Geschichte der Stadt Lubsko

Geschichte der Stadt Lubsko

Die Umgebung um die heutige Stadt Lubsko (deutsch: Sommerfeld) war bereits während der Periode der Lausitzer Kultur bewohnt. Darauf weisen Funde aus dieser prähistorischen Zeit hin.

Die Besiedlung in der Neuzeit geht nach der Meinung des Sommerfelder Oberpredigers Johann Möller (1628–1671) bis in die erste Hälfte des 9. Jahrhunderts zurück und wird auf das Jahr 840 datiert. Zu jener Zeit war das Land von den slawisch-sorbischen Stämmen Selpoli (das Alte Land) bewohnt. Die Siedlung teilte für ein paar Jahrhunderte das Schicksal der Niederlausitz, zu der es auch geografisch gehört. Der Name der Stadt leitet sich wahrscheinlich von einem slawisch-sorbischen Begriff Zemrje ab, was totes Feld heißen soll und auf eine Kultstätte in einem sumpfigen Gebiet zurückzuführen ist. Aus dieser Stätte soll zuerst eine regionale Marktsiedlung entstanden sein, die zusammen mit der dort angelegten Burg, die den Flussübergang überwachte, zur Stadt wuchs.

Inhaltsverzeichnis

Unter der Mark Lausitz

In den Zügen der deutschen Ostkolonisation wurde der Ortsname Sommerfeld zum ersten Mal in einem Privileg zur Bau einer Burg von Markgraf Heinrich I. aus dem Jahr 1106 urkundlich erwähnt. Er selbst lebte zu diesem Zeitpunkt aber nicht mehr. Bei dem Dokument handelt es sich anscheinend um eine zeitgegenwärtige Fälschung, um die Ansprüche auf die Mark Lausitz innerhalb des Adelsgeschlechts der Wettiner zu untergründen.

Das Stadtrecht wurde 1283 durch den Markgrafen Heinrich III. (genannt der Erlauchte) auf Grundlage des Magdeburger Rechts verliehen. In der bis heute erhaltenen Urkunde werden mehrmals die Tuchmacher genannt, die es also in der Mehrzahl in der Stadt gegeben haben muss. So sollten sie z. B. die Jahrmärkte frei, ohne Zoll zu entrichten, mit zwei vierspännigen Wagen beziehen dürfen. Die Stadt hatte wahrscheinlich schon einen befestigten Ring und bekam das Recht zur Erweiterung der Befestigungen. Zwei Tore der Stadt führten nordwärts nach Guben und südwärts nach Sorau. Der Markgraf setzte überall seine Landvögte (advocatus) ein, die in seinem Namen die Stadt verwalteten.

Unter der Mark Brandenburg

Nach dem Tod des Grafen Heinrich brachen die Erbstreitigkeiten unter der Wettinern aus. So hat sein Enkel Dietrich IV. (Diezmann) die Stadt bereits 1304 aufgrund seiner finanziellen Probleme an die Brandenburgischen Askanier Otto IV. und Waldemar verkauft. Zum ersten mal gehörte die Stadt zur Mark Brandenburg.

Die nachfolgenden Jahre waren durch die wirtschaftliche Not, Missernten und Hunger gezeichnet. Vor seinem Tod hat Markgraf Waldemar 1318 unter anderem der Stadt Sommerfeld noch die Privilegien zur Rechtsprechung vergeben. Von nun an hatte die Stadt das Verurteilungsrecht für die Verbrechen, die innerhalb der Mauer stattfanden. Auch das Recht zur Haltung der Gerichte, einen für ein Jahr wählbaren Richter und drei auf Lebenszeit gewählte Schöffen war vergeben. Nach dem Tod des Markgrafen kam es zu Streitigkeiten und Kämpfen um die Niederlausitz zwischen den benachbarten Fürsten, wobei auch die Stadt betroffen war. So zog bald der Luxemburger Johann von Böhmen über die Mark und nahm die Stadt ein auf dem Weg nach Guben. Im Jahr 1323 wurde die Mark und die Stadt vom Kaiser Ludwig IV. an seinen ältesten Sohn Ludwig übertragen. Der neue Markgraf hat der Stadt 1343 die Freiheit von Zollabgaben durch die gesamte Mark zugesprochen. 1350 hat der Stadtrat die Wassermühle am Fluss Lubust erhalten.

