Max Scheler

Max Scheler
Max Scheler

Max Scheler (* 22. August 1874 in München; † 19. Mai 1928 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Philosoph und Soziologe.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend

Scheler war der Sohn eines Domänenverwalters und einer orthodox-jüdischen Mutter. Er konvertierte 1899 zum katholischen Glauben und studierte in München und Berlin Medizin, Philosophie und Psychologie, in Berlin außerdem (unter anderem bei Wilhelm Dilthey, Carl Stumpf und Georg Simmel) Soziologie. In Jena lernte er den Neukantianismus mit den Bereichen Ethik und Erkenntnistheorie kennen und promovierte 1897 bei Rudolf Eucken mit dem Thema Beiträge zur Feststellung der Beziehungen zwischen den logischen und ethischen Beziehungen. 1899 habilitierte er sich in Jena mit dem Thema Die transzendentale und die psychologische Methode und heiratete Amelie Ottilie geb. Wollmann gesch. von Dewitz-Krebs (*1867).[1]

Schaffenszeit

Erste Momente der Neuorientierung erfuhr Scheler durch die Lektüre von Husserls Logische Untersuchungen in den Jahren 1900 bis 1901. Bis 1905 lehrte er an der Universität Jena als Privatdozent. Aufgrund eines Skandals um seine Affäre mit Helene Voigt-Diederichs, der Ehefrau von Eugen Diederichs,[2] musste er seine Position in Jena aufgeben.

Während seiner Umhabilitation bei Theodor Lipps, machte er 1906 die Bekanntschaft der dort ansässigen Phänomenologen (Alexander Pfänder, Moritz Geiger, J. Daubert, Dietrich von Hildebrand[1]). Neben Husserl beeinflussten ihn in dieser Zeit Kant, Bergson und Nietzsche. 1909 wurde er durch seine Ehefrau in einen weiteren Skandal, den Prozess „über die Würde eines Hochschullehrers“,[1] verwickelt, so dass er 1910 auch in München seine Position als Dozent aufgeben musste. Er ging nach Göttingen und Berlin und nahm bis zum Ausbruch des Weltkrieges regelmäßig in der Philosophischen Gesellschaft Göttingen,[1] eine freie Lehrtätigkeit auf. Ab 1911 begann seine fruchtbare Schaffensperiode mit zahlreichen Publikationen, beginnend mit seinem Hauptwerk über einen ethischen Personalismus.

Nach seiner Scheidung im Februar 1912 heiratete er im Dezember desselben Jahres Märit Furtwängler (1891-1971[1]), die Tochter des Archäologen Adolf Furtwängler und Schwester Wilhelm Furtwänglers.

Aus gesundheitlichen Gründen musste er am Ersten Weltkrieg nicht als Soldat teilnehmen. Er vertrat zu Beginn des Krieges wie viele andere Akademiker eine nationalistische Position, die er im Verlaufe der Kriegsjahre jedoch revidierte. So äußerte er 1915 in seiner Schrift Der Genius des Krieges und der Deutsche Krieg,[1] dass der Weltkrieg ein Aufruf zur geistigen Wiedergeburt des Menschen und eine Zerfallserscheinung des Kapitalismus sei.

Von 1916 bis 1922 arbeitete er regelmäßig an der katholischen Zeitschrift Hochland mit. Laut Henckmann (1998) war sein wichtigster Beitrag dort der Artikel Soziologische Neuorientierung und die Aufgabe der deutschen Katholiken nach dem Kriege, der 1916 herauskam.[1] [1] Zu Ostern 1916 wurde er im Kloster Beuron feierlich in die katholische Kirche aufgenommen.[1] Er kam zu der Auffassung, dass für das Nachkriegseuropa ein christlicher Sozialismus oder Solidarismus geeignet sei, um einen Weg zwischen dem kapitalistischen Westen und dem kommunistischen Osten zu finden. Durch die Beschäftigung mit der platonisch-augustinischen Liebe im Katholizismus entwickelte er weltoffene Glaubensvorstellungen.

