- Ernst Gorsemann
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Ernst Gorsemann (* 15. Februar 1886 in Bremen; † 19. Juli 1960 ebenda) war ein deutscher Bildhauer und Direktor der Nordischen Kunsthochschule in Bremen. Er schuf zwischen 1914 und 1960 zahlreiche Plastiken, Denkmäler, Grabsteine und Medaillen.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Ernst Gorsemann wuchs unter ärmlichen Verhältnissen im Bremer Stadtteil Walle in einer Arbeiterfamilie auf. Sein Vater war Bauarbeiter und starb früh; mit Hilfstätigkeiten musste er schon während der Schulzeit seine Mutter unterstützen. Mit 14 Jahren erlernte er zunächst das Maurerhandwerk, bildete sich u. a. durch den Besuch des Technikums weiter und wurde mit 18 Jahren Bauführer. Seine ersten Arbeiten waren Bauzeichnungen für die ersten Wasserspültoiletten in Bremen.
Sein Interesse galt aber immer mehr der Bildhauerei. 1910 besucht er die Kunstakademie in Kassel und studiert dort bei Carl Hans Bernewitz. Auf Empfehlung von Bürgermeister Hermann Hildebrand erhält er ein Stipendium und wird 1913 in Berlin von Louis Tuaillon in die Meisterklasse aufgenommen. Bei Beginn des Ersten Weltkriegs meldete er sich freiwillig, war zunächst Sanitäter und wurde später abkommandiert Soldatenfriedhöfe zu entwerfen. Nach dem Krieg lebt er, nach dem Tode von Louis Tuaillon auf sich selbst gestellt, von seiner Arbeit. In Auftragsarbeit erstellt er überwiegend Portraitbüsten sowie Grabmale und Grabplatten
Im April 1934 wurde Gorsemann als Professor für Bildhauerei an die Nordische Kunsthochschule in Bremen berufen. Ende 1934 übernahm er an Stelle von Fritz Mackensen die Leitung der Anstalt, bis er im Februar 1935 von Carl Horn (Schwiegervater von Rudolf Hess) abgelöst wurde. In den folgenden Jahren gestaltete er eine Reihe von Denkmälern und Plastiken. 1938/39 war er Mitglied des Ausschusses zur Wiederherstellung des Bremer Rolands.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Gorsemann stellvertretender Direktor der Kunsthochschule, erkrankte jedoch bald darauf und war arbeitsunfähig. 1946 wurde er aus gesundheitlichen Gründen pensioniert. Bis zu seinem Tod arbeitete er weiter, ohne öffentliche Aufträge zu erhalten und verfasste seine Lebenserinnerungen „Vom Morgen bis zum Mittag“. 1960 wurde Gorsemann auf dem Friedhof seine Heimatgemeinde im Bremer Stadtteil Horn beigesetzt. Seinen Grabstein hatte er selbst geschaffen. Sein Wohnhaus mit Werkstatt an der Leher Heerstraße wird heute von seiner Tochter bewohnt.
Werk
1924 erhielt er den ersten Preis für seinen Entwurf eines Denkmals für die Hannoverschen Königsulanen und wird mit der Ausführung beauftragt. Die Reiterskulptur wurde 1927 in der Eilenriede in Hannover aufgestellt.
Am 6. Oktober 1933 beschloss der Bremer Senat Gorsemann mit der Anfertigung eines Entwurfs für ein Ehrenmal zu Ehren der Gefallenen des Erster Weltkriegs zu beauftragen. Im Dezember legte er mit dem Architekten Wiebking einen Entwurf vor. Auf der Altmannshöhe in den Wallanlagen sollte eine Ringmauer aus 10000 Klinkersteinen mit den Namen der Gefallenen errichtet und durch die Aufstellung einer Skulptur ergänzt werden. Am 13. Oktober 1935 fand die Einweihung in Anwesenheit von General von Fritsch, Bürgermeister Heider und Landesbischof Weidemann statt.
Am 1. Dezember 1937 erhielt er auf der Pariser Weltausstellung für seine auf dem Dachgarten des Deutschen Hauses aufgestellte Plastik „Das Wisent“ die goldene Medaille. Die Plastik stand anschließend auf der Ausstellung „Bremen – Schlüssel zur Welt“, und wurde am 13. August 1940 im Rhododendronpark aufgestellt.
Im Juni 1938 wurde ein von ihm für den Schöpfer des Bürgerparks, Wilhelm Benque, gestalteter Gedenkstein im Eichenhain, nahe dem Melchers-Pavillon aufgestellt.
1939 wurde ein von ihm entworfenes Reiterstandbild für die Gefallenen des Krieges 1914/18 im Chor der Martinikirche aufgestellt. Von Ernst Gorsemann stammt auch die Grabplatte des Erzbischofs Adalbert in der Ostkrypta des Doms.
Als Künstler ohne „Nachruhm“ erwies ihm die Kunstwissenschaft „nicht einmal die Ehre, Vorbehalt oder Ablehnung in einer kritischen Interpretation seines Werkes zu begründen“. [1]
Nähe zum Nationalsozialismus
Gorsemanns Nähe zum Nationalsozialismus ist umstritten. Seine Heimatverbundenheit, bis zur bewussten Verwendung norddeutschen Tons, sein idealisierter Naturalismus, sein Streben nach Vollkommenheit, Verinnerlichung, Geist und Seele in seinem Schaffen entsprach dem Zeitgeist der Nationalsozialisten. Seine Werke boten sich den Idealen der Nationalsozialisten förmlich an, und er war bereit dieses Angebot kritiklos anzunehmen und zahlreiche Auftragsarbeiten bis hin zur Büste des Gauleiters Röver anzufertigen. Andererseits schuf er auch Büsten von Personen, die dem Nationalsozialismus fern standen, wie beispielsweise Helene Lange oder Gertrud Bäumer. In der Weimarer Zeit gehörte er den Freimaurern an und war bis zur Auflösung Mitglied des Rotary Clubs. Als gläubiger Christ verfasste er Schriften mystischen und theosophischen Inhalts. 1933 versteckte er den auf der Flucht befindlichen Reichsinnenminister Carl Severing. Gorsemann gehörte von 1934 bis 1945 der Reichskammer der Bildenden Künste an. Er war der einzige Nicht-Parteigenosse an der Kunsthochschule. 1938 ermittelte die Gestapo auf der Grundlage einer Anzeige von Studenten der Kunsthochschule gegen ihn und sprach einen Verweis aus.
