Sebastien le Pestre de Vauban

Sebastien le Pestre de Vauban
Sébastien Le Prestre de Vauban. Pastell gen. "aux trois crayons" von Hyacinthe Rigaud, nach 1703.
Vauban (rechts) als Baumeister in Belfort. Gemälde aus dem 18. Jahrhundert im Ehrensaal des Rathauses von Belfort

Sébastien Le Prestre, Seigneur de Vauban, auch Marquis de Vauban (* 1. Mai oder 4. Mai (getauft am 15. Mai) 1633 in Saint-Léger-de-Foucheret (Dept. Yonne); † 30. März 1707 in Paris) war ein französischer General, Festungsbaumeister Ludwigs XIV. und Marschall von Frankreich.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sébastien le Prestre, der spätere Marquis de Vauban, stammte aus bescheidenem burgundischem Landadel und wurde Anfang Mai 1633 in Saint-Léger-de-Foucheret bei Avallon als Sohn von Urbain le Prestre und Edmée Cormignolles geboren. Die Le Prestres wirkten als Notare und waren in der Land- und Forstwirtschaft tätig. Urbain le Prestre führte auf seinen Ländereien im nördlichen Morvan das dort bis dahin unbekannte Veredeln von Obstbäumen durch Pfropfen ein. Dorf und Herrschaft Vauban (Dept. Nièvre), nach der sich Sébastien le Prestre später nannte, hatte sein Urgroßvater Emery le Prestre erworben. Schon als Schüler im Kolleg der Karmeliter in Semur-en-Auxois zeigte der Junge eine große Begabung für Mathematik.

Im Alter von knapp 18 Jahren trat Vauban als Kadett in das Regiment des Prinzen Condé ein, ein Vetter von Ludwig XIV. und einer der führenden Köpfe der Fronde genannten Opposition des französischen Adels gegen die Krone. Hier machte Vauban erste Erfahrungen im Festungsbau. 1653 geriet er in Gefangenschaft, und Kardinal Mazarin selbst überzeugte den talentierten und vielversprechenden jungen Ingenieur-Soldaten zum Übertritt in die königliche Armee, in der er bis in die höchsten Positionen aufstieg.

1655 wurde der gerade 22-jährige Vauban zum „Ingénieur ordinaire du roi” ernannt. In den folgenden Jahren leitete er erfolgreich Angriffe auf Montmedy, Gravelines, Ypern und Oudenaarde. 1663 erhielt er eine eigene Kompanie im Regiment der Picardie. 1676 wurde Vauban zum Feldmarschall, 1678 schließlich zum „Commissaire géneral des fortifications” ernannt, also Generalkommissar aller französischen Festungen. Den höchstmöglichen Rang in der königlichen Armee erreichte Vauban im Jahr 1703 als er nach der Rückeroberung von Alt-Breisach - der letzten Belagerung, an der der 70-Jährige aktiv teilnahm - zum Maréchal de France erhoben wurde. 1705 folgte die Aufnahme als Ritter in den exklusiven königlichen „Ordre du Saint-Esprit”.

Vauban heiratete am 25. März 1660 seine Cousine Jeanne d’Aunay, die Tochter des Baron d’Epiry. Das Paar hatte drei Kinder: zwei Töchter und einen Sohn, der schon früh verstarb. Vauban war die meiste Zeit des Jahres im Dienst des Königs in ganz Frankreich und den angrenzenden Gebieten unterwegs. 1675 erwarb Vauban die Herrschaft Bazoches mit Dorf und Schloss unweit von Vézelay. Es wurde von ihm zum Landsitz für seine Familie aber auch zum technischen Hauptquartier mit einem eigens angefügten Atelierflügel ausgebaut.

Die zu Beginn des Jahres 1707 anonym publizierte und von Vauban an zahlreiche Freunde und politisch interessierte Bekannte verteilte Schrift „Projèt d’une dîme royale” (Projekt eines königlichen Zehnten), in der er eine Reform der vor allem für die Landbevölkerung drückenden Steuern vorschlug, brachte Vauban am Ende seines Lebens beim König in Ungnade. Am 30. März 1707 starb er in seinem Pariser Stadtpalais an einer Lungenentzündung und wurde am 16. April in der von ihm selbst als Familiengrablege an die Pfarrkirche Saint-Hilaire von Bazoches (Dept. Nièvre) angefügten Sebastianskapelle begraben. 1793 brachen Revolutionäre die Gruft auf und raubten die Bleisärge, um daraus Kugeln zu gießen. Bei Bauarbeiten in der Kirche fand man 1804 die separat bestattete Bleiurne mit Vaubans Herz. Sie wurde auf Veranlassung Napoleons I. nach Paris gebracht. Am 28. Mai 1808 wurde die Urne feierlich in den Invalidendom überführt. Das eigens geschaffene mächtige Grabdenkmal Vaubans in der östlichen Seitenkapelle bildet seither das Pendant zu einem Monument für Turenne in der gegenüberliegenden Kapelle, das schon 1800 auf Befehl Napoleons aufgestellt worden war. Vaubans Geburtsort Saint-Léger-le-Foucheret erhielt 1867 per Dekret Napoleons III. zu Ehren des Marschalls den Namen „Saint-Léger-Vauban”.

