Günter Kochan

Günter Kochan

Günter Kochan (* 2. Oktober 1930 in Luckau, Niederlausitz; † 22. Februar 2009 in Neuruppin) war ein deutscher Komponist.

Kochan war Meisterschüler von Hanns Eisler. Von 1967 bis zu seiner Emeritierung 1991 wirkte er als Professor für Komposition an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin. Zudem war er von 1977 bis 1982 Vizepräsident des Verbandes der Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR. Kochan gehört zu den elf Preisträgern, die viermal mit dem Nationalpreis der DDR ausgezeichnet wurden[1], wobei er den vierten Nationalpreis zurückgab.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kochan spielte seit seiner Kindheit Klavier. Er besuchte das musische Gymnasium in Leipzig. Im Anschluss studierte er von 1946 bis 1950 im Fach Komposition bei Boris Blacher, dem Hindemith-Schüler Konrad Friedrich Noetel und Hermann Wunsch, einem Schreker-Schüler, an der Hochschule für Musik Berlin-Charlottenburg. Er begegnete Georg Knepler und wurde 1950 Dozent an der Hochschule in Ostberlin. Von 1950 bis 1953 war er Meisterschüler bei Hanns Eisler an der Deutschen Akademie der Künste in Berlin (Ost).

Zunächst arbeitete er von 1948 bis 1951 in der Abteilung Unser Lied, Unser Leben, geleitet von Jean Kurt Forest, beim Berliner Rundfunk. Seit 1950 wirkte er als Dozent, ab 1967 als Professor an der Hochschule für Musik in Berlin. Im Jahr 1972 wurde er mit der Leitung der Meisterklasse für Komposition betraut. Kochan war seit 1985 freischaffend tätig. Bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1991 blieb er Professor mit Lehrauftrag.

Von 1965 bis 1992 war er ordentliches Mitglied der Akademie der Künste (Ost). Seit 1968 leitete er die Meisterklasse für Komposition. Er wirkte von 1972 bis 1974 als Sekretär der Sektion Musik der Akademie. Daneben fungierte er von 1977 bis 1982 als Vizepräsident des Verbands der Komponisten und Musikwissenschaftler.

Der Komponist erhielt viermal den Nationalpreis der DDR (1964, 1979, 1987, 1989), den Goethepreis der Stadt Berlin (1973), den Preis der ARCA in Montevideo (1965) und den 1. Preis für Tuba-Kompositionen in Los Angeles (1978).

Seine Werke wurden auch im Ausland aufgeführt, u.a. in der BRD, in Japan, Österreich, Polen, in der Sowjetunion, Tschechoslowakei, dem Vereinigten Königreich und Skandinavien.

Kochan lebte in Hohen Neuendorf bei Berlin. 56 Jahre war er mit der Pianistin Inge Kochan verheiratet. Er verstarb nach langer Krankheit am 22. Februar 2009.

Tonsprache

Günter Kochan komponierte sechs Sinfonien, Orchestermusik, Kantaten, Lieder und die Oper Karin Lenz.

Kochans erste gültige Komposition, das erste Violinkonzert, ist noch sehr traditionsgebunden und steht Johannes Brahms nahe. Doch Kochan entwickelte schon bald einen recht eigenständigen Stil, der zunächst von seinen Vorbildern Paul Hindemith und Béla Bartók ausging. Er komponierte in einem neoklassischen, virtuosen Stil, der auf einer stark erweiterten Tonalität beruht.

In den 1950er Jahren lernte er die Musik Schostakowitschs kennen, die ihn stark beeinflusste.

Seine Tonsprache wurde in den 1960er Jahren rauer, schroffer und intensiver. Kochan löste sich allmählich vom Neoklassizismus und bezog immer stärker auch neuere Kompositionstechniken mit ein. Mit Kompositionen wie der Kantate Die Asche von Birkenau (1965) nach einem Text von Stephan Hermlin, die Auschwitz zum Thema hat und der Sinfonie Nr. 2 erreichte Kochan seinen reifen Stil. Seine Werke der folgenden Jahrzehnte basieren trotz des Einbezugs anderer Kompositionstechniken wie z. B. Aleatorik und einer weiteren Verschärfung der Tonsprache im Wesentlichen auf dem Niveau dieser Werke. Ein besonderes Markenzeichen seiner vitalen, kraftvollen und ausdrucksstarken Musik sind kernige, ungestüme Schlagzeugpassagen. Kochan selbst sah seinen Unterricht bei Hanns Eisler als ungemein wichtig an. Besonders seine Haltung in Bezug auf das Verhältnis von Musik und Gesellschaft wurde von Eisler entscheidend geprägt. So verliert Kochan nie den Zuhörer aus den Augen, seine Musik soll trotz aller Modernität verständlich bleiben.

In der Musikszene der DDR nahm Kochan einen Platz zwischen Tradition und Avantgarde ein.

