- Vierländereck
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Als Vierländereck wird der geografische Grenzpunkt bezeichnet, an dem sich die Grenzen von vier benachbarten Staaten oder Ländern treffen. Es gibt derzeit weltweit kein echtes Vierländereck, an dem sich die Grenzen von vier unabhängigen Staaten treffen. Jedoch existieren einige Quasi-Vierländerecke, die sich aus zwei nahe beieinander liegenden Dreiländerecken zusammensetzen.
Vierländerecke sind in der Regel durch künstliche Grenzziehung entlang von Längen- und Breitenkreisen entstanden.
Inhaltsverzeichnis
Quasi-Vierländereck
Es gibt einige Fälle, in denen zwei Dreiländerecke sehr nahe beieinander liegen, sodass sie auf einer kleinmaßstäbigen Karte wie Vierländerecke aussehen. Die beiden nächstgelegenen Dreiländerecke zwischen unabhängigen Staaten finden sich in Afrika:
- Botsuana–Namibia–Sambia und Sambia–Simbabwe–Botsuana mit etwa 100 Meter Entfernung (nach Google Maps Stand 2010), scheinbar entsteht somit ein Vierländereck Namibia–Sambia–Simbabwe–Botsuana. Allerdings ist die Grenzziehung umstritten – in einer Variante ist es ein echtes Vierländereck.
- Das Dreiländereck Belgien–Deutschland–Niederlande auf dem Vaalserberg bei Aachen wird für die Zeit von 1815 bis 1919 bei Einbeziehung des damaligen neutralen Gebietes Neutral-Moresnet gelegentlich als Vierländereck bezeichnet. Neutral-Moresnet entstand nach dem Wiener Kongress 1815, weil sich die Niederlande und Preußen nicht über die Staatszugehörigkeit der Galmei-Gruben südlich von Aachen einigen konnten. Damals existierte aber Belgien als Staat noch nicht; es war noch Landesteil des Vereinigten Königreichs der Niederlande. Damit gab es 1815 in der Nähe von Aachen und Vaals einen Dreigrenzenpunkt (nicht Dreiländereck) zwischen Preußen, den Niederlanden und Neutral-Moresnet. Belgien entstand erst 1830, doch auch dann wurde es kein Viergrenzenpunkt, weil Vaals (heute in den Niederlanden) damals zu Belgien gehörte. Erst 1839, als Vaals zurück an die Niederlande kam, entstand ein Viergrenzenpunkt. Dieser Zustand dauerte von 1839 bis 1919. Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 waren das Königreich Belgien, das Kaiserreich Deutschland, das Königreich der Niederlande und Neutral-Moresnet beteiligt. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde Neutral-Moresnet durch den Versailler Vertrag ohne Abstimmung dem belgischen Staat zugesprochen. Der Grenzpunkt auf dem Vaalserberg, auf Niederländisch als Drielandenpunt bezeichnet, war aber nie ein echtes Vierländereck, da Neutral-Moresnet nach internationaler Rechtsauslegung kein selbständiger Staat war. Das Gebiet wurde immer gemeinsam von Belgien und Deutschland – beziehungsweise ihren Rechtsvorgängern – verwaltet; es hatte niemals eine Regierung, ein Parlament, geschweige denn ein Staatsoberhaupt. Am Grenzstein des Dreiländerecks auf dem Vaalserberg wird durch Unterschiede in der Pflasterung das keilförmige „Zusammenlaufen“ der drei Staatsgrenzen veranschaulicht. Ein dezent unterschiedlich gepflasterter Keil auf der belgischen Seite weist noch heute auf das ehemalige Neutral-Moresnet hin.
- Ehemaliges Vierländereck zwischen Saudi-Arabien, Kuwait, Neutraler Zone und dem Irak.
- Die Dreiländerecke Russland–Kasachstan–China und Russland–China–Mongolei liegen nur rund 50 Kilometer voneinander entfernt im Altai-Gebirge.[1]
- Innerhalb Deutschlands liegen die Dreiländerecke Mecklenburg-Vorpommern–Niedersachsen–Brandenburg und Niedersachsen–Brandenburg–Sachsen-Anhalt nur wenige Kilometer auseinander, so dass man auf kleinmaßstäbigen Karten ein Vierländereck Mecklenburg-Vorpommern–Niedersachsen–Brandenburg–Sachsen-Anhalt vermuten könnte.
