Neuer Markt

Neuer Markt

Der Neue Markt war ein Segment der Deutschen Börse, das 1997 im Zuge der Euphorie um die New Economy nach dem Vorbild der amerikanischen Technologiebörse NASDAQ eingerichtet wurde. Als Aktienindex (Performanceindex) sollte er das Marktsegment der Neuen Technologien widerspiegeln und jungen Unternehmen in sogenannten Zukunftsbranchen, wie Informationstechnologie, Multimedia, Biotechnologie und Telekommunikation sowie Erzeuger forschungsintensiver Produkte, eine Möglichkeit der Eigenkapitalfinanzierung über einen Börsengang bieten. Die ersten beiden am Neuen Markt gehandelten Aktien waren am 10. März 1997 die der Mobilcom (Telekommunikation) und Bertrandt AG (Ingenieursdienstleistungen).

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung des Neuen Marktes

Der neue Markt verzeichnete in den Jahren 1997 bis 2000 ein rasantes Wachstum. Auf dem Höhepunkt waren mehr als 300 Unternehmen in diesem Segment gelistet.

Die Deutsche Börse führte zunächst den Neuer-Markt-Index Nemax ein. Am 1. Juli 1999 wurde der Nemax 50 hinzugefügt. Er bestand aus den 50 nach Marktkapitalisierung und Börsenumsätzen größten Titeln. Der bisherige Nemax wurde damit umbenannt in Nemax All Share (oder Nemax AS) und enthielt weiterhin alle Werte.

Durch das scheinbar explosionsartige Wachstum vor allem im Bereich des Internets (Dotcom-Blase) stieg der zum 31. Dezember 1997 auf 1000 Punkte zurückgerechnete Nemax 50 am 10. März 2000 auf den historischen Höchststand von 9666 Punkten.

Parallel zur Entwicklung an den internationalen Börsen fielen die Notierungen ab März 2000 auch am Neuen Markt. Erste Listen mit potenziellen Pleitekandidaten wurden auf Internetseiten und in der Presse veröffentlicht. Im September 2000 meldete mit Gigabell tatsächlich das erste Unternehmen in einer später endlosen Reihe Insolvenz an. 2001 versuchte die Deutsche Börse, die immer größere Anzahl insolventer Unternehmen durch ein zwangsweises Delisting von Penny-Stocks zu verschleiern. Dagegen klagten jedoch zahlreiche der betroffenen Unternehmen. Die Regel wurde später wieder fallen gelassen; dafür wurde die Portalseite neuermarkt.com der Deutschen Börse zum Jahresende 2001 eingestellt.

2002 wurde die Abwärtsbewegung zusätzlich durch zahlreiche Skandale bei einzelnen der gelisteten Unternehmen verstärkt. Spektakulärster Betrugsfall war der Telematik-Anbieter ComROAD, dessen Geschäftstätigkeiten nahezu ausschließlich aus Scheinumsätzen mit sich selbst bestanden. Firmengründer Bodo Schnabel wurde verhaftet und später zu 7 Jahren Haft verurteilt. Auch der Fall EM.TV mit den Brüdern Thomas und Florian Haffa beschäftigte noch Jahre die Straf- und Zivilgerichte. Weitere Unternehmensvorstände wurden wegen Insiderhandels und Kursbetrugs verurteilt. Der Nemax erreichte am 9. Oktober 2002 einen Stand von nurmehr 318 Punkten und hatte somit in nur 31 Monaten über 96 Prozent seines Wertes (über 200 Mrd. Euro) eingebüßt. Viele der Aktien, die zum Höhepunkt der Spekulationsblase im März 2000 noch bei einem Wert von teilweise mehr als 100 Euro notierten, fanden sich als Penny-Stocks wieder.

Diese extreme Entwicklung – die Verzwanzigfachung des Börsenwertes innerhalb weniger Jahre bis hin zu völlig unrealistischen Aktienkursen – ist einer der eindrucksvollsten Belege gegen die Hypothese der vollständig effizienten Märkte, während der anschließende Fall in Richtung des tatsächlichen Wertes der gelisteten Unternehmen die Effizienzmarkthypothese bestätigt. Angeheizt wurde die Entwicklung durch Anlegerzeitschriften und tatsächliche oder vermeintliche Fachleute, sogenannte Börsengurus, die (teilweise wohl auch aus eigennützigen Motiven) durch immer neue Kaufempfehlungen die Kurse weiter antrieben. Auf dem Höhepunkt der Spekulationsblase hatten einzelne Neuer-Markt-Unternehmen einen höheren Börsenwert als große Industriekonzerne. Selbst noch zu diesem Zeitpunkt dominierten in den einschlägigen Medien weiterhin enthusiastische Kaufempfehlungen mit utopischen Kurszielen. Um so heftiger erfolgte dann die Gegenbewegung des Marktes.

Als Folge des starken Kursverfalls beschloss die Deutsche Börse eine grundlegende Neusegmentierung im Aktienbereich, dem das Segment Neuer Markt zum Opfer fiel. Es wurde im Juni 2003 geschlossen. Als Nachfolger des Nemax 50 wurde der TecDAX installiert, der aus nurmehr 30 (statt 50) Werten besteht und seit März 2003 offiziell berechnet wird. Die meisten der anfangs im TecDAX enthaltenen Werte waren allerdings auch schon Mitglieder des NEMAX 50. Um Kontinuität vor allem bei der Abwicklung von Derivaten zu garantieren, wurde der NEMAX 50 bis 30. Dezember 2004 weiterberechnet.[1] Sowohl TecDAX als auch NEMAX 50 haben sich seit März 2003 von ihren Tiefständen erholen können.

Unternehmen des NEMAX 50

Der NEMAX 50 setzte sich zum Zeitpunkt seiner endgültigen Einstellung am 30. Dezember 2004 aus den folgenden Aktiengesellschaften zusammen. Mit * markierte Unternehmen gehören heute (Stand: Januar 2011) bzw. mit (*) markierte gehörten zwischenzeitlich seinem Nachfolgeindex TecDAX an.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. http://www.handelsblatt.com/archiv/nemax50-letztmalig-berechnet-wermutstropfen-fuer-boersenjunkies;840652

Weblinks


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