Die Stadt wurde 1353 vom Brandenburgischen Markgrafen an Friedrich III. von Meißen verpfändet. Friedrich hat 1359 ein wirtschaftliches Recht für den freien Handel mit Frankfurt und Brandenburg erteilt, das ein Jahr später von Ludwig der Römer bestätigt wurde.

Unter dem Schlesischen Herzogtum Schweidnitz-Jauer

Durch einen Vertrag zur Ablösung der Pfandsumme zwischen Kaiser Karl IV. und dem Brandenburger Markgrafen kam die Stadt zwischen 1364 und 1368 in die Besitz von Bolko II. von Schweidnitz, einem Verwandten des Kaisers aus dem polnischen Geschlecht der Piasten.

Jedes Mal, wenn die Stadt einen Besitzer wechselte, nutzte der Stadtrat die Gelegenheit, um neue Privilegien sowie die Bestätigung der bisherigen zu erhalten. Auch der schlesisch-polnische Herzog gab dem Stadtrat nach.

Unter Böhmen

Büttelturm

Nachdem Bolko ohne Nachkommen verstarb, fiel Sommerfeld an Karl und seinen minderjährigen Sohn, den böhmischen König Wenzel IV., zurück und blieb während der beinahe nächsten hundert Jahre unter der Böhmischen Krone. Wenzel verlieh der Stadt 1411 das Münzrecht. In dem Jahrhundert kam es zu einer Mediatisierung der Stadt, die der Familie von Biberstein in Pfand übergeben worden war.

Im April 1430 wurde die Stadt von einem hussitischen Heer in der Stärke von 300 Fußsoldaten und Reitern geplündert und teilweise in Brand gesetzt, als diese Richtung Bober zogen. Wiederholt tauchten die Taboriten im August 1431 vor der Stadtmauer auf. Nach den zähen Verhandlungen und Abgabe der Verpflegung und sämtlichen Pferde haben sie diesmal die Stadt verschont.

Um 1457 wurde in der Stadt der Humanist Johannes Rak (der Jüngere) als Sohn eines Müllers geboren.

Wieder unter der Mark Brandenburg

Während des Märkischen Krieges zwischen Achilles von Brandenburg und Hans von Sagan wurde die Stadt von beiden Parteien mehrmals besetzt und erobert. Aufgrund des Kamenzer Friedens erhielt der Brandenburger 1492 Sommerfeld. Seitdem gehörte die Stadt neben Crossen bis 1945 zu Brandenburg. Die Stadt und die nahe Umgebung bildeten dadurch einen brandenburgischen Landkeil mitten in die sächsische Niederlausitz, die erst 1815 an die preußische Provinz Brandenburg fiel.

Am 13. Juli 1496 wurde Sommerfeld durch den großen Brand beinahe völlig zerstört. Die Wiederaufbau ging rasch voran, aus dieser Zeit stammt auch die Stadtpfarrkirche am Markt. Während des 16. Jahrhunderts kam es zur friedlichen Stadtentwicklung, die kein Krieg gestört hat. Eine Krönung dieser Epoche ist das Rathaus, gebaut im Renaissancestil von einem italienischen Architekten. Die Brände kamen noch wiederholt im Jahr 1597 und später 1609.

Die Mediatisierung der Stadt war 1543 vollkommen, als diese zum Privateigentum der Familie von Pack und später von Kottwitz geworden ist. Dies aber führte in den nachfolgenden Jahren zu mehreren Konflikten zwischen den Besitzern und dem Stadtrat. Diese hat 1611 eine Stadtwache ins Leben gerufen, um die Bewohner vor den Schlossknechten zu schützen.

