- Liesenstraße
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Die Liesenstraße verläuft entlang der Grenze der Berliner Ortsteile Mitte und Gesundbrunnen. Damit war sie bis 1990 auch eine Grenzstraße zwischen dem zur DDR gehörenden Ost-Berlin und West-Berlin.
An der rund 500 Meter langen Liesenstraße befindet sich so gut wie keine Wohnbebauung. Geprägt ist sie stattdessen durch die sie kreuzenden, denkmalgeschützten Liesenbrücken und vier der bekanntesten Berliner Friedhöfe. Auf den Grundstücken südlich der Straße sind außerdem Reste der Grenzanlagen an der Berliner Mauer erhalten geblieben.
Inhaltsverzeichnis
Lage und Gründungsgeschichte
Die Liesenstraße verbindet die Chausseestraße mit der Gartenstraße und führt nach der Kreuzung mit dieser als Scheringstraße weiter. Sie führt dabei südlich vom Humboldthain über das ehemalige Grundstück des Berliner Gastwirts Carl Adolf Friedrich Liesen und wurde 1826 angelegt. 1833 wurde sie nach dem ehemaligen Besitzer benannt. Die Freiflächen an der Liesenstraße boten sich den Berliner Kirchengemeinden als Alternative zu innerstädtischen Begräbnisstätten an, die inzwischen gefüllt waren (siehe Berliner Bestattungswesen).
Ab 1867 betrieb Robert Schwartzkopff nördlich der Liesenstraße den Erweiterungsbau seiner Eisengießerei und Maschinenfabrik Schwartzkopf. Deren Hauptsitz lag in der Chausseestraße; aus ihr ging die Berliner Maschinenbau AG hervor.
Die vier Friedhöfe, der zunehmende Zugverkehr von der benachbarten Stettiner Bahn und das Umfeld an metallverarbeitenden Betrieben, die der Gegend den Namen Feuerland einbrachte, machten verbleibende Grundstücke entlang der Liesenstraße für eine Wohnbebauung unattraktiv.
Die Berliner Mauer an der Liesenstraße
Entwicklungen seit dem Mauerbau
Nach dem Mauerbau am 13. August 1961 konnte die Liesentraße nur noch vom Westbezirk Wedding aus betreten werden. Auf den drei südlich der Straße gelegenen Friedhöfen und den bis zur Chausseestraße anschließenden Grundstücken wurde ein Grenzstreifen angelegt und in den folgenden Jahrzehnten immer weiter ausgebaut. Auf dem ehemaligen Friedhofsgelände war dieser Grenzstreifen beim Fall der Mauer 1989 etwa 40 Meter, nahe der Chausseestraße wegen des dort gelegenen Grenzübergangs sogar bis zu 120 Meter tief. Inzwischen ist die Liesenstraße als Teil des zwischen 2002 und 2006 unter Verantwortung der Senatsverwaltung angelegten Berliner Mauerwegs ausgeschildert.
Von den Begräbnisstätten an der Liesenstraße war ab 1961 nur noch der nördlich gelegene Dorotheenstädtische Friedhof frei zugänglich. Dieser war jedoch durch die Mauer von seiner Gemeinde getrennt und wurde von Kreuzberger Gemeinden verwaltet. Die früheren Eingänge zu den anderen Friedhöfen waren durch die Grenzanlagen der DDR geschlossen. Die im Grenzstreifen liegenden Gräber wurden vollständig abgeräumt. Auf dem Gelände wurde, zum Teil mit abgebauten Grabsteinen, ein Kolonnenweg angelegt, der für die Fahrzeuge der Grenzpatrouillen genutzt wurde. Der Kolonnenweg unterquerte in einem eigens angelegten Tunnel die angrenzende S-Bahn-Trasse und setzte sich auf dem Grenzstreifen auf dem Gelände des Nordbahnhofs fort. Damit die hier die Sektorengrenze überquerende S-Bahn besser kontrolliert werden konnte, stand an der Tunneleinfahrt ein Wachturm.