Echte Vierländerecke
Echte Vierländerecke existieren derzeit nur zwischen verschiedenen Territorien ohne völkerrechtliche Souveränität, d. h. zwischen Verwaltungseinheiten innerhalb eines Staates. Hier einige Beispiele
- Arizona–Colorado–New Mexico–Utah, Südwesten der USA – siehe Four Corners
- Nunavut–Nordwest-Territorien–Manitoba–Saskatchewan, im Norden von Kanada – Four Corners (Kanada)
Exklaven mit Punktkontakt
Exklaven mit Punktkontakt grenzen in einem Vierländereck an das Kernland, an dem jedoch nur zwei oder drei Gebietskörperschaften beteiligt sind.
- Gemeinden Liesberg (BL) – Kleinlützel (SO) – Roggenburg (BL) – Soyhières (JU)
- Kanton Bern–Kanton Solothurn–Kanton Bern–Kanton Jura bei Scheltenpass im Jura
- Gemeinden Seehof BE (BE) – Aedermannsdorf (SO) – Schelten (BE) – Vermes (JU)
Beide „Vierkantonsecke“ sind mit der Abspaltung des Kantons Jura und des Laufentals vom Kanton Bern entstanden; die deutschsprachigen Gemeinden Schelten und Roggenburg traten nicht zum französischsprachigen Kanton Jura über; Schelten verblieb bei Bern, Roggenburg wechselte mit dem Übertritt des Laufentals zum Kanton Basel-Landschaft.
- Die österreichische Gemeinde Jungholz ist vollständig von Deutschland umgeben, bis auf den Gipfel des Sorgschrofen, auf dem sie in einem Punkt die österreichische Gemeinde Schattwald berührt. Auf Gemeindeebene berühren sich auf dem Sorgschrofengipfel vier Körperschaften (in Deutschland Bad Hindelang und Pfronten). Auf Staatsebene treffen zwei Körperschaften, jeweils von zwei verschiedenen Seiten, aneinander.
Fünf- (und Mehr-)Länder-Eck
Ein noch seltenerer Sonderfall ist ein Fünfländereck. Es kommt nur auf kommunaler Ebene vor.
Ein Beispiel sind die fünf Gemeinden Wurmlingen, Nendingen (eingemeindet zur Stadt Tuttlingen), Mühlheim an der Donau, Dürbheim und Rietheim im Landkreis Tuttlingen, die an der im Mittelalter wichtigen Quelle des Ursentalbaches zusammentreffen.
In der Pfalz treffen die fünf Ortsgemeinden Schweisweiler und Höringen (Verbandsgemeinde Winnweiler) sowie Gehrweiler, Gundersweiler und Imsweiler (Verbandsgemeinde Rockenhausen) in einem Punkt zusammen.
In einem Punkt im westlichen Okeechobeesee im US-Bundesstaat Florida treffen sich die Grenzen von fünf Countys: Okeechobee County, Martin County (Florida), Palm Beach County, Hendry County und Glades County.
Bezüglich der fünf Parishes der Insel Nevis ist der Nevis Peak ein Fünfländereck auf kommunaler Ebene. Auf der Insel Niue mit insgesamt 14 Gemeinden stoßen in einem Punkt vier und in einem Punkt fünf Gemeinden aneinander.
Als besondere Kuriosität zählt der Siebenzwingstein, ein Grenzpunkt im Kanton Aargau in der Schweiz. Hier trafen früher sieben Gemeinden, Bezirke beziehungsweise Zwinge zusammen.
Ein weiteres Beispiel für ein Zusammentreffen von sieben teils historischen Gemarkungen stellt der „Siebenbannstein“ im Landkreis Lörrach dar.[2]
Weblinks
Commons: International tripoint – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
- ↑ Vierländereck mit Sonderstatus: Altai
- ↑ Marktgeflüster: Siebenbannstein Artikel der Badischen Zeitung vom 8. September 2009
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