Maggie Thatcher

Maggie Thatcher
Margaret Thatcher

Margaret Hilda Thatcher, Baroness Thatcher of Kesteven LG, OM, PC (* 13. Oktober 1925 in Grantham, Lincolnshire, England als Margaret Hilda Roberts) ist eine ehemalige britische Politikerin und war von 1979 bis 1990 Premierministerin des Vereinigten Königreichs und von 1975 bis 1990 Vorsitzende der Conservative Party.

Inhaltsverzeichnis

Studium, Beruf und Hochzeit

Margaret Thatcher studierte am Somerville College in Oxford Chemie und arbeitete drei Jahre lang als Chemikerin, wobei sie u.a. an der Erfindung des Softeis mitwirkte. 1950 nahm sie zum ersten Mal an Unterhauswahlen teil, an denen sie jedoch scheiterte. 1951 heiratete sie den Unternehmer Denis Thatcher. Dadurch finanziell unabhängig studierte sie kurz nach ihrer Hochzeit Rechtswissenschaft und arbeitete danach eine kurze Zeit als Anwältin für Steuerrecht. Am 15. August 1953 brachte sie die Zwillinge Carol und Mark zur Welt.

Beginn der politischen Karriere

1959 wurde sie als Kandidatin der Conservative Party für den Wahlkreis Finchley, im Norden Londons, ins Unterhaus gewählt. 1961 wurde sie zur Parlamentssekretärin im Ministerium für Sozialversicherungen ernannt. 1970 wurde sie Kultus- und Wissenschaftsministerin im Kabinett von Edward Heath. In dieser Funktion wurde sie als „Milchräuberin“ (milk snatcher) bekannt, da sie die Gratis-Milch an Primarschulen abschaffte. Nach der Wahlniederlage der Konservativen im Jahr 1974 wurde sie 1975 in einer Kampfabstimmung gegen Amtsinhaber Edward Heath zur Parteivorsitzenden gewählt. Der von ihr selbst geliebte Spitzname „Eiserne Lady“ (Iron Lady) stammt von einem Kommentar von Radio Moskau im Jahre 1976, nachdem sie in einer Ansprache die „bolschewistische Sowjetunion“ scharf attackiert hatte.

Das Wirken als britische Premierministerin

In der Parlamentswahl vom 3. Mai 1979 führte sie die konservative Partei zum Sieg[1] und wurde tags darauf als Nachfolgerin James Callaghans erster weiblicher Premier in der Geschichte Großbritanniens[2]. Die von ihr vertretene Wirtschaftspolitik (Thatcherismus) hatte im Hinblick auf Inflationsbekämpfung und Deregulierung zahlreiche Gemeinsamkeiten mit der von Ronald Reagan in den USA, verzichtete aber auf die von Reagan betriebene exzessive Erhöhung der Staatsausgaben und zumindest bis 1987 auch auf umfangreiche Steuersenkungen. In Thatchers erster Legislaturperiode stand zunächst die Inflationsbekämpfung im Vordergrund (Monetarismus). In ihrer zweiten Legislaturperiode ging es vor allem darum, den Einfluss des Staates und der Gewerkschaften auf die Wirtschaft zurückzudrängen. Mit der Privatisierung vieler Staatsunternehmen (etwa der British Telecom, British Petroleum (BP), British Airways) aber auch lokaler Versorgungsunternehmen (Trinkwasserversorgung, Elektrizitätsunternehmen) wurde der Einfluss des Staates deutlich reduziert. Zum Schlüsselereignis wurde der Bergarbeiterstreik 1984/85 gegen die geplanten Schließungen und Privatisierungen ihrer Zechen. Der Streik dauerte ein Jahr, wobei die Gewerkschaft NUM schon bald ihre Rücklagen aufgebraucht hatte und nicht in der Lage war Streikgelder zu zahlen. In Folge verschuldeten sich viele Bergleute, da sie auf ihren Lohn verzichten mussten. Am 3. März 1985 stimmte eine Delegiertenkonferenz der NUM schließlich für das Ende des Arbeitskampfes. Durch den „Sieg“ Thatchers über die Bergarbeiter verringerte sich der Einfluss der englischen Gewerkschaften dauerhaft. Der Weg frei für weitere Reformen wie der Abschaffung des Closed Shop (Pflichtmitgliedschaft in Gewerkschaften für Arbeiter zahlreicher Unternehmen) und dem Verbot der so genannten Flying Pickets (Streikposten, die nicht dem bestreikten Betrieb angehören). In der Wirtschaft wurden daraufhin einige von den Gewerkschaften zuvor bekämpfte technische Innovationen nachgeholt. So konnten beispielsweise Ende der Achtziger die britischen Zeitungen vom Bleisatz auf den in anderen Ländern schon seit langem üblichen Fotosatz umgestellt werden, was die Gewerkschaften bis dahin immer verhindert hatten.