Schloss Sommerfeld um 1860, Sammlung Alexander Duncker

Während des Dreißigjährigen Krieges hat auch Sommerfeld sehr stark gelitten. Zuerst haben die brandenburgischen Truppen mehrmals in der Stadt gewütet. Im Oktober 1627 kam zum ersten Mal Wallenstein in die Stadt bei der Verfolgung Mansfelds. Der Friedländer hat noch mehrere Male mit seinen Soldaten die Stadt besucht und mit hohen Kontributionen belegt. Nur zwischen 1627 und 1629 war „… die Stadt noch an die zwanzig Male geplündert worden“.[1] 1632 wurde Sommerfeld Opfer kroatischer Truppen von Ferdinand II. Neben Plünderungen waren viele Todesopfer zu beklagen. Zu den Kriegsleiden kam 1633 noch die Pest, die das Leben von 580 Menschen gekostet hat (Mehrzahl der gesamten Bevölkerung). Nachdem die Schweden in den Krieg eingetreten sind, zogen auch sie zwischen 1639 und zuletzt 1643 mehrmals über die Stadt. Langsam hat sich die Stadt von dem Krieg erholt. Auch die Zerstörungen in der nahen Umgebung und den Dörfern waren groß. Die Weinanbaugebiete um Sommerfeld wurden fast völlig zerstört und seitdem die Weinanbau aufgegeben.

Schloss

Die Kriege im 18. Jahrhundert haben zwar die Stadt von der Zerstörungen verschont aber ihr große Lasten auferlegt. Im Siebenjährigen Krieg zogen mehrmals die preußischen Korps unter Friedrich der Großen aber auch österreichische Korps durch die Stadt. Im August 1759 musste die Stadt mehrmals kaum erschwingliche Lieferungen von Verpflegung an die kaiserliche Armee verkraften. Einige der ansehnlichen Stadtbürger wurden dabei für mehrere Jahre als Geiseln bis nach Prag verschleppt.

Während der napoleonischen Kriege zogen hier fremde und eigene Armeen durch, die jedes Mal Kontributionen forderten. Im Juli 1813 hat die Sommerfelder Landwehr die Angriffe von französischen Truppen von den Mauern zurückgeschlagen.

Unter Preußen

Stadtansicht von 1841 nach Daniel Murmann

Die Städteordnung in Preußen von 1807 brachte der Stadt eine Zeit der Unabhängigkeit und der Immediatenstadt-Status entfiel. Die Stadt bekam frei gewählte Stadtverordnete und nahm die Verwaltung in die eigene Hand. Nach der preußischen Verwaltungsreform von 1815 wurde Sommerfeld in den brandenburgischen Kreis Crossen eingegliedert.

Als Gutsherr auf Schloss Sommerfeld wurde 1793 der Johanniter-Ritter George Friedrich von Beerfelde erwähnt. Seine Nachfahren bauten das Schloss ab 1840 in die bis heute bestehende Gestalt um.

Die Zeit der Industrialisierung hat in der Stadt mit der ersten in Betrieb genommenen Dampfmaschine und dem ersten Fabrikschornstein 1835 begonnen. In der Zeit wurde der Stadtmauerring geschleift. Übrig geblieben von der alten Befestigungen ist ein bis heute erhaltener Turm (Büttelturm) des Sorauer Tores sowie Mauerreste, die beim Bau in einige Häuser aufgenommen wurden. In dieser Zeit ist auch ein immenser Zuwachs der Jüdischen Gemeinde zu verzeichnen. So zählte die Stadt im Jahr 1844 26 Juden und nach zwei Jahren schon 47 Juden. Ein Jüdischer Friedhof, dessen Reste bis heute erhalten sind, wurde im Süden der Stadt eingerichtet. Im Jahr 1846 wurde Sommerfeld an die Bahnlinie Berlin–Breslau angeschlossen. 1857 nahm eine Gasanstalt den Betrieb auf, und 1863 wurden Wasserleitungen verlegt. Mit Gasglühlicht wurde 1896 die Straßenbeleuchtung eingeführt.

Die Einwohnerzahl wuchs ständig, mehrere neue Betriebe der Textilindustrie sowie die Ziegelwerke sind in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden und die Stadt erlebte den Gründerzeitboom mit und war stets die größte Stadt im Kreis. Neben neuem wirtschaftlichen Aufschwung wuchs auch die Dienstleistungsinfrastruktur. Mehrere Schulen, das Krankenhaus, das klassizistische Schützenhaus und einige Hotels sind in der Zeit entstanden.

