RU-YEV

RU-YEV
Subjekt der Russischen Föderation
Jüdisches Autonomes Gebiet
Еврейская автономная область
ייִדישע אױטאָנאָמע געגנט
Flagge Wappen
Flagge
Wappen
Föderationskreis Ferner Osten
Fläche 36.266 km²
Bevölkerung 185.535 Einw. (Stand: 2008)
Bevölkerungsdichte 5,1 Ew./km²
Verwaltungszentrum Birobidschan
Offizielle Sprachen jiddisch, russisch
Ethnische
Zusammensetzung
Russen (89,9 %)
Ukrainer (4,4 %)
Juden (1,22 %)
(Stand: 2002)
Gouverneur Nikolai Wolkow
Gegründet 7. Mai 1934
Zeitzone UTC+10 (Sommerzeit: UTC+11)
Telefonvorwahlen (+7) 426xx
Postleitzahlen 679000–679999
Kfz-Kennzeichen 79
OKATO 99
Webseite www.eao.ru
Lage innerhalb Russlands

Das Jüdische Autonome Gebiet (russisch Еврейская автономная область / Jewrejskaja awtonomnaja oblast; jiddisch ייִדישע אױטאָנאָמע געגנט / jidische ojtonome gegnt) ist eine autonome Verwaltungsregion Russlands.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Das Gebiet liegt im russischen Föderationskreis Ferner Osten und befindet sich an der Grenze zur Volksrepublik China. Der Fluss Amur bildet hier die Grenze zwischen den beiden Staaten.

Bevölkerung

Die Juden waren nie die Bevölkerungsmehrheit im Gebiet, das die sowjetische Regierung als jüdisches „Heimland“ vorsah. Den höchsten Anteil erreichten sie nach dem Zweiten Weltkrieg mit rund einem Drittel. Noch 1989 waren 5,5% der 220.000 Einwohner dieses Gebietes Juden, doch auch das waren damals kaum 0,5 % aller Juden in der Sowjetunion. Inzwischen (Stand: Volkszählung 2002) stellen sie nur noch 2.327 oder 1,22 % der Bevölkerung von insgesamt 190.915 Einwohnern, nachdem viele von ihnen nach Israel und Deutschland abgewandert sind. Fast 90 % der Einwohner (nämlich: 171.697 oder 89,93 %) sind Russen. Kleine Minderheiten bilden die Ukrainer mit 8.483 (4,44 %), die Weißrussen mit 1.182 (0,62 %) und die Tataren mit 1.196 (0,63 %). Vor den stalinistischen Säuberungen lebten auch rund 4.500 Koreaner im Gebiet, die dann im Zuge der neuen Politik vollständig nach Zentralasien deportiert wurden.

Während des Stalinismus wanderten auch einige (schätzungsweise 1000) Russlandmennoniten in die Amurregion und emigrierten wenig später über das JAG und China nach Paraguay.

Heutzutage wird Jiddisch wieder in den Schulen gelehrt; es gibt eine Funkstation, die Sendungen in Jiddisch sendet. Der Birobidshaner Shtern hat auch einen Abschnitt in dieser Sprache.

Religionen

Im ausgehenden Zarenreich gab es im heutigen Jüdischen Autonomen Gebiet etwa 20 russisch-orthodoxe Gemeinden. Nach der Gründung des autonomen Gebiets wurde jedoch in der Sowjetunion sämtliche Religionsausübung verboten.

Die Russisch-Orthodoxe Kirche zählt heute wieder 16 Gemeinden, die über die ganze Region verteilt sind. Die Jüdische Gemeinde „Freud“ wurde 1987 gegründet (siehe auch Synagoge in Birobidschan). Es existieren zwei Synagogen. Die Gemeinschaft der Subbotniki hat etwa 200 Anhänger, von denen in den letzten Jahren einige nach Israel abgewandert sind. Außerdem gibt es im Jüdischen Autonomen Gebiet protestantische Gemeinschaften. Die Baptisten haben in Birobidschan und in Naifeld ihre beiden Gemeinden, Pfingstchristen (Slawnaja Wetw) sowie eine offizielle Gemeinde der Siebenten-Tags-Adventisten gibt es ebenfalls in Birobidschan. Früher wurden in der alten Holzsynagoge von Birobidschan Gottesdienste von älteren Frauen abgehalten, welche Jesus verehrten und sich an jüdische Gesetze hielten (Messianische Juden).

Verwaltungsgliederung

(Einwohner am 1. Januar 2006)

Stadtkreis Einwohner Stadtbevölkerung Dorfbevölkerung
Birobidschan 75.192 75.192 ---
Rajon Einwohner Stadtbevölkerung Dorfbevölkerung Verwaltungssitz
Birobidschan 13.336 --- 13.336 Ptitschnik
Leninskoje 22.098 --- 22.098 Leninskoje
Oblutschje 35.118 29.685 5.433 Oblutschje
Oktjabrsk 13.044 --- 13.044 Amurset
Smidowitsch 27.753 18.876 8.877 Smidowitsch

Städte

Einzige Stadt von Bedeutung ist der Hauptort Birobidschan, denn die nächstgrößeren Ortschaften (Oblutschje, Nikolajewka und Leninskoje) zählen nur zwischen 7.000 und 11.000 Einwohnern.

Städte und städtische Siedlungen
Im Jüdischen Autonomen Gebiet gibt es 2 Städte und 11 Siedlungen städtischen Typs.

