Gynozentrischer Feminismus

Gynozentrischer Feminismus

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Der Feminismus (abgeleitet aus dem franz. féminisme, vom lat. Wortstamm femina = Frau) ist eine aus Liberalismus und Egalitarismus hergeleitete Weltanschauung, die sich für die Interessen von Frauen stark macht. Das Konzept zielt auf eine verbesserte Lage der Frau und eine faktische Gleichstellung in allen Bereichen der Gesellschaft, die viele Feministen als nicht existent ansehen. Selbstbestimmung, Gewissensfreiheit, aber vor allem die Gleichberechtigung der Geschlechter gelten als wichtige Deklarationen des Feminismus.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Frühe Ideen des abendländischen Feminismus finden sich in den Schriften von Marie Le Jars de Gournay, die schon im 17. Jahrhundert die Menschenrechte proklamierte. Aber auch die Schriften von Christine de Pizan, Olympe de Gouges, Mary Wollstonecraft, Hedwig Dohm gelten als typische frühe Werke der abendländischen feministischen Philosophie.

Der Feminismus ist somit auch eine politische Bewegung mit dem Ziel, die Gleichwertigkeit, Menschenwürde und Entscheidungsfreiheit von Frauen, die Selbstbestimmung über deren Leben und ihren Körper zu erreichen. Er zielt auf eine Veränderung der Gesellschaft ab, in der die vom Feminismus analysierte geschlechtshierarchische Unterdrückung von Frauen nicht mehr vorkommt und die gesellschaftlichen Geschlechterverhältnisse durch Ebenbürtigkeiten geprägt sind. Der Feminismus sieht die in der bisherigen Geschichte vorherrschenden Gesellschaftsordnungen als androzentrisch an und interpretiert diesen Umstand als Männerherrschaft (Patriarchat). Er interpretiert Ungerechtigkeiten als patriarchal verursacht und bezieht daraus seine Existenzberechtigung.

Auf dieser Grundlage haben sich zahlreiche Strömungen und Ausprägungen entwickelt, die sich teilweise ergänzen, aber auch widersprechen. Ihre besondere Aufmerksamkeit gilt dem Abbau der Benachteiligung von Frauen gegenüber Männern, jedoch auch dem Abbau der Vernachlässigung von als eher weiblich geltenden Denkweisen, Werten und Lebensentwürfen. Feministische Wissenschaftskritik und feministische Forschung in vielen Fachbereichen macht es sich zur Aufgabe, bisherige Ausblendungen weiblicher Geschichte und den Leistungen von Frauen sichtbar zu machen und auf diesen Gebieten nachzuarbeiten.

Der Begriff Feminismus wurde bereits im 19. Jahrhundert gebraucht. Heute wird mit ihm vor allem die Neue Frauenbewegung bezeichnet (seit ca. 1968), und auch die Theorie der Neuen Frauenbewegung, wobei diese Theorie aus vielen einander ergänzenden und einander auch widersprechenden theoretischen Ansätzen besteht.

Bürgerliche Frauenbewegung, sozialistische Frauenbewegung, Feminismus

Während die bürgerliche Frauenbewegung eine Gleichstellung mit den Männern anstrebte (Frauenwahlrecht, Ende der bürgerlich-rechtlichen Mündelschaft unter Vater oder Ehemann, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Zugang für Frauen zur Universität und zu allen Berufen und Ämtern u. a. m.[1]), sah die sozialistische Frauenbewegung darin eine bloße Stärkung des kapitalistischen Systems und erklärte die Abschaffung des Kapitalismus zur Voraussetzung für die Befreiung der Frauen.[2] Andere Ansätze sehen dagegen die Unterdrückung der Frauen primär als patriarchatsbedingt an. Die Einschätzungen, was das Patriarchat ausmacht, ob es in gesellschaftlichen, ökonomischen oder psychologischen Kategorien zu fassen ist, wie die Wechselwirkungen zu den Gesellschafts- und Wirtschaftsformen sind, werden kontrovers diskutiert. Bis heute hat sich keine einheitliche feministische Theorie herausbilden können, und es ist umstritten, ob dies möglich ist. Die politische und soziale Bewegung des Feminismus geriet (wie andere Bewegungen auch) immer wieder in Krisen. Dem Rückzug ins Private folgte bei einigen Feministinnen die Hinwendung zum Esoterischen, zu einer "neuen Weiblichkeit", was heute teilweise als eigene Richtung des Feminismus interpretiert, teilweise auch als Weiterentwicklung des traditionellen Differenzfeminismus angesehen wird.