Der erste Weltkrieg hat die Stadtentwicklung gestoppt. Die Bevölkerungsanzahl ging bis 1939 kontinuierlich leicht zurück. Auch die Infrastruktur hat sich in den Zeiten der wirtschaftlichen Krisen geändert. Die kleinen Betriebe wurden durch wenige Aktiengesellschaften übernommen und die Produktion stark konzentriert.

Das Schloss wurde 1930 an die Innere Mission verkauft, seitdem dient es, mit kurzen Unterbrechungen, als Pflegeheim für die älteren Bedürftigen.

Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg war die Stadt von großen Zerstörungen aus der Luft nicht betroffen. In den zahlreichen Fabriken wurden viele Zwangsarbeiter aus den von Nazideutschland besetzten Gebieten eingesetzt. Vor allem die Textilfabriken, Ziegeleien und auch kleinere Maschinenbaubetriebe waren auf die fremde Kraft angewiesen. Im 1943 kam es in der Hutfabrik Lembert zu einem Aufstand unter den russischen Arbeiterinnen, der von den Polizeikräften blutig aufgelöst wurde.[2][3]

Ende Januar 1945 wurde in der Gegend zwischen Sommerfeld, Forst und Guben eine hier irrtümlich abgesetzte Kommandotruppe Wisła (Weichsel) der Polnischen Armee tätig.[4] Neben Aufklärung in und um die Stadt gab es einen Sabotageakt am 8. Februar 1945 an der Bahnlinie zwischen Sommerfeld und Crossen.[5] Wegen Überfällen zwecks Verpflegungbeitreibung wurde die Gruppe bei der Zivilbevölkerung in den Dörfern gefürchtet.

Anfang Februar 1945 wurde Sommerfeld neben anderen niederlausitzer Städten zum Vorfeld der Schlacht am Bober. Am 13. Februar morgens hat die sowjetische Armee die deutschen Stellungen am Fluss Bober (in 20 km Entfernung) durchgebrochen und war bis an die Stadt heran gekommen.[6] Tagsüber sind noch die Züge mit den Flüchtlingen vom Bahnhof in Richtung Westen abgefahren.[7] Abends hat das 6. Mot. Gardekorps unter Oberst M. Orlow Sommerfeld erreicht und die Kämpfe haben begonnen. Am 14. Februar wurde die Stadt eingenommen und der sowjetische Stoßtrupp drang weiter in die Richtung der Neiße südlich von Guben vor. Dabei wurde die polnische Kommandogruppe von den sowjetischen Einheiten aufgefangen und die Soldaten beinahe als Diversanten erschossen. Ein Gegenangriff der deutschen Kräfte hat am 15. Februar begonnen. So wurde die Stadt von der Sturmbrigade Dirlewanger und der Resten der 21. Panzerdivision am 16. Februar auf dem Vorstoß in Richtung Bahnknotenpunkt Benau zurückerobert.

In diesen Tagen sind von polnischen Zwangsarbeitern im Wald in der Nähe einer Ziegelei die Leichen von 64 erschossenen französischen Kriegsgefangenen entdeckt worden. Unklar bis heute ist, wer für dieses Kriegsverbrechen verantwortlich war.

Am 19. Februar mittags stand die Stadt unter Artilleriebeschuss, wobei der Turm der Pfarrkirche am Markt getroffen wurde, jedoch ohne größere Schäden blieb. Die zähen Kämpfe östlich von Sommerfeld gingen bis zum 20. Februar weiter, als die deutschen Einheiten vom Bober zurückweichen mussten. Sommerfeld wurde an dem Tag morgens erneut von den sowjetischen Kräften besetzt. In der Nacht vom 20. zum 21. Februar sind noch die Reste der deutschen Einheiten über die Stadt in Richtung Guben zur Wiederaufstellung hinter der Neiße gezogen.[8] Bei den gesamten Kämpfen wurden in der Stadt nur einige Häuser zerstört.

Nach der Stadteinnahme kam es zu den damals üblichen Übergriffen an der Zivilbevölkerung. Bald wurden die technischen Ausrüstungen der meisten Betriebe regelrecht abmontiert und in die Sowjetunion verschafft. Auch einige Stadtbedienstete waren von den Deportationen betroffen.

