- Viermächtekontrolle
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Der Alliierte Kontrollrat wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs von den Besatzungsmächten als höchste Regierungsgewalt in Deutschland eingesetzt. Die Alliierte Kommandantur, das entsprechende Gremium für die Viersektorenstadt Berlin, war dem Alliierten Kontrollrat unterstellt.
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte
Die Hauptalliierten hatten sich, beginnend mit der Konferenz von Teheran, mehrfach auf unterschiedlicher Ebene getroffen, um eine Einigung über das Vorgehen für die Zeit nach dem Sieg über das nationalsozialistische Deutsche Reich zu erzielen. So hatte die Konferenz von Casablanca die Forderung nach einer bedingungslosen Kapitulation erhoben und die Konferenz von Jalta eine Einteilung in Besatzungszonen sowie eine koordinierte Verwaltung und Kontrolle durch eine Zentrale Kontrollkommission beschlossen. Nach dem militärischen Zusammenbruch und dem Inkrafttreten der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 wurde am 23. Mai im Sonderbereich Mürwik die Geschäftsführende Reichsregierung unter Karl Dönitz und Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk verhaftet.
Für Deutschland übernahmen die Siegermächte am 5. Juni mit der Berliner Erklärung offiziell die oberste Regierungsgewalt in Deutschland in seinen Grenzen vom 31. Dezember 1937 und stellten Kontrollverfahren sowie die vier Besatzungszonen beziehungsweise für Berlin die vier Sektoren fest. Die Festlegung der endgültigen Grenzen Deutschlands jedoch sollte ebenso wie die Fixierung seiner Rechtsstellung Sache einer späteren Friedensregelung sein. (Zu dieser kam es nie, da sie durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag obsolet wurde.)
Für Österreich, wo die Vorstände der (wieder)entstandenen Parteien SPÖ, ÖVP und KPÖ am 27. April in einer gemeinsamen Proklamation über die Selbständigkeit Österreichs in Berufung auf die Moskauer Deklaration den Anschluss für nichtig und Österreich für unabhängig erklärt sowie eine provisorische Staatsregierung gebildet hatten, wurde am 4. Juli ein entsprechendes Abkommen über die Alliierte Kontrolle unterzeichnet.
Deutschland
Konstituierung
Gemäß dem festgestellten Kontrollverfahren, das sich an dem bereits am 14. November 1944 unterzeichneten Abkommen über Kontrolleinrichtungen in Deutschland orientierte und im Sommer 1945 auf der Potsdamer Konferenz bestätigt wurde, sollte die oberste Regierungsgewalt sowohl innerhalb der Besatzungszonen als auch Deutschlands als Ganzes durch die Oberbefehlshaber der Vier Mächte ausgeübt werden. Entsprechend waren diese die Repräsentanten der vier Siegermächte im Alliierten Kontrollrat: Marschall Schukow für die Sowjetunion, General Eisenhower für die USA, Feldmarschall Montgomery für Großbritannien und General de Lattre de Tassigny für Frankreich.
Der Alliierte Kontrollrat hatte seinen Sitz im Gebäude des preußischen Kammergerichts am Kleistpark in Berlin-Schöneberg, das zeitweise vom Volksgerichtshof genutzt worden war. Er musste im Konsens, also einstimmig, entscheiden und sollte eine gemeinsame Politik in Bezug auf ganz Deutschland, die wirtschaftliche Einheit und die Zukunft Deutschlands sicherstellen, während jede der Mächte für die Verwaltung ihrer jeweiligen Besatzungszone vollkommen eigenverantwortlich handelte.
Am 30. Juli 1945 – am Rande der Potsdamer Konferenz – trat der Alliierte Kontrollrat zu einer konstituierenden Sitzung zusammen.[1] Die Geschäftsordnung sah vor, dass alle zehn Tage (also dreimal im Monat) eine Plenarsitzung stattfinden und in der Zwischenzeit ein Koordinierungsausschuss die Sitzungen vorbereiten sollte.
Koordinierungsausschuss und Direktorien
Der Koordinierungsausschuss setze sich zunächst aus Lucius D. Clay für die USA, Wassili Sokolowski für die UdSSR, Brian H. Robertson für Großbritannien und Louis M. Koeltz für Frankreich zusammen. Dazu schuf sich das Vierer-Organ einen Mitarbeiterstab aus zwölf Direktorien unterhalb des Koordinierungsausschusses, die für Fachbereiche wie Wirtschaft, Arbeit, Verkehr, Recht, Kultur, Volksbildung zuständig wurden. Die Leitungsgremien wurden von jeweils vier Direktoren geführt, die einander im Turnus abwechselten. Ein Wechsel des Vorsitzes auf allen Ebenen des Kontrollrates war monatlich vorgesehen und wurde auch durchgehend eingehalten.