Stadt*/Städt. Siedlung Russischer Name Rajon Einwohner
(1. Januar 2006)
Bira Бира Oblutschje 3.809
Birakan Биракан Oblutschje 2.558
Birobidschan* Биробиджан kreisfrei 75.192
Chingansk Хинганск Oblutschje 2.055
Iswestkowy Известковый Oblutschje 2.044
Kuldur Кульдур Oblutschje 1.901
Londoko Лондоко Oblutschje 1.298
Nikolajewka Николаевка Smidowitsch 7.650
Oblutschje* Облучье Oblutschje 10.932
Priamurski Приамурский Smidowitsch 3.785
Smidowitsch Смидович Smidowitsch 5.482
Teploosjorsk Теплоозёрск Oblutschje 5.088
Wolotschajewka-2 Волочаевка-2 Smidowitsch 1.959

Geschichte

Das Gebiet wurde durch eine russische Expedition 1644 erforscht, bald darauf ließen sich die ersten Siedler hier nieder. 1898 erreichte die Transsibirische Eisenbahn das Gebiet und sorgte für eine weitere Bevölkerungszunahme.

Das Jüdische Autonome Gebiet wurde 1928 eingerichtet. Die erste jüdische Siedlung war Waldheim. Die Grundidee Stalins bei der Gründung war, dem westlichen Zionismus entgegenzuwirken und ein „sowjetisches Zion“ mit Jiddisch als Amtssprache zu errichten. Es ging dem Staat und der Partei aber nicht um die Erfüllung jüdischer Träume von einer Heimstatt. Vielmehr war ein Ziel, weitere jüdische landwirtschaftliche Siedlungen in der Ukraine und auf der Krim zu verhindern, da dies bei der nichtjüdischen Bevölkerung zunehmend auf Kritik stieß. Außerdem sollte das autonome Gebiet so etwas wie eine Pufferzone gegenüber einer befürchteten chinesischen oder japanischen Expansion bilden. Nicht zuletzt erhofften sich die Machthaber eine Ausbeutung der natürlichen Ressourcen wie Eisen, Holz, Zinn bis hin zu Gold. In der Sowjetunion wurde für den Plan unter der jüdischen Bevölkerung mit einem erheblichen Propagandaaufwand geworben.

Jüdischer Kolchos, 1930

Die Planungen sahen vor, in der Region bis 1937 etwa 150.000 Juden anzusiedeln. Bei ausländischen jüdischen Kommunisten löste das Projekt anfangs Begeisterung aus. Otto Heller schrieb, „Die Juden sind in die sibirischen Wälder gezogen, wenn man sie nach Palästina fragt, lachen sie nur. (...) Diese Siedler begründen in der sibirischen Taiga nicht nur eine Heimstätte für sich selbst, sondern für Millionen Angehörige ihres Volkes.“ Selbst jüdische Antikommunisten wie Chaim Schitlowsky zeigten sich beeindruckt. Man glaubte, Birobidschan würde zu einer Republik und zu einem Zentrum einer jüdisch-sozialistischen Kultur. Trotz des rauen Klimas zogen zunächst tausende Juden in das Gebiet.[1] Von den späten 1920 bis in die Mitte der 1930er-Jahre kamen auch ausländische Siedler in die Region. Viele von ihnen hatten russische Wurzeln und hatten sich in Europa oder Amerika nicht eingewöhnen können. Neben Einwanderern aus Litauen kamen auch welche aus den USA und Argentinien. Die meisten Neusiedler kehrten allerdings oft nur nach wenigen Monaten wieder enttäuscht von den miserablen Lebensbedingungen in ihre Heimat zurück.

Die Besiedlung stoppte bereits Mitte der 1930er-Jahre, als im Zuge der Stalinschen Säuberungen viele Juden getötet und jiddische Schulen geschlossen wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg bekam die Idee eines jüdischen Territoriums Aufwind, und der Anteil der Juden erreichte mit rund einem Drittel seinen Höhepunkt. Danach wurde die jüdische Ansiedlung aber nie mehr forciert. Während Stalins Säuberungsplänen ließ er mehrere Politiker und Schriftsteller der Region festnehmen.

Im Zuge der Auflösung der Sowjetunion 1991 wurde das Gebiet eine eigenständige Verwaltungseinheit innerhalb Russlands; es gibt allerdings Bestrebungen, das Gebiet mit der Region Chabarowsk zu vereinigen.

Politik

Gouverneur des Jüdischen Autonomen Gebietes ist seit 1991 Nikolai Michailowitsch Wolkow.

Im Jüdischen Autonomen Gebiet gibt es 14 Parteien, die dort auch ein regionales Büro haben.

Verkehr und Wirtschaft

Die Transsibirische Eisenbahn führt durch das Gebiet und verbindet es mit anderen russischen Großstädten. Wichtigste Wirtschaftszweige sind der Bergbau (Gold, Eisenerz), die Holzindustrie und die Landwirtschaft.

Literatur

  • Robert Weinberg: Birobidshan. Stalins vergessenes Zion. Verlag NEUE KRITIK, Frankfurt/Main 2004, ISBN 3-8015-0367-4.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Walter Laqueur: Der Weg zum Staat Israel. Geschichte des Zionismus. Wien, 1972. S.447

48.478611111111132.139166666677Koordinaten: 48° N, 132° O


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