Burggrafschaft Friedberg

Burggrafschaft Friedberg
Stadt und Burg Friedberg im 17. Jahrhundert. Stich von Matthäus Merian.

Die Burggrafschaft Friedberg war ein Territorium des Heiligen Römischen Reichs. Sie entstand im späten Mittelalter aus der Burgmannschaft der Reichsburg Friedberg in Hessen. Einzigartig innerhalb des Reichs war das genossenschaftlich organisierte Verfassungsgebilde der Burggrafschaft und die Ausstattung mit herrschaftlichen Privilegien durch den Kaiser, die bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1806 mehrfach bestätigt wurden.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gründung und Staufische Zeit

Die Burg Friedberg wird erstmals 1216 urkundlich erwähnt.[2] Wahrscheinlich handelte es sich um eine planmäßige staufische Gründung, die auch schon einige Jahre zuvor erfolgt sein mag. Darauf deuten Reste einer romanischen Vorgängerkirche unter der Stadtkirche hin. Die Anlage von Stadt und Burg ist im Rahmen der staufischen Politik zum Ausbau der Wetterau zum staufischen Hausgut als Folge des Aussterbens der Grafen von Nürings 1171 zu sehen. Sie findet regionale Parallelen in der Gründungen und dem Ausbau der Burgen und Reichsstädte Gelnhausen und Wetzlar.[3]

Interregnum

In der Zeit des Interregnums blieben Burg und Stadt Friedberg lange auf staufischer Seite. Erst mit dem Aufbruch Konrads IV. nach Italien 1252 wechselte Friedberg diese. Erstmals am 17. September 1252 urkundete der Gegenkönig Wilhelm von Holland in Friedberg.[4] Der Seitenwechsel und die Beendigung des Loyalitätsverhältnisses zu den Staufern zahlten sich bereits wenige Tage später aus, als Wilhelm die Burgmannen am 20. September 1252 von der Verpflichtung zur Reichsheerfahrt entband, ihnen aber eine freiwillige persönliche und finanzielle Beteiligung anheimstellte.[5]

Weiterhin gelang es den Burgmannen in dieser Zeit, sich von ihrem Status als Reichsministeriale zu Niederadligen zu emanzipieren, indem sie am Ende des Interregnums die volle landrechtliche Verfügungsgewalt über ihre jeweiligen Burglehen besaßen.[6] Spätere Könige konnten diesen Zustand nur noch bestätigen, um sich die Unterstützung dieser Gruppe zu sichern, was etwa durch eine Urkunde Albrechts I. 1298 bezeugt wird.[7] Für die Burgmannen bedeutete dies umgekehrt eine Standeserhöhung, da sie im genossenschaftlichen Verband reichsunmittelbar wurden.

Zuvor hatte bereits Rudolf I. die Rechte der Burgmannen sehr umfangreich bestätigt und ihre herausgehobene Stellung privilegiert. Dies sollte entscheidenden Einfluss auf die weitere Verfassungsgeschichte der Burggrafschaft haben:

  • Im Herbst 1275 förderte er den Burgdienst materiell, indem er der Burg die jährliche Steuer der Friedberger Judenschaft in Höhe von 130 Mark Kölner Pfennige überließ. Hintergrund sind möglicherweise die Unterhaltungskosten für die außergewöhnlich große Burganlage. Vereinzelt wurde aus diesen Zuwendungen auf eine vorherige Zerstörung der Burg geschlossen, was aber nicht weiter belegt ist. Eine ähnliche Unterstützung liegt im Jahr 1285 vor, als das in der Stadt erhobene Ungeld der Burg als Unterstützung zugesprochen wird (in subsidium edificiorum et reparacionis castri nostri).[8]
  • Noch bedeutender ist das Gerichtsprivileg vom 1. Mai 1287[9], das den Burgmannen als Dank für ihre treuen Dienste gewährt, dass sie von keinem anderen Richter als ihrem Burggrafen – mit Ausnahme des königlichen Hofgerichts – angeklagt oder verklagt werden dürfen. Dieses Recht wurde bis in die Neuzeit hinein von nachfolgenden Herrschern, meist im Rahmen von Generalkonfirmationen der Burgprivilegien, immer wieder bestätigt.[10] Ein eigenes Burggericht ist bereits in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts wahrscheinlich.
  • Der Erhalt des genossenschaftlichen Charakters wurde 1276 durch ein Privileg unterstützt, das die Erblichkeit des Burgrafenamtes untersagte.[11]