Berühmte Schüler

Preise, Ehrungen und Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

Sinfonien

  • Erste Sinfonie mit Chor nach Worten von Paul Wiens (1963/64)
  • Zweite Sinfonie für großes Orchester in einem Satz (1968)
  • Dritte Sinfonie mit Sopran-Solo nach einem Sonett von Johannes R. Becher (1972)
  • Vierte Sinfonie (1983/84)
  • Fünfte Sinfonie (1985/87)
  • Sechste Sinfonie (2003–06)

Orchester

  • Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 1 (1950/52)
  • Polkas. Heiteres Stück für großes Orchester (1955)
  • Kleine Suite für Orchester op. 13 (1956)
  • Konzert für Klavier und Orchester op. 16 (1957/58)
  • Sinfonietta 1960 (1960)
  • Konzert für Orchester (1961/62)
  • Concertino für Flöte und kleines Orchester (1963/64)
  • Divertimento für Orchester (Weber-Variationen, 1964)
  • Variationen über eine venezianische Canzonetta für Klavier und kleines Orchester (1966)
  • Erstes Cello-Konzert (1967)
  • Mendelssohn-Variationen für Klavier und Orchester (1971/72)
  • Konzert für Viola und Orchester (1973/74)
  • Zweites Konzert für Violoncello und Orchester (1976)
  • Konzert für Bläserquintett und zwei Streichergruppen (1975/77)
  • Bilder aus dem Kombinat. Sieben Orchesterstücke (1976/77)
  • Passacaglia und Hymne für großes Orchester (1980)
  • Konzert für Violine und Orchester (1980)
  • In Memoriam – Musik für Orchester Nr. 1 (1982)
  • Und ich lächle im Dunklen dem Leben (nach Briefen Rosa Luxemburgs) Musik für Orchester Nr. 2 (1987),
  • Konzert für Orchester II (1988/90)
  • „Herbstbilder“, Metamorphosen für 28 Solostreicher (1990/91)
  • Sinfonietta für Streicher (2002)

Ouvertüre

  • Fröhliche Ouvertüre für kleines Orchester (1960)

Vokalwerke

  • Neues Dorf vier Lieder für Gesang und Klavier op. 3. Text: Franz Fühmann (1952)
  • Deutsche Volkslieder für Gesang und Klavier op. 11b (1955)
  • Deutsche Volkslieder für Singstimme und Klavier 1. Folge (1956)
  • Drei Shakespeare-Lieder für Alt, Flöte und Streicher (1964)
  • Fünf Lieder für Gesang und Klavier. Text: Johannes R. Becher (1965)
  • Deutsche Volkslieder für Singstimme und Klavier 2. Folge (1979)
  • Luther. Melodram für zwei Sprecher, gemischten Chor und großes Orchester. Text: Johannes R. Becher (1981)
  • Klaus Störtebeker. Dramatischen Ballade in sechs Episoden, ein Vorspiel und ein Nachspiel. Text: KuBa. Dramaturgie: Hanns Anselm Perten (1959/81/99)

Oper

Oratorium

  • Das Friedensfest oder die Teilhabe. Oratorium für Sopran, Tenor, Bass und zwei Orchester (1978)

Kantaten

  • Die Welt ist jung. Kantate für genischten Chor und Orchester. Text: Paul Wiens (1952)
  • Ernst Thälmann. Drei Lieder für Singstimme und Klavier. Text: Max Zimmering (1959)
  • Die Asche von Birkenau. Kantate für Alt-Solo und Orchester. Text: Stephan Hermlin (1965)
  • Aurora. Kantate für Frauenstimme, Chor und Orchester. Text: Stephan Hermlin (1966)
  • Wir unaufhaltsam. Sinfonische Demonstration für Solo, Chor und Orchester. Text: Jo Schulz (1970)
  • Die Hände der Genossen. Kantate für Bariton und Orchester. Text: Giannis Ritsos (1974)
  • Das Friedensfest oder Die Teilhabe. Kantate nach Texten von Paul Wiens (1978)
  • Der Große Friede. Triptychon für Tenor, Horn, Pauken, Schlagzeug und Streichorchester. Text: Walter Lowenfels und Paul Wiens (1985)
  • Triptychon für Mezzosopran und vier Instrumente. Text: Rosa Luxemburg (1991)

Lieder, Massenlieder, Volksliedbearbeitungen

  • Signale der Jugend. Text: Paul Wiens
  • Lasst uns großen Pionieren ...
  • Wo wir sind, da stehen Millionen.
  • Wir lieben unsere Heimat.
  • Genosse General.
  • In Bamberg, hinter dem Hügel.
  • Der Sozialismus lebt.
  • Lob des Lebens.
  • Lied vom Sperber.
  • Hafenlied.