Margaret Thatcher

In ihrer ersten Legislaturperiode stieg die Arbeitslosenquote in der Spitze auf drei Millionen (ca. 12,5 % 1983), um danach erst wieder gegen Ende der 1980er-Jahre zu fallen. Nach dem Ausscheiden Großbritanniens aus dem EWS stieg sie zunächst erneut an. Seit Mitte der 1990er-Jahre ist die Arbeitslosigkeit in Großbritannien geringer als in vielen anderen europäischen Ländern. Kritiker von Margaret Thatcher sehen den wirtschaftlichen Erfolg Großbritanniens seit Mitte der 90er-Jahre nicht so sehr als eine Folge ihrer Wirtschaftspolitik, sondern führen ihn auf die bedeutenden Vorkommen von Erdöl in der Nordsee, die steigenden Ölpreise, die von der Regierung Blair betriebene Politik der sozialen Investitionen und die Veränderungen in der Geldpolitik der Bank of England unter der Regierung Blair zurück. Befürworter von Thatchers Politik hingegen behaupten, dass es ihr gelungen sei, langfristig wirksame Strukturreformen durchzusetzen, deren positive Folgen auf die Wirtschaft noch heute anhalten würden.

Der Falklandkrieg im Jahre 1982 gegen Argentinien brachte ihr einen Popularitätsschub. Bei der Wahl vom 9. Juni 1983 profitierte sie davon, allerdings auch von der Spaltung der Labour Party. Nachdem die USA (die der Entsendung britischer Soldaten zur Rückeroberung der Falklandinseln zunächst ablehnend gegenübergestanden hatten) Thatchers Rückeroberungspolitik logistisch unterstützten, folgte sie in anderen außenpolitischen Fragen der Linie der USA, sowohl im NATO-Doppelbeschluss als auch in der Haltung zu Libyen.

1984 erreichte sie unter dem Motto „I want my money back“ den bis heute gültigen Britenrabatt zur Finanzierung der EU. Dies führte auch zu einer Äußerung des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl, er fürchte Margaret Thatcher „wie der Teufel das Weihwasser“.

Am 12. Oktober 1984 entkam sie in Brighton nur knapp einem Bombenanschlag der IRA anlässlich des Parteitags der Konservativen. Fünf Personen starben; Handels- und Industrieminister Norman Tebbit wurde verletzt. Im selben Jahr unterzeichnete sie einen Vertrag mit der Volksrepublik China über die Rückgabe der Kronkolonie Hongkong. 1985 verweigerte ihr die Universität Oxford die Ehrendoktorwürde aus Protest gegen Kürzungen im Bildungsetat.

Bei der Unterhauswahl vom 11. Juni 1987 verloren die Konservativen zwar einige Sitze, behielten jedoch eine komfortable Mehrheit. Thatchers Popularitätskurve begann zu sinken, als sie 1989 eine als ungerecht empfundene personenbezogene Steuer (community charge, besser bekannt als poll tax) einführte. Dies führte zu heftiger Kritik und zu teils gewalttätigen Demonstrationen sogar in ausgesprochen konservativ geprägten Landesteilen und insbesondere in Schottland, wo die Poll Tax bereits 1988 probeweise eingeführt worden war.