Spätes Mittelalter

Die bereits im Interregnum erworbenen Rechte, die weit über das in der Organisation der Reichsburgen übliche hinausgingen, wurden im 14. und 15. Jahrhundert gefestigt. 1347 unterlag Graf Adolf I. von Nassau-Wiesbaden der Burgmannschaft in einer Fehde. Mit dem Lösegeld wurde der mächtige Adolfsturm als Bergfried und Wahrzeichen der Burg errichtet. Die wiederholten Auseinandersetzungen mit der Reichsstadt Friedberg konnte die Burggrafschaft im 15. Jahrhundert endgültig für sich entscheiden. 1455 erwarb sie die Reichspfandschaft, auf deren Basis sie den Rat 1482 zu einem Verherrungsrevers und 1483 zu einer Huldigungsverschreibung zwingen konnte. Bereits 1376 hatte die Burggrafschaft erste Rechte im Freigericht Kaichen erworben, deren Landeshoheit sie endgültig 1475 zugesprochen bekam. Ebenfalls 1475 erhielt sie die landesherrliche Stellung in der Mörler Mark. Hinzu kam ein Anteil an der seit 1405 bestehenden Ganerbschaft Staden um die Burg Staden in der Wetterau.[12]

Während sich die Burggrafschaft mit der Aufnahme in die Reichsmatrikel 1431 auf dem Höhepunkt ihrer Macht befand, setzte bereits im 14. Jahrhundert in der Stadt ein Niedergang ein. Die Friedberger Messen verloren durch die nahe Frankfurter Messe an Bedeutung und wurden eingestellt. Als Ursache werden neben einem Niedergang der Tuchproduktion zwei Stadtbrände 1383 und 1447, Seuchen und die Abwanderung von Bürgern vermutet.[13] So gewann neben den wichtigen städtischen Steuer- und Justiz-Einnahmen im ausgehenden Mittelalter die Landesherrschaft erheblich an Bedeutung. 1541 kam noch das Münzprivileg in Friedberg hinzu, die Münzen wurden im Namen des jeweiligen Burggrafen herausgegeben.

Wappen der Burg Friedberg mit Reichsadler über dem Südtor der Burg.

Die Burggrafschaft in der Neuzeit

Der Niedergang des Niederadels im 17. und 18. Jahrhundert blieb für die Burggrafschaft nicht folgenlos. Das Aussterben und die Verarmung vieler ritterständiger Familien der Region führte dazu, dass die tragenden Säulen der Burgmannschaft (Residenzpflicht, Burghut, Burggericht, Burglehen) verfielen. Die Zahl der Burgmannen sank zum Ende des Dreißigjährigen Kriegs auf das geringste zu verzeichnende Niveau.[14]

Der Einfluss der verbliebenen lokalen Niederadligen wurde in der Folge noch weiter zurückgedrängt. Durch Dienstverpflichtungen bei größeren Landesherren traten Interessenskonflikte auf. Ein großer Teil der Burgmannschaft war in der Neuzeit bereits faktisch vom Einfluss auf die Burgpolitik ausgeschlossen. Durch steigende Bedeutung und Mitgliedsumfang war es bereits seit dem 15. Jahrhundert üblich, Regierung und Amtsausübung in die Hand eines kleineren Gremiums, des sogenannten Regiments aus zwölf Burgmannen zu legen. Selbst bei Burggrafenwahlen hatte die gemeine Burgmannschaft gegenüber den vom Regiment vorab ausgewählten Kandidaten kaum mehr als ein Akklamationsrecht. Entsprechend sank auch die Beteiligung bei Burgkonventen und herrrschaftlich-administrativen Anlässen im 18. Jahrhundert auf nahezu Null.

