- Sachsenring (Rennstrecke)
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Dieser Artikel erläutert die ab 1937 Sachsenring genannte, heutige Rennstrecke; die ursprüngliche Rennstrecke namens Sachsenring im Tharandter Wald wird unter Sachsenring (Grillenburg) erläutert. - Wolfgang Hallmann: Das war der Sachsenring - Geschichte und Gegenwart einer legendären Rennstrecke, Chemnitzer Verlag, Chemnitz, 1996, ISBN 3928678329
- "75 Jahre Sachsenring - Fahrer einer legendären Rennstrecke", HB-Werbung und Verlag GmbH & Co. KG, Chemnitz, 2002, ISBN 3-00-008789-3
- Gerhard Herber: Der Grillenburger Sachsenring 1927–1933. Die Geschichte einer vergessenen Rennstrecke. 1. Auflage. Lotos Druck GmbH, Reichstädt 2005, ISBN 3-00-015943-6.
Ort: | Hohenstein-Ernstthal, Deutschland |
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Aktuelle Rennserien: | Motorrad-Weltmeisterschaft, ADAC GT Masters, dt. Motorradmeisterschaft |
Streckendaten | |
Streckenlänge: | 3,671 km (2,282 mls) |
Zuschauerkapazität: | über 120.000 |
Rekorde | |
Rundenrekord (Automobil): |
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Rundenrekord (Motorrad): |
1:21:067 (Casey Stoner, Ducati, 2008) |
Der Sachsenring ist eine traditionsreiche Rennstrecke in Hohenstein-Ernstthal bei Chemnitz, Sachsen.
Inhaltsverzeichnis |
Geschichte
Ursprünge
Die Ursprünge des Sachsenrings gehen auf das in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts abgehaltene Badberg-Viereck-Rennen zurück, welches erstmals am 26. Mai 1927 stattfand. Der 8,7 km lange Straßenkurs führte im Gegenuhrzeigersinn durch Hohenstein-Ernstthal nach Norden, um dann in westlicher Richtung parallel zur heutigen A4 Chemnitz–Gera zu verlaufen. Auf der heutigen Bundesstraße 180 ging es nach Süden, um dann in der Queckenberg-Kurve auf die Zielgerade einzumünden. Nach zwei Auflagen musste die Veranstaltung nach Protesten der Bürgerschaft wegen der zahlreichen Unfälle zunächst ausgesetzt werden.
In den 1930er Jahren jedoch wurde die zwischen Chemnitz und Zwickau gelegene Rennstrecke fester Bestandteil des internationalen Rennkalenders. 1934 wurde erstmals der Große Preis von Deutschland für Motorräder auf der Strecke ausgetragen, bei dem es drei Todesopfer zu beklagen gab, darunter der 500-cm³-Europameister des Vorjahres, der Schwede Gunnar Kalén sowie der aktuelle 500er-Europameister Pol Demeuter aus Belgien. 1936 wurden im Rahmen des Grand Prix die Europameister ermittelt. Im Jahr 1937 erhielt der Kurs den Namen „Sachsenring“, nachdem auf dem vorher als Sachsenring bezeichneten Kurs im Tharandter Wald die Rennaktivitäten eingestellt wurden.
Im Jahr 1949 belebte man nach der kriegsbedingten Pause die Rennen wieder. 1950 besuchten ca. 400.000 Zuschauer den Lauf zur gesamtdeutschen Motorradmeisterschaft. Ein weiterer Höhepunkt war das auf dem 8,7 km langen Kurs ausgetragene Amateur-Rennen der Straßen-Radweltmeisterschaft 1960, das der einheimische Bernhard Eckstein vor Täve Schur gewann.