Strömungen innerhalb des Feminismus

Gemäß Alice Schwarzer (Man wird nicht als Frau geboren) gliedert sich der Feminismus in zwei Hauptströmungen (S. 13): "Die eine Strömung, das sind die Antibiologistinnen, genannt die Radikalen bzw. Universalistinnen bzw. Gleichheitsfeministinnen. Sie gehen von einer grundsätzlichen Gleichheit der Menschen und damit der Geschlechter aus. Nicht der biologische Unterschied, sondern die sozialen, ökonomischen und politischen Unterschiede sind für sie die Ursache der heutigen Differenz zwischen den Geschlechtern. (...) Die andere Strömung beruft sich auf den Unterschied der Geschlechter, auf die Differenz. Die Differenzialistinnen halten den Unterschied zwischen Frauen und Männern für unabänderlich; sei es, dass er naturgegeben oder aber, dass er irreversibel geprägt, also quasi genetisch verankert sei. Sie sind für 'Gleichberechtigung' aber gegen 'Gleichheit' und wollen den bestehenden Unterschied nicht aufheben, sondern umwerten."

Radikalfeminismus (Gleichheitsfeminismus)

Im sogenannten Radikalfeminismus wird von einer grundsätzlichen Gleichheit (Universalismus) der Geschlechter ausgegangen und die zwischen den Geschlechtern existierenden Unterschiede hauptsächlich durch gesellschaftliche Machtstrukturen und Sozialisation der Menschen begründet. Nach dieser Theorie gibt es kein "typisch männlich" und "typisch weiblich", sondern nur durch geschlechtsspezifische Sozialisation und Aufgabenteilung begründete Verhaltensunterschiede zwischen den Geschlechtern. Die Anhängerschaft dieser Strömung kämpft seit den 1970er Jahren für die Aufhebung sämtlicher geschlechtsspezifischer gesellschaftlicher Unterschiede, um so den Menschen zu ermöglichen, nach ihren individuellen Fähigkeiten und Vorlieben zu leben, statt nach gesellschaftlich vorgegebenen Geschlechterrollen.

Erstmals definiert wurde der Begriff Radikalfeminismus 1978 von Mary Daly [3]. Analytisch wird vor allem mit dem Gender-Konzept gearbeitet, das heißt es wird unterschieden zwischen sozialem Geschlecht (Gender) und biologischem Geschlecht (Sex). Diese Idee wurde erstmals von Simone de Beauvoir in das Das andere Geschlecht im Jahre 1949 aufgeworfen und wird im deutschsprachigen Raum unter anderem von Alice Schwarzer vertreten.

Dekonstruktivistischer Feminismus / Postfeminismus

Judith Butler, Autorin von Das Unbehagen der Geschlechter und andere Vertreter des feministischen Dekonstruktivismus bauen auf dem Beauvoirschen Radikalfeminismus auf und gehen einen Schritt weiter: Sowohl das biologische Geschlecht (sex) als auch das soziale Geschlecht (gender) seien gesellschaftliche Konstrukte, das Geschlecht müsse deshalb als Klassifikationseinheit abgelehnt werden.