Volksrepublik Polen

Am 3. Juni 1945 wurde die östlich der Oder-Neiße-Linie liegende Stadt vom sowjetischen Kommandanten offiziell der polnischen Verwaltung übergeben. Die Stadt bekam anfangs den polnischen Namen Zemsz und ab 1947 den Namen Lubsko, der sich vom Fluss Lubsza ableitet.

Als Ergebnis der Potsdamer Konferenz wurde Sommerfeld Teil Polens aber die deutsche Bevölkerung bereits Ende Juni 1945 vertrieben. Als Siedler kamen dann in die Stadt überwiegend Vertriebene aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten, des heutigen Litauen, der Ukraine und Weißrusslands. Die Zerstörungen und Plünderungen an Maschinenausrüstung der Betriebe in der Stadt konnten bis Anfang 1946 behoben werden, so dass die großen Textilfabriken in der Stadt ihre Produktion wieder aufnahmen. In den folgenden Jahren wurde die Stadt, wie auch alle an die polnische Verwaltung gestellten Gebiete von den vielen ankommenden Übersiedlern sowie von der zentralen Regierung in Warschau teilweise als reine Ressourcenquelle betrachtet. Die Plünderungen und Verwüstungen dauerten an, unterstützt durch die allgemeine Unsicherheit sowie die Unklarheit der Potsdamer Beschlüsse. Einige Straßenzüge wurden Ende der vierziger Jahre geschleift, um das Baumaterial für die Wiederaufbau der Hauptstadt zu gewinnen. Die Wirtschaft in der Zeit des Realsozialismus nach 1945 basierte auf der übernommenen Infrastruktur, die lange Zeit nicht ausgebaut wurde. Die öffentliche Kommunikation spielte nur noch eine räumlich begrenzte Rolle mit schlechten regionalen Verbindungen.[9]

Ende sechziger Jahre kam es zu den eingeschränkten Reinvestitionen der Betriebe in der Stadt. Der Zuwachs an der Bevölkerung verlief stetig, so dass Lubsko zwischen 1954 und 1975 Kreisstadt war. Diese Periode war für die Stadt von der Entwicklungsdynamik des lokalen Charakters gezeichnet. Nach der Annäherung zur Bundesrepublik, deren Änderung der Ostpolitik und anschließender Unterzeichnung der Warschauer Verträge kam es kurzzeitig zur Ausbau des staatlichen Handels und der Industrie. Der Umweltschutz spielte dabei noch keine Rolle. In Lubsko entstanden auch neue Siedlungen, Plattenbauten, Schulen und die Stadtbibliothek. Nach der polnischen Verwaltungsreform Reform 1975 war die Stadt zu einen kleinen Gemeinde reduziert worden. Die Eigenschaft einer Stadt in der Peripherie, weit entfernt von den zentralisierten Verwaltungsorten wurde deutlicher. Die schwächer werdende Infrastruktur, und die bereits niedrigen Umsätze der staatlichen Handelsorganisation[10] zeichnete auch hier ab Mitte siebziger Jahre die Krise der Warschauer Planwirtschaft an.

Dritte Polnische Republik

Nach der Wende 1989 kam es zu massiven Entlassungen der Beschäftigten und damit einer sehr hohen Arbeitslosigkeit (über 40 %). Die wirtschaftliche Infrastruktur war fast zusammengebrochen. Nur einige kleine Betriebe haben ihre Produktion fortgesetzt. Der Schienenverkehr kam zum Erliegen und seitdem ist die Stadt nur über die regionalen Straßen erreichbar.

Die großen Fabriken und Ziegeleien standen zuerst in der Verwaltung der Woiwodschaft und wurden privatisiert. Da es sich meist um Betrugsfälle handelte, verfielen die Betriebe zunehmend, wurden vollständig geplündert und Anfang des 21. Jahrhunderts abgerissen. Nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union nimmt die Stadt an mehreren regionalen Wirtschaftsprojekten der EU teil. Durch Niederlassung von Investoren aus Deutschland sank die Arbeitslosenquote auf ca. 20 %.