Während die Mitgliedschaft in einer einzigartigen Genossenschaft der Reichsritterschaft in der Neuzeit vorwiegend dem sozialen Prestige des Einzelnen in der Ständegesellschaft diente, wurde die Burggrafschaft durch den Einfluss größerer Landesherren allmählich gelähmt. Die Mainzer Erzbischöfe versuchten letztlich erfolgreich, die Burggrafschaft auf reichspolitisch-katholisch-kaiserlichen Kurs zu bringen. Dies gelang in der Mitte des 18. Jahrhunderts, indem die seit der Reformation mehrheitlich protestantischen Burgmannenfamilien aus dem Burggrafenamt und dem Regiment verdrängt wurden.[15] Die Einrichtung des Orden des heiligen Joseph 1768 verfestigte diese Politik und erhöhte gleichzeitig nochmals das Ansehen der Burgmannschaft, die gleichwohl fast nur noch auf dem Papier bestand.

Auflösung

Ab dem 17. Jahrhundert wandelte sich die Burg zunehmend zum Herrensitz. Davon zeugen repräsentative Gebäude, etwa das heutige Schloss, zunächst Sitz der Herren von Kronberg, dann Burggrafiat, der weitläufige Burggarten und die eigene Burgkirche. Als im 18. Jahrhundert zunehmend ständisch andersartige Anteilseigner in die Burggrafschaft eindrangen, etwa die Landgrafschaft Hessen-Kassel oder durch Kurmainz geförderte Römisch-katholische Mitglieder, paralysierte das die hergebrachte genossenschaftliche Struktur und die Burggrafschaft versank in politischer Bedeutungslosigkeit.

1806 wurde sie im Großherzogtum Hessen mediatisiert, obwohl der letzte Burggraf Clemens August von Westphalen bei Napoleon und seinem Minister Talleyrand intervenierte. Zuvor hatte Hessen-Darmstadt bereits 1803 versucht, die Burggrafschaft zu besetzen, wurde zu dieser Zeit aber noch durch den Kaiser daran gehindert. Die Rheinbundakte von 1806 sprach die Burggrafschaft dem Großherzogtum zu. Der Burggraf erhielt die Genehmigung, seinen Titel bis zu seinem Tode weiterzuführen und die Einkünfte aus der Burg. Beim Wiener Kongress bemühte er sich nochmals um die Wiederbelebung der Burggrafschaft, musste aber 1817 einem Abtretungsvertrag zustimmen, der ihm seinen Titel sowie denjenigen eines hessischen Standesherren beließ. Er starb 1818 in Frankfurt. 1846 starb mit Sigmund Löw zu Steinfurth auch der letzte der Burgmannen.[16]

Verfassung

Innere Verfassung

Die Burgmannschaft war genossenschaftlich organisiert. Als Führung wählte sie einen Burggrafen und einen Baumeister. Es gelang dieser Gruppe – trotz entsprechender Versuche – im Mittelalter und zu Beginn der frühen Neuzeit das Eindringen größerer Dynasten zu verhindern. So erhielt Reinhard I. von Hanau als Landvogt der Wetterau um 1275 ein Burglehen. Die Hanauer schieden jedoch 1409 wieder aus dem Verbund aus.[17] Ähnliches ereignete sich auch mit den Herren von von Eppstein 1292 oder Konrad von Trimberg 1297. Dies waren jedoch Ausnahmen, die keinen dauerhaften Einfluss auf die Verfassung der Burgmannschaft hatten. Eine weitere Ausnahme bildete das Burgrecht der Deutschordenskomture aus Sachsenhausen und Marburg. Letzteres war zwar von längerer Dauer, aber für die Verfassung der Burggrafschaft zunächst ebenfalls folgenlos.[18]

