- Drei-Schluchten-Damm
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Der Drei-Schluchten-Damm (chinesisch 三峽大壩 / 三峡大坝 Sānxiá Dàbà) ist eine Talsperre mit einem Wasserkraftwerk, einem Schiffshebewerk und einer Schleusenanlage im Jangtsekiang in China; er liegt im Ort Sandouping etwa 40 km oberhalb von Yichang in der Provinz Hubei. Das Wasserkraftwerk ist mit einer installierten Generator-Leistung von 18 200 Megawatt das größte der Welt, auch wenn es höhere und längere Talsperren und größere Stauseen gibt. Der durch die Staumauer entstandene Stausee erstreckt sich durch die berühmten Drei Schluchten über mehr als 600 km bis nach Chongqing. Das Projekt wird vom chinesischen Unternehmen China Yangtze Power betrieben.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Kein anderes Großprojekt war in den letzten Jahren so umstritten wie diese Talsperre in der Volksrepublik China. Die Befürworter begründen seine Notwendigkeit hauptsächlich mit der Verbesserung des Hochwasserschutzes. So hatten die Hochwasser des Yangtze beispielsweise 1954 über 30.000 Menschenleben gekostet. Beim Hochwasser 1994 entstand ein Sachschaden von 20 Mrd. €.[1] Weitere Gründe für den Bau waren die Energieerzeugung (Wasserkraftwerk) und die Verbesserung der Schifffahrt. Die Gegner befürchteten Nachteile durch die ökologischen Folgen, die geologischen Gefährdungspotentiale und die soziokulturellen Folgen des Projekts.
Der Jangtsekiang ist mit 6.380 km der längste Strom Chinas und der drittlängste der Welt. Auf seinem Weg fließt er vom tibetischen Hochland durch das Rote Becken, dann durch die Drei Schluchten und schließlich in die Ebene von Yichang, bis er bei Shanghai ins ostchinesische Meer mündet. Sein Einzugsgebiet ist knapp zwei Millionen Quadratkilometer groß; es umfasst den Lebensraum eines Drittels der chinesischen Bevölkerung (Gesamtpopulation etwa 1,3 Mrd. Menschen) und 25 % des chinesischen Ackerlandes. Das mittlere Abflussvolumen des Jangtsekiang beträgt 32.500 m³/s (zum Vergleich: Rhein 2.330 m³/s). Er ist außerdem eine der wichtigsten Binnenwasserstraßen Chinas.
Die Idee einer Talsperre wurde erstmals 1919 durch Sun Yat-sen geäußert. In den 1980er Jahren wurde das Projekt aufgrund der stärker werdenden Energieknappheit zum Schlüsselprojekt in Deng Xiaopings Reform- und Modernisierungspolitik
Das Drei-Schluchten-Projekt
Die Vorgeschichte
Die Idee zur Realisierung einer riesigen Staumauer unterhalb der drei Schluchten existierte schon seit Jahrzehnten. Es war der Traum jedes großen chinesischen Herrschers, den unberechenbaren Jangtsekiang zu bändigen. Zwischen 1944 und 1946 wurde das „United States Bureau of Reclamation“, eine US-amerikanische Aufsichtsbehörde für Wasserversorgungsprojekte, beauftragt, eine solche Talsperre zu entwerfen. Als es jedoch soweit war, wurde das Vorhaben durch den chinesischen Bürgerkrieg gestoppt. Auch Mao Zedong (Vorsitzender der Kommunistischen Partei) versuchte 1958 das Projekt zu realisieren, doch dieser Versuch scheiterte an den zu hohen Baukosten. Als 1969 die Provinz Hubei das Projekt wiedererweckt hatte, lehnte Mao Zedong das Vorhaben aus politisch-militärischen Gründen ab. Als Ersatz wurde die kleinere Gezhouba-Talsperre nach 18 Jahren Bauzeit fertiggestellt. Sie liegt 40 km unterhalb des Drei-Schluchten-Dammes bei der Stadt Yichang. Unter Deng Xiaoping kam 1985 das Drei-Schluchten-Projekt wieder auf. Auf Grund starker Proteste und Bedenken des Nationalen Volkskongresses wurden 1986 Vertiefungsstudien durchgeführt. 1986 wurde auf der Basis einer bilateralen Vereinbarung ein chinesisch-kanadisches Konsortium mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt, die durch die Weltbank und durch die kanadische Regierung finanziert wurde. 1992 wurde das Projekt durch die Abstimmung im Volkskongress genehmigt, allerdings mit einem Negativrekord, denn noch nie vorher in der Geschichte des Nationalen Volkskongresses wurde ein Entschluss mit nur zwei Dritteln Mehrheit angenommen. (Ergebnis: 1767 pro, 177 contra und 664 Enthaltungen). Da jede Kritik dem Projekt gegenüber untersagt wurde, konnten sich Kritiker nur im Ausland darüber äußern. Das Buch der Staudammgegnerin Dai Qing wurde verbannt, sie bekam ein Publikationsverbot auferlegt und musste für zehn Monate ins Gefängnis. Ministerpräsident Li Peng, ehemaliger Energieminister, war der Hauptverfechter des Projektes.