Proklamationen und Gesetze
In der Kontrollratsdirektive Nr. 10 vom 22. September 1945[2] beschreibt der Kontrollrat die Bedeutung der unterschiedlichen Begriffe seiner Gesetzgebung für das besetzte Deutschland folgendermaßen:
1. verwendet werden „folgende Formen:
- a) Durch Proklamationen, die Angelegenheiten von besonderer Wichtigkeit für die Besatzungsmächte oder das deutsche Volk verkünden.
- b) Durch Gesetze, die zur allgemeingültigen Anwendung erlassen werden, soweit sie nicht anderes ausdrücklich bestimmen.
- c) Durch Befehle, falls der Kontrollrat Forderungen an Deutschland zu stellen hat, und diese nicht in Form eines Gesetzes erfolgen.
- d) Durch Direktiven für die Bekanntmachung der allgemeinen Absichten oder Entscheidungen des Kontrollrates in verwaltungstechnischen Angelegenheiten
- e) Durch Instruktionen, falls der Kontrollrat unmittelbare Forderungen an eine besondere Behörde zu stellen hat.“
Des Weiteren gab es Ausführungsbestimmungen unter dem Begriff „…-Verordnungen“.
Im Abschnitt 2. heißt es dort zur Ausfertigung der Urkunden:
- a) „Proklamationen und Gesetze werden von den Mitgliedern des Kontrollrates unterzeichnet.
- b) Befehle werden von den Mitgliedern des Kontrollrates oder des Koordinationsauschusses unterzeichnet.
- c) Direktiven und Instruktionen werden von den Mitgliedern des Koordinationsausschusses unterzeichnet.
- d) In Abwesenheit eines Mitglieds des Kontrollrates oder des Koordinationsausschusses kann sein Stellvertreter für ihn unterzeichnen.“
Die Tätigkeit in Deutschland
Der Alliierte Kontrollrat beschloss in über 80 Sitzungen bis 1948 Proklamationen, Gesetze, Verordnungen und Direktiven für das besetzte Land. Nachdem die Potsdamer Konferenz die Aufgaben des Kontrollrats formalisiert und die Grenzen abgesteckt hatte, trat er am 30. August 1945 erneut zusammen. Die ersten beiden Kontrollratsgesetze betrafen die Aufhebung von NS-Recht und die Auflösung und Liquidierung der NS-Organisationen. Neben vorläufigen Grenzziehungen (zum Beispiel Oder-Neiße-Linie) und einer versuchten Legitimierung von Vertreibungen und Umsiedlungen war insbesondere die wirtschaftliche Entmilitarisierung relevant für die Arbeit des Kontrollrats. Die wirtschaftliche Demilitarisierung, gekoppelt mit Reparationen (in Form des Abbaus und Abtransportes von Industrieanlagen) wurde jedoch von jeder Besatzungsmacht autonom durchgeführt (insbesondere von der Sowjetunion und Frankreich), ohne dass hierzu eine einheitliche Politik des Kontrollrats bestand.
Der wachsende Ost-West-Konflikt zwischen der UdSSR und den Westmächten, etwa im Nahen Osten und in Asien, sowie die Politik der UdSSR, Satellitenstaaten aufzubauen (den so genannten Ostblock), führte zu Misstrauen der Westmächte auch in Bezug auf die sowjetische Politik in Deutschland.
Forderungen der USA im Kontrollrat, die wirtschaftliche Einheit Deutschlands zu bewahren, wurden im Juli 1946 von der UdSSR als Versuch der Einflussnahme zurückgewiesen. Dies stellte de facto das Scheitern des Kontrollrates dar.
Daraufhin begannen die USA und Großbritannien, die wirtschaftliche Einheit zwischen ihren Zonen durch die Einrichtung der Bizone am 1. Januar 1947 zu forcieren (Frankreich schloss seine Zone erst am 8. April 1949, also kurz vor Gründung der Bundesrepublik Deutschland, an).
Mit dem Kontrollratsgesetz Nr. 46 vom 25. Februar 1947 wurde der Staat Preußen aufgelöst.
Am 20. März 1948 schließlich „vertagte“ die Sowjetunion aus Protest gegen die Londoner Sechsmächtekonferenz den Alliierten Kontrollrat, der seitdem nicht mehr zusammentrat und gescheitert war.[3] Im Rahmen der sich überstürzenden Ereignisse wurde der Kontrollrat noch ein letztes Mal im Jahr 1990 von Frankreich einberufen. Über den Inhalt der Beratungen ist nichts bekannt.