Der Zugang zu den Friedhöfen südlich der Liesenstraße war nur noch über einen kleinen, gemeinsamen Eingang in der Wöhlertstraße möglich und auch nur direkten Angehörigen der hier beerdigten Personen unter strengen Auflagen gestattet. Es gab sogar Pläne, die Friedhöfe vollständig zu beseitigen, diese wurden aber nicht realisiert. Trotzdem wurden die Begräbnisstätten durch die Abräumung im Grenzteil, durch Zerstörungen im Grenzbetrieb und nicht zuletzt durch Vandalismus und Souvenirjäger nach der Öffnung der Berliner Mauer teilweise sehr stark beschädigt.
Der ehemalige Grenzstreifen gehört inzwischen wieder zum Gelände der drei Friedhöfe. Außer der Neuerrichtung der Friedhofsmauern an der Liesenstraße und der Wiederherstellung der Hauptwege im entleerten Gelände hat man allerdings auf rekonstruierende Maßnahmen weitgehend verzichtet. Die Abmessungen des Grenzstreifens und die in der Mauerzeit entstandenen Zerstörungen sind dadurch vor Ort noch erfassbar.
In der Grünanlage an der nördlichen Ecke von Liesenstraße und Chausseestraße erinnert eine 2,40 Meter hohe Skulptur aus Muschelkalkstein an die Zeit der Teilung. Das von Hildegard Leest 1962 entworfene Kunstwerk trägt den Titel „Wiedervereinigung“. Es zeigt zwei stilisierte Menschen, die sich über eine Kluft hinweg die Hände reichen. Der Standort wurde so gewählt, dass zur Zeit der Errichtung in südwestlicher Blickachse der Händedruck über den Grenzübergang Chausseestraße hinweg zu erfolgen schien.
Erhaltene Reste der Grenzanlagen
Entlang der gesamten Liesenstraße, besonders auf dem Friedhof der St.-Hedwigs-Gemeinde, sind Reste der Grenzanlagen erhalten geblieben. Einige davon stehen heute unter Denkmalschutz.
Ein 15 Meter langer, denkmalgeschützter Abschnitt der „Grenzmauer 75“ in Originalhöhe mit oberem Betonrohr befindet sich in der nördlichen Spitze des Friedhofs der St.-Hedwigs-Gemeinde, direkt an die Liesenbrücken anschließend. Es handelt sich um den kürzesten der drei noch erhaltenen Abschnitte der eigentlichen Berliner Grenzmauer („Vorderes Sperrelement“). Die anderen finden sich in der Bernauer Straße und in der Niederkirchnerstraße. Der Mauerabschnitt an der Liesenstraße sitzt etwas hinter der alten Friedhofsmauer auf. Zur Straßenseite hin ist er stark von „Mauerspechten“ bearbeitet worden.
Im westlichen Teil des Friedhofs der St.-Hedwigs-Gemeinde steht ein kurzer Abschnitt der Hinterlandmauer des Grenzstreifens an der Liesenstraße; auch dieser steht unter Denkmalschutz.
Eine ebenfalls denkmalgeschützte Plattenwand begrenzt den Friedhof der St.-Hedwigs-Gemeinde im Osten. Sie ist etwa 200 Meter lang und besteht aus zwischen Stahlträgern aufgehängten Betonplatten. Sie verlief als „Vorfeldsicherung“ parallel zu einem (nicht erhaltenen) Abschnitt der Hinterlandmauer des Grenzstreifens auf dem Gelände des Nordbahnhofs. Diese auch an einigen anderen Grenzabschnitten zu findende doppelte Staffelung der Sicherungsmauern auf Ost-Berliner Seite wurde gewählt, weil dazwischen die Trasse der nur an West-Berliner Bahnhöfen haltenden S-Bahn verlief. Auf der Friedhofsseite der Plattenwand findet sich noch in den frischen Beton eingeritzte Graffiti, darunter eine Reihe von Daten aus den Monaten Oktober bis Dezember 1974. Auch die eingeritzte Zeichnung eines Grenzwachturms des Typs BT 11 („dritte Generation“) ist zu erkennen. Dies zeigt, dass die Betonteile vor Ort erstellt wurden.[1]
In der südwestlichen Ecke des Domfriedhofs I befindet sich der (nicht denkmalgeschützte) Rest einer ähnlichen Plattenwand, die den Friedhof vom angrenzenden Gebiet jenseits der Hinterlandmauer abtrennen sollte. Entlang des Gräberfeldes ist nur die Pfostenreihe dieser „Vorfeldsicherung“ erhalten geblieben. Sie entspricht dem Verlauf einer älteren Version der Hinterlandmauer; deren Fundamentreste sind im Brachland südlich der Friedhofsmauer noch zu entdecken.