Bauverlauf
Am 14. Dezember 1993 wurde mit dem Bau begonnen, an dem bis zu 18.000 Arbeitskräfte beschäftigt waren. Der erste Bauabschnitt war die Anlage eines 3,7 Kilometer langen Kanals, durch den der Jangtsekiang umgeleitet wurde. Der Kanal wurde am 8. November 1997 geöffnet, so dass im Anschluss die Arbeiten an der Staumauer beginnen konnten. Pro Tag wurden 350 LKW-Ladungen mit je 20 Tonnen Zement verbaut. Am 1. Juni 2003 wurden die Wehrfelder der Staumauer geschlossen; damit begann die erste Teilflutung. Die erste Turbine mit einer Nennleistung von etwa 700 Megawatt wurde am 24. Juni 2003 in Betrieb genommen. Knapp drei Jahre danach, am 20. Mai 2006, wurde mit einer vom staatlichen chinesischen Fernsehen übertragenen Zeremonie, bei der Bauarbeiter die letzte Zementladung auf die Staumauer gossen, die Errichtung der Talsperre abgeschlossen[2]. Die Fertigstellung erfolgte damit 9 Monate vor dem geplanten Zeitpunkt (Feb. 2007). Damit war es möglich, bis 2008 sämtliche 26 Turbinen in Betrieb zu nehmen.
Kosten
Die Kosten dieses Riesenbauwerkes wurden anfangs mit 26 Mrd. US-$ beziffert; bis 2002 wurden allerdings schon 50 Mrd. US-$ verbaut, so dass Schätzungen von Gesamtkosten von 75 Mrd. US-$ bis 2013 ausgehen. Finanziert wird die Talsperre vom chinesischen Volk, das mit einer Sondersteuer belastet wird, sowie zu 65 % durch Kredite der staatlichen chinesischen Entwicklungsbank. Auch ausländische Investoren sind an dem Projekt beteiligt, von denen als wichtigste die Investmentbank Morgan Stanley sowie die kanadische Regierung zu nennen sind.
Auch die deutsche Bundesregierung tritt als Bürge für den Milliardenauftrag bei Siemens ein. Das Unternehmen Siemens lieferte die Generatoren und Transformatoren. Die Wasserturbinen lieferte das Unternehmen Voith.
Begriffsunterscheidung
Das Absperrbauwerk ist aus konstruktionstechnischer Sicht kein Staudamm, sondern eine Staumauer. Die Bezeichnung Staudamm ist umgangssprachlicher Art. In englischer Sprache heißt das Bauwerk englisch Three Gorges Dam, da im Englischen sprachlich nicht zwischen Staumauer und Staudamm unterschieden wird.
