Thaksin Shinawatra

Thaksin Shinawatra
Ex-Ministerpräsident Thaksin Shinawatra

Thaksin Shinawatra (Thai: ทักษิณ ชินวัตร, Aussprache: [tʰáksǐn ʨʰinnáwát], anhören?/i) (* 26. Juli 1949 in San Kamphaeng, Provinz Chiang Mai) war Chef der von ihm gegründeten Partei Thai Rak Thai und regierte Thailand als Premierminister von Februar 2001 bis September 2006.

Thaksin Shinawatra als Ministerpräsident bei einem Besuch in den USA, September 2005

Inhaltsverzeichnis

Karriere – Geschäftsmann und Politiker

Nach Abschluss der Schule machte Thaksin eine Polizeiausbildung an der Polizeikadetten-Akademie von Thailand in Nakhon Pathom. Dann wechselte er in die USA, wo er den Masters Degree in Strafrecht (Criminal Justice) an der Eastern Kentucky University, Richmond, und 1978 den Doktorgrad an der Sam Houston State University, Huntsville (Texas), erwarb. 1987 beendete er in Thailand den Polizeidienst im Range eines Oberstleutnant (Lieutenant Colonel).

1987 gründete er die Shinawatra Computer and Communications Group Shin Corporation (früher Advanced Info Service), die bei der Einführung des Mobilfunks und der Satellitenübertragung in Thailand erfolgreich tätig war, nicht zuletzt auch auf Grund von ausgehandelten, Wettbewerb verzerrenden Sonderkonditionen, die er von der staatlichen Telefongesellschaft TOT bekam und die seiner Firma eine quasi Monopolstellung beim Mobilfunk verschafften. 1992 wurde Thaksin vom ASEAN-Institut in Jakarta (Indonesien) zum „Businessman of the Year“ gewählt.

Seine politische Karriere begann im November 1994, als er für drei Monate Außenminister wurde und ab Mitte 1995 die Palang Dharma-Partei als Parteichef anführte. Von 1995 bis 1997 war er mit Unterbrechungen Stellvertretender Ministerpräsident.

Am 14. Juli 1998 gründete er die Partei Thai Rak Thai (TRT – „Thais lieben Thais“) und ließ sich zum Parteivorsitzenden wählen. Ab 1998 war Thaksin Mitglied des Parlaments. Am 9. Februar 2001 wurde er 23. Premierminister Thailands. Im Februar 2005 wurde er nach einem erneuten Wahlsieg in seine zweite Amtsperiode eingeführt. Der Parteiname kennzeichnet den nationalistischen Kurs seiner Politik. Trotz des starken Drucks der Weltbank seit der Währungskrise 1997 auf thailändische Regierungskreise bleibt die wirtschaftliche Diskriminierung von Ausländern erhalten. So gelten für sie weiterhin die Verbote, Grundeigentum zu erwerben oder sich an thailändischen Firmen mehrheitlich zu beteiligen. Die „Nationalisierung“ von Unternehmen wurde im Gegenteil verstärkt. Beim Mittelstand und dem wohlhabenden Bürgertum machte ihn das unbeliebt, die ärmere Bevölkerung (und damit die Mehrheit) unterstützte seine populistische Politik und ermöglichte so seine Wiederwahl, bei der es in den ländlichen Gebieten zu Stimmenkäufen gekommen sein soll. Stimmenkäufe sind und waren in Thailand jedoch von fast allen Parteien nicht unüblich.

Seine Amtsführung orientierte sich nach offiziellen Angaben an den Erfahrungen, die er als Geschäftsmann gesammelt hatte. Er trat als rigoroser Verfechter von Recht und Ordnung auf. Trotzdem nutzte er seinen politischen Einfluss, um das ohnehin schon beträchtliche Vermögen seiner Familie während seiner Amtszeit zu vervierfachen. Er gilt als einer der reichsten Männer Asiens und als der reichste Thailands. Sein Regierungsstil wurde zunehmend autoritärer. Gegen die separatistischen muslimischen Südprovinzen schlug er einen harten Kurs ein, dem viele Menschen zum Opfer fielen. Dieses Vorgehen brachte ihm eine ungewöhnlich deutliche Rüge des Königs Bhumibol Adulyadej ein. Er ging auch hart gegen den Drogenhandel vor und hatte dabei die Sympathien großer Bevölkerungsteile auf seiner Seite. Aber allein im Jahr 2003 wurden fast 2.500 Menschen im Rahmen des Drogenkriegs (teilweise wahllos) und ohne Gerichtsverfahren erschossen, wobei die Trennlinie zwischen Polizei und Drogenhändlern oft nicht klar zu ziehen war. Amnesty International erhob den Vorwurf, in vielen Fällen habe es sich um außergerichtliche Exekutionen gehandelt.