Im Prozess der deutschen Wiedervereinigung 1989/90 reagierte sie zunächst strikt ablehnend und bestand auf der Anerkennung der Nachkriegsgrenzen durch Deutschland, was schließlich im Zwei-plus-Vier-Vertrag festgelegt wurde [3]. Gegenüber Richard von Weizsäcker erklärte sie, dass sich ihr Deutschlandbild im Wesentlichen bis 1942 gebildet und danach keine wesentlichen Änderungen erfahren habe. Thatcher betonte die Wichtigkeit einer engen Kooperation der europäischen Staaten, warnte aber vor einem europäischen Superstaat. Den 1992 unterzeichneten Vertrag von Maastricht lehnte sie daher ab.

1990 wurde sie bei der Wahl zum Parteivorsitz der Tories von Michael Heseltine herausgefordert, nachdem der von Thatcher kurz zuvor vom Außenministerium auf den Fraktionsvorsitz versetzte Sir Geoffrey Howe Heseltine öffentlich dazu aufgefordert hatte. Viele konservative Abgeordnete befürchteten unter anderem wegen der umstrittenen Einführung der Kopfsteuer, mit Thatcher an der Spitze die nächste Unterhauswahl zu verlieren. Daneben wurden die Steuersenkungen im Budget 1988 sowie die Ablehnung der europäischen Integration insbesondere in der Währungspolitik gegen sie vorgebracht, die bereits im Jahr zuvor zum Rücktritt des Finanzministers Nigel Lawson geführt hatte.

Nachdem sie im ersten Wahlgang in Abwesenheit (sie war in Frankreich zu Besuch) das notwendige Quorum (mindestens 15 % mehr als Heseltine) zur Wiederwahl als Parteivorsitzende knapp verfehlte, erklärte sie nach einzelner Befragung aller Kabinettsmitglieder am 22. November 1990 ihren Rücktritt. John Major wurde ihr Nachfolger als Parteivorsitzender und Premierminister.

Ehrungen, Ruhestand und Erhebung in den Adelsstand

M. Thatcher und R. Reagan 1986 in Camp David

Margaret Thatcher wurde 1970 in den Privy Council der Königin berufen. Seit 1983 Mitglied der Royal Society (FRS), wurde sie im Juni 1990 in den Order of Merit aufgenommen. 1995 erhielt sie den höchsten Orden Englands, den Hosenbandorden. Weiter ist sie Ehren- und einziges weibliches Vollmitglied des renommierten Carlton Clubs. Seit Februar 2007 befindet sich im Foyer des Britischen Parlaments, dem Palace of Westminster eine vom Bildhauer Antony Dufort geschaffene überlebensgroße Bronzestatue Thatchers.

1992 verzichtete sie darauf, zur Wiederwahl für das Unterhaus anzutreten. Daraufhin wurde sie, wie bei pensionierten Premierministern üblich, im gleichen Jahr nobilitiert. Als Baroness in her own right („Baronin aus eigenem Recht“) und Life Peer („Peer auf Lebenszeit“) zog sie am 30. Juni als Baroness Thatcher of Kesteven ( Grafschaft Lincolnshire) ins House of Lords („Oberhaus“) ein. Denis Thatcher war im Jahr zuvor zum erblichen Baronet (1st Baronet of Scotney) erhoben worden (womit seine Ehefrau bereits zur „Lady höflichkeitshalber“ aufstieg). Nach ihrem Rücktritt schrieb Baroness Thatcher ihre Memoiren und veröffentlichte diese in zwei Bänden. In den Medien kritisierte sie sehr oft die Arbeit ihres Nachfolgers, da er ihr zu proeuropäisch erschien. 1998 stattete sie dem zu dieser Zeit in London unter Hausarrest stehenden chilenischen Ex-Diktator Augusto Pinochet einen Besuch ab, der sehr kontrovers diskutiert wurde. 2000 und 2001 erlitt sie mehrere Schlaganfälle, welche auch zu dauerhaften teilweisen Gedächtnisstörungen führten.