Der den Grenzstreifen einst durchlaufende Kolonnenweg ist im Friedhofsbereich nicht mehr zu erkennen. Der Tunnel, mit dem der Kolonnenweg die S-Bahntrasse unterquerte, ist zugemauert worden. Lediglich im Gelände, das sich westlich des Friedhofsgeländes bis zur Chausseestraße erstreckt und ganz zum Grenzgebiet gehörte, findet sich noch ein Teilstück des Kolonnenwegs vom Grenzabschnitt Liesenstraße. Der Kolonnenweg biegt hier in südlicher Richtung ab, sodass die Zufahrt hinter dem Grenzübergang Chausseestraße erfolgen konnte.
Alle Überreste der Grenzanlagen im Geländeeck an Liesenstraße und Chausseestraße sind nicht denkmalgeschützt, sodass sie wahrscheinlich im Zuge der sich abzeichnenden baulichen Erschließung des Areals verschwinden werden. Für den Neubau einer Tankstelle auf dem Gelände wurden im Frühjahr 2008 bereits Mauerreste aus verschiedener Epochen entfernt, die sich in einem Buschwerk direkt am Gehweg an der Liesenstraße befunden hatten. Es handelte sich um vermauerte Hohlblocksteine der ursprünglichen Grenzmauer von 1961 („erste Generation“). Diese war später mit Beton vergossen worden und hatte schließlich als Fundament der „Grenzmauer 75“ („vierte Generation“) gedient, deren Betonbett an dieser Stelle noch in Umrissen zu erkennen war. Inzwischen mussten diese Mauerspuren einem Bauprojekt an der Ecke Liesenstraße/Chausseestraße weichen.
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In den frischen Beton eingeritzte Wachturm-Graffiti
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Erhaltener Kolonnenweg auf Brachland, Blickrichtung Süden
Friedhöfe an der Liesenstraße
Die Friedhöfe an der Liesenstraße entstanden in den 1830er und 1840er Jahren, zu einem Zeitpunkt, als das Gelände am nördlichen Stadtrand Berlins lag. Als ältester Friedhof wurde ab 1830 der Domfriedhof I der Oberpfarr- und Domkirche genutzt. 1834 folgte der alte Domfriedhof der St.-Hedwigs-Gemeinde und ein Jahr später wurde der Friedhof der Französisch-Reformierten Gemeinde eingeweiht. Diese drei Friedhöfe liegen nebeneinander an der Südseite der Liesenstraße im Bezirk Mitte. 1842 folgte der Bau des Dorotheenstädtischen Friedhofs auf der Nordseite der Straße.
Domfriedhof I
Der Domfriedhof I wurde 1830 auf einer 10.000 m² großen Fläche an der Liesenstraße angelegt. Die zugehörige Kirche und Gemeinde befindet sich am Berliner Lustgarten. Der Friedhof sollte den heute nicht mehr vorhandenen Begräbnisplatz in der Elisabethstraße nahe dem Alexanderplatz ablösen, wo auch das ehemalige Domhospital stand. Er ist etwa unter einem Hektar groß und damit der kleinste der Friedhöfe an der Liesenstraße, durch den Mauerbau wurde er weiter verkleinert. Auf Grund des begrenzten Platzes legte die Gemeinde bereits 1870 an der Müllerstraße den Domfriedhof II an.