Burgmannen

Für die Aufnahme in die Burgmannschaft war eine Ahnenprobe erforderlich, die bis zu 32 ritterständische Vorfahren aufzuweisen hatte. In der Praxis beschränkte man sich aber auf den Nachweis über vier Generationen (16 ritterständische Vorfahren).[19] Die Rechtsstellung eines Burgmannen war erblich. Der Entzug der Mitgliedschaft war nur möglich, wenn bei der Aufschwörung falsche Angaben gemacht wurden oder der Burgmann gegen den Burgfrieden verstieß. Ausschlüsse waren höchst selten. Möglicherweise kamen dem davon Bedrohte in der Praxis durch eine Niederlegung der Mitgliedschaft zuvor.[20]

Die Burgmannen unterlagen ursprünglich einer Residenzpflicht. Um dieser zu genügen, errichteten sie innerhalb der Burg seit dem 14. Jahrhundert Burgmannenhäuser. In späterer Zeit bestand die Residenzpflicht nicht mehr und die Aufgaben der Burgmannen wurden oft durch von ihnen eingesetzte, dort residierende Beamte wahrgenommen. Die Burgmannen wählten den Burggrafen und den Baumeister.

Die Burgmannschaft ist bereits in den ersten Urkunden des frühen 13. Jahrhunderts als Genossenschaft fassbar. In ihren Reihen versammelten sich die umliegend begüterten Familien des niederen Adels der Region. Im Mittelalter setzten sich diese zunächst aus dem Ritteradel der Wetterau zusammen. Die Zahl der Burgmannen schwankte im Laufe der Zeit stark. Ursprünglich ist eine Zahl von 20 bis 30 Burgmannen anzunehmen. Bis zum Ende des 13. Jahrhunderts dürfte sie auf 40–50 gestiegen sein, sie vermehrte sich weiter bis auf etwa 100 Burgmannen am Anfang des 14. Jahrhunderts. 1400 gab es 99 Burgleute aus 49 verschiedenen Familien, so dass einige Familien gleichzeitig mehr als zwei Burgmannen stellten.[21] Im 16. Jahrhundert waren etwa 50 die Regel,[22] bis sie in der Mitte des 17. Jahrhunderts einen Tiefpunkt mit nur 19 Burgmannen erreichte. Durch die Aufnahme neuer Mitglieder, vor allem aus römisch-katholischen Familien, wuchs sie erneut und erreichte 1783 einen Höchststand von 113. Zwischen 1473 und 1806 können 230 Familien identifiziert werden, die Burgmannen stellten.[23]

Mitglieder der folgenden Adelsfamilien sind als Burgmannen greifbar[24]:

Burggrafen

Portraits Friedberger Burggrafen im Wetterau-Museum.

Burggrafen seit 1216:[26]