Ins Zentrum dieser Theorie tritt die Differenz unter Menschen, das heißt angenommene Gemeinsamkeiten/Geschlechtsidentitäten werden "aufgelöst/dekonstruiert" - die Unterschiede der Menschen innerhalb jedes Geschlechts seien stärker als die Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Stattdessen wird davon ausgegangen, dass es so viele Identitäten gibt, wie es Menschen gibt. Auch die in den vorherigen Ansätzen angenommene Zweigeschlechtlichkeit wird aus dekonstruktivistischer Sicht bestritten und durch Vielgeschlechtlichkeit ersetzt.

Differenzfeminismus

Anhängern des differenzialistischen Feminismus gehen von einer grundsätzlichen Verschiedenheit der Geschlechter aus, das heißt zwischen Männern und Frauen gebe es einen zeitlosen naturgegebenen Unterschied, der ihr Leben von Anfang an bestimme. Frauen werden naturgegebene Wesenszüge nachgesagt, die sie unabhängig von Kultur und Geschichte gemeinsam hätten.[4]

Gynozentrischer Feminismus

Siehe Hauptartikel: Gynozentrismus

Gynozentrismus geht zurück auf Iris Marion Young, welche 1985 [5] die bis 1970 vorherrschenden liberalen, radikalen und sozialistischen Feminismustheorien als „humanistic feminism“ (dt.: Humanistischer Feminismus) kennzeichnete und davon die aufkommenden Theorien als Gynozentrismus abgrenzte.[6] Die Soziologin Dorothy Smith, ebenfalls eine Vordenkerin dieser Strömung, fußt ihren Ansatz für einen weiblich zentrierten Feminismus auf die gemeinsamen Erfahrungen aller Frauen in einer männlich dominierten Welt[7]. Gynozentrische Ökofeministinnen vertreten biologistische Theorien von Weiblichkeit, so haben Frauen in dieser Vorstellung geschlechtstypische Eigenschaften, wie Intelligenz oder Pazifismus, die die Entwicklung der Menschheit im Gesamten voranbringen oder positiv beeinflussen. Aus dieser positiven Betrachtung heraus ergibt sich für den Gynozentrismus die Begründung für die zunehmende Notwendigkeit der gesellschaftlichen Einflussnahme durch Frauen und einer matriarchalen Gesellschaftsordnung.[8]

In der gynozentrisch beeinflussten Archäologie und Geschichtsforschung spielt die Suche, die Erforschung und der Nachweis von matriarchalen Kulturen eine wesentliche Rolle.[9] Ein weiterer Bereich ist die weiblich orientierte Spiritualität,[10] häufig vermischt sich der Gynozentrismus auch mit dem magischen oder esoterischen Ansatz des Feminismus.

Kultureller Feminismus

Kultureller Feminismus ist die Theorie, dass es fundamentale Persönlichkeitsunterschiede zwischen Männern und Frauen gibt und dass weibliche Eigenschaften etwas besonderes darstellen. Diese Theorie des Feminismus unterstützt die Idee, dass es biologische Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt. Zum Beispiel führt die Feststellung „Frauen sind einfühlsamer und sanfter als Männer“ zu dem Rückschluss, dass es bei einer Weltherrschaft der Frauen keine Kriege mehr gäbe oder dass Frauen die bessere Kindererziehung gewährleisteten. Kultureller Feminismus hebt besondere Eigenschaften und Fähigkeiten von Frauen hervor und seine Anhänger glauben oft, dass der „weibliche Ansatz“ der bessere Ansatz sei. Kultureller Feminismus kann damit eine Form von Sexismus sein.[11]

Militanter Feminismus

Valerie Solanas forderte 1967 in ihrem Manifest "SCUM" die Vernichtung der Männer. Teils als Volksverhetzung, teils als Satire, teils als Werk einer psychisch Kranken verstanden, wurde "SCUM" zum Thema von Diskussionen innerhalb des Feminismus über dessen Grenzen. Sally Miller Gearhart forderte im 1982 veröffentlichten Essay The Future - if there is one - is Female die männliche Bevölkerung auf 10% der Gesamtbevölkerung zu reduzieren. Dieser radikalen misandristischen Position schloss sich Mary Daly in einem Interview mit dem EnlightenNext magazine an.[12]