Thaksin, der die Bekämpfung der Korruption schon 2001 zu einem seiner Hauptziele erklärte, war selbst zunehmend, zusammen mit seiner Familie, seiner Partei und seinem Kabinett, massiven Korruptionsvorwürfen ausgesetzt. Der Druck erhöhte sich, als Unregelmäßigkeiten bei Aufträgen für Gepäckscanner für den neuen Flughafen Bangkok-Suvarnabhumi bekannt wurden, so dass er 2005 seine zehnte Kabinettsumbildung vollziehen musste.

Thaksin verfügte über eine umfassende Medienmacht, da er mit seinen Firmen den größten Teil der Presse und Fernsehkanäle beherrschte. Während der Wahlen im Jahr 2000 kaufte er den bis dahin regierungskritischen und einzigen nicht von Armee oder Regierung abhängenden Fernsehsender ITV auf. Eine seit Juli 2003 wöchentliche politische Talkshow wurde verboten. Kritische Veröffentlichungen, wie zum Beispiel die der Bangkok Post, versuchte er mehrfach mit Klagen wegen Verleumdung bzw. mit dem Vorwurf der Majestätsbeleidigung zu verhindern. Im September 2005 ließ die thailändische Regierung mehrere kleinere Radiostationen in Bangkok schließen, weil diese angeblich den Flugverkehr störten (siehe Weblinks). Die Opposition verfügte bei den Wahlen 2005 über keine wesentliche Medienpräsenz mehr.

Thaksin schuf ein System der Abhängigkeiten. Als ehemaliger Polizeioffizier unterstützte ihn der Polizeiapparat; die Minister wurden nach seinen Wünschen ernannt, ebenso waren viele Richter ihm und seinen Freunden gewogen. So konnte er geschickt Gesetze zu seinen Gunsten ändern, um einerseits Anklagen gegen ihn wegen Verstrickungen privater Geschäfte mit politischer Macht zu entgehen und andererseits laufende Verfahren zu blockieren.

Der Fall – Krise und Neuwahlen

Seit Mai 2006 wurde Thaksin mit einem Plan in Verbindung gebracht, der Thailand unter eine Ein-Parteien-Regierung stellen sollte, dem so genannten Finnland-Komplott. Hintergrund waren Differenzen zwischen Thaksin und seinem ehemaligen Gefolgsmann Sondhi Limthongkul, der in seinen Medien den angeblichen Plan verbreiten ließ und dafür von Thaksin verklagt wurde.

Der wirkliche Abstieg des Premierministers begann Anfang 2006 mit dem Verkauf seines Kommunikationskonzerns Shin Corporation an die teilstaatliche Singapurer Investitionsgesellschaft Temasek Holdings Ltd. Thaksins Familie hatte 49,6 Prozent der Aktien für 1,88 Milliarden US-Dollar nach Singapur verkauft und musste, dank entsprechender – von ihm gelenkter – Gesetzesänderungen, keine Steuern dafür entrichten. Obwohl er bei Amtsantritt seine Firma offiziell an Familienangehörige abgetreten hatte, zog er als Geschäftsmann und Politiker weiterhin die Fäden zu Gunsten des Konzerns. Seine Firma hatte beim Aufbau des Nachrichtensystems von staatlichen Vergünstigungen profitiert. Da das Geschäft in thailändischer Währung abgeschlossen wurde, musste Singapur große Mengen des thailändischen Baht kaufen, so dass sein Kurs in die Höhe getrieben wurde. Seither stiegen auch die inländischen Zinsen.