An den Mauern, die den Friedhof an drei Seiten eingrenzen, befinden sich historische Wandgrabstellen. Die Friedhofskapelle aus dunkelrotem Backstein im neogotischen Stil wurde Mitte der 1990er Jahre saniert und steht heute wieder für stimmungsvolle Trauerfeiern zur Verfügung.
Der Dornröschenschlaf, den der Friedhof durch den Verlauf der Mauer jahrzehntelang führte, hat der Atmosphäre des Friedhofs mit seiner parkartigen Anlage keinen Abbruch getan. Er atmet Ruhe, Stille und Geborgenheit.
Im Eingangsbereich begrüßt ein 15 Meter hohes strahlend goldenes Kreuz den Besucher. Es ist das alte Kuppelkreuz, das wegen Rostschäden im Dezember 2006 von der Kuppel des Berliner Domes entfernt werden musste.
Zu den bekanntesten Personen, die hier beerdigt sind, gehören der Ratsmaurermeister Johann Christoph Bendler (1789–1873) und der Begründer eines Kurzschriftsystems Wilhelm Stolze (1798–1867). Auch Max Bäckler (1856–1924) gehörte zu den Förderern der Stenografie. Der Stallmeister Seiner Majestät Wilhelm I. Rudolf Rieck (1831–1892) ist gemeinsam mit seiner Frau Valeska (1840–1892) nördlich der Kapelle beerdigt. Neben Bendler findet man an der Wand zum Französischen Friedhof noch die Grabstätte des Hof- und Domorganisten Bernhard Irrgang (1869–1916). Das Grab des Oberhof- und Dompredigers Wilhelm Hoffmann ist durch ein hohes Kreuz aus Marmor gekennzeichnet.
Zu den heute nicht mehr auffindbaren Gräbern mit architektonischer und historischer Bedeutung gehören die Grabstätten folgender Personen:
- Karl Domschke (1812–1881), Maler und Professor
- Philipp Konrad Moritz Geiß (1805–1875), Begründer der Berliner Zinkgussindustrie
- Rudolph von Hertzberg (1818–1893), Musikdirektor, Direktor des Königlichen Domchors
- August Ferdinand Hopfgarten (1807–1896), Maler
- August Neithardt (1793–1861), Komponist und Musikdirektor
- Aemilius Ludwig Richter (1808–1864), Kirchenrechtslehrer und Professor
Friedhof II der Französisch-Reformierten Gemeinde
Der knapp über ein Hektar große Friedhof II der Französisch-Reformierten Gemeinde wurde seit 1835 benutzt und löste damit den alten Friedhof der Gemeinde an der Chausseestraße ab. Eine Kapelle befindet sich heute auf dem Gelände nicht mehr, die zuletzt vorhandene wurde ebenso wie das Haus des Friedhofswärters 1961 mit dem Bau der Berliner Grenzanlagen abgerissen. Der Friedhof besitzt eine zentrale Hauptallee, in deren Zentrum ein Ehrenmal an die gefallenen Mitglieder der Gemeinde in den Kriegen von 1864, 1866 und 1870/71 erinnert, eine Gedenkplatte erinnert zudem an die Toten aus dem Ersten Weltkrieg.
Dieser Friedhof ist unter anderem die letzte Ruhestätte des märkischen Schriftstellers Theodor Fontane (1819–1898) sowie seiner Frau Emilie (1824–1902). Dieses Grab wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und später wieder neu angelegt, wobei statt der ehemals vorhandenen schlichten Fußsteine ein Grabstein aus schwarzem Granit aufgestellt wurde. Wie alle anderen Grabstätten der Friedhöfe konnte auch das Grab Fontanes bis 1989 nur mit Passierschein besichtigt werden.