  • Giselbert (1216)
  • B. (1219)
  • Eberwin Kranich bzw. von Kransberg (1220 bis um 1222)
  • Winter (1223)
  • Ludolf (1227–1237)
  • Rupert von Carben (1239–1243)
  • Eberwin (von Gonterskirchen? 1243–1245)
  • Rupert von Carben (1247)
  • Eberwin Kranich bzw. von Kransberg (1249/1250)
  • Rupert (von Carben? 1256)
  • Franko von Mörlen (1259)
  • Wigand von Carben (1262)
  • Winter (1262–1265/66)
  • Rupert von Carben (1265/66–1280/82)
  • Friedrich von Carben (1284–1287)
  • Rupert von Carben (1288–1290)
  • Friedrich von Carben (1290)
  • Dugel von Carben (1294)
  • Konrad von Kleen (1298)
  • Friedrich Dugel von Carben (1300)
  • Eberwin von Kransberg (1302)
  • Heinrich von Pfaffenau (1305–1308)
  • Wigand von Büches (1310)
  • Rupert von Carben (1311)
  • Wenzel bzw. Werner von Kleen (1316–1318)
  • Rudolf von Sachsenhausen (1333–1342; † 1370)
  • Friedrich von Carben (1346)
  • Johann von Bellersheim (1351–1361)
  • Eberhard Wais von Feuerbach (1365–1385)
  • Eberhard Löw von Steinfurth (d.Ä., 1385–1405)
  • Johann von Stockheim (1405)
  • Hermann Wais von Feuerbach (1456–1459)
  • Rudolf von Kleen (1462–1466)
  • Johann von Bellersheim (1468–1473/74)
  • Ludwig Wais von Fauerbach (1473/74–1483)
  • Emmerich von Carben (1483–1502)
  • Eberhard Wais von Feuerbach (1504–1526)
  • Ludwig Löw von Steinfurth (1526–1532)
  • Johann Brendel von Homburg d.Ä. (1532–1569)
  • Johann Oyger Brendel von Homburg (1570–1577)
  • Johann Eberhard von Kronberg (1577–1617)
  • Konrad Löw von Steinfurth (1617–1632)
  • Wolfgang Adolf von Carben (1632–1671)
  • Hans Eitel Diede zum Fürstenstein (1671–1685)
  • Philipp Adolf Rau von Holzhausen (1685–1692)
  • Johann Freiherr zu Schlitz genannt von Götz (1692–1699)
  • Adolph Johann Karl Freiherr von Bettendorff (1699–1705)
  • Johann Löw von und zu Steinfurth (1706–1710)
  • Johann Erwein Freiherr von Greiffenclau zu Vollrads (1710–1727)
  • Hermann XVIII. Riedesel Freiherr zu Eisenbach (1727–1745)
  • Hans Eitel Diede zum Fürstenstein (1745–1748)
  • Ernst Ludwig von Breidenbach zu Breidenstein (1749–1755)
  • Franz Heinrich Kämmerer von Worms Freiherr von und zu Dalberg (1755–1776)
  • Johann Maria Rudolf Reichsgraf Waldbott von und zu Bassenheim (1777–1805)
  • Clemens August von Westphalen (1805–1817/18)

Baumeister

Fester Bestandteil der Burgverwaltung waren die beiden Baumeister, von denen in späterer Zeit jeweils ein älterer und ein jüngerer Baumeister belegt ist. Ursprünglich für die Unterhaltung der Burg zuständig, wuchs ihre Bedeutung mit der Vergrößerung der Verwaltung, sodass sie später vor allem für die Finanzverwaltung zuständig waren. Sie gehörten zu den vornehmeren Burgmitgliedern und werden in Urkunden häufig zusammen mit den Burggrafen und Regimentsburgmannen genannt. Als Vertreter des Burggrafen und Wirtschaftsverwalter der Burggrafschaft waren sie im 16. Jahrhundert wie der Burggraf verpflichtet, ihren ständigen Wohnsitz innerhalb der Burg zu nehmen.[27]

Äußere Verfassung

Die Wetterau in der Topographia Hassiae et regionum vicinarum.

Verhältnis zum Reich

Die Burgmannschaft war als einzige Burgmannschaft im Reich formal reichsunmittelbar. Sie hatte über ihren genossenschaftlichen Verbund Anteil an der Kuriatsstimme des Wetterauer Grafenvereins im Reichsfürstenrat des Reichstag inne.