Da außerdem die Temasek mehrheitlich dem Staat Singapur gehört und eine Beteiligung ausländischer Investoren in strategischen Wirtschaftssektoren Thailands gesetzlich eingeschränkt ist, kam es zu heftigen Protesten. Seit Februar 2006 organisierte die parlamentarische und außerparlamentarische Opposition Protestveranstaltungen in Bangkok, die sich bald auch auf andere große Städte ausweiteten. Dabei tauchten sogar Plakate auf, die den Premier als neuen Hitler darstellten. Derart unter Druck geraten, verkündete Thaksin vorgezogene Neuwahlen zum 2. April 2006. Die Oppositionsparteien boykottierten diese Wahl, und Protestwähler gingen zur Wahl, um „no vote“ zu wählen, das heißt ihre Stimme bewusst keiner Partei zu geben. Die Wahlbeteiligung lag bei 60 %, wobei Thaksins Thai Rak Thai über 50 % der abgegebenen Stimmen erhielt. Die „no vote“-Stimmen machten über 30 % aus und auffallend viele Stimmzettel waren ungültig, was eigentlich strafbar ist. In einigen Bezirken der Hauptstadt und in weiten Teilen des Südens überwogen die „no vote“ und die ungültigen Stimmen über diejenigen von Thaksins TRT. In Bangkok gab es insgesamt mehr als 1,32 Millionen Stimmenthaltungen während knapp 1,17 Millionen für TRT stimmten. Bei der Wahl von 2005 konnte TRT 32 von 37 Wahlbezirken gewinnen, 2006 bekamen in jetzt 36 Wahlbezirken nur 9 TRT-Kandidaten mehr Stimmen als Enthaltungen abgegeben wurden. Das Parlament konnte nicht zusammentreten, um den Premierminister zu wählen, da einige Sitze nicht besetzt werden konnten und es somit nicht vollständig war. Dabei spielte auch eine nicht unwesentliche Rolle, dass ein TRT-Abgeordneter seinem Gewissen folgend seine Gefolgschaft verweigerte und vorübergehend Mönch wurde, womit der Partei eine entscheidende Stimme fehlte.

Nach und nach stellte sich auch heraus, wie sehr die sogenannte „unabhängige Wahlkommission“ von der Partei Thaksins beeinflusst und abhängig war, ja sogar bestochen wurde. Nach einer Audienz beim König deutete Thaksin am 4. April seinen Verzicht auf das Amt an. Er sollte aber bis zur Konstituierung des neuen Parlaments weiterhin Interimspremier bleiben, ohne existierendes Parlament. Im April 2006 mussten (hauptsächlich im Süden des Landes) Nachwahlen durchgeführt werden, die jedoch nichts an der verfahrenen Situation änderten. Die Opposition erklärte, ihre Protestveranstaltungen so lange weiter zu führen, bis Thaksin ganz aus dem Amt gegangen sei. Nach einer sehr eindringlichen Rede des Königs an die Politiker, mit einem deutlichen Appell auch an die obersten Richter, sich ihrer Unabhängigkeit bewusst zu werden, wurde die Wahl 2006 (einschließlich der Nachwahlen) am 8. Mai 2006 wegen verschiedener Verfahrensfehler vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig und damit für nichtig erklärt. Neuwahlen wurden auf den 15. Oktober 2006 festgelegt.

Der Putsch von 2006 und die Folgen

Am 19. September 2006 besetzten Einheiten von Polizei und Militär die Hauptstadt. Thaksin Shinawatra, der sich zu diesem Zeitpunkt auf der UNO-Vollversammlung in New York City aufhielt, wurde suspendiert. Panzer rückten in das Stadtzentrum vor, mehrere Fernsehsender wurden übernommen und eine provisorische Regierung ausgerufen. Der militärische Oberbefehlshaber des von vielen erhofften, unblutigen und auf keinen Widerstand stoßenden Putsches war Sonthi Boonyaratkalin. Thaksin rief daraufhin aus dem Exil den Notstand aus, womit er allerdings keinen Einfluss auf das Geschehen mehr nehmen konnte. Die Junta unter General Sonthi setzte nach einer angekündigten Frist von zwei Wochen eine provisorische Regierung ein, deren Ministerpräsident der Ex-General Surayud Chulanont war. Es wurde eine Kommission eingesetzt, um eine neue Verfassung auszuarbeiten, die in einem Volksreferendum zur Abstimmung gestellt werden sollte. Am 19. August 2007 stimmten die Thais dem Verfassungsentwurf bei einer Beteiligung von unter 60 % mit 57 % zu 40 % zu. Am 23. Dezember 2007 wurden freie Wahlen durchgeführt, aus denen die PPP, eine Nachfolgepartei von Thaksins Thai Rak Thai, unter Samak als Siegerin hervorging. Die Demokraten mit ihrem Spitzenkandidaten Abhisit wurden zweitstärkste Kraft.

Am 2. Oktober 2006 erklärte Thaksin aus seinem Londoner Exil seinen Rücktritt von der Führung der Partei Thai Rak Thai. Seitdem hielt er sich mehrfach in der Volksrepublik China, in Hongkong und in Singapur auf und versuchte anscheinend von dort aus, ein politisches Comeback zu organisieren. Die TRT spielte keine wesentliche Rolle mehr, da ihre Mitglieder die Partei in Scharen verließen. Da mehrere Strafverfahren gegen ihn eingeleitet wurden, kann Thaksin derzeit nicht nach Thailand zurückkehren, da er mit seiner sofortigen Verhaftung rechnen muss. Ende Mai 2007 verkündete das Verfassungsgericht ein Urteil, das den Wahlbetrug Thaksins und seiner Partei-Clique feststellt sowie die TRT für aufgelöst erklärt, während die oppositionelle Demokratische Partei vom Vorwurf des Wahlbetrugs freigesprochen wurde. Außerdem wird Thaksin und weiteren 110 Parteimitgliedern die politische Betätigung für fünf Jahre untersagt.