Technische Daten
Drei-Schluchten-Damm Blick auf die Hauptmauer des Drei-Schluchten-Damms während der Bauphase, April 2006 Zuflüsse: Jangtsekiang Abflüsse: Jangtsekiang Koordinaten 30° 49′ 26″ N, 111° 0′ 19,7″ O30.823894444444111.00547777778Koordinaten: 30° 49′ 26″ N, 111° 0′ 19,7″ O Daten zum Bauwerk Sperrentyp: Gewichtsstaumauer aus Beton Bauzeit: 1993 bis 2008 Höhe des Absperrbauwerks: ca. 137 bis 150 m Höhe der Bauwerkskrone: 185 m ü. NN Bauwerksvolumen: ca. 28 Mio. m³ Kronenlänge: bis zu 2335 m Kraftwerksleistung: 18.200 MW Daten zum Stausee Höhe des Stauziels: 175 m Wasseroberfläche bei Vollstau: 1.085 km² Stauseelänge: 663 km Stauseebreite: im Mittel etwa 1,6 km Speicherraum: 39.300.000.000 m³
= 39,3 km³Bemessungshochwasser: 113.000 m³/s - Bauart: Gewichtsstaumauer aus Beton
- Bauzeit: 1993 bis 2008
- Staudamm-Länge: 2335 m inkl. Schiffshebewerk und Schleusenanlage; Kronenlänge des Staudamms allein: 1983 m
- Höhe des Staudammes: circa 150 m
- Höhe der Mauerkrone: 185 m ü. d. M.
- Höchstes Stauziel: 180,40 m ü. d. M.
- Normales Stauziel: 175 m ü. d. M.
- Minimaler Betriebswasserstand/Absenkziel: 145 m ü. d. M.
- Wasserpegel talseits (Unterwasser) 62 m bis 83 m ü. d. M.
- Höhenunterschied der Wasserpegel Oberwasser (normales Stauziel)/Unterwasser max. 113 m (= max. Hub der Schiffshebeanlage)
- Staukapazität für Hochwasser: 22,1 Mrd. m³
- Gesamtstauraum: 39,3 Mrd. m³ (zum Vergleich: Bodensee: 48,5 Mrd. m³)
- Wasseroberfläche: 1.085 km² (zum Vergleich: Bodensee: 536 km²)
- Stauseelänge (bei Stauziel): 663 km (andere Angabe: 620 km)
- Regulierter Abfluss in der trockenen Saison: 5.860 m³/sek.
- HWE-Bemessungsdurchfluss: 113.000 m³/s
- Nennleistung: 18.200 MW, Erweiterung auf 22.500 MW im Bau[3] (zum Vergleich Itaipú: 14.000 MW)
- Anzahl der Turbinen: 26
- Verwendete Turbinen: Francis-Turbinen
- Regelarbeitsvermögen: 84 TWh/a, entspricht einer über ein Jahr gemittelten Leistung von 9,6 GW. Das sind 14 % des deutschen Stromverbrauchs im Jahr 2004
- Überflutetes Gebiet: bei normalem Wasserstand 23.793 Hektar Land
- Überflutete Städte: 13
- Überflutete Fabriken: 657
- mittlere Stauseebreite: 1,1 km oder 1,6 km (verschiedene Angaben)
- Umgesiedelte Personen: circa 1,3 bis 2 Millionen
- Bauvolumen:
- Abtragung von Erde und Felsen: 8.789 Mio. m³
- Auffüllung von Erde und Felsen: 3,124 Mio. m³
- Beton: 2,689 Mio. m³ / andere Angabe: Betoneinbau: 28 Mio. m³
Angaben z. T. entnommen aus[4][5][6]
Ziele und Kritik
Hochwasserschutz
Der Hauptgrund für den Bau des Drei-Schluchten-Staudamms war die Beeinflussung des natürlichen Abflusses und die Verhinderung von Überschwemmungen unterhalb der drei Schluchten. Im 20. Jahrhundert sind drei Millionen Menschen in den Fluten des Jangtsekiang ums Leben gekommen. Allein in den letzten 15 Jahren gab es sechs Flutkatastrophen in China, bei denen jedes Mal Tausende von Menschen dem Hochwasser zum Opfer fielen. Die letzte „Jahrhundertflut“ war 1996. Drei Millionen Menschen waren am Jangtsekiang als Helfer im Einsatz, um Schlimmeres zu verhindern. Doch nach Ansicht von Kritikern genügt es nicht, nur einen Riesenstaudamm zu errichten, um die Überschwemmungen zu verhindern, sondern man muss auch die Ursachen bekämpfen. Allzu gern verweist man bei den verheerenden Überschwemmungen allein auf schwere Regenfälle, während die vom Menschen geschaffenen Veränderungen im Einzugsgebiet oft übersehen werden.