Verhältnis zur Stadt Friedberg

Das Territorium der Burggrafschaft Friedberg umfasste zunächst die Burg Friedberg, die so – auch gegenüber der Stadt Friedberg – eine eigene rechtliche Einheit und später dann ein gesondertes Territorium bildete. Bereits seit ihrer Gründung besaß die Burg Friedberg einen machtpolitischen Vorrang vor der Reichsstadt. Urkundlich tritt der Burggraf schon im 13. Jahrhundert an Stelle des kaiserlichen Schultheiß in Erscheinung. Später urkundende städtische Schultheiße sind stets dem Burggrafen nachgeordnet. Der Burggraf war also nicht nur kaiserlicher Beamter und Kommandant der Burg, er stand auch städtischen Gerichten vor.[28]

Verhältnis zur Wetterau

Die Burggrafschaft erwarb seit dem 15. Jahrhundert in der Wetterau eine eigene Herrschaft. 1455 gelang es ihr, die Pfandschaft über die Stadt Friedberg zu erwerben. 1475 gelangte sie in den Besitz des Freigerichts Kaichen. Einen Anteil besaß sie an der Ganerbschaft Staden um die Burg Staden sowie weiteren Streubesitz in der Mörler Mark.

Orden des heiligen Joseph

Kaiser Josef II. gründete 1768 einen Orden des heiligen Joseph für die Burgmannen von Friedberg[29]. Der regierende römische Kaiser war Großmeister, der Burggraf Großprior, die Baumeister und Regimentsburgmannen Kommandeure und die Burgmannen Ritter des Ordens.

Ordenszeichen war ein goldenes, achtspitziges Kreuz mit weiß emailliertem Rand, kaiserlichem doppelten Reichsadler und Reichskrone darüber. In der auf der Brust des Adlers befindlichen blauen Zirkelfläche stand der Name St. Joseph und die Umschrift: Virtutis avitae Aemuli (Nacheiferer altväterlicher Tugend). Die Kehrseite des Kreuzes war blau, am Rand weiß emailliert und in dessen Mitte standen in goldenen Buchstaben die Worte Imperatoris Auspiciis Lege Imperii conservamur (Unter des Kaisers Schirm werden wir durch das Reichsgesetz erhalten). Großprior und Kommandeure trugen das Ordenszeichen an einem hellblauen Band mit schwarzem Rand von der rechten Schulter nach der linken Seite, und außerdem auf der linken Brust einen der Vorderseite des Ordenszeichens ähnlichen Stern. Die Ritter trugen ein kleineres Kreuz an einem schmälern Band um den Hals ohne den Stern.