Magischer (esoterischer) Feminismus

Eine weitere Unterteilungsmöglichkeit stellt die Ausbildung eines magisch orientierten Feminismus dar. Die Kritik an Hexenjagd und Hexenverfolgung steht hier unter dem Aspekt, dass diese mit unvorstellbarer Grausamkeit das Wissen von Frauen im Zusammenhang mit einer in der Hand von Frauen befindlichen Frauenheilkunde zerstört haben soll. Gleichzeitige Selbstidentifikation als Hexe oder Magierin steht in Zusammenhang mit dem Versuch, sich derartiges Wissen wieder anzueignen. Frauen feiern die Walpurgisnacht mit Demonstrationen nach dem Motto: „Wir sind Frauen, wir sind viele. Wir erreichen unsere Ziele!“ In Deutschland kann Luisa Francia als Antipode zu Alice Schwarzer betrachtet werden.

Psychoanalytisch orientierter Feminismus

Mit psychoanalytischen Kategorien wird nach den Ursachen der Unterdrückung des weiblichen Geschlechts gesucht. Juliet Mitchell entwickelte eine „feministische Interpretation“ der Werke Sigmund Freuds. Sie interpretiert die Psychoanalyse als theoretische Erklärung „der materiellen Realität von Vorstellungen im geschichtlichen Lebenszusammenhang des Menschen“ [13] und sieht damit die Freudsche Theorie als psychologisches Fundament des Feminismus.

Marxistischer Feminismus und Freudomarxistischer Feminismus

Siehe Hauptartikel Marxistischer Feminismus

Marxistischer Feminismus setzt sich vor allem für die gesamtgesellschaftlichen Rechte der Frau ein und sieht diese als Voraussetzung oder Element für die Überwindung des kapitalistischen Systems an. Ebenso stellt die Frage nach unbezahlter Haus- und Reproduktionsarbeit, gerade in Zusammenhang mit der kapitalistischen Produktion, eine zentrale Thematik dar. Der marxistische Feminismus ist oftmals mit der Arbeiterbewegung verbunden und steht traditionell kommunistischen Parteien oder dem linken Flügel der Sozialdemokratie nahe.

Materialistischer Feminismus

Die marxistische Analyse wird weitgehend geteilt, allerdings unterhalb der Klassenwidersprüche wird als „Hauptwiderspruch“ der Geschlechtsunterschied angenommen und in eine „materialistische Geschichtsinterpretation“ einbezogen. Die teilweise daraus resultierende Forderung nach Aufhebung der biologischen Unterschiede der Geschlechter wird als Kybernetischer Feminismus (auch: „Kybernetischer Kommunismus“) bezeichnet. Shulamith Firestone und Marge Piercy forderten, dass die Gentechnologie die Fortpflanzung übernehmen solle und so die Frauen von der biologischen Notwendigkeit des Kinderkriegens befreit werden.

Autonomer Feminismus

Innerhalb der Autonomen Bewegung wird die Unterdrückung der Frauen in der Regel als ein von den Klassenwidersprüchen unabhängiger "gesellschaftlicher Widerspruch" gesehen. Damit unterscheiden sich die Autonomen von den meisten anderen radikalen linken Gruppen und geben feministischer Diskussion großen Raum.