Mit der Währungsreform in den drei Westzonen in der Nacht vom 20. zum 21. Juni 1948 und der darauf folgenden Währungsreform in der Ostzone sowie der Berlin-Blockade wurde die Spaltung Deutschlands evident.
Als einzige tatsächliche gesamt-alliierte Aufgaben blieben die Flugüberwachung durch die Alliierte Luftsicherheitszentrale (Air Safety Control, seit 1945 bis 1990, auch am Kleistpark) und die Bewachung des unter Vier-Mächte-Verwaltung gestellten Kriegsverbrechergefängnisses Berlin-Spandau, in dem bis 1987 mit Rudolf Heß der letzte der im Nürnberger Hauptkriegsverbrecher-Prozess verurteilten NS-Kriegsverbrecher in Haft saß.
Nachfolge, Auflösung
Während der folgenden Deutschen Teilung blieb die Souveränität der beiden deutschen Staaten eingeschränkt. Für die Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin war die Alliierte Hohe Kommission, abgekürzt AHK, mit drei Hohen Kommissaren (auch „Hochkommissaren“) von 1949 bis 1955 oberstes Kontrollorgan der drei Westmächte. Diese wurde mit Auflösung des Besatzungsstatuts durch Inkrafttreten der Pariser Verträge 1955 aufgelöst, die Souveränität war durch alliiertes Vorbehaltsrecht weiterhin eingeschränkt.
Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) bis 1949 und die Sowjetische Kontrollkommission (SKK) waren die Überwachungs- und Leitungsinstitution der sowjetischen Besatzungsmacht zur Führung der SBZ beziehungsweise später der Deutschen Demokratischen Republik bis zum 28. Mai 1953. Nach dem Tod Josef Stalins wurde die SKK in die „Hohe Kommission der UdSSR in Deutschland” umgewandelt. Der damalige politische Berater General Tschuikows, Wladimir S. Semjonow (später stellvertretender Außenminister der Sowjetunion), wurde zum Hohen Kommissar ernannt.
Der Kontrollrat an sich wurde formal erst mit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten aufgelöst, als 1990/91 durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag die vollständige Souveränität Deutschlands hergestellt wurde.
Siehe auch: Chronik der deutschen Teilung, Dollarklausel
Alliierte Kommission für Österreich
In einem Ersten Kontrollabkommen vom 4. Juli 1945 wurde von den vier Alliierten eine Alliierte Kommission für Österreich eingerichtet. Sie bestand aus dem Alliierten Rat, dem Exekutiv-Komitee und jeweils einem Stab der Besatzungsmächte für verschiedene Sachgebiete. Auch diese Kommission tagte alle zehn Tage mit wechselndem Vorsitz. Im Zweiten Kontrollabkommen, abgeschlossen am 28. Juni 1946, wurden der provisorischen österreichischen Regierung weitergehende Gesetzgebungsbefugnisse ohne ein Vetorecht der Besatzungsmächte zugestanden. Nur für Verfassungsgesetze behielten die Alliierten weiter ein Vetorecht. Das Zweite Kontrollabkommen hatte bis zum österreichischen Staatsvertrag Gültigkeit. Die Alliierte Kommission für Österreich hatte ihre letzte Sitzung am 27. Juni 1955.
Siehe auch: Alliierte Kommission für Österreich, Besetztes Nachkriegsösterreich
Weblinks
- Deutsches Historisches Museum: Proklamation Nr. 1 von General Eisenhower an das deutsche Volk, März 1945
- Das Alliierten Museum e. V., Berlin-Zehlendorf
- Proklamation Nr. 1 des Alliierten Kontrollrates: Aufstellung des Kontrollrats vom 30. August 1945
- Texte der Kontrollratsgesetze und weiteren Proklamationen des Kontrollrates
- Sowjetische Erklärung betreffend die Vertagung der Kontrollratssitzungen vom 20. März 1948
- Digitalisierte Kontrollratsgesetzgebung
- Errichtung der Besatzungsherrschaft der Bundeszentrale für politische Bildung
- Digitalisierte Kontrollratsgesetzgebung
- West Alliierte in Berlin e. V.
Zitate, Quellenangaben
- ↑ Alliierter Kontrollrat bei www.dhm.de/lemo (Aufruf vom 10. März 2008)
- ↑ Direktive Nr. 10 bzgl. der Methoden der gesetzgebenden Tätigkeit des Kontrollrats
- ↑ Vergl. Gerhard Keiderling: Das Ende des Alliierten Kontrollrates. Stenographisches Protokoll der 82. Kontrollratssitzung. In: Berlin. Quellen und Dokumente 1945–1951, 2. Halbband, hrsg. im Auftrage des Senats von Berlin, Berlin (West) 1964, S. 1431 ff.
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