Ein gravierender Punkt ist die Abholzung der Wälder entlang des Jangtsekiang. Einst haben diese Wälder den Niederschlagsabfluss vermindert, der heute ohne Rückhaltung in den Strom fließt. Allerdings kam es auch in Zeiten vor der Abholzung der Wälder zu verheerenden Überschwemmungen.
Eine weitere Ursache bildet die Trockenlegung zahlreicher Seen im Bereich des Jangtsekiang zur Gewinnung von Ackerland für die Versorgung der stetig wachsenden Bevölkerung. Diese Seen gingen als Rückhalteräume für die Zuflüsse zum Jangtsekiang verloren. Ein Beispiel bildet die Region Hubei, die 1949 etwa 1066 Seen aufwies, heute aber nur noch 325.
Kritiker verweisen zudem auf die weiter bestehende Hochwassergefahr durch die Nebenflüsse des Jangtsekiang wie den Huai He, auf die die Talsperre keinerlei Einfluss hat.
Energiegewinnung
Zurzeit deckt die Kohleverstromung 75 Prozent des Strombedarfs der Volksrepublik China. Obgleich das Kyoto-Protokoll keine Beschränkungen für China vorsieht, wird dieser Anteil vor dem Hintergrund der zu erwartenden Klimaveränderung durch den Treibhauseffekt als zu hoch angesehen. Der gesamte Energieverbrauch wird aber zweifellos infolge des erheblichen Wirtschaftswachstums der Volksrepublik in der nahen Zukunft noch erheblich ansteigen. Das durch die Errichtung der Staumauer gewonnene Gefälle wird deshalb zur Energiegewinnung verwendet, wodurch jährlich theoretisch bis zu 84 Terawattstunden (= 84 Milliarden kWh) Strom erzeugt werden können. Die durchschnittliche Leistung beträgt also etwa 9600 Megawatt und entspricht der Verstromung von jährlich 168 Millionen Tonnen Kohle bei angenommenem Wirkungsgrad 50 %. Der gewonnene Strom wird vor allem in die Provinzen im Osten geleitet, wofür insgesamt 9.100 Kilometer Hochspannungsleitungen errichtet werden mussten. Die gelieferte Energie wird nicht nur für private Haushalte benötigt, sondern auch für die industrielle Entwicklung bislang unterentwickelter Provinzen wie Sichuan.
Um die maximale Energieausbeute zu erzielen, ist im Stausee jedoch ständig ein hoher Betriebswasserstand erforderlich. Entsprechend besteht ein Konflikt zwischen den beiden Hauptzielen, nämlich der Energiegewinnung einerseits und dem Hochwasserschutz andererseits. Dai Qing kritisierte: „Um die Energiegewinnung zu maximieren, müsste das Staubecken bis zum Rand gefüllt werden; zum Schutz vor Hochwasser sollte es dagegen leer gehalten werden: Die chinesische Regierung hat bislang nicht erklärt, wie der Damm beide Aufgaben gleichzeitig erfüllen kann.“ Speziell während der Hochflut-Saison, also vom Winter bis in den Frühling, ist es nötig, den Betriebswasserstand abzusenken, so dass die Turbinen nicht ihre volle Leistung abgeben können. Darum bemängeln Kritiker die zu optimistischen Prognosen hinsichtlich der Energiegewinnung. Sie behaupten, dass die 26 Turbinen höchstens die jährliche Energie von neun Atomkraftwerken produzieren könnten, und nicht, wie von den Projektleitern versichert, von 16 Atomkraftwerken.
Unbestritten ist, dass durch die saubere Stromerzeugung der Ausstoß von mehreren Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr durch fossile Brennstoffe vermieden werden kann. Die Höhe der tatsächlichen Einsparungen hängt aber von der tatsächlichen Energieproduktion durch das Wasserkraftwerk ab. Die Einlässe zu diesem drohen aber bei Hochwasser durch den Müll der flussaufwärts lebenden 150 Millionen Menschen verstopft zu werden (mangels Deponien wird der Abfall einfach in den Fluss geworfen)[7], ebenso können Schäden für die Schiffe und eine Blockierung der Schleusen nur durch Abfischen des Unrats und Sammelaktionen verhindert werden[8].