Außerdem liegt hier der Erfinder eines Stenografiesystems Leopold Alexander Friedrich Arends (1817–1882), auf dessen Grab eine hohe Granitstele mit Bildnisbüste von Alexander Calandrelli stand. Die Büste wurde nach der Maueröffnung gestohlen, konnte jedoch kurze Zeit später auf einem Trödelmarkt sichergestellt werden und wird heute, nachdem sie der Französischen Gemeinde zurückgegeben wurde, im Berliner Hugenottenmuseum ausgestellt. Der Bildhauer Martin Schauss (1867–1927), der vor allem für Bildnisbüsten bekannt war, liegt in einem Erbbegräbnis bestattet. An der Rückwand liegt außerdem in der Grabstätte der Familie Michelet der Pelzwarenhändler, Kommunalpolitiker und Berliner Ehrenbürger Paul Michelet (1835–1926). Ob sich in dieser Grabstätte außerdem der Philosophieprofessor Charles Louis Michelet (1801–1893) befindet, ist heute nicht mehr nachzuvollziehen. Auch die Gräber des Journalisten John Scott Peet (1915–1988), des Grafikers und Plakatkünstlers Herrmann Abeking (1882–1939), des Autors Heinz Bergschicker (1930–1989), sowie des Dramatikers und Schriftstellers Peter Hacks (1928–2003) befinden sich auf diesem Friedhof. Das unten als „Modernes Grab“ in einer Abbildung gezeigte Grabmal aus Stahl mit blauem Aufsatz wurde für den Berliner Bildhauer Manfred Hodapp (1951–1999) errichtet.
Wie bei den anderen Friedhöfen an der Liesenstraße gingen durch den Bau der Grenzanlagen und teilweise bereits vorher eine Reihe von architektonisch und historisch bedeutsamen Grabstätten verloren. Darunter befanden sich die Gräber von
- Louis Angely (1787–1836), Schauspieler; das Grabkreuz ging bereits um 1900 verloren
- Gustav Castan (1836–1899), Bildhauer und Mitgründer der Kaisergalerie
- Paul Erman (1764–1851), Physiker
- Georg Adolf Erman (1806–1877), Physiker
- Franz August O’Etzel (1783–1850), Militär und Landvermesser
- Edouard Muret (1833–1904), Lehrer und Enzyklopädist
- Theodor Reusche (1826–1881), Schauspieler
Alter Domfriedhof der St.-Hedwigs-Gemeinde
Der alte Domfriedhof der St.-Hedwigs-Gemeinde wurde 1834 geweiht und löste den ersten katholischen Friedhof am Oranienburger Tor ab, der heute nicht mehr vorhanden und von Mietshäusern überbaut ist. Damit ist dieser Friedhof heute der älteste noch bestehende katholische Friedhof Berlins. Er ist etwa über zwei Hektar groß. 1833 wurde das gesamte Gelände umzäunt und ein Totengräberhaus sowie ein Schuppen erbaut. 1849 wurden hier 429 Opfer der Choleraepidemie begraben, 1866 nochmals 1.111 Opfer derselben Krankheit.
1866/1867 wurde die Kapelle des Friedhofs nach dem Vorbild italienischer Renaissancebauten mit Terrakottaformsteinen und einem Kupferdach errichtet. Diese Kapelle wurde 1987 originalgetreu wieder aufgebaut, nachdem sie wegen Baufälligkeit mehrere Jahrzehnte lang nicht mehr benutzbar war. Auf der östlichen Seite der Kapelle befindet sich die Grabstätte der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Karl Borromäus, auf der westlichen die der Schwestern des St.-Hedwigs-Krankenhauses, die beide mit einfachen Marmortafeln bedeckt sind. Ohne Namen befindet sich hier außerdem die Grabstätte der Schwestern von der Heiligen Elisabeth.
Am Eingang des Friedhofs von der Liesenstraße befinden sich zwei kniende Engel aus Marmor, die von Joseph Limburg (1874–1955) geschaffen wurden und gemeinsam mit der Friedhofsgrenze um etwa 40 Meter von der Liesenstraße entfernt wurden. Durch die Einebnung des Mauerstreifens 1961 sowie den Bau der zweiten Mauer 1967 gingen eine Reihe von architektonisch und historisch bedeutsamen Grabstätten verloren, an die heute ein Gedenkstein auf der freien Rasenfläche sowie ein stehengebliebener Mauerrest vor dem Friedhof erinnern.