Im Mai 2007 gab Thaksin ein Kaufangebot für den englischen Traditionsfußballclub Manchester City ab. Am 21. Juni 2007 empfahl der Vorstand des Vereins seinen Aktionären, die Offerte über 81,6 Millionen Pfund anzunehmen, obwohl die Staatsanwaltschaft in Thailand am selben Tag formell eine Klage wegen Korruption in drei Fällen gegen ihn einreichte. Die Ermittler konzentrieren sich auf ein fünf Hektar großes Grundstück in Bangkok, das Thaksins Ehefrau einer staatlichen Institution zu einem Preis abkaufte, der damals einem Drittel des üblichen Marktpreises entsprach. Die thailändische Militärregierung sperrte im Juni 2007 seine Konten in Thailand, so dass schon die Frage gestellt wurde, ob Thaksin die Kaufsumme für den Fußballclub wird aufbringen können. Im Juli 2007 wurde die Anklageschrift vorgelegt, die auf den Ergebnissen eines Untersuchungsausschusses basieren.

Nachdem Thaksin angekündigt hatte, zur ersten Anhörung nicht erscheinen zu wollen, erließ der Oberste Gerichtshof in Thailand am 14. August 2007 Haftbefehle gegen den gestürzten Ministerpräsidenten und seine Ehefrau. Der zuständige Richter erklärte, es gebe Hinweise, dass das Paar versuche, sich der Strafverfolgung zu entziehen. Dem Paar drohen bis zu 13 Jahre Haft und eine Geldstrafe.

Am 11. August 2008 kehrte Thaksin nicht wie versprochen von den Olympischen Spielen zurück nach Bangkok, sondern flog nach Großbritannien. In der Folge ließ er verlautbaren dort Asyl beantragen zu wollen, da ihm in Thailand keine Gerechtigkeit widerfahren würde und außerdem sein Leben in Gefahr sei. Die Justizbehörden Thailands beantragten Haftbefehl.

Am 21. Oktober 2008 wurde Thaksin in Abwesenheit vom Obersten Gericht Thailands zu einer zweijährigen Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs verurteilt. Die thailändische Staatsanwaltschaft forderte Großbritannien auf, Thaksin an die Behörden auszuliefern. Thaksin selbst hatte zuvor erklärt, kein politisches Asyl in Großbritannien zu beantragen.[1] Er wurde zwar nicht ausgeliefert, aber eine erneute Einreise nach Großbritannien wurde ihm verweigert. Einige Monate war er legal in Bonn gemeldet, doch als die deutsche Bundesregierung davon erfuhr, wurde ihm die Aufenthaltserlaubnis wieder entzogen. Mittlerweile besitzt er einen Diplomatenpass von Nicaragua, sowie einen Pass von Montenegro, wo der ehemalige Premier die Adria-Insel Sveti Nikola erwerben möchte, um auf ihr ein Hotel zu errichten.[2]

Am 5. November 2009 wurde Thaksin von der kambodschanischen Regierung zu deren Wirtschaftsberater und zum persönlichen Berater des kambodschanischen Premierministers ernannt. Thailand rief daraufhin seinen Botschafter aus Phnom Penh zurück.[3]

Am 26. Februar 2010 entschied das Oberste Gerichts Thailands, dass ca. 46 Milliarden Baht (umgerechnet mehr als eine Milliarde Euro) aus Shinawatras eingefrorenem Vermögen vom thailändischen Staat konfisziert werden dürfen. [4]

Thaksin Shinawatras Schwester, Yingluck Shinawatra, trat bei der Parlamentswahl in Thailand 2011 als Spitzenkandidaten der Pheu-Thai-Partei (PTP) an. Sie bezog sich explizit auf ihn.[5]

Einzelnachweise

  1. BBC News: Thai ex-PM guilty of corruption vom 21. Oktober 2008
  2. Der Standard: Ein Freund für alle Fälle vom 2. August 2009
  3. „Breaking News“ der Bangkok Post vom 4. November 2009 (englisch)
  4. Tagesschau: Thaksins Milliardenvermögen wird konfisziert (nicht mehr online verfügbar) vom 26. Februar 2010
  5. Jochen Buchsteiner: Thaksins Coup. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 15. Juni 2011, abgerufen am 16. Juni 2011 (deutsch).

Weblinks

 Commons: Thaksin Shinawatra – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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