1917/18 betreute er im Dienste des Auswärtigen Amtes in der Schweiz und in den Niederlanden deutsche Kriegsgefangene.[3]

Mit der 1921 erschienenen Publikation Vom Ewigen im Menschen initiierte er in der Weimarer Republik eine geistig-religiöse Erneuerungsbewegung in der katholischen Tradition, an der er selbst jedoch nicht teilnahm.

Nach seiner Berufung zum Professor für Philosophie und Soziologie an die Universität zu Köln 1921/1922, die vom Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer unterstützt worden war[4], distanzierte er sich öffentlich vom Katholizismus. So hielt er auf einer Gedenkfeier zum 250. Todestag Spinozas Anfang 1922 eine Rede, die zeigte, dass er sich inzwischen dem Neuspinozismus der Goethezeit und den Ideen Nietzsches zugewandt hatte. Als Direktor des Instituts für Sozialwissenschaften trug er zum Aufbau einer neuen Soziologie bei. In seiner Lehre verknüpfte er zwei historische Momente der Gesellschafts- und Wissenschaftsentwicklung in Europa: die neue Physik im 17. Jahrhundert und die Herausbildung der kapitalistischen Wirtschaft.

Als er 1924 nach erneuter Scheidung eine Ehe mit Maria Scheu (1892-1969[3]) einging, beurteilten konservative Katholiken ihn als einen Menschen mit labilem Charakter, der zwischen Triebhaftigkeit und Geistigem schwanke.

1925 hielt er zum ersten Mal Vorlesungen über die Grundzüge der philosophischen Anthropologie,[3] in der er gemäß dem Zeugnis Heideggers das Besondere des Menschen als „Mitwirker Gottes“ jenseits eines einfachen Theismus oder eines verschwommenen Pantheismus herauszuarbeiten suchte.[5]

Seine Auseinandersetzung mit den Krisen des 20. Jahrhundert führte ihn zu neuen Auffassungen. Er sprach vor den Generälen der Reichswehr zum Thema der Friedenssicherung. An der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin hielt er am 5. November 1927 einen Vortrag zum Thema Der Mensch im Zeitalter des Ausgleichs. Mit diesem Ausgleich wollte er den „uralten tragischen deutschen Gegensatz von Macht und Geist überwinden“ und die parlamentarische Demokratie der Weimarer Republik gegen Angriffe von rechts und links verteidigen.

Einen Ausgleich wollte er auch gegenüber den „Panromantikern“ wie Ludwig Klages suchen, eine Brücke zwischen dem Männlichen und Weiblichen, der westlichen und östlichen Welt, den apollinischen und dionysischen Tendenzen im Geiste der Idee Nietzsches schlagen. Er vertrat die Ansicht, dass es ohne diese geistige Brückenbildung des Ausgleichs zu einer verhängnisvollen Entwicklung kommen müsse.

Kurz vor seinem Tod veröffentlichte er Anfang 1928 Die Stellung des Menschen im Kosmos, ein Spätwerk, welches auf einen Vortrag im April 1927 zurückging, den er auf der Tagung Mensch und Erde in Darmstadt an der Schule der Weisheit des Grafen Hermann Keyserling gehalten hatte. An dieser Veranstaltung waren außerdem der Ethnologe Leo Frobenius, der Sinologie Richard Wilhelm und der Psychologe Carl Gustav Jung beteiligt.

Scheler ist der Vater des Fotografen Max Scheler.

Philosophie

Materiale Wertethik

1913 erschien die Arbeit Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik. Hier beschreitet er neue Wege abseits von Husserl mit ontologischen und/oder realistischen Tendenzen, beginnend mit einem materialen Apriori. Ausgangspunkt sind die Erfahrungen der Sachen und ihre Wesensgesetze. Er löst hierbei die kantische Pflichtethik durch seine Wertethik ab, indem er zum Theoretischen und Praktischen das emotionale Wertgefühl einbringt. Das Sittliche beruht für Scheler personalistisch auf einer konkreten Wertbestimmung. Damit nahm er wichtige Momente der Zeit auf und führte die phänomenologische Philosophie weiter.