Eine Reihe von bedeutenden Berlinern wurden auf dem Friedhof beerdigt, deren Grabmäler heute leider nicht mehr vorhanden sind. Die folgenden Grabmäler sind teilweise verloren gegangen oder wurden verändert:
- Eleonora Ahna (1839–1865), Opernsängerin
- Carl Joseph Begas (1794–1854), Maler; Grab wurde mit neuer Stele bestückt, weil das Grabmal aus Granit mit Marmorbildnis, geschaffen von Reinhold Begas, zerstört wurde.
- Carl Breitbach (1833–1904), Historienmaler; Porträtrelief verschwunden.
- Peter von Cornelius (1783–1867), Maler; das Grab wurde in vereinfachter Form neu errichtet.
- Jakob Karl Engel (1821–1888), Komponist und Musiker
- Joseph Karl Engel, Direktor der Krollschen Oper; Marmorstele verschwunden.
- Franz von Forckenbeck (1796–1840), Vizepräsident des Berliner Oberlandesgerichts; Eisenkreuz verschwunden.
- Ernst Formes (1841–1861), Sänger; Bronzerelief verschwunden.
- Ceccardo Gilli (1798–1862), Bildhauer; Gedenkstein mit Medaillon von seinem Sohn Alexander Gilli aufgrund des Mauerbaus versetzt.
- Eugen Gottlieb (1879–1940), Komponist und Kapellmeister
- Franz Guthery (1850–1900), Komiker
- Hermann Hendrichs (1809–1871), Schauspieler
- Franz Hoppe (1810–1849), Schauspieler
- Luise Horina (1848–1918), Hofopernsängerin
- Ernst Eberhard von Ihne (1848–1917), Baumeister; Grabmal wurde aus der St.-Hedwigs-Kathedrale hierher gebracht und ist verschwunden.
- Johannes Janda (1827–1875), Bildhauer; Grabmal verschwunden.
- Bernhard Klein (1793–1832), Komponist und Kapellmeister
- Wilhelmine von Lichtenau (1753–1820), Gräfin; kleine Grabplatte im ehemaligen Todesstreifen erneuert
- Bernhard Lichtenberg (1875–1943), Theologe; sein Grab wurde in die St.-Hedwigs-Kapelle verlegt.
- Daniel Liszt (1839–1859), Sohn des Komponisten Franz Liszt.
- Mathilde Mallinger (1847–1920), Sängerin; Marmorsäule vorhanden, Genius verschwunden.
- Johannes Peter Müller (1801–1858), Physiologe; Grabplatte verschwunden.
- Emil Nitsch (1879–1941), Kammersänger
- Ignaz von Olfers (1793–1872), Generaldirektor der Berliner Museen; Grabmal verschwunden.
- Julius Qualigo (1833–1899), Theatermaler; Grabmal verschwunden.
- Athanasius von Raczynski (1788–1874), Kunstsammler; erneuerte Grabplatte im ehemaligen Todesstreifen.
- August Rincklage (1843–1914); Grabmal verschwunden.
- Marianne Schadow (1758–1815), Ehefrau des Architekten Johann Gottfried Schadow; das von ihrem Ehemann geschaffene Grabmal wurde 1925 ins Märkische Museum überführt.
- Paul Scheffer-Boichorst (1843–1902), Historiker; Porträtrelief verschwunden.
- Louisa Schick (1773–1809), Schauspielerin
- Margarete Schick (1773–1809), Sopranistin; Grabmal wurde 1891 zerstört.
- Karl Seydelmann (1793–1843), Schauspieler; Porträtrelief verschwunden
- Josef Sucher (1843–1908), Komponist, und Rosa Sucher (1849–1927), Opernsängerin; Grabmal verschwunden.
- Franz Leo Benedikt Waldeck (1802–1870), preußischer Politiker; Porträtrelief verschwunden.
- Karl Weierstraß (1815–1897), Mathematiker; Gedenkstein aufgrund des Mauerbaus versetzt.