Anarchistischer Feminismus

Die Einflüsse zwischen feministischen Positionen und der Geschichte des Anarchismus ist bislang recht wenig erforscht und beschränkt sich auf wenige herausragende Personen. Für die Anfänge des Anarchismus Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts verbinden beispielsweise Virginie Barbet und André Léo anarchistische mit feministischen Positionen.[14] Louise Michel (1830-1905) wurde vor allem durch ihre Tätigkeit während der Pariser Kommune bekannt. In den USA vertrat die Feministin Victoria Woodhull (1838-1927) anarchistische Positionen innerhalb der ersten Internationale; als herausragende Figur des amerikanischen Anarchismus gilt auch Emma Goldman (1869-1940). Während Goldman zumindest zeitweise Gewalt als politisches Mittel befürwortete, brachte Clara Gertrud Wichmann (1885-1922) das Prinzip der Gewaltlosigkeit in den politischen Diskurs in Europa ein. Im Spanischen Bürgerkrieg wurde 1936 die feministisch-anarchistisch Frauenorganisation Mujeres Libres gegründet. Der Anarchafeminismus ist eine in den 1970er Jahren geprägte Strömung des Radikalfeminismus, die diesen um Elemente anarchistischer Theorie und Praxis erweitert.

Individualfeminismus

Eine relativ junge Strömung vertritt libertäre Theorien bis hin zum Objektivismus. Das Ziel dieser Gruppe ist es, die Individualrechte aller Menschen, insbesondere der Frauen, aber auch der Männer, zu sichern respektive zu stärken. Wichtig ist die Verwirklichung des Individuums, deren Grenzen dort gezogen werden, wo ein anderes Individuum in seiner Entwicklung behindert wird. Theoretische Zusammenhänge mit dem Anarchismus werden herausgearbeitet. Die bekannteste Individualfeministin ist Wendy McElroy.

Zentrale Themen

Die zentralen Themen des Feminismus unterliegen dem Wandel. In den letzten 30 Jahren wurden unter anderem folgende Themen vom Feminismus aufgegriffen:

Theorie

  • Entwicklung einer "feministischen Theorie" und "politischen Praxis"
  • Konstruktion bzw. Dekonstruktion von Geschlechtsidentität

Rechte/Gleichberechtigung/Selbstbestimmung

Bekämpfung von Gewalt

  • Gewalt gegen Frauen (individuell und strukturell)
  • Diskussion von Pornografie - die unter anderen von Alice Schwarzer ins Leben gerufene PorNO-Kampagne wird von feministischer Seite breit diskutiert und vielfach mit dem Argument abgelehnt, es sei problematisch, nach Zensur von staatlicher Seite zu rufen, die dann gerade engagierte, mit sexueller Darstellung arbeitende Künstler treffen würde (hierzu interessant der Fall um die US-amerikanische feministische Autorin Kathy Acker, deren Buch "Harte Mädchen weinen nicht" in Deutschland auf den Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien gesetzt wurde).

Sichtbarmachung


Weitere Themen

  • Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichen, Natur- und Geschlechterverhältnissen; Veränderung des Umwelt-Verständnisses und von Umweltpolitiken, Nachhaltigkeit und 'sustainable Lifelihood' (siehe auch Ökofeminismus)
  • Vermeidung diskriminierender Tendenzen durch emanzipatorische Bestrebungen (siehe auch: „Feministinnen üben auch selbstreflexive Kritik aus“)
  • Verhältnis zu anderen sozialen Bewegungen (Arbeiterbewegung, Ökologiebewegung, Friedensbewegung und andere)

Feministische Wissenschaft

Kritik am Feminismus

Der Feminismus erfuhr seit seinem Bestehen Kritik von vielerlei Seiten. Da unter dem Ausdruck Feminismus diverse, teils sich widersprechende Strömungen zusammengefasst werden, und im Laufe der Zeit viele Schriften veröffentlicht wurden und viele prominente Vertreter des Feminismus hervortraten, kann meist nur von Kritik an Teilaspekten des Feminismus gesprochen werden.

Kritik innerhalb des Feminismus

Diskussionen innerhalb des Feminismus gibt es unter anderem über den Androzentrismus-Vorwurf: Vor allem Differenzialfeministen werfen den Radikalfeministen vor, sich an "männlichen" Idealen zu orientieren und dadurch patriarchale Strukturen zu reproduzieren.