Literarisches und wissenschaftliches Werk

In seinen 56 Dienstjahren hat Vauban, schon zu Lebzeiten mit dem Ehrentitel „Ingénieur de France" belegt, 33 neue Festungen geplant, für 160 Plätze über 400 Projekte geliefert und unzählige bestehende Festungsanlagen modernisiert. Er ist der eigentliche Schöpfer der „enceinte de fer”, des eisernen Gürtels, mit dem Frankreich unter Ludwig XIV. seine Außengrenzen sicherte. Vauban gilt zu Recht als der bedeutendste Militärarchitekt der Barockzeit. Als Soldat und Feldherr nahm er an 53 Belagerungen und 140 Gefechten teil und wurde mehrfach verwundet. Vor Maastricht führte er 1673 das Angriffssystem der Parallelen ein und erfand den Rikoschettschuss, den er 1697 vor Ath erstmals einsetzte. Als sein Hauptwerk gilt die Festungsstadt Neuf-Brisach/Neu-Breisach (Dept. Haut-Rhin).

Neben dem eigentlichen Festungsbau befasste sich Vauban mit Fragen der Stadtplanung, der Landwirtschaft, des Ackerbaus und der Viehzucht, des Wasser- und Verkehrswegebaus mit Schleusen, Kanälen und Aquädukten, darüber hinaus auch mit Statistik, Ökonomie, Steuerwesen und Finanzpolitik, Religion und Philosophie. Sein besonderes Interesse galt der Verbesserung der Lebensbedingungen für die ärmeren Schichten des Volkes. Ausdrücklich warnte er vor den ökonomischen Folgen der Verfolgung und Vertreibung der Hugenotten nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes. Vauban pflegte eine ausgedehnte Korrespondenz mit zahlreichenden führenden Geistesgrößen seiner Epoche, darunter die Minister Louvois und Colbert, oder Literaten wie Racine, Fénelon und anderen. Seit 1699 war Vauban Ehrenmitglied der französischen Akademie der Wissenschaften.

Vauban veröffentlichte wenige seiner Schriften selbst, legte aber in zahlreichen handschriftlichen „Mémoires” und Traktaten, darunter den 12 Bänden seiner als „Mes Oysivetés” (Meine Müßiggängereien) zusammengefassten Gedanken, die Grundlage der unter seinem Namen gedruckten Publikationen. Ein Teil der "Oisivetes" wurde 1843−1846 in 4 Bänden publiziert; ferner erschienen nach seinem Tod unter Benutzung seiner Handschriften:

  • Traite de l’attaque et defense des places (1737, 2 Bände; neue Ausg. 1829 - deutsch als Der Angriff und die Vertheidigung der Festungen (hg. von Major de Humbert, 2 Bände, Berlin 1744)
  • Traite des mines (1737)
  • Traite des sieges (1747, neue Ausg. 1829)
  • Œuvres militaires (hrsg. von Foissac, 1793, 3 Bände)
  • Memoires militaires (hrsg. von Fave, 1847)
  • Memoires inedits du marechal V. sur Landau. Luxembourg etc. (hrsg. von Antoine-Marie Augoyat, 1841)

Vaubans 1707 anonym publizierte Schrift „Projèt d'une dixme royal” wurde zeitweise auch seinem Vetter Bois-Guillebert zugeschrieben.

Bauwerke Vaubans

Belfort, 1677-1679 durch Vauban erbaute Zitadelle, Teilansicht
Dünkirchen, ab 1662 durch Vauban zur Festung ausgebaut
Die - ohne die hier gezeigte Zitadelle - als komplette Neuplanung entstandene Festungsstadt Neuf-Brisach, errichtet als Ersatz für die 1697/99 ans Reich zurückgegebenen Festungen Breisach und Freiburg, gilt als eines der Hauptwerke Vaubans.

Insgesamt war Vauban am Bau beziehungsweise Um- oder Ausbau von 160 Festungsanlagen beteiligt. Hier ist nur eine kleine Auswahl wiedergegeben:

Zwölf der Festungsanlagen wurden 2008 unter dem Namen Festungsanlagen von Vauban in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbe aufgenommen.

siehe auch: Festungsstädte

Nachwirkung/Gedenkstätten

Vauban-Denkmal in Saint-Léger-Vauban

Vaubans Geburtshaus befindet sich im Zentrum der französischen Ortschaft Saint-Léger-Vauban (Yonne) im nördlichen Morvan unweit des Städtchens Avallon. In dem Fachwerkgebäude mit Innenhof und Renaissance-Brunnen kann man sich einen Überblick über Leben und Werk des Festungsbaumeisters verschaffen. Modelle zeigen einige der 300 Festungsbauten, die Vauban plante und ausführte, außerdem informieren Originaldokumente und persönliche Gegenstände über den Architekten.