Klavierwerke

  • Suite für Klavier op. 2 (1952)
  • Präludien, Intermezzi und Fugen für Klavier zu zwei Händen op. 7 (1954)
  • Elf kleine Stücke für Klavier zu vier Händen op. 20 (1958)
  • Kindermusik – Neun kleine Stücke für Klavier (1960)
  • Fünf Klavierstücke (1971)
  • Sieben leichte Klavierstücke (1971)
  • Klaviersonate (1981)
  • Bagatellen und Interludien für Klavier (1989)

Kammermusik

  • Trio für Violine, Violoncello und Klavier op. 4 (1953/54)
  • Divertimento für Flöte, Klarinette und Fagott op. 12 (1958)
  • Sonate für Violoncello und Klavier (1960)
  • Fünf Sätze für Streichquartett (1961)
  • Kleines Streichquartett in Sätzen (1965)
  • Streichquartett (1973/74)
  • Drei Epitaphie. Kammermusik für Bariton und Instrumente. Text: Ernst Schumacher (1975)
  • Sieben Miniaturen für vier Tuben (1977)
  • Streichtrio (1979/80)
  • Sonate für Viola und Klavier (1984/85)
  • Fünf Bagatellen für vier Posaunen (1987)
  • Klavierquintett (1992/93)
  • Sieben Szenen für Flöte, Viola und Gitarre (1993)
  • Sieben deutsche Volkslieder für vier Posaunen und Tuba (1994/95)
  • Duo für Klarinette und Klavier (1994/95)
  • Musik für Altblockflöte und Klavier oder Cembalo (1995)
  • Divertimento für Blockflötenensemble (1997/98)
  • Fünf Miniaturen für Kontrabass-Solo (2004)
  • Quintettino für Blockflöten (2004)
  • II. Streichquartett (2003/06)

Sonstige Werke

  • Fantasie für Flöte und Orchester (1965)
  • Orchestersuite Nr. 1 (1958)
  • Orchestersuite Nr. 2 (1961)
  • Orchestersuite Nr. 3 (1969)
  • Violakonzert (1975)
  • Thema und 12 Variationen (1986)
  • Violinsonate (1962)
  • Violoncellosonate (1958–61)
  • 5 Stücke für Kontrabass (1999)
  • Musik zu Vietnam-Diskurs (Peter Weiss) (1967/68)

Filmmusik

Diskografie (Auswahl)

CDs

  • 1995: Changing Colors. Various. Summit Records.
  • 1995: Musik in der DDR Vol. 1. Various. Berlin Classics.
  • 1995: Musik in der DDR Vol. 2. Various. Berlin Classics.
  • 1996: Hanns Eisler. Various. Berlin Classics.
  • 1999: Orchesterwerke. Various. Hastedt Records.
  • 1999: Posaunenquintett Berlin Vol. 3. Various. Koch International.
  • 2000: Sinfonien. Various. Berlin Classics.
  • 2000: Sinfonische Musik 1 - Musik-Biennale Berlin 69-95. Various. Sony BMG.
  • 2000: Sinfonische Musik 2 - Sinfonische Musik 1980-1990. Various. Sony BMG.
  • 2001: Angewandte Musik - Musik für Film und Fernsehen (1950-2000). Various. Sony BMG.
  • 2001: Musik in Deutschland Box 3 - Angewandte Musik. Various. Sony BMG.
  • 2003: Horns of Elfland - Neue Musik für Blockflöte Vol. 7. Various. Bayer Records.
  • 2006: Die Asche von Birkenau u. a., Various. Hastedt Records.

LPs

Literatur

  • Gerlach, Hannelore (1979): Komponisten unserer Republik: Günter Kochan. In: Musik in der Schule 30 (7-8), 258-61.
  • Hiller, Wolfgang (1980): Günter Kochan zum 50. Geburtstag. In: Musik und Gesellschaft 30 (10), 616 –618.
  • Günter Kochan. In: Sigrid Neef, Hermann Neef: Deutsche Oper im 20. Jahrhundert. DDR 1949–1989. Lang, Berlin 1992, S. 257–260, ISBN 3-86032-011-4.
  • Christiane Sporn: Musik unter politischen Vorzeichen. Parteiherrschaft und Instrumentalmusik in der DDR seit dem Mauerbau. Pfau-Verlag, Saarbrückern 2007, ISBN 978-3-89727-367-2, S. 78f.
  • Verband der Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR: Komponisten und Musikwissenschaftler der Deutschen Demokratischen Republik. Verlag Neue Musik, Berlin 1959, S. 109f.

Einzelnachweise

  1. Dietrich Herfurth: Der Nationalpreis der DDR. Berlin 2006, S. 25.
  2. Dietrich Herfurth: Der Nationalpreis der DDR. Berlin 2006, S. 90.
  3. Dietrich Herfurth: Der Nationalpreis der DDR. Berlin 2006, S. 76.
  4. Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED, Institut für Marxistisch-Leninistische Kultur- und Kunstwissenschaften (Hrsg.), Autorenkollektiv unter Ltg. von Erika Tschernig: Unsere Kultur: DDR-Zeittafel, 1945-1987. Dietz, Berlin 1989, ISBN 3-320-01132-4, S. 236.
  5. Dietrich Herfurth: Der Nationalpreis der DDR. Berlin 2006, S. 56.
  6. Dietrich Herfurth: Der Nationalpreis der DDR. Berlin 2006, S. 52.

Weblinks


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