Nach dem Zweiten Weltkrieg stufte ihn die britische Militärregierung in die Gruppe der Lehrkräfte ein, deren Verbleiben im Staatsdienst erneut überprüft werden sollte. Gorsemann gab auf Anraten von Wilhelm Kaisen und Senator Christian Paulmann das Lehramt aus gesundheitlichen Gründen auf und wurde 1946 pensioniert. 1948 stufte ihn die Spruchkammer Bremen als nicht belastet ein.
Werke
Plastiken und Denkmäler
- Ehrenmal für die Gefallenen des ersten Weltkrieges, Altmannshöhe in den Wallanlagen, Bremen, mit Skulptur Mutter und Kinder, im Krieg beschädigt und 1945 durch eine Neuanfertigung von G. ersetzt; beschädigte Statue jetzt im Garten des Wohnhauses (siehe Bild)
- „Läufer“, Bronze, Reichssportfeld in Berlin (Nach Prinz Friedrich Carl von Preußen, 1917 gefallen)
- Denkmal der hannoverschen Königsulanen, in der Eilenriede in Hannover, 1922 [2]
- Denkmal der Königs-Husaren in Bonn (zerstört)
- Betender Reiter in der Martinikirche in Bremen (Gebrannter Ton), zerstört
- „Mutter“ im Bremer Dom (Gebrannter Ton)
- „Ausschau“ und „Bereitschaft“ für Bauten der Kriegsmarine in Emden
- Adler für Wehrmachtsanlage in Westfalen
- Pferdebrunnen für Dorfplätze im Osten (1. Preis des Reichsführers der SS)
- Denkmal für Georg Droste, Bremer Mundartdichter, Entwurf, zerstört
- Zyklus die Jahreszeiten, Gartenbilder der 12 Monate, Garten der Egestorff-Stiftung
- Hildebrandbrunnen auch Rehbrunnen, (1933), (Bronze), Wallanlagen Bremen
- Reh, Bronzeplastik, 1933, Grünanlage an der Schleusenstraße in Oldenburg (gestohlen 2010)
- Götz Denkmal, Osterholzer Friedhof
- St. Michael (gebrannter Ton)
- Steinbock, Bronze, aufgekauft von Reichsfeldmarschall Hermann Göring
- Wisent (Bronze), Weltausstellung 1937 Paris, jetzt Rhododendronpark Bremen
- Bär, (Klinkerkeramik), Wallanlagen Bremen
- Gedenkplatte an den ersten Non-Stop-Flug über den Atlantik, jetzt Böttcherstraße
- Taufbrunnen in der Krypta des Bremer Domes
- Kruzifix, gebrannter Ton, St.-Petri-Kirche Hamburg
- Relief „Die Auswanderer“, Stiftung der Stadt Bremen an die Kirche der Plattdeutschen in Brooklyn
Büsten
- Johann Focke, Portraitbüste Birnenholz, (1923), Focke Museum Bremen
- Dietrich Schäfer (Berliner Historiker)
- Paul Deussen, Philosoph und Indologe 1915
- Helene Lange, Pädagogin, Birnenholz (zerstört)
- Gertrud Bäumer, Frauenrechtlerin und Sozialpolitikerin
- Erwin Guido Kolbenheyer, Romanautor, Dramatiker und Lyriker, gebrannter Ton
- Max Delbrück, Chemiker
- Max Hartmann Biologe, gebrannter Ton
- Hans Hartmann, Himalajaforscher, gebrannter Ton, zerstört
- Carl Correns, Botaniker
- Carl Röver, Gauleiter und Reichsstatthalter, Oldenburger Landtagsgebäude (1938)
- Eugen Diederichs, Verleger
- Kinderkopf
- Büste seiner Mutter im 60. Lebensjahr (1914)
Grabsteine
- Grabmal Familie Fischer, Arolsen (erste Auftragsarbeit)
- Grabplatte des Erzbischof Adalbert von Bremen, Dom zu Bremen
- Grabplastik für Georg Droste, gebrannter Ton
Medaillen
- Plakette mit dem Profil von Hermann Hildebrand
- Olympiamedaille 1936
- Medaille für Kunst und Wissenschaft
- Senatsplakette für Rudolf Alexander Schröder
- Oberst von Engelbrechten
- Kölner Kampfspiele
- Bremer Senatsmedaille
Bildergalerie
Veröffentlichungen
- Vom Morgen bis zum Mittag. Rauschenbusch, Berlin 1949.
Ehrungen
1968 wurde eine Straße im Bremer Stadtteil Kattenturm nach ihm benannt.
Einzelnachweise
- ↑ Weser-Kurier vom 14. Februar 1986
- ↑ Bild Ulanendenkmal
Literatur
- Historische Gesellschaft Bremen (Hg.), bearbeitet von Wilhelm Lührs. Bremische Biographien 1912–1962. Bremen 1969.
- Kirchengemeinden Horn I und II, Ortsamt und Bürgerverein Horn-Lehe (Hg.): 800 Jahre Horn-Lehe..
Weblinks
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