Schiffbarkeit
Bisher war die Schiffbarkeit des Jangtsekiang durch die sehr stark schwankende Wassertiefe eingeschränkt. Außerdem bildeten seine hohen, engen Schluchten eine Gefahr für die Schifffahrt. Durch den Stausee wurden die Schluchten breiter und die Wassertiefe stieg im Durchschnitt um 70 Meter. Durch die Erhöhung der Transportkapazität sinken auch die Transport-Preise, so dass die Häfen attraktiver und lukrativer werden. Der Hafen Chongqing wird nun mit 10.000-Tonnen-Schiffen erreichbar. 2005 erreichte die durch die Schleusen transportierte Frachtmenge bereits 43,9 Millionen Tonnen[9]. Die geschleuste Frachtmenge wird derzeit noch durch die Schleusenkapazität begrenzt. Diese wird durch den Bau des zusätzlichen Schiffshebewerkes gesteigert werden. Bei der Vergabe der erforderlichen Planungsarbeiten erhielten auch zwei deutsche Planungsfirmen den Zuschlag für Teilbereiche der Projektplanung[10].
Wasser für den Norden
Ein weiteres Projekt, das eng mit dem Bau der Talsperre verbunden ist, wurde im Jahr 2002 genehmigt: In den Nordprovinzen leiden viele Städte an Wassermangel, da der Wasserverbrauch durch Bevölkerungswachstum und Industrieansiedlungen extrem gestiegen ist. Mit einem Wasserleitungsnetz ist geplant, Wasser aus den südlichen Gebieten, und hier vor allem aus dem Jangtsekiang, in den Norden zu pumpen. Schon seit 2005 soll das erste Wasser fließen und 2010 Peking und andere Städte mit bis zu 48 Milliarden m³ Wasser versorgen. Siehe hierzu Süd-Nord-Wassertransferprojekt.
Ökologische Auswirkungen und Risiken
Viele Nationen haben erkannt, dass die Langzeitfolgen eines solchen riesigen Baus nicht vorhersehbar sind. Wo sie vorhersehbar waren, wurden Studien teilweise nicht veröffentlicht. In China wurden zwei Arten von Gegnern politisch ruhiggestellt: Umweltschützer und das Militär. Denn abgesehen von den bekannteren Umweltbedenken war dem Militär völlig klar, dass die Staumauer im Falle eines militärischen Konfliktes ein empfindliches Angriffsziel bildet.
Die USA haben verkündet, keine derartigen Riesenbauten mehr zu realisieren, da die ökologischen Schäden zu groß seien. Schon jetzt investiere man Milliarden Dollar, um die Auswirkungen der bestehenden Aufstauungen zu reparieren. China jedoch verwirklichte das Jangtsekiang-Projekt trotz der Warnungen einiger Wissenschaftler vor den Ausmaßen des Stausees. Ein großes Problem besteht darin, dass der Jangtsekiang jährlich Millionen Tonnen an Treibsand und Sediment mit sich führt. Sobald die Staumauer den Jangtsekiang abriegelt, wird dessen Selbstreinigung verhindert. Das könne zur Folge haben, so Kritiker, dass die Staukapazität des Drei-Schluchten-Staudammes zurückgehe. Bisher hat man das Problem der Versandung bei Riesen-Talsperren weltweit noch nicht lösen können. Die Gezhouba-Talsperre soll angeblich durch diesen Effekt bereits nach sieben Jahren gut ein Drittel ihrer Staukapazität eingebüßt haben. Die Projektleiter sollen dieses Problem mit Hilfe zweier zusätzlicher Stauseen zum Aufhalten der Sedimentablagerungen in den Griff bekommen.
Das zurückgehaltene Sediment steht außerdem flussabwärts nicht mehr zur Verfügung. Bisher wurde es bei Hochwasser auf den flussnahen Feldern abgelagert und verbesserte damit den Nährstoffgehalt der Böden. Darüber hinaus wurde bislang die normale Abtragung am Flussgrund durch frisches Sediment aus dem Oberlauf ausgeglichen. Bleibt dieses aus, besteht die Gefahr, dass der Fluss sich eintieft und der Grundwasserspiegel sinkt.
