Rote Flotte

Rote Flotte
Flagge der Sowjetischen Marine
Gösch der Sowjetischen Marine

Die Sowjetische Marine (russisch Военно Морскоий Флот СССР; Wojenno morskoij flot SSSR, wörtlich: Kriegsmarineflotte der UdSSR) war der maritime Arm der sowjetischen Streitkräfte. Weitere Bezeichnungen waren Rote Flotte oder Seekriegsflotte (SKF). Die sowjetische Marine war unterteilt in mehrere Hauptflotten: die Nordflotte, die Pazifische Flotte, die Schwarzmeerflotte und die Baltische Flotte und einen ständigen Flottenverband im Mittelmeer, genannt Eskadra. Die Kaspische Flottille war eine halbunabhängige Formation, die administrativ unter dem Kommando der Schwarzmeerflotte stand, während das Indische Geschwader unter dem der Pazifischen Flotte stand und von dort auch seine Einheiten bezog. Andere Teile schlossen die Marinefliegertruppe, Marineinfanterie und die Küstenartillerie ein. Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde die Sowjetische Marine als Russische Marine reformiert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Siehe Hauptartikel Kaiserlich Russische Marine

Die Russen hatten keine starke maritime Tradition, zumindest nicht im selben Sinne wie andere europäische Mächte wie die Briten oder die Franzosen. Besonders aufgrund ihrer geographischen Lage hatte Russland nicht denselben Zugang zur Hochsee, der zudem noch oft saisonbedingt von Eis blockiert wurde. Dazu kam, dass Russlands Größe und zentrale Lage in Eurasien Überlandhandel erlaubte, der somit die Notwendigkeit einer Marine zum Schutz des Überseehandels negierte.

Gründung

Die Aurora war inoffiziell das erste sowjetische Kriegsschiff, nachdem es 1917 gegen das Kaiserliche Russland meuterte.

Die sowjetische Marine wurde 1917 aus den Resten der Kaiserlich-Russischen Marine geschaffen. Viele Schiffe dienten auch nach der Oktoberrevolution weiter, wenn auch unter anderen Namen. Tatsächlich kann als das erste Schiff der sowjetischen Marine der rebellische kaiserlich-russische Panzerdeckkreuzer Aurora gesehen werden, dessen Mannschaft zu den Bolschewiken überlief. Ein früherer bolschewistischer Aufstand ereignete sich allerdings schon 1905 auf dem Linienschiff Knjas Potjomkin Tawritscheski (Потёмкин).

Die Sowjetische Marine, wenn als Rote Arbeiter-und-Bauern-Flotte (russisch: „Рабоче-Крестьянский Красный Флот“ (РККФ) oder Rabotschje-Krest'janskij Krasnij Flot, RKKF) bezeichnet, existierte in der Zwischenkriegszeit in einem Status des Verfalls. Sie besaß nur ein paar veraltete Schlachtschiffe. Da die Aufmerksamkeit des Staates größtenteils nach innen gerichtet war, sah die Marine keinen Sinn in Wartung oder Ausbildung. Ein sprechendes Zeichen für das wahrgenommene mangelhafte Drohpotential der Marine war, dass die Sowjetunion nicht eingeladen wurde, am Washingtoner Marineabkommen teilzunehmen, das Größe und Kapazitäten der mächtigsten Seestreitkräfte beschränken sollte.

Zweiter Weltkrieg

Im Winterkrieg (der größtenteils ein Vorgeplänkel des Großen Vaterländischen Krieges war) kam es zu kleineren Aktionen in der Ostsee, hauptsächlich Artillerieduellen zwischen finnischen Forts und sowjetischen Kreuzern und Schlachtschiffen.

Als Hitler das Unternehmen Barbarossa 1941 startete, begann die Armeeführung der Sowjetunion zu erkennen, dass eine Marine doch wichtiger war. Große Teile der sowjetischen Marine im Zweiten Weltkrieg bestanden aus Ex-US-Navy-Leih-und-Pacht-Zerstörern. Sie waren in der Verteidigung von Konvois gegen U-Boote der Kriegsmarine ein gefährlicher Gegner. Unglücklicherweise war ein Großteil der Roten Flotte in der Ostsee durch finnische und deutsche Minenfelder in Leningrad und Kronstadt 1941-1944 eingeschlossen und wurde von Minen und durch Luftangriffe stark behindert. Einige Einheiten überlebten im Schwarzen Meer, wo sie an der Verteidigung Sewastopols während der Belagerung teilnahmen.