Literatur

  • Karl Ernst Demandt: Geschichte des Landes Hessen, 2. Auflage, Bärenreiter-Verlag, Kassel und Basel, 1972, ISBN 3-7618-0404-0, S. 470f.
  • Albrecht Eckhard: Die Burgmannenaufschwörungen und Ahnenproben der Reichsburg Friedberg in der Wetterau 1473-1805. In: Wetterauer Geschichtsblätter 19, 1970, S. 133–167.
  • Friederun Hardt-Friederichs: Das königliche Freigericht Kaichen in der Wetterau in seiner landes- und rechtshistorischen Bedeutung. Bindernagel, Friedberg 1976, ISBN 3-87076-013-3 (Wetterauer Geschichtsblätter 25), bes. S. 25–29 und S. 39–41.
  • Friedberg (Burggrafschaft). In: Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder. 4. Auflage 1992, S. 179.
  • Friedrich Karl Mader: Sichere Nachrichten von der Kayserlichen und des heiligen Reichs-Burg Friedberg und der darzu gehörigen Grafschaft und freyen Gericht zu Kaichen, aus zuverläßigen Archival-Urkunden und beglaubten Geschicht-Büchern zusammen getragen auch hin und wieder erläutert, 1. Teil Lauterbach 1766 (Digitalisat); 2. Teil Lauterbach 1767 (Digitalisat); 3. Teil Lauterbach 1774 (Digitalisat)
  • Klaus-Dieter Rack: Die Burg Friedberg im Alten Reich: Studien zu ihrer Verfassungs- und Sozialgeschichte zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert = Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 72. Selbstverlag der Hessischen Historischen Kommission. Darmstadt 1988. ISBN 3-88443-161-7
  • Thomas Schilp: Die Reichsburg Friedberg im Mittelalter. Untersuchungen zu ihrer Verfassung, Verwaltung und Politik. Bindernagel, Friedberg 1982, ISBN 3-87076-035-4 (Wetterauer Geschichtsblätter 31, zugleich Dissertation Uni Marburg).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Klaus-Dieter Rack: Die Burg Friedberg im Alten Reich: Studien zu ihrer Verfassungs- und Sozialgeschichte zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert. Darmstadt 1988, S. 264.
  2. Johann Friedrich Böhmer, Friedrich Lau: Codex diplomaticus Moenofrancofurtanus = Urkundenbuch der Reichsstadt Frankfurt Bd. 1. 794 - 1314. Unveränd. Nachdr. der Ausg. Frankfurt 1901, Baer, Frankfurt am Main 1970, S. 21f. Nr. 44.
  3. Klaus-Dieter Rack: Die Burg Friedberg im Alten Reich: Studien zu ihrer Verfassungs- und Sozialgeschichte zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert. Darmstadt 1988, S. 15.
  4. Ludwig Baur: Urkundenbuch des Klosters Arnsburg in der Wetterau. Verlag des historischen Vereins für das Großherzogtum Hessen, Darmstadt 1851, Nr. 60.
  5. Regesta Imperii V.1 Nr. 5124.
  6. Thomas Schilp: Die Reichsburg Friedberg im Mittelalter. Untersuchungen zu ihrer Verfassung, Verwaltung und Politik. Friedberg 1982, S. 38f.
  7. Johann Friedrich Böhmer, Friedrich Lau: Codex diplomaticus Moenofrancofurtanus = Urkundenbuch der Reichsstadt Frankfurt Bd. 1. 794 - 1314. Unveränd. Nachdr. der Ausg. Frankfurt 1901, Baer, Frankfurt am Main 1970, S. 366ff. Nr. 733.
  8. Klaus-Dieter Rack: Die Burg Friedberg im Alten Reich: Studien zu ihrer Verfassungs- und Sozialgeschichte zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert. Darmstadt 1988, S. 24f., mit Urkunden und weiteren Quellen.
  9. Regesta Imperii VI,1, S. 456f. Nr. 2099.
  10. Thomas Schilp: Die Reichsburg Friedberg im Mittelalter. Untersuchungen zu ihrer Verfassung, Verwaltung und Politik. Friedberg 1982, S. 117 und Anm. 447.
  11. Regesta Imperii VI,1, S. 166. Nr. 619.
  12. Karl Ernst Demandt: Geschichte des Landes Hessen. Kassel und Basel, 1972, S. 470.
  13. Thomas Schilp: Die Reichsburg Friedberg im Mittelalter. Untersuchungen zu ihrer Verfassung, Verwaltung und Politik. Friedberg 1982, S. 195–199.
  14. Klaus-Dieter Rack: Die Burg Friedberg im Alten Reich: Studien zu ihrer Verfassungs- und Sozialgeschichte zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert. Darmstadt 1988, S. 264.
