Adorno und Max Horkheimer. 1959 Studium der Philosophie, Germanistik und Pädagogik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz u. a. bei Gerhard Funke, Karl Holzamer, Fritz-Joachim von Rintelen, Friedrich-Wilhelm Wentzlaff-Eggebert und Theodor Ballauff. Von 1960 bis 1969 war Wewel beim Pädagogischen Verlag Schwann in Düsseldorf als Leiter der Werbung für die Fach- und Schulbuchproduktion tätig, ab 1965 auch als Lektor für Pädagogik und Vertreter des Verlagsleiters. 1968 Promotion zum Dr. phil. an der Universität Mainz mit der Arbeit „Die Konstitution des transzendenten Etwas im Vollzug des Sehens“.

Meinolf Wewel ist seit 1981 mit der Buchhändlerin Heike Fröbe-Wewel verheiratet und hat drei Kinder (Max Christoph, Thomas, Ursula) und vier Enkel (Claudio, Solvejg, Leonie, Amelie) aus der vorangegangenen Ehe mit der verstorbenen Irmgard Schneider.

Verleger

Von Anfang April 1969 bis Ende 1994 leitete Meinolf Wewel als Geschäftsführer den Verlag Karl Alber Freiburg / München. Er verstand ihn als Autorenverlag, nicht als Programmverlag. Viele Autoren waren ihm zugleich Ratgeber. Mit Wewels vorrangigen Interesse für die Gegenwartsphilsophie lässt sich daher seine Arbeit am besten durch die Nennung einiger Philosophen charakterisieren, mit denen er befreundet war oder von denen er mehrere Werke verlegt hat: Karl Acham, Hans Michael Baumgartner, Walter Biemel, Heribert Boeder, Otto Friedrich Bollnow, Hans Ebeling, Wilhelm K. Essler, Ferdinand Fellmann, Eugen Fink, Ute Guzzoni, Michel Henry, Norbert Hoerster, Wolfram Hogrebe, Harald Holz, Klaus Jacobi, Josef König, Rudolf Lüthe, Georg Misch, Max Müller, Severin Müller, Javier Muguerza, Ryōsuke Ōhashi, Ernst Wolfgang Orth, M. A. C. Otto, Otto Pöggeler, Paul Ricœur, Frithjof Rodi, Kurt Röttgers, Heinrich Rombach, Richard Schaeffler, Claus-Artur Scheier, Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Hans Rainer Sepp, Ludwig Siep, Josef Simon, Tōru Tani, Jean-Claude Wolf, Günter Wohlfart. Die Einführung von Emmanuel Levinas in den deutschsprachigen Raum durch Übersetzungen seiner Hauptwerke und durch Sekundärliteratur war Wewel ein besonderes Anliegen.

Die von Max Müller, Bernhard Welte und Erik Wolf begründete und bis 1975 herausgegeben philosophische Schriftenreihe Symposion führte Wewel von 1975 bis 1994 unter der Herausgeberschaft von Klaus Hemmerle, Alexander Hollerbach und Robert Spaemann weiter und übergab sie dann an Maximilian Forschner und Ludger Honnefelder. 1972 begründete Wewel die Reihen Alber Broschur Philosophie und Kolleg Philosophie, 1974 speziell für innovative Arbeiten, die sich nicht strikt den Regeln des Wissenschaftsbetriebs unterordnen, die Reihe Fermenta philosophica. 1975 kam die von Günther Bien, Karl-Heinz Nusser und Annemarie Pieper herausgegebene Reihe Praktische Philosophie hinzu. Im selben Jahr nahmen die von Ernst Wolfgang Orth im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für phänomenologische Forschung herausgegebenen Phänomenologischen Forschungen ihren Anfang. Vom Handbuch Philosophie, das Wewel mitbegründet hat, erschienen in den Jahren 1981 bis 1996 unter der Herausgeberschaft von Elisabeth Ströker und Wolfgang Wieland zehn Bände. 1993 begann Wewel noch die internationale Reihe Orbis Phaenomenologicus, die von Kah Kyung Cho (Buffalo), Yoshihiro Nitta (Tokyo) und Hans Rainer Sepp (Prag) herausgegeben wird.

Auch auf den Gebieten der Rechts- und Sozialwissenschaft sowie der Geschichte hat Wewel viele Werke bei Alber verlegt. Die von Fritz Wagner herausgegebene Reihe Orbis academicus, eine problemgeschichtliche Enzyklopädie der Wissenschaften in Dokumenten und Darstellungen, wurde von ihm fortgeführt, u.a. mit dem zweibändigen Werk „Formen des Eros“ von Annemarie und Werner Leibbrand, der dreibändigen „Pädagogik“ von Theodor Ballauff und Klaus Schaller, der dreibändigen „Kunsterfahrung und Kunstwissenschaft“ von Heinrich Lützeler, dem zweibändigen "Raum" von Alexander Gosztonyi und mit fünf Sonderbänden zur Problemgeschichte von Naturschutz, Landschaftspflege und Humanökologie. Die Historische Anthropologie nahm 1978 mit den Themen „Krankheit, Heilkunst, Heilung“, „Entstehung und Wandel rechtlicher Traditionen“, „Sozialgeschichte der Kindheit“, „Aufgaben, Rollen und Räume von Frau und Mann“, „Töten im Krieg“ ihren Beginn. 1972 begann Wewel die Reihe Alber-Broschur Rechts- und Sozialwissenschaft, an die sich 1988 die von Ernesto Garzón Valdés, Hartmut Kliemt, Lothar Kuhlen und Ruth Zimmerling herausgegebene Alber-Reihe Rechts- und Sozialwissenschaft anschloss. Hans Mathias Kepplinger, Elisabeth Noelle-Neumann und Winfried Schulz gaben ab 1975 die Reihe Alber-Broschur Kommunikation bei Alber heraus, Jan Broekman ab 1977 die enzyklopädische Reihe Kolleg Rechtstheorie, die nicht über acht Bände hinaus weitergeführt werden konnte, weil bei der Neuordnung des Jura-Studiums das Fach Rechtstheorie nicht die erwartete Bedeutung gewann.