Ab 1961 erlebte der „alte“ Sachsenring seine Blütezeit, denn bis einschließlich 1972 wurden auf dem Hochgeschwindigkeitskurs Läufe zur Motorrad-Weltmeisterschaft ausgetragen. Dabei waren zeitweise auch die einheimischen Zweitakt-Rennmaschinen von MZ aus dem nahe gelegenen Zschopau konkurrenzfähig. Die schnellste Rennrunde überhaupt fuhr jedoch der 15-fache Weltmeister Giacomo Agostini aus Italien auf einer 500-cm³-MV Agusta mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von fast 180 km/h. Im Jahr 1969 kam der junge britische Weltmeister und Publikumsliebling Bill Ivy bei einem Sturz im Zentrum von Hohenstein-Ernstthal ums Leben.
Den Lauf bei den 250ern gewann 1971 der (West-)Deutsche Dieter Braun, worauf viele Zuschauer die deutsche Nationalhymne mitsangen. Die vorangegangene rundenlange Anfeuerung von Braun wurde von den Behörden denkbar kritisch zur Kenntnis genommen und führte zu Konsequenzen, der auf den Verzicht auf den WM-Status hinauslief. Die offizielle Begründung waren fehlende Sicherheitsvorkehrungen und gestiegene Kosten.
Nach dem staatlich erzwungenen Ende der WM-Läufe wurde es zunächst etwas ruhiger, doch der Rennbetrieb mit Zwei- und Vierrädern ging mit rein osteuropäischen Teilnehmern weiter und begeisterte im Laufe der Zeit viele Zuschauer. Aufgrund der im Vergleich zu westlichen Motoren relativ geringen Leistungen kam es dabei nicht zu dem starken Anstieg der Fahrleistungen, der bei westlichen Rennstrecken wie etwa dem Nürburgring Umbaumaßnahmen oder gar komplette Schließungen erforderlich machte.
Neuanfang
Im Jahre 1990 brachte das Ende der DDR indirekt das endgültige Aus für die altehrwürdige Naturrennstrecke. Der seit Jahrzehnten quasi unveränderte Stand der Strecke konnte modernen Sicherheitsanforderungen nicht mehr gerecht werden, denn durch das nun verfügbare Material aus dem Westen bzw. dem Fernen Osten stiegen die Geschwindigkeiten. Trotz zweier Bremsschikanen kam es zu tragischen Unfällen. Insbesondere der Rennbetrieb innerhalb der Ortschaft war nicht mehr tragbar, obwohl am Schleizer Dreieck noch einige Jahre an Häusern vorbei gerast wurde und dies bei der Tourist Trophy auf der Isle of Man nach wie vor üblich ist.
Eine verkürzte Strecke außerorts wurde diskutiert, doch die Umsetzung ließ auf sich warten. Der AMC Sachsenring Hohenstein-Ernstthal sowie der ADAC Sachsen veranstalteten von 1992 bis 1995 Sachsenring-Rennen auf den tschechischen Rennstrecken in Most bzw. Brünn.
1995 wurde das am Start-Ziel-Bereich der alten Rennstrecke gelegene Verkehrssicherheitszentrum mit multifunktionalem Veranstaltungsgelände und (noch nicht permanent verfügbarer) Rennstrecke eröffnet. Nun bot sich wieder die Möglichkeit, Rennsport vor Ort zu betreiben. Das rennsportliche Comeback erfolgte 1996 mit den Veranstaltungen zur Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft (IDM) sowie dem ADAC Super Tourenwagen Cup.
Der Omega-förmige Teil der Strecke, der bergab um einen bewaldeten Hügel führt, wurde zwar zum neuen Merkmal des Sachsenrings, aber der Rest des Kurses wurde von einigen Aktiven als zu eng und zu langsam kritisiert, zumal dies kaum an die flüssige alte Strecke erinnerte. Dank kontinuierlicher Verbesserung von Streckenstandard und Infrastruktur gelang 1998 der große Coup: die Motorrad-Weltmeisterschaft, die auf dem Hockenheimring und zuletzt auf dem Nürburgring immer weniger Zuschauer anlocken konnte, kehrte nach 26 Jahren auf den Sachsenring zurück. Seither strömen Jahr für Jahr um die 200.000 Zuschauer zum „Ring“, um das Spektakel zu erleben.