- Wilhelm Weskamm (1891–1956), Bischof des Bistums Berlin, seit 1968 umgebettet in die Unterkirche der Sankt-Hedwigs-Kathedrale, Grabplatte noch vorhanden
Neben diesen Verlusten gibt es auf dem heute nur noch etwa 1,4 Hektar großen Gelände eine Reihe weiterer Gräber historisch mehr oder weniger bedeutsamer Personen, darunter
- Lorenz Adlon (1849–1921), Hotelier und Weinhändler (Hotel Adlon).
- Eleanore de Ahna (1839–1865), Sängerin
- Maximiliane von Arnim (1818–1894), Salonière
- Mathias Bauer (1843–1906), Besitzer des Café Bauer
- Jules Brunfaut (1873–1928), Meisterkoch
- Ernst Brzoza (1898–1950), Pfarrer
- James Cloppenburg (1877–1926), Mitbegründer des Textilwarenhauses Peek & Cloppenburg
- Herrmann Cohen, Komponist und Pianist; umgebettet 1943 aus der zerstörten St.-Hedwigs-Kathedrale.
- Hermann Dyckhoff (1853–1916), Textilfabrikant
- Franz Anton Egells (1788–1854), Eisengießer
- Enrique Gil y Carrasco (1815–1846), Dichter und Botschaftssekretär; die sterblichen Überreste wurden nach Spanien überführt.
- Eugen Gottlieb (1879–1940), Komponist und Kapellmeister
- Joseph Jahnel (1834–1897), Fürstbischöflicher Delegat (1889–1897) und Ehrendomherr zu Breslau
- Theodor Jansen (1829–1885), Justizrat (Medaillon von Rudolf Schweinitz)
- Joseph Limburg (1874–1955), Bildhauer; sein schlichter, vermutlich erneuerter Grabstein wurde neben den Engeln aufgestellt.
- Anna Pauline Milder-Hauptmann (1785–1838), Sängerin
- Johann Georg Patzenhofer (1815–1873), Gründer der Patzenhofer-Brauerei
- Peter Reichensperger (1810–1892), Politiker
- Rudolf von Renvers (1854–1909), Ärztlicher Direktor des Krankenhauses Moabit
- Therese Renz (1859–1938), Kunstreiterin
- Carl Schilling (1876–1939), Architekt
- Matthias Carl Schilling (1851–1909), Königlicher Hofsteinmetzmeister
- Carl Sonnenschein (1876–1929), Theologe; das Holzkreuz mit Bronzekruzifix auf seinem Grab gilt als eines der bedeutendsten Grabmäler des Friedhofs.
- Ernst Thrasolt (1876–1945), Dichter und Priester
- Willibald Velten (1849–1937), Pfarrer
Dorotheenstädtischer Friedhof II
Der Dorotheenstädtische Friedhof II wurde 1842 geweiht und sollte den Friedhof der Dorotheenstädtischen und Friedrichswerderschen Gemeinden an der Chausseestraße ablösen. Anders als bei diesem sollten hier jedoch nur Mitglieder der Dorotheenstädtischen Gemeinde beerdigt werden. Durch den Mauerbau wurde der Friedhof von der Gemeinde im Bezirk Mitte getrennt, die Pflege und Weiterführung übernahmen mehrere Kirchengemeinden in Kreuzberg.
1950/1951 entstand die Kapelle nach Plänen von Otto Bartning, um einen Ersatz für die Kirche zu schaffen. Bereits 1912/1913 wurde das dreiteilige Tor von Friedrich und Wilhelm Hennings erbaut.
Zu den wichtigsten Grabstätten des Friedhofs gehört das unter Denkmalschutz stehende Mausoleum für den Zirkusdirektor Paul Busch (1850–1927) und seine Frau Barbara Sidonie Busch (1849–1898), welches 1898 von Herrmann Paulick und Felix Voss erbaut wurde. Auch das Grabmal des Firmengründers Rudolph Hertzog (1815–1894) steht unter Denkmalschutz. Außerdem finden sich auf dem Gelände die Ehrengräber für den Physiker August Adolph Eduard Eberhard Kundt (1839–1894), Otto Nicolai (1810–1849), Julius Carl Raschdorff (1823–1914), Ernst Jacob Renz und Albert Schumann (1858–1939).