Darüber hinaus wird eine Vielzahl Tier- und Pflanzenarten durch das Projekt bedroht, da deren natürlicher Lebensraum zerstört wird. Betroffen sind:
- 2.862 Pflanzenarten
- 335 entdeckte Fischarten wie der Chinesische Stör (Acipenser sinensis), der Jangtse-Stör (Acipenser dabryanus) und der Schwertstör (Psephurus gladius) sind durch den Bau vom Aussterben bedroht.
- Bedroht sind auch 22 Tierarten, die auf der Roten Liste aussterbender Tierarten stehen, z.B. der China-Alligator (Alligator sinensis). Bedroht war auch der Chinesische Flussdelfin (Lipotes vexillifer).
Um die Tierarten zu schützen, will man an einem abgesperrten Flussarm des Jangtsekiang ein Reservat errichten, das ökologisch noch weitgehend intakt ist. Kritiker befürchten jedoch, dass sich Gifte aus Müllhalden und Fabriken im Wasser lösen könnten. Dazu kommt das Methangas, das durch die Verrottung der Vegetation der überfluteten Gebiete entsteht.
Eine im Jahre 2005 veröffentlichte Studie (Xian et al. (2005), siehe Literatur) hat gezeigt, dass durch den Drei-Schluchten-Damm bereits negative ökologische Folgen eingetreten sind: Mehrere hundert Kilometer unterhalb der Staumauer, im gezeitenbeeinflussten Mündungsgebiet des Jangtsekiang, wurde eine starke Zunahme von eingewanderten Quallenarten beobachtet. Durch den verringerten Abfluss und damit einhergehend der verringerten Sedimentfracht strömt bei Flut mehr Salzwasser vom Meer in das Mündungsgebiet, wodurch ideale Bedingungen für die Quallen entstanden. Das Problem wird durch die Überfischung der vormals im Mündungsgebiet lebenden essbaren Qualle Rhopilewma esculenta weiter verschärft.
Ferner kommt hinzu, dass die Talsperre in einem von Erdbeben gefährdeten Gebiet in der Nähe einer geologischen Verwerfung errichtet wird. Im Falle eines Dammbruches würden mehrere Millionen Menschen bedroht. Zudem könnten solche Erdbeben durch das Gewicht der Wassermassen ausgelöst werden. Die chinesische Regierung betont, dass das Bauwerk auch einem Erdbeben der Stärke 7 standhalten könnte.
Für den Fall, dass alle Sicherheitsmaßnahmen beim Bau des Dammes sehr genau eingehalten worden sind, wird das Risiko eines Dammbruches für ähnlich wahrscheinlich gehalten wie dasjenige eines GAUs in einem Atomkraftwerk.
Korruption
Hongkonger Zeitungen meldeten im Jahre 2001, dass Anfang Mai 2000 staatliche Baufirmen umgerechnet etwa 125 Millionen Euro im Zusammenhang mit dem Jangtsekiang-Projekt veruntreuten. Zuvor berichtete sogar eine parteinahe Pekinger Wirtschaftszeitung von einem Korruptionsfall im Umfang von etwa 60 Millionen Euro. Im letzteren Fall wurden etwa hundert Beamte schuldig gesprochen.
Zwar wird Korruption in China scharf verfolgt, allerdings wird auch verfolgt, wer darauf aufmerksam macht: Wegen Veröffentlichung von Korruption im Drei-Schluchten-Damm-Projekt standen vier Landwirte im April 2001 in Peking vor Gericht (Quelle: AFP-Jiji). Human Rights Watch und Probe International nannten gemeinsam die Namen der vier Angeklagten: He Kechang, Ran Chongxin, Jiang Qingshan und Wen Dingchun. Die vier Bauern gaben der internationalen Presse Informationen über Korruption in dem Talsperrenprojekt. Sie sind aus der Gegend um Gaoyang im Kreis Yunyang, der in der Mitte des neuen Stausees liegen wird, und wurden verhaftet, als sie sich auf eine Reise nach Peking vorbereiteten, um der Regierung dort eine Petition zu vermutlichen Korruptionsfällen zu übergeben.