Lubsko und die Bahn

Bahnhofsgelände

Da Sommerfeld in der Mitte der Bahnlinie Berlin–Breslau lag, wurden die Bahnbetriebshöfe ab Mitte des 19. Jahrhunderts ausgebaut, um den Fuhrpark zu bedienen. Später zweigten von Sommerfeld weitere Bahnlinien nach Crossen, Sorau und Grünberg über Benau ab. Eine private Bahnlinie ist Ende des 19. Jahrhunderts nach Teuplitz und weiter bis nach Weißwasser an der Bahnstrecke Berlin–Görlitz entstanden. Dadurch wurde die Stadt zu einem wichtigen Bahnknotenpunkt.

Mit dem Wegfall der Verbindungen nach Berlin und Weißwasser wurde der Bahnverkehr nach 1945 stark eingeschränkt und wurde nach und nach immer unbedeutender. 1989 wurde der Personenverkehr als unrentabel eingestellt. Der Bahnhof wurde geschlossen und nur noch der Warenverkehr zum Güterbahnhof aufrechterhalten. Seitdem sind die Bahnanlagen in der Stadt stark verfallen oder abgerissen.

Religionen

Reformation im 16. Jahrhundert

Die Reformation erfolgte in Sommerfeld recht verwirrend. 1524 Berichtete der Pfarrer Simon Kuhne an den brandenburgischen Kurfürst Joachim I., dass „der Bürgermeister befohlen habe, nur den halben Zins zu geben und den Dreißigsten zu zahlen verboten habe. Die Priester müssten verhungern“.[11] Zu dem Zeitpunkt gab es schon in der Stadt einen lutherischen Prediger Michael Reuther, einen ehemaligen Bruder des Ordens vom Heiligen Geist in Cottbus, von dem der Pfarrer erzählte:

„Er hat seine Tonsur verwachsen lassen, das Kreuz und Betbuch verworfen, weltliche Kleidung angezogen, trägt ein roth schottisch Birät, ein roth leinenes Gewand und ausgeschnittene Schuhe, will eine junge Witwe heirathen und ist nicht sonderlich gelehrt.“[12]

Weiterhin kamen Klagen, dass die Fleischer sein Priestergewand genommen und verkauft haben. Dagegen soll der Pfarrer dem evangelischen Prediger das Läuten verwehrt und ihn durch unaufhörliches Orgeln an der Predigt gehindert haben.

Mariä-Heimsuchungs-Kirche

Im Jahr 1527 sah es schon anders aus: Der Pfarrer „… hat sich ein Weib genommen – Anna, Tochter des hiesigen Balbiers Fabianus und ist lutherisch worden. Dabei nennt er sich ‚Lekturist‘.“[13][14] Kurfürst Joachim hat in der Zeit in einem Brief vom amtierenden Bürgermeister und dem Stadtrat noch gefordert, „dass sie die catholischen Zeremonien gebrauchen sollen und die lutherischen entfernen“.[15] Aus Angst vor den möglichen Repressalien seitens des Fürsten wurde die Reformation nicht öffentlich praktiziert.

Nach dem Tod des Kurfürsten kam im Jahr 1537 der erste offizielle evangelische Pastor Bartholomäus Frantz aus Wittenberg in die Stadt. Im Jahr danach fand die förmliche Abschaffung des katholischen Brauchs in der Stadt statt und die Bevölkerung wurde bis 1542 vollständig evangelisch. Auch die slawische Bevölkerung der Gegend wurde bald zu den Anhängern der neuen Lehre. In der Nikolauskirche innerhalb der Stadt wurden die Gottesdienste in der sorbischen Sprache bis ins 19. Jahrhundert gehalten.

Eine offizielle Abschaffung der evangelischen Kirche in der Stadt ist mit Auflösung der Evangelischen Kirche von Schlesien östlich von Oder und Neiße durch die polnische Behörden am 31. Oktober 1946 erfolgt.

Rekatholisierung im 20. Jahrhundert

Ende des 19. Jahrhunderts sind in der Stadt viele Arbeiter aus Großpolen sowie anderen Teilen Deutschlands angesiedelt, die eine Beschäftigung in der lokalen Industrie gefunden haben. Mit der Zeit stieg wieder der Anteil an der Anhänger der katholischen Konfession, so dass 1908 eine aus Spenden finanzierte neue katholische Kirche im neugotischen Stil gebaut wurde.