Häufig ist auch der Eurozentrismus-Vorwurf: Von Seiten von Frauenrechtlern aus Asien, Afrika, Südamerika und aus dem arabischen Raum wird den US-amerikanischen und europäischen feministischen Organisationen immer wieder vorgeworfen, auf die spezifischen Bedürfnisse von Frauen aus anderen Kulturräumen, und insbesondere aus Entwicklungsländern, keine Rücksicht zu nehmen und mit ihrem eurozentrierten Diskurs die "Frauenrechtsfrage" für die spezifischen Bedürfnisse der Frauen aus dem europäisch-US-amerikanischen Kulturraum zu monopolisieren.

Des Weiteren herrscht Uneinigkeit über die Frage, wie mit bestehenden Geschlechtsrollenstereotypen umzugehen sei, ohne diese festzuschreiben. Andererseits sollen eventuell bestehende wichtige Unterschiede zwischen den Geschlechtern nicht verleugnet werden. Die Konstruktion von Geschlecht selbst ist ebenfalls Thema der feministischen Diskussion.

Die von vielen Feministen, unter anderen auch Alice Schwarzer, vertretene negative Haltung gegenüber der Pornografie wird zum Teil auch innerhalb der Bewegung kritisiert. So hat sich als Gegenbewegung der sogenannte Sex-positive feminism gebildet, welche der Sexualität und auch der Pornografie aufgeschlossener gegenüber tritt und diese als Bereicherung für Frauen und Männer betrachtet.

Kritik von außerhalb des Feminismus

Feministen und Frauenrechtlern wurde seit dem Beginn der Frauenbewegung oftmals Unweiblichkeit und ungebührlich dominantes Verhalten vorgeworfen. Die Vorwürfe kamen hier sowohl von Männern als auch von Frauen, welche den Bruch der tradierten Rollenvorstellungen als Problem empfanden, da ihnen die herkömmliche Unterscheidung zwischen den Geschlechtern als unumstößlich erschien. Der Ausbruch aus der Geschlechterrolle wird von Kritikern als Verlust an Weiblichkeit bezeichnet.

Kritik an feministischer Wissenschaft

Einige Wissenschaftler, wie etwa David Stove (Sydney) beanstanden, dass sich der Feminismus an Universitäten unter diversen Rubriken wie Frauenforschung als "Wissenschaft" etablieren konnte. Seiner Meinung nach werde hier keine Wissenschaft, sondern pseudowissenschaftlich verbrämte Ideologie betrieben. Es bestünden Denkverbote und Dogmenlastigkeit. Mit der Ersetzung wissenschaftlicher Objektivität, Rationalität und Logik durch offen propagierten und praktizierten Subjektivismus werde Wissenschaft bereits theoretisch verneint und entsprechend auch nicht betrieben. Der deutsche Kriminologe und Universitätsprofessor Michael Bock weist die Existenz einer feministischen Wissenschaft gleich ganz zurück: Es gibt Feminismus und es gibt Wissenschaft, aber keine feministische Wissenschaft.

Antifeminismus

Hauptartikel Antifeminismus
Antifeministen

Unter dem Begriff Antifeminismus werden tendenziell alle Denkrichtungen und Bewegungen zusammengefasst, welche sich selbst in Opposition zum Feminismus sehen und diesen kritisieren. Ein bestimmter Antifeminismus existiert nicht, teilweise erfüllt er die Funktion eines bloßen politischen Schlagwortes.