Liesenbrücken
Die heute als Liesenbrücken bekannten Bahnbrücken überqueren die Liesenstraße kurz vor der Kreuzung zur Gartenstraße. Der gesamte Komplex steht unter Denkmalschutz.[2]
Es handelt sich um Brücken, die die Bahngleise der bereits seit 1843 existierenden Stettiner Bahn über die Straßen führen sollten. Erbaut wurden die Brücken 1890 bis 1896 von B. Hildebrandt und K. Bathmann, um die bis dahin auf einer Ebene mit den Straßen liegenden und sie so direkt kreuzenden Gleise höher zu legen und damit den Verkehr unterhalb der Gleise zu ermöglichen.
Für den Bau der Brücken wurden die Gleise auf Dammaufschüttungen gelegt. Die eigentlichen Brücken stellten eiserne Fachwerkkonstrukte dar, die durch halbparabolische Obergurte stabilisiert wurden. Die Endstücke bildeten Portale. Auf den Brücken erhielten die Gleise eine leichte Kiesschüttung und das Gleisbett wurde mit Platten abgedeckt, die heute nicht mehr vorhanden sind. Die westliche der Fachwerk-Brücken ist eingleisig und diente als Pendelgleis für Lokomotiven zum Betriebswerk im Bahnhof Berlin Gesundbrunnen. Die zweigleisige östliche Brücke nahm die Streckengleise der Stettiner Bahn auf. Von 1934 bis 1939 führte außerdem die neu gebaute S-Bahn-Strecke der Nord-Südbahn zum Bahnhof Gesundbrunnen über diese Brücken.
In den Jahren 1956/1957 wurden die beiden westlichen Brücken renoviert und das Fachwerkträgersystem durch Blechträger ausgetauscht. Die Auflageflächen und die Seitenflügel der Brücken wurden für diesen Zweck vollständig abgetragen und nachfolgend wieder aufgebaut, während der S-Bahnverkehr über die mittlerweile stillgelegten Fernbahngleise der östlichen Brücke geleitet wurde.
Heute sind nur noch die renovierten westlichen Brücken in Betrieb.
Koordinaten der Brücke: 52° 32′ 25,2″ N, 13° 22′ 47″ O52.5403213.37972
Literatur
- Kathrin Chod, Herbert Schwenk, Hainer Weisspflug, Hans J. Mende: Berliner Bezirkslexikon Mitte. 2 Bände. Bd. 1: A bis N. Bd. 2: N bis Z. Edition Luisenstadt, Berlin 2001, ISBN 3-89542-111-1.
- Alfred Etzold, Wolfgang Türk: Der Dorotheenstädtische Friedhof. Die Begräbnisstätten an der Berliner Chausseestraße. Aktualisierte Neuauflage. Links, Berlin 2002, ISBN 3-86153-261-1.
- Klaus Hammer: Historische Friedhöfe & Grabmäler in Berlin. Stattbuch Verlag, Berlin 1994, ISBN 3-922778-32-1.
Weblinks
- Liesenstraße. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
Commons: Friedhof II der Domgemeinde – Album mit Bildern und/oder Videos und AudiodateienCommons: Friedhof II der Französisch-Reformierten Gemeinde – Album mit Bildern und/oder Videos und AudiodateienCommons: Alter Domfriedhof der St.-Hedwigsgemeinde – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienCommons: Dorotheenstädtischer Friedhof II – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Die Friedhöfe und die Liesenbrücke bei Wikimapia
- Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste: Liesenbrücken
Einzelnachweise
- ↑ Polly Feversham und Leo Schmidt: Die Berliner Mauer heute. Denkmalwert und Umgang. Verlag Bauwesen, Dezember 2001, ISBN 3345007339, S. 85.
- ↑ Baudenkmalkomplex Liesenbrücken
52.53888888888913.376944444444Koordinaten: 52° 32′ 20″ N, 13° 22′ 37″ ODieser Artikel wurde am 7. Januar 2006 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen. Kategorien:- Wikipedia:Lesenswert
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