Nach 1945 wurden die zwei evangelischen Kirchen der Stadt zu katholischen Kirchen umgestaltet, da die nachkommende polnische Bevölkerung überwiegend römisch-katholisch war. Die Nikolauskirche ist aber in der nachfolgenden Zeit völlig unterkommen und wurde in den sechziger Jahren abgerissen.

Ende des 20. Jahrhunderts wurde die Stadtgemeinschaft auf zwei Pfarreien aufgeteilt.

Einwohnerentwicklung

Jahr Einwohnerzahl
1750 0.1496
1801 0.1737
1840 0.4760
1851 0.6240
1875 10.235
1900 11.910
1939 10.760
1946 0.3200
1950 0.6400
1954 0.8600
1971 13.000
2010 14.600

Einzelnachweise

  1. Majchrzak: Lubsko, miasto ze złotym lwem w herbie. S. 103
  2. Władyslaw Mochocki: Lubsko we wspomnieniach/Lubsko in Erinnerungen. S. 74
  3. PWN: Mała Encyklopedia Powszechna.
  4. Kommandogruppe Wisla (Polnisch)
  5. Władyslaw Mochocki: Lubsko we wspomnieniach/Lubsko in Erinnerungen. S. 75
  6. Gerhard Schulz: 850 Jahre Sommerfeld 1106–1956. S. 15, „Gegen 14:30 wurde ein Teil unserer Stadt beschossen. […] Um 16:30 Uhr kam der Stadtkommandant in den Keller und berichtete den Anwesenden, daß sich die russischen Truppen auf Galgenberg befänden. Die Bevölkerung solle sich in Richtung Forst absetzen.“
  7. Flucht aus der Nieder-Lausitz [1]
  8. Hans von Ahlfen: Der Kampf um Schlesien 1944/1945. S. 140, „Die Stadt Sommerfeld schläft unter einem Meer weißer Fahnen als Zeichen der Friedfertigkeit seiner Bewohner“, so malt General Nehring diesen Nachtmarsch, – „ein Bild, das in seiner Totenstille geradezu gespenstisch wirkt!“
  9. Lubuskie Towarzystwo Kultury (Hrsg.), Andrzej Czarkowski, S. 65
  10. Lubuskie Towarzystwo Kultury (Hrsg.), Andrzej Czarkowski: „Platz 16 (von 18) im Warenumsatz“, S. 64
  11. Hermann Standke: Heimatkunde der Niederlausitz. S. 170 ff.
  12. Standke, S. 171 ff.
  13. Majchrzak, S. 113
  14. Standke, S. 171 ff.
  15. Majchrzak, S. 114 ff.

Literatur

  • Eduard Ludwig Wedekind: Diplomatische Chronik der Immediatstadt Sommerfeld von ihrer Erbauung bis auf die gegenwärtige Zeit. Verlag Riep, Krossen 1846.
  • Hermann Standke: Heimatkunde der Niederlausitz. Rauert & Pittius, Sorau 1923.
  • Gerhard Schulz: 850 Jahre Sommerfeld 1106–1956. Selbstverlag der Ortsbetreuung Sommerfeld, Berlin 1956.
  • Wiesław Hładkiewicz (Red.): Lubsko, Jasień. Z dziejów i współczesnosci. Lubuskie Towarzystwo Kultury, Zielona Góra 1977 (Zeszyty lubuskie LTK 15, ISSN 0239-4790).
  • Hans von Ahlfen: Der Kampf um Schlesien 1944/1945. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1993, ISBN 3-87943-480-8.
  • Jerzy Piotr Majchrzak: Miasto ze złotym lwem w herbie. Dom Wydawniczy „SORAVIA“, Żary 1998, ISBN 83-907074-5-4.
  • Władyslaw Mochocki: Lubsko we wspomnieniach/Lubsko in Erinnerungen. Urząd Miejski w Lubsku, Lubsko 2003, ISBN 83-911822-4-X (zweisprachige Ausgabe).
  • PWN (Hrsg.): Mała encyklopedia powszechna. Państwowe Wydawnictwo Naukowe, Warszawa 1970 (Die kleine allgemeine Enzyklopädie).

Weblinks

 Commons: Lubsko/Sommerfeld – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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