Tourismus
Der Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle im Drei-Schluchten-Gebiet, von dem aber Teile überflutet werden, wie zum Beispiel Chinas Loreley, die nur noch als Brustbild zu beobachten sein wird. Kritiker gehen davon aus, dass der bisherige Reiz einer Schifffahrt durch die Drei Schluchten nach der vollständigen Aufstauung verloren geht, während die Befürworter des Projekts darauf hinweisen, dass bei mehr als 1.000 m hohen Felswänden eine Reduzierung der Schluchten um ungefähr 90 m nur eine geringfügige Beeinträchtigung darstelle und das Panorama der Schluchten eindrucksvoll genug bleibe. Auch wenn das Landschaftsbild mit seinen hohen Felswänden und markanten Felsspitzen zum Großteil erhalten bleibt, verliert die Passage der Drei-Schluchten für Touristen an Dramatik. Die Fahrten über einen reißenden Jangtsekiang gehören bereits jetzt der Vergangenheit an. Andererseits ist der Drei-Schluchten-Damm auch für sich genommen eine Touristenattraktion, durch die Geld in diese Region kommt.
Zwangsumsiedlung in den Überflutungsgebieten
Nicht nur Landschaften sind untergegangen, sondern auch ganze Städte, unzählige Dörfer und Fabriken. Einige Beispiele dafür sind die Tempelstadt Fengdu mit ihren archäologischen Stätten, Wanxian (140.000 Einwohner) und Fuling (80.000 Einwohner). Dabei lagen die Probleme bei der Umsiedlung, denn insgesamt mussten bis zu zwei Millionen Menschen umgesiedelt werden. Der größte Teil davon waren Bauern, welche auf das ertragreiche Schwemmland am Ufer des Jangtsekiang verzichten und in die höherliegenden Gebiete ziehen mussten. Doch diese karstigen Hochlagen mit einem raueren Klima sind für die Landwirtschaft schlecht geeignet. Experten sagen, dass diese Hochlagen nur ein Fünftel des Ertrages des Schwemmlandes abwerfen.
Die Kritikerin Dai Qing befürchtete, dass die Umsiedler nicht wie zugesichert eine neue, gleichwertige Behausung bekommen, und große Teile der von der Regierung zugesagten Entschädigung von umgerechnet 3.000 Euro im Korruptionssumpf versickern werden. Ebenso sollen die Fischbestände in dem Stausee geringer werden, so dass die Fischer einen Teil ihrer Existenzgrundlage verlieren werden.
Der Aktivist Fu Xiancai beschwerte sich wiederholt wegen ausbleibender Entschädigungen für die Bauern. Nach einem kritischen Interview gegenüber dem ARD-Magazin Tagesthemen wurde Fu brutal zusammengeschlagen und ist seither vom Hals abwärts gelähmt. Die lokalen Behörden weigerten sich zudem, für eine lebensnotwendige Operation aufzukommen. Erst die deutsche Botschaft finanzierte den Eingriff.[11] Menschenrechtler weltweit protestierten gegen dieses Vorgehen Chinas.
Bereits 1995 wurde davon ausgegangen, dass 3,2 bis 4,5 Millionen Menschen von ökologischen Problemen betroffen sein werden. Im Oktober 2007 wurde entschieden, dass weitere 4 Millionen Menschen aus ökologischen Gründen umzusiedeln seien.[12]
Energieübertragung
Für die Übertragung der im Drei-Schluchten-Damm erzeugte elektrische Energie wird unter anderem auch die Technik der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) angewendet. Die bipolare HGÜ Three Gorges–Guangdong ist 940 km lang, wird mit einer Gleichspannung von ±500 kV betrieben und ist für die Übertragung einer Leistung von 3 GW ausgelegt.
Für die Verteilung der elektrischen Energie auf andere Städte wurden bis zu 9100 km an Stromleitungen verlegt.