Raketen-U-Boot der Yankee I-Klasse, etwa 1971
Flugdeckkreuzer der Moskwa-Klass, 1985
Flugzeugträger der Kiew-Klasse, 1986
Nuklearkreuzer der Kirov-Klasse, 1992

Kalter Krieg

Sowjetische Marinebasen und Ankerrechte 1984

Nach dem Krieg beschloss die sowjetische Armeeführung, dass sie unter allen Umständen fähig sein müsse, mit dem Westen zu konkurrieren. Es wurde ein Rüstungsprogramm aufgelegt, um wenigstens quantitativ mit dem Westen gleichzuziehen. Wichtiger Bestandteil der maritimen Aufrüstung der Sowjetunion war der Bau von U-Booten, die technisch auf deutschen Kriegsmarine-Modellen beruhten. In der Nachkriegszeit wurde jedes Jahr eine große Anzahl dieser Boote vom Stapel gelassen. Später verbesserte die Sowjetunion durch die Kombination neuester eigener Forschungsergebnisse und von NS-Deutschland und den westlichen Nationen im Zuge von Reparationen übernommener Technologie ihre U-Boote allmählich, blieb aber stets eine Generation hinter den NATO-Ländern zurück, vor allem bei der Geräuschtarnung und in der Sonar-Technologie.

Die sowjetische Marine beeilte sich, ihre Überwasserflotte mit Raketen verschiedener Arten auszustatten. Tatsächlich wurde es ein Markenzeichen sowjetischen Designs, auf relativ kleinen Schiffen - und schnellen Raketenbooten - gigantische Raketen zu stationieren, während im Westen ein solcher Zug taktisch nicht für durchführbar gehalten wurde. Trotzdem besaß die sowjetische Marine auch einige sehr große Lenkwaffenkreuzer mit gewaltiger Feuerkraft, wie die Atomkreuzer der Kirow-Klasse und die konventionell getriebenen Kreuzer der Slava-Klasse, die aus der Kirow-Klasse abgeleitet sind.

1968 und 1969 erschienen die sowjetischen Flugdeckkreuzer Moskwa und Leningrad der Moskwa-Klasse, gefolgt von dem ersten von vier Flugzeugträgern der Kiew-Klasse 1973. Die sowjetische Armeeführung versuchte mit den großen amerikanischen Superflugzeugträgern mitzuhalten, indem sie das Projekt OREL erstellten, aber dies wurde aufgrund veränderter Prioritäten noch am Zeichenbrett gestrichen. In den Achtzigerjahren erwarb die Sowjetische Marine ihren ersten echten Flugzeugträger, die Tbilisi, (später in Admiral Kusnezow umbenannt). Als weiteres Anzeichen des Wunsches der sowjetischen Marine nach Einzigartigkeit, besaßen die Kiew-Klasse und die Admiral Kusnezow zusätzlich ihre eigenen Offensivraketen. In der zweiten Hälfte der Achtzigerjahre versuchte die Sowjetunion wieder einen Superflugzeugträger zu bauen, die Uljanowsk. Das Schiff war fast fertig, als das Ende des Kalten Krieges kam und wurde daraufhin verschrottet.

Trotz dieser Erfolge besaß die sowjetische Marine nie wie die US-Navy eine große Flugzeugträgerflotte, wohingegen sie als einzige eine große Anzahl strategischer Bomber der Awiazija Wojenno-Morskogo Flota (AW-MF) in einer maritimen Rolle einsetzte. Die Tupolew-Bomber wie die Tupolew Tu-16 und die Tupolew Tu-22M waren mit Hochgeschwindigkeits-Antischiffsraketen ausgerüstet. Die Hauptrolle dieser Flugzeuge war es, die NATO-Versorgungskonvois, die im Rahmen der Operation REFORGER von Nordamerika nach Europa fuhren, abzufangen.

Die große sowjetische Flotte an Angriffs-U-Booten hatte dieselbe Funktion, aber zielte auch gegen die amerikanischen Flugzeugträgerschlachtgruppen. Zusätzlich besaß die Sowjetische Marine auch zahlreiche Lenkwaffen-U-Boote wie die Oscar-Klasse und eine Vielzahl von U-Booten mit ballistischen Raketen, darunter die größten U-Boote der Welt, die Typhoon-Klasse.