Ein früher Antifeminist war Ernest Belfort Bax (1854–1918). Vor allem in früherer Zeit lehnten große Teile der Gesellschaft die Gleichberechtigung der Frau ab. Philosophen, Theologen, Naturwissenschaftler und Kunsthistoriker argumentierten bis weit ins 20. Jahrhundert hinein mit der „natürlichen“ oder „gottgegebenen“ Unterlegenheit der Frau gegenüber dem Mann und begründeten damit ihre untergeordnete Stellung in der Gesellschaft. Noch bis in die 1920er hinein wurde von einigen infrage gestellt, ob Frauen überhaupt Menschen seien (beispielsweise Max Funke).

Seit den späten 1980er Jahren ist es in vielen westlichen Ländern wieder zu einer verstärkten Kritik am Feminismus gekommen, der zum Teil in einer Männerrechtsbewegung mündete. Die Kritik zielt dahin, dass Frauen in modernen Gesellschaften häufig mehr Privilegien genössen als Männer, was sich unter anderem in einer deutlich höheren Lebenserwartung ausdrücke. Der Feminismus sei somit obsolet, bzw. ihm müsse ein entsprechender Maskulismus gegenüber gestellt werden. Diesen Kritikern werfen manche Feministen und Feministinnen wiederum vor, nur zu alten Rollenbildern und Machtverhältnissen zurückkehren zu wollen (der sogenannte Backlash).

Kritik feministischer Extreme

Sowohl innerhalb als auch außerhalb des Feminismus werden "übertriebene männerfeindliche" Stellungnahmen beziehungsweise "Dogmenlastigkeit" einiger Richtungen des Feminismus und einzelner Vertreter kritisiert, ohne dabei den Feminismus per se abzulehnen. [15]

Anmerkungen

  1. Vgl die populäre Liedstrophe Wir armen, armen Mädchen | sind gar so übel dran; | ich wollt, ich wär kein Mädchen, | ich wollt, ich wär ein Mann! in Albert Lortzings Der Waffenschmied, Akt 3, Szene 1, von 1846.
  2. Zur Geschichte der bürgerlichen und sozialistischen Frauenbewegung vergl. besonders Ute Gerhard, Ulla Wischermann: Unerhört. Die Geschichte der deutschen Frauenbewegung. Reinbek, 1990, ISBN 3499183773
  3. Mary Daly: Gyn/Ecology: The Metaethics of Radical Feminism, Beacon Press, ISBN 0807014133
  4. Vergl. hierzu Sich von der Macht verabschieden. Differenzfeminismus - für die Frauenbewegung eigentlich nichts Neues. In: Schlangenbrut Nr. 59, Jg. 1997, S. 23ff.
  5. Iris Marion Young, Humanism, Gynocentrism and Feministic Politics, in: Women´s Studies International Forum, Vol. 8, No.3, 1985, S.173
  6. Neue feministische Tendenzen und das Problem der Identifikation, S. 14 (Seitenabruf 06.07.2008)
  7. Steven Seidman: Contested Knowledge: Social Theory Today, Blackwell Publishing, Seite 211 ff., ISBN 0-631-22671-0
  8. Pamela Abbott, Claire Wallace, Melissa Tyler: An Introduction to Sociology: Feminist Perspectives., Routledge, 2005, Seite 30 ff., ISBN 0-415-31258-2
  9. Vgl. Nelson, Kapitel 12: "Benjamin Alberti: Archaeology, Men and Masculinities"
  10. Vgl. beispielsweise Tina Beattie: God's Mother, Eve's Advocate: A Gynocentric Refiguration of Marian Symbolism., Centre for Comparative Studies in Religion and Gender, 1999, ISBN:086292488X oder Pamela Sue Anderson, Beverley Clack: Feminist Philosophy of Religion: Critical Readings, Routledge, 2004, ISBN 0-415-25750-6
  11. Vergl. z.B. Kristin Höltke: Genderaspekte ethno-politischer Konflikte. Berlin 2001
  12. Interview mit Mary Daly
  13. In Juliet Mitchell: Psychoanalyse und Feminismus. Freud, Reich, Laing und die Frauenbewegung, Suhrkamp, Mai 1984, ISBN 3518072536
  14. Frühe Anarchistinnen
  15. Beispielsweise bei den Werken von Mary Daly und der Rezeption ihrer Werke [1]