  15. Klaus-Dieter Rack: Die Burg Friedberg im Alten Reich: Studien zu ihrer Verfassungs- und Sozialgeschichte zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert. Darmstadt 1988, S. 267.
  16. Boris Olschewski: Die Mediatisierung der Burg Friedberg durch Hessen-Darmstadt 1802–1806. In: Wetterauer Geschichtsblätter Band 52, Bindernagel, Friedberg 2003, ISBN 3-87076-097-4, S. 2–69; Klaus-Dieter Rack: Die Burg Friedberg im Alten Reich: Studien zu ihrer Verfassungs- und Sozialgeschichte zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert. Darmstadt 1988, S. 250f.
  17. Thomas Schilp: Die Reichsburg Friedberg im Mittelalter. Untersuchungen zu ihrer Verfassung, Verwaltung und Politik. Friedberg 1982, S. 76, 120.
  18. Thomas Schilp: Die Reichsburg Friedberg im Mittelalter. Untersuchungen zu ihrer Verfassung, Verwaltung und Politik. Friedberg 1982, S. 40–48.
  19. Klaus-Dieter Rack: Die Burg Friedberg im Alten Reich: Studien zu ihrer Verfassungs- und Sozialgeschichte zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert. Darmstadt 1988, S. 43; Zu den Aufschwörungen siehe Schätze aus dem Hessischen Staatsarchiv Marburg, Teil 3: Ahnen auf dem Prüfstand oder: Wie Georg XIV. Riedesel in das "hochlöbliche Burgcorpus" zu Friedberg aufgenommen wurde; Albrecht Eckhardt: Die Burgmannenaufschwörungen und Ahnenproben der Reichsburg Friedberg in der Wetterau 1473-1805. In: Wetterauer Geschichtsblätter; 19, 1970, S. 133–167.
  20. Klaus-Dieter Rack: Die Burg Friedberg im Alten Reich: Studien zu ihrer Verfassungs- und Sozialgeschichte zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert. Darmstadt 1988, S. 44–46.
  21. Klaus-Dieter Rack: Die Burg Friedberg im Alten Reich: Studien zu ihrer Verfassungs- und Sozialgeschichte zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert. Darmstadt 1988, S. 120f.; weitere S. 393, Tab. 9.
  22. Klaus-Dieter Rack: Die Burg Friedberg im Alten Reich: Studien zu ihrer Verfassungs- und Sozialgeschichte zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert. Darmstadt 1988, S. 66.
  23. Zahlen und Angaben nach Thomas Schilp: Die Reichsburg Friedberg im Mittelalter. Untersuchungen zu ihrer Verfassung, Verwaltung und Politik. Friedberg 1982, S. 56–59 und 61.
  24. Angaben nach Thomas Schilp: Die Reichsburg Friedberg im Mittelalter. Untersuchungen zu ihrer Verfassung, Verwaltung und Politik. Friedberg 1982, S. 56–59
  25. Volker Rödel: Die von Walderdorff als Burgmannen zu Friedberg und als Mitglieder der Reichsritterschaft. In: Friedhelm Jürgensmeier (Hrsg.): Die von Walderdorff : acht Jahrhunderte Wechselbeziehungen zwischen Region - Reich - Kirche und einem rheinischen Adelsgeschlecht. Verlag des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Köln 1998, ISBN 3-88094-832-1, S. 19–30.
  26. Thomas Schilp: Die Reichsburg Friedberg im Mittelalter. Untersuchungen zu ihrer Verfassung, Verwaltung und Politik. Friedberg 1982, S. 87–90; Klaus-Dieter Rack: Die Burg Friedberg im Alten Reich: Studien zu ihrer Verfassungs- und Sozialgeschichte zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert. Darmstadt 1988, S. 401, Tabelle 16.
  27. Zu den Baumeistern siehe Thomas Schilp: Die Reichsburg Friedberg im Mittelalter. Untersuchungen zu ihrer Verfassung, Verwaltung und Politik. Friedberg 1982, S. 100–105; Klaus-Dieter Rack: Die Burg Friedberg im Alten Reich: Studien zu ihrer Verfassungs- und Sozialgeschichte zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert. Darmstadt 1988, S. 149–170.
  28. Thomas Schilp: Die Reichsburg Friedberg im Mittelalter. Untersuchungen zu ihrer Verfassung, Verwaltung und Politik. Friedberg 1982, S. 174–180.
  29. Johann Georg Krünitz: Oeconomische Encyclopädie, 1795 (Online-Ausgabe).

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