Dank dieser beeindruckenden Unterstützung seitens der Zuschauer wurden im Laufe der Jahre umfassende Veränderungen an der Strecke vorgenommen. Erwähnt seien hier eine neue Boxenanlage, der neue Start/Zielturm sowie die geänderte schnellere Streckenführung, die den öffentlichen Verkehr nicht mehr berührt und den Sachsenring somit erstmals zu einer permanenten Rennstrecke macht. Insbesondere der Umbau von 2002, der mit einem sehr schnellen Bergabstück vor der Bergauf-Kurve Queckenberg sowohl an den Streckenabschnitt Fuchsröhre der Nordschleife als auch an den alten Sachsenring erinnert, etablierte den nun 3670 Meter langen Sachsenring endgültig bei Fahrern und Zuschauern.
Obwohl die DTM wegen finanzieller Differenzen in den letzten Jahren nicht zurückkehrte, gelang es den örtlichen Veranstaltern bzw. dem ADAC jüngst, die Motorrad-Weltmeisterschaft am Sachsenring mindestens bis zum Jahr 2011 zu sichern.
Bei aktuellen Veranstaltungen gerade aus dem Hobbybereich stellt sich das strenge Lautstärkelimit immer wieder als Problem dar, sodass viele Events am Sachsenring trotz großem Interesse nicht stattfinden können. Für Veranstaltungen wie MotoGP-Rennen werden Ausnahmegenehmigungen erteilt.
Siegerlisten
Motorrad-Grands-Prix 1934 bis 1939
Jahr | Rennen | 250 cm³ | 350 cm³ | 500 cm³ |
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1934 | Großer Preis von Deutschland | Henry Tyrell-Smith | Jimmie Simpson | Otto Ley |
1935 | Großer Preis von Deutschland | Walfried Winkler | Walter Rusk | Jimmie Guthrie |
1936 | Großer Preis von Europa | Henry Tyrell-Smith | Freddie Frith | Jimmie Guthrie |
1937 | Großer Preis von Deutschland | Ewald Kluge | Harold Daniell | Karl Gall |
1938 | Großer Preis von Europa | Ewald Kluge | John White | Georg Meier |
1939 | Großer Preis von Großdeutschland | Nello Pagani | Walter Hamelehle | Dorino Serafini |
Motorrad-WM-Läufe
Zuschauerzahlen der Motorrad-WM Läufe seit 1998
Seit der ersten Austragung der WM-Läufe auf dem neuen Sachsenring im Jahr 1998 stiegen die Zuschauerzahlen Jahr für Jahr an, was die kontinuierliche Steigerung der Zuschauerkapazität zur Folge hatte. Mittlerweile zählt das Rennen, neben den in Spanien ausgetragenen Läufen, zu den am besten besuchten Grand Prix der Motorrad-WM. Zum ersten Rückgang der Zuschauerzahl gegenüber dem Vorjahr kam es 2008, als die Veranstaltung erstmals an einem verregneten Wochenende stattfand. Ein Besonderheit am Sachsenring sind die hohen Besucherzahlen an den Trainingstagen, an denen die Tribünen bei den meisten anderen Rennen nur spärlich gefüllt sind.
Jahr | Zuschauer am gesamten Wochenende |
Veränderung gegenüber Vorjahr |
---|---|---|
1998 | 142.000 | |
1999 | 151.000 | + 6,3 % |
2000 | 161.000 | + 6,6 % |
2001 | 177.000 | + 9,5 % |
2002 | 184.500 | + 4,2 % |
2003 | 204.000 | + 10,5 % |
2004 | 207.745 | + 1,8 % |
2005 | 216.457 | + 4,2 % |
2006 | 219.848 | + 1,6 % |
2007 | 226.944 | + 3,2 % |
2008 | 221.492 | − 2,4 % |
Literatur
Quellen
Weblinks
50.79055555555612.687777777778Koordinaten: 50° 47′ 26″ N, 12° 41′ 16″ O
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