In einem Interview der spanischen Zeitschrift „Diálogo Cientificio“ wies Meinolf Wewel 1994 darauf hin, wie sehr das Denken sprachlich eingegrenzt ist und daher „der Ergänzung und Korrektur durch das Denken in anderen Sprachen und Kulturen“ bedarf. In diesem Sinne galt sein besonderes Interesse Veröffentlichungen aus dem hispanischen und japanischen Kulturraum, aber auch solchen aus Russland, Italien, Frankreich und Rumänien.

Wewel selbst hat einmal geschrieben: „Ich sehe meine Aufgabe als Verleger geisteswissenschaftlicher Bücher und Zeitschriften darin, dem Diskurs der Gelehrten ein Forum zu geben, ihn dadurch zu fördern. Dabei leitet mich die Grundüberzeugung, dass die Wahrheit viele Gesichter hat. Deshalb kann ich mich weder dem Denken einer Richtung oder Schule, noch dem Denken einer bestimmten Nation, Sprachgemeinschaft oder Kultur verschreiben.“

1987/1988 hielt Wewel an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg drei Kolloquien über Buch und Zeitschrift als Medium wissenschaftlicher Kommunikation. Er war viele Jahre Mitglied des südbadischen Buchhändler-Prüfungsausschusses und zwei Wahlperioden lang Schatzmeister der Allgemeinen Gesellschaft für Philosophie in Deutschland.

Im Vorwort der Festschrift für Meinolf Wewel „Facetten der Wahrheit“ schreiben die Herausgeber über ihn: „Seine Vorliebe für die Phänomenologie hat sich nicht nur in der Veröffentlichung zahlreicher Autoren niedergeschlagen, die diese philosophische Richtung verfolgen. … Getreu seiner offenen und unvoreingenommenen Einstellung hat er im Verlag Karl Alber auch die Veröffentlichung von Autoren zu fördern gewusst, die andere, der Phänomenologie fernstehende Richtungen vertreten, wie etwa die analytische Philosophie oder den Postmodernismus. Autoren wie Elizabeth Anscombe, Lewis White Beck, John Rawls, Michel Henry und Emmanuel Levinas wurden beim Alber-Verlag übersetzt und aufgelegt, was ihre Rezeption durch die deutschsprachige Öffentlichkeit erleichtert, wenn nicht gar erst ermöglicht hat.“

Otto Pöggeler vermerkt im Geleitwort zu dem Wewel gewidmeten Band „Metamorphose der Phänomenologie“: „Die Hand Meinolf Wewels … zeigt sich gerade darin, dass er in besonderem Maße jüngeren Forschern geholfen hat, sich durch Publikationen vorzustellen.“ Und im Nachwort von Ernst Wolfgang Orth heißt es dort: „In seiner Praxis, durch welche die Autoren auf ihre literarische Aufgaben verwiesen werden, war er auch eine Herausforderung an die Phänomenologie: 'Sachlichkeit', 'Selbst Sehen' sind nur soviel wert, als in literarischer - textueller und kontextueller - Kommunikation eingelöst werden kann.“

Publikationen

  • 1956 bis 1961 zahlreiche Artikel, Berichte und Rezensionen zu den Themen Buch, Buchhandel, Jugendliteratur und Werbung im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. Frankfurt am Main.
  • Anregungen und Vorschläge zur Jugendbuchwoche und zu anderen Veranstaltungen. Herausgegeben vom Arbeitskreis für Jugendschrifttum. München 1959. 2. Auflage 1961
  • Die Konstitution des transzendenten Etwas im Vollzug des Sehens. Eine Untersuchung im Anschluss an die Philosophie von Hans Lipps und in Auseinandersetzung mit Edmund Husserls Lehre vom intentionalen Bewußtseinskorrelat. Düsseldorf 1968. ISBN 3-495-47528-1 *bei Google
  • Der Vielfalt eine Form geben. Ein Gespräch mit Meinolf Wewel. In: Information Philosophie 23. Jg. Heft 1/1995

Herausgebertätigkeit

  • 1975 bis 1994 Mitherausgeber der Buchreihe Orbis academicus. Problemgeschichten der Wissenschaft in Dokumenten und Darstellungen‘. Verlag Karl Alber Freiburg i. Br. / München
  • 1975 bis 1994 Mitherausgeber der Buchreihe Praktische Philosophie. Verlag Karl Alber Freiburg i. Br. / München
  • Seit 1993 Mitglied des Editionsgremiums der Buchreihe Orbis Phaenomenologicus. 1993 bis 2000 Verlag Karl Alber Freiburg i. Br. / München, ab 2003 Verlag Königshausen & Neumann Würzburg

Festschriften

Weblinks


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