Die sowjetische Marine stieß beim Betrieb auf Sicherheitsprobleme, besonders bei nuklear betriebenen Schiffen, die mit dem ersten Atom-U-Boot, der K-3 und der durch dieses Boot begründeten November-Klasse ihren Ausgang nahmen. Sie hatte während des Kalten Krieges mehrere Zwischenfälle bei ihren Atom-U-Booten. Darunter waren bekannte wie der der K-219 und der der K-278 Komsomolez, die durch Feuer verloren gingen, aber auch unheilvollere wie der der K-19, bei dem ein nukleares Leck auftrat, woran mehrere Crew-Mitglieder starben (siehe auch Spielfilm: K-19 – Showdown in der Tiefe). Unzulängliche sowjetische Atom-Sicherheit und Schadenskontrolltechniken waren normalerweise daran schuld. Die sowjetische Seite gab dagegen häufig Kollisionen mit US-Unterseebooten die Schuld; Behauptungen, die möglicherweise einen wahren Kern enthalten. Dies wird wohl unklar bleiben, da die US-Navy über Unfälle nicht spricht, solange sie nicht in Todesfällen oder nuklearen Zwischenfällen resultieren. Trotzdem waren beim Ende des Kalten Krieges 1991 noch immer viele U-Boote der ersten Generation im Dienst der sowjetischen Marine. Ursache dafür war, dass die sowjetischen U-Boote eine geringere Zielpräzision ihrer Raketen hatten und zudem bemerkt worden war, dass viele von ihnen von leiseren westlichen Angriffs-U-Booten beschattet wurden, die sie zu einem frühen Zeitpunkt eines möglichen Konflikts ausgeschaltet hätten. Dies zwang die sowjetische Armeeführung an der Philosophie einer „Sicherheit durch Anzahl“ festzuhalten.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion verschwand die sowjetische Marine wieder in der Bedeutungslosigkeit und wurde zwischen mehreren Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetrepubliken verteilt. Vor allem die Schwarzmeerflotte verbrachte mehrere Jahre in einem unklaren Zustand, bevor zwischen Russland und der Ukraine ein Abkommen getroffen werden konnte.

Heutige Geschichte

Siehe Hauptartikel Russische Marine

Kommandeure der sowjetischen Seestreitkräfte

  • Wassilij Michailowitsch Altfater (Oktober 1918 - April 1919)
  • Jewgenij Andrejewitsch Berens (Mai 1919 - Februar 1920)
  • Aleksandr Wasilijewitsch Nemits (Februar 1920 - Dezember 1921)
  • Eduard Samoilowitsch Pantsertschanskij (Dezember 1921 - Dezember 1924)
  • Wjatscheslaw Iwanowitsch Zof (Dezember 1924 - August 1926)
  • Romuald Adamowitsch Muklewitsch (August 1926 - Juli 1931)
  • Wladimir Mitrofanowitsch Orlow (Juli 1931 - Juli 1937)
  • Mikhail Wladimirowitsch Viktorow (August 1937 - Januar 1938)
  • P.A. Smirnow (Januar - August 1938)
  • Michail Petrowitsch Frinowskij (September 1938 - April 1939)
  • Nikolai Gerasimowitsch Kusnezow (April 1939 - Januar 1947)
  • Iwan Stepanowitsch Jumaschew (Januar 1947 - Juli 1951)
  • Nikolai Gerasimowitsch Kusnezow (Juli 1951 - Januar 1956), zweite Amtszeit
  • Sergei Georgijewitsch Gorschkow (Januar 1956 - Dezember 1985); wird für den meistverantwortlichen Offizier für die Reform der sowjetischen Marine gehalten
  • Wladimir Nikolajewitsch Tschernawin (1985 - 1992)

Siehe auch

Literatur

  • Ulrich Schulz-Torge: Die sowjetische Kriegsmarine (3 Bände), Bonn, 1977-1981.
  • Sherry Sontag, Christopher Drew und Annette Lawrence Drew: Blind Man's Bluff: The Untold Story of American Submarine Espionage. Harper, 1998, ISBN 0-06-103004-X.
  • Thomas Nilsen, Igor Kudrik und Aleksandr Nikitin: Report 2:1996: The Russian Northern Fleet. Bellona Foundation, Oslo/St.Petersburg 1996, ISBN 82-993138-5-6. Chapter 8, Nuclear submarine accidents.
  • James Oberg: Uncovering Soviet Disasters. Random House, New York 1988, ISBN 0394560957.

Weblinks


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