Verweise
Siehe auch
Film
- Shi Ming, Thomas Weidenbach (Regie): Chinas Größenwahn am Yangtse. Deutschland, 2008, 43 Min., WDR (Mit Bildervergleich 1995–2007;[13])
- Jia Zhangke (Regie): Still Life. Volksrepublik China, 2006
Weblinks
Commons: Drei-Schluchten-Damm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Interactive: China’s three gorges dam („The Guardian“, 16. Juni 2006 – Flash-Show zur Fertigstellung)
- China Yangtze Three Gorges Project (TGP), offizielle Website
- 3 Schluchten Projekt am Yangtze, technische Angaben und Skizzen auf talsperrenkomitee.de, 2002
- C.F. Zhang: The Three Gorges Project (Analyse und Vorhersagen, 1995)
- Three Gorges von International Rivers Network
- J. Akkermann/Th. Runte/D. Krebs · Ship lift at Three Gorges Dam, China – design of steel structures Nachdruck aus: Steel Construction 2 (2009), No. 2, Abruf vom 30. März 2010
- Bilder
- „Jangtsekiang – ein Fluss zwischen Gestern und Morgen.“ Eine Bildreportage über den Dreischluchten-Staudamm von Anke Neugebauer – Teil I, Telepolis, 18. März 2006 und Teil II
- Animationen und Satellitenaufnahmen der Bauphase, NASA
Einzelnachweise
- ↑ Christine Faustmann: Dreischluchtendamm am Jangtsekiang – Das größte Wasserkraftwerk der Erde. Maturaarbeit Geographie & Wirtschaftskunde, BG/BRG/BORG Hartberg 2002
- ↑ Die letzte Ladung Zement (news.orf.at, 20. Mai 2006)
- ↑ Zhou Xiaoqian, et al.: Design Features of the Three Gorges. Presented at Cigré 2000 Conference, Paris (PDF)
- ↑ Eckhard Freiwald: Der Drei-Schluchten-Damm in China: Das grösste Staudamm-Projekt der Welt. TORO-Verlag, 1997, ISBN 3922732836.
- ↑ Internetseite des Deutschen Talsperrenkomitees
- ↑ J. Akkermann/Th. Runte/D. Krebs, Ship lift at Three Gorges Dam, China – design of steel structures, a special reprint from: Steel Construction 2 (2009), No. 2.
- ↑ T-Online vom 4. November 2010: Rund 4000 Tonnen Müll aus Drei-Schluchten-Damm gefischt
- ↑ Spiegel Online vom 2. August 2010: Müllmassen drohen Drei-Schluchten-Staudamm zu verstopfen
- ↑ Angabe aus Artikel bei Lloydslist.com (Zum einsehen des vollständigen Artikels ist ein Account erforderlich: Dam and blast: 190 tonnes of dynamite unleashes cargo jam) [1]
- ↑ Bericht der Newsseite www.finanznachrichten.de über die Auftragsvergabe für die Planung des Schiffshebewerks:[2]
- ↑ http://www.n-tv.de/679791.html
- ↑ Tagesschau: Bis zu vier Millionen Chinesen sollen Wohnungen verlieren (nicht mehr online verfügbar), 12. Oktober 2007
- ↑ Arte-Infos zum Film
Literatur
- Dai Qing: The river dragon has come! The Three Gorges Dam and the fate of China’s Yangtze River and its people. Sharpe, Armonk NY 1997, ISBN 0-7656-0205-9.
- Achim Gutowski: Der Drei-Schluchten-Staudamm in der VR China: Hintergründe, Kosten-Nutzen-Analyse und Durchführbarkeitsstudie eines großen Projektes unter Berücksichtigung der Entwicklungszusammenarbeit. Institut für Weltwirtschaft und Internationales Management, Bremen 2000.
- Jens-Philipp Keil: Das Drei-Schluchten-Projekt und seine Auswirkungen auf die sozio-ökonomische Entwicklung im Xiangxi-Einzugsgebiet in der Provinz Hubei, VR China. Diplomarbeit, Universität Gießen, Gießen 2002 (Volltext).
- Alexandra Rigos, Zeng Nian: Die Zähmung des „Langen Flusses“. In: Geo. Nr. 6/2003, ISSN 0342-8311, S. 20–46.
- Weiwei Xian, Bin Kang, Ruiyu Liu: Jellyfish blooms in the Yangtze estuary. In: Science. Nr. 307(5706), 2005, ISSN 0036-8075, S. 41.
- Ute Wörner: Staudamm gefährdet chinesische Fischbestände. In: Naturwissenschaftliche Rundschau. 58.Jg., Nr. 6, 2005, ISSN 0028-1050, S. 330-331.
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