Literatur

Bücher

  • Peggy Antrobus: The global women's movement - Origins, issues and strategies. Zed Books, London 2004
  • Susan Arndt: Feminismus im Widerstreit. Afrikanischer Feminismus in Gesellschaft und Literatur. Unrast, Münster 2000 [2]
  • Andrea Trumann: Feministische Theorie. Schmetterling Verlag 2002, ISBN 3-89657-580-5
  • Regina Becker-Schmidt und Gudrun-Axeli Knapp: Feministische Theorien zur Einführung. Junius Verlag, 2003, ISBN 3-88506-387-5
  • Sabine Hark: Dis/Kontinuitäten: Feministische Theorie. Leske + Budrich Verlag, 2001, ISBN 3-8100-2897-5
  • Herrad Schenk: Die feministische Herausforderung. 150 Jahre Frauenbewegung in Deutschland, ISBN 3-406-06013-7
  • Jutta Menschik: Feminismus. Geschichte, Theorie, Praxis. Pahl-Rugenstein Verlag 1977
  • Gerda Lerner: Die Entstehung des feministischen Bewusstseins. Vom Mittelalter bis zur Ersten Frauenbewegung. dtv, 1998, ISBN 3-423-30642-4
  • Rosemarie Nave-Herz: Die Geschichte der Frauenbewegung in Deutschland. Leske + Budrich Verlag, 1994, ISBN 3-8100-1250-5
  • Paul-Hermann Gruner: Frauen und Kinder zuerst - Denkblockade Feminismus. rororo-Sachbuch, 2000, ISBN 3-499-60946-0
  • Silke Lohschelder (Hg.): AnarchaFeminismus. Auf den Spuren einer Utopie. Münster, ISBN 3-89771-200-8 [3]
  • Corinna Runge: Katholischer Feminismus. Was Frauen nach der Alice-Schwarzer-Generation wirklich erreichen können. Stella-Maris-Verlag, Augsburg 2007, 130 S., ISBN 978-3-934225-45-9
  • Jutta Sommerbauer: Differenzen zwischen Frauen. Zur Positionsbestimmung und Kritik des postmodernen Feminismus. Münster 2004, ISBN 3-89771-300-4 [4]
  • Barbara Holland-Cunz: Die alte neue Frauenfrage. Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-12335-1
  • Gisela Brandt et al.: Zur Frauenfrage im Kapitalismus. Suhrkamp, 1987, ISBN 3-518-10581-7
  • Simone de Beauvoir: Das andere Geschlecht. Rowohlt Tb. Erstmals erschienen 1949, ISBN 3-499-22785-1
  • Brokamp/Klaus: Kein schwach' Geschlecht. Frauenpolitik, Marxismus, Neofeminismus. Weltkreis Verlag, 1981, ISBN 3-88142-267-6
  • Alice Schwarzer (Hg.): Man wird nicht als Frau geboren. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2000, 277 S., ISBN 3-462-02914-2
  • Katharina Rutschky: Emma und ihre Schwestern. Ausflüge in den real existierenden Feminismus. Hanser, München und Wien 1999, 158 S., ISBN 3-446-18766-9
  • Margret Karsch: Feminismus für Eilige. Aufbau Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-746-62067-8, [5]
  • Melanie Groß, Gabriele Winker (Hg.): Queer- | Feministische Kritiken neoliberaler Verhältnisse. Münster 2007, ISBN 978-3-89771-302-4
  • Milly Witkop-Rocker, Hertha Barwich, Aimée Köster u. a.: Der Syndikalistische Frauenbund. Herausgegeben von Siegbert Wolf. Klassiker der Sozialrevolte, Band 17. Unrast, Münster 2007, ISBN 978-3-89771-915-6

Zeitschriften

Weblinks


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