Trotzdem reiste Thatcher 2004 nochmals in die USA, um am 11. Juni in Washington an der Trauerfeier für Ronald Reagan teilzunehmen. Sie war eine von vier Rednerinnen, die von Reagan zu Lebzeiten persönlich darum gebeten worden waren, an seiner Beerdigung zu sprechen. Sie sagte, Reagans politische Überzeugungen hätten Frische und Optimismus ausgestrahlt, die Menschen von allen sozialen Schichten und allen Nationen überzeugt und schließlich auch das Herz des „Reich des Bösen“ erobert.

Mitte 2008 wurde bekannt, dass sie inzwischen unter fortgeschrittener Demenz leidet.[4] Ihre Tochter Carol Thatcher thematisierte die Erkrankung Thatchers in dem Buch A Swim-on Part in the Goldfish Bowl (2008, ISBN 0-7553-1706-8). In der britischen Presse wurde die Frage, ob Margaret Thatcher nach ihrem Ableben ein Staatsbegräbnis erhalten solle, kontrovers diskutiert. [5]

Die „Ära Thatcher“ in der Kritik

Thatchers Politik wird bis heute kontrovers diskutiert. Das zeigt sich unter anderem darin, dass sie 2002 und 2003 in zwei Umfragen einmal den 16. Platz unter den 100 größten Briten aller Zeiten erreichte und einmal den dritten Platz unter den 100 schlechtesten. Ihre Anhänger heben dabei ihre Wirtschafts- und Sozialpolitik hervor, die zu mehr Wohlstand für das Land und die einzelnen Bürger geführt habe. Kritiker werfen ihr die Zerstörung eines gesellschaftlichen Gemeinschaftsgefühls durch die Zerschlagung der Gewerkschaften, die Ruinierung des öffentlichen Sektors, insbesondere des National Health Service durch Privatisierung sowie Ignoranz gegenüber immateriellen gesellschaftlichen Werten vor. Das englische Gesundheitswesen gilt heute als das kostengünstigste in Europa, ist aber auch besonders für Skandale und sehr lange Wartelisten auf Operationen bekannt.[6] Qualitätsprobleme traten ebenfalls bei den unter Thatcher privatisierten englischen Trinkwasserversorgern (Wasserwerke) auf, da trotz angestiegener Wasserpreise (+46 % in 10 Jahren) nicht ausreichend in das Leitungsnetz investiert wurde.[7]

Wirtschaftsreform

Umstritten ist bis heute die Bedeutung der Politik Thatchers für die wirtschaftliche Erholung Großbritanniens. So konnte der wirtschaftliche Niedergang aufgehalten werden und das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes auf das Niveau der Bundesrepublik vor 1990 gehoben werden. Andererseits stieg die Arbeitslosigkeit während ihrer Regierungszeit (1979 bis 1990) anfangs stark an, ging Ende der 80er-Jahre wieder leicht zurück, verblieb aber bis 2002 über dem Ausgangsniveau.[8]

Ehrungen

1991 überreichte US-Präsident George H. W. Bush Thatcher die Freiheitsmedaille („The Presidential Medal of Freedom“), die höchste zivile Auszeichnung in den USA. Die Stadt Danzig verlieh Thatcher die Ehrenbürgerwürde.

Quellennachweise

  1. General Election of 1979 (BBC)
  2. 4 May 1979: Election victory for Margaret Thatcher (BBC On This Day)
  3. Straßburg EG-Gipfel 8.12.89
  4. Spiegel Online vom 24. August 2008, nach der Mail on Sunday
    Francis Elliott: Margaret Thatcher's struggle with dementia revealed in daughter's memoir Dementia is slowly claiming one of Britain’s sharpest political minds. Baroness Thatcher first began to show signs of dementia in 2000. In: The Times, 25. August 2008 (engl.)
  5. Statistenrolle im Goldfischglas, FAZ vom 23. September 2008
  6. BBC News: Organ scandal background
  7. 3sat.online
  8. Arbeitslosigkeit in Großbritannien (1975-2002)

Literatur

  • Hans-Christoph Schröder: Englische Geschichte. 5. Auflage. Beck, München 2006, ISBN 3-406-41055-3
  • Margaret Thatcher: Downing Street No. 10. 1. Auflage. Econ, Düsseldorf, Wien, New York, Moskau 1993, ISBN 3-430-19066-5

Siehe auch

Weblinks


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