Vaubans Schloss Bazoches (Dépt. Nièvre − 10 km südlich von Vézelay) befindet sich im Besitz eines Nachfahren und kann besichtigt werden. Unter anderem kann man dort zahlreiche zeitgenössisch eingerichtete Wohnräume, sein Arbeitszimmer, seine Rüstung und ein Modell von Neuf-Brisach sehen.

Modelle zahlreicher von Vauban befestigten Städte befinden sich im Musée des plans-reliefs im Hôtel des Invalides in Paris. Die Sammlung geht auf die Zeit Ludwigs XIV. zurück, wurde nach 1668 auf Veranlassung seines Kriegsministers Louvois angelegt und seit 1700 im Louvre präsentiert. 1987 wurden 16 Modelle von Städten an der französischen Nordgrenze ins Palais des Beaux-Arts nach Lille übertragen. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1871 waren 19 Modelle ins Zeughaus nach Berlin gebracht worden. Zu Beginn des 20 Jahrhunderts gab Kaiser Wilhelm II. fünf Modelle an Städte im Reichsland Elsass-Lothringen, darunter das eindrucksvolle Modell von Straßburg, das im dortigen historischen Museum ausgestellt ist. Die übrigen Berliner Modelle wurden 1945 zerstört, lediglich dasjenige von Lille blieb erhalten.

Für seine Verdienste als Festungsbaumeister und Feldherr wurden Vauban in Frankreich zahlreiche Denkmäler gesetzt. Das früheste öffentlich platzierte Monument ist eine 1785 von Charles-Antoine Bridan im Auftrag Ludwigs XVI. als Teil der Serie "grands hommes de la France" (große Männer Frankreichs)geschaffene Marmorskulptur im Schloss von Versailles. Frédéric Auguste Bartholdi entwarf das 1873 in Avallon enthüllte Denkmal, 1900 stellte man einen Abguss der berühmten Portraitbüste von Antoine Coysevaux bei der Kirche Saint-Hilaire in Bazoches auf und 1905 wurde eine Bronzestatue von Antoine Guillot in Saint-Léger-Vauban gegenüber dem Vauban-Museum errichtet. Eine Statue des Marschalls von Henri Bouchard steht seit 1959 beim Hôtel des Invalides in Paris.

Nach Vauban wurde eine nach 1945 von den französischen Besatzungstruppen übernommene ehemalige Wehrmachtskaserne (Schlageter-Kaserne) in Freiburg im Breisgau benannt, die – nach dem Abzug der Franzosen 1992 und dem teilweisen Abriss – den Namen an das ab etwa 2000 an ihrer Stelle entstandene, stark ökologisch ausgerichtete Stadtviertel Vauban weitergab.

Im Jahr 2007 finden unter dem Motto Vauban-Jahr 2007 in vielen Städten Frankreichs und Deutschlands Feierlichkeiten und Ausstellungen anlässlich des 300. Todestages Vaubans statt. 15 mit Vauban verbundene Plätze in Frankreich (Arras, Bazoches, Besançon, Blaye, Cussac-Fort-Médoc, Briançon, Camaret-sur-Mer, Le Palais, Longwy, Mont-Dauphin, Mont-Louis, Neuf-Brisach, Saint-Martin-de-Ré, Saint-Vaast-la-Hougue und Villefranche-de-Conflent, dazu die deutsche Stadt Breisach am Rhein haben bei der UNESCO den gemeinsamen Antrag auf Aufnahme ins Weltkulturerbe gestellt.

Literatur

Quellen

  • Projet d’une dixme royale (1707), Digitalisat in Gallica, dem Digitalisierungsprojekt der französischen Nationalbibliothek, online abrufbar im Format PDF.

Darstellungen

  • Robert Bornecque: La France de Vauban Paris 1984 ISBN 2-7003-0417-9
  • F.J. Hebbert, G.A. Rothrock: Soldier of France: Sébastien Le Prestre de Vauban 1633 - 1707. New York, Bern, Frankfurt am Main, Paris 1989. ISBN 0-8204-0890-5
  • Anne Blanchard: Vauban. Paris 1996, ISBN 2-213-59684-0.
  • Michèle Virol: Vauban: de la gloire du roi au service de l’État. Seyssel 2003, ISBN 2-87673-376-5.
  • Martin Barros, Nicole Salat, Thierry Sarmant: Vauban. L'intelligence du territoire. Paris 2006, ISBN 2-35039-028-4
  • Émile d'Orgeux, Victoria Sanger, Michèle Virol, Isabelle Warmoes: Vauban. La pierre et la plume. Paris 2007, ISBN 978-2-85822-937-6

Weblinks


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