Scheler geht von einem stufenförmigen System der Werte aus (als Selbstwertmodi):

  1. sinnliche Werte: angenehm – unangenehm
  2. vitale Werte (Lebenswerte): edel – gemein
  3. geistige Werte: recht – unrecht, schön – hässlich, wahr – falsch („reine Wahrheitserkenntnis“) (Funktionen des geistigen Fühlens)
  4. heilige – profane Werte

Die Nützlichkeit bestimmt Scheler im Gegensatz zu den angeführten Selbstwertmodi als Konsekutivwert. Er weist sowohl die Höchstschätzung der Nützlichkeitswerte des Utilitarismus als auch die der Lebenswerte Nietzsches zurück.

Die Formen des Wissens

Schelers Begriff der Bildung, den er in Die Formen des Wissens und die Bildung 1925 ausarbeitete, ist an seine anthropologische Bestimmung des Menschen geknüpft. Um die dem Menschen eigens zukommende Form der Bildung vom praktischen Wissen des Tieres abzugrenzen, fragt sich Scheler, ob der Mensch – biologisch betrachtet – nicht eine Sackgasse ist:

„Ist dieser homo naturalis nicht überhaupt eine »Sackgasse der Natur«? Einer Natur, die (…) trotz all ihres mächtigen Getriebes und Getues auf äußerst komplizierten Umwegen (durch Werkzeug, Technik, Staat usw.) doch auch nicht-weiter erreicht als ebendasselbe, was das Tier so viel einfacher, automatischer durch die Leistung seiner Instinkte, seine Selbstdressur und Übung, wie durch die in seinen höchsten Formen, den Menschenaffen, bereits auftretende »praktische Intelligenz« erreicht (…) Ich sage, ebendasselbe erreicht, d.h. Erhaltung der Gattung, Realisierung der spezifisch biologischen Werte aller Art!“[6]

Wenn man den Menschen rein funktionalistisch betrachtet, erscheint er als Fehlentwicklung der Natur; zumindest ist er, was den Aufwand für seine Selbsterhaltung betrifft, äußerst ineffizient. Scheler fährt fort:

„Wer nur diese uns von der Naturwissenschaft allein als unwiderlegliche nahegelegte Auffassung vom Wesen des Menschen hat, wer das, was die traditionelle Sprache Europas seit den Griechen »Geist«, »Vernunft« nennt, nur als ein kompliziertes Nebenergebnis des doppelseitigen Lebensprozesses ansieht (sc. die Selbsterhaltung der Art) – der sei auch so konsequent und entsage der Idee und dem Werte der »Bildung«. Denn dieser Ausdruck will einen Selbstwert setzen (...)“[6]

Um die Autonomie der Bildung zu verdeutlichen, versucht Scheler sie von den Fähigkeiten der Tiere abzugrenzen. Hierzu zieht er zeitgenössische Ergebnisse der Tierpsychologie heran, deren Arbeit er auch für die Anthropologie für unverzichtbar hält:

„Es ist der große, auch philosophische Wert, den die junge so rüstig fortschreitende Tierpsychologie besitzt, dass sie uns gezeigt hat, wie sehr man früher geneigt war, die psychischen Fähigkeiten der Tiere zu unterschätzen.“

Er gibt einige Erläuterungen zu den neu erkannten Fähigkeiten von Tieren, darunter technische Intelligenz, die Fähigkeit, sinnvoll zu wählen, Werkzeuggebrauch, Werkzeugherstellung, altruistische Handlungen usw. All dies hatte man zuvor nur dem Menschen zugesprochen, worin nach seiner Auffassung die grundlegende Fehleinschätzung der philosophischen Anthropologie lag:

„Die wahre Würde und Bedeutung des Menschen war früher gerade durch diese Unterbestimmung der Tierseele gleichfalls weitgehend verkannt worden. Nicht, wie man meinte, macht die praktisch-technische Intelligenz den Menschen zum Menschen im Wesenssinne; sie ist im Menschen nur quantitativ ungeheuer gesteigert, bis zu einem Grade eines Siemens oder Edison. Erst der Besitz von Akten einer autonomen Gesetzlichkeit gegenüber aller psychischen Vitalkausalität (…) macht das Neue aus – eine Gesetzlichkeit, die nicht mehr analog der und parallel geht den Funktionensabläufen im Nervensystem, sondern parallel und analog der objektiven Sachstruktur und Wertestruktur der Welt selbst.[7]

Der Mensch hat also im Vergleich zum Tier Sphären mit einer ihnen eigenen sinnhaften Binnenstruktur. In diesen kann er „Akte von einer autonomen Gesetzlichkeit“ vollziehen, die sich nicht an den Gesetzen seiner Physiologie verstehen lässt, gleichwohl sie hierauf physiologisch angewiesen ist. Scheler gibt hierfür als Beispiel, dass ein Tier nicht die Fähigkeit hat, einen Wert in abstracto einem anderen Wert vorzuziehen. So kann z.B. der Mensch die Erhaltung und Verwirklichung eines geistigen Wertes (Ehre, Würde, Heil, Überzeugung) sogar dem höchsten Lebenswert, der Erhaltung des eigenen Daseins, vorziehen.[8]

Damit zeichnet der menschliche Geist sich durch drei Merkmale aus, die ihn vom Tier unterscheiden:

  1. Der menschliche Geist ist durch Sachen (kulturelle Werte) bestimmt, nicht durch Triebe und Bedürfnisse des Organismus.
  2. Er ist zur begierdefreien Liebe zur Welt fähig und übersteigt so die Triebbezogenheit auf Dinge.
  3. Er ist fähig, das Was-Sein (Wesen) vom Dass-sein (Dasein) zu scheiden und anhand des Wesens Einsichten zu gewinnen, die über die individuellen Einzelfälle hinaus Geltung haben.

Der Autor fasst diese Positionen als menschliches „Weltbewusstsein“ zusammen und stellt sie dem tierischen „Haben der Umwelt“ gegenüber. Der Mensch reicht also hinaus „über alles mögliche Milieu des Lebens.“[9] Um dies zu verwirklichen, ist der Mensch aber auf die Bildung angewiesen. Hier schließt sich die Argumentation: Scheler sieht die Autonomie der Bildung gegenüber bloß funktional-biologischen Zwecken, diese Autonomie entspricht genau dem Drang des Menschen, über sich hinaus zu gehen und im niemals abgeschlossenen Prozess der „Menschwerdung“ zu wachsen. Damit verwirklicht er sein ihm eigenes Wesen, was für Scheler zugleich heißt, dass er seine göttliche Natur verwirklicht. So spricht er auch davon, dass Bildung dem Menschen zur „Selbstdeifizierung“ diene.[10] Menschwerdung und das Werden der Gottheit sind somit untrennbar verbunden. Das doppelte Werden zeigt auch seine Auffassung des Menschen als Prozess, nicht als Substanz, an.

Der Mensch ist außerdem ein „Mikrokosmos“, der den „Makrokosmos“ (das Universum) in sich abbildet. Dies allerdings nicht in jeder Einzelheit, sondern in seiner wesenhaften Gesamtheit, also kraft seiner Fähigkeit, Wesen zu erkennen. Diese steigert sich im Laufe der individuellen Biographie und kulturellen Geschichte eines Volkes. Im Verhältnis von Mikro- zu Makrokosmos vermag „das Urseiende sich selbst zu wissen und zu erfassen, zu verstehen und sich zu erlösen“.[11] So bekommt aber die Menschwerdung eine kosmologische Dimension, sie ist „der Sinn der Erde, ja der Welt selbst“.[12] Bildung steht also im Zusammenhang mit diesem Weltprozess, der Selbstzweck ist und damit nicht Mittel für die Warenproduktion oder Kunstleistung sein kann. Sie ist gar nicht für etwas da, das hinter ihr liegt:

„Bildung ist nicht »Ausbildung für etwas«, »für« Beruf, Fach, Leistung jeder Art, noch gar ist Bildung um solcher Ausbildung willen. Sondern alle Ausbildung »zu etwas« ist für die aller äußersten »Zwecke« ermangelnde Bildung da – für den wohlgeformten Menschen selbst.“[12]

Trotz allem vertritt Scheler keinen „Dandyismus“, wie er es ausdrückt: Der Mensch soll kein Kunstwerk werden. Bildung ist nicht „Sich-zum-Kunstwerk-machen-Wollen“, vielmehr von jeglichem Wollen frei zu halten. Man soll sich in ihr „verlieren“, um sich selbst zu gewinnen. Daher wählt man auch nicht sein Bildungs-Vorbild, sondern wird von ihm erfasst. Die hier wirksam werdenden Vorbilder können durchaus unterschiedlicher Art sein – Scheler lehnte die Vorstellung einer einzigen, für alle Menschen geltenden Humanität ab.

Er unterscheidet nun drei Arten oberster Wissensformen:

  1. das Leistungs- und Herrschaftswissen der positiven Wissenschaften zur Erlangung praktischer Ziele
  2. das Bildungswissen der Philosophie zur Ausformung der Persönlichkeit
  3. das Erlösungs- und Heilswissen der Religionen als liebende Teilhabe am Prozess des Seins selbst.

Jede dieser Wissensformen zeichnet sich durch spezifische Motivation, Erkenntnisziele, Erkenntnisakte, vorbildhafte Persönlichkeitstypen, soziale Gruppen des Wissenserwerbs und der Wissensverbreitung und historische Bewegungsformen aus. Diesen entsprechen die von Scheler ausgearbeiteten Wertmodalitäten 1) Vitalwerte 2) Geisteswerte 3) Heiligkeitswerte. Alle drei hält Scheler für wichtig; er kritisiert aber scharf die einseitige Ausrichtung der abendländischen Kultur auf das Leistungswissen, während er für die asiatischen Kulturen einen gewaltigen Vorsprung bezüglich des Bildungs- und Erlösungswissens sieht.[13] Um die hier georteten Einseitigkeiten zu beheben, plädiert Scheler für einen Kulturaustausch. Der höchste Wert kommt für ihn dabei dem Erlösungswissen zu, das allein zweckfrei sei, während Leistungs- und Bildungswissen letzten Endes in seinem Dienste stehen. So ist denn auch verständlich, warum das humanistische Bildungswissen zur Ausformung der Persönlichkeit nicht das letzte Ziel sein könne und der Mensch kein Kunstwerk werden solle.

Die Stellung des Menschen im Kosmos

In seiner Schrift Die Stellung des Menschen im Kosmos von 1928 zeichnet Scheler die menschliche Psyche in vier Schichten nach dem Stufenbau der organischen Natur:

Diesen Schichten setzt er ein gänzlich anderes Prinzip des Geistes entgegen, wodurch der Mensch dem Naturzusammenhang vollkommen „enthoben“ sei. Allerdings sind das Leben und der Geist aufeinander angewiesen: der Geist durchdringt das Leben mit Ideen, die dem Leben erst seine Bedeutung geben. Das Leben ermöglicht dagegen erst den Geist und gibt ihm eine Tätigkeit, um sie im Leben zu verwirklichen.

Zum Standpunkt der technischen Intelligenz nimmt Scheler eine radikale Position ein. So behauptet er, die Intelligenz, die Edison als Physiker entfaltet habe, erhöhe den Menschen nicht über die Leistungen eines Schimpansen, wenn man von den Untersuchungen Wolfgang Köhlers ausgehe. Er bezeichnet den Weltgrund als bipolar; dieser besteht in der Selbstbehauptung des Lebensdrangs einerseits und der Ausrichtung des Geistes auf Wesenheiten andererseits. So lassen die technischen Leistungen sich in einem „Weltauftrag“ bestimmen und begrenzen.

Literatur

Werke

  • Zur Phänomenologie und Theorie der Sympathiegefühle und von Liebe und Hass, 1913
  • Der Genius des Kriegs und der Deutsche Krieg, 1915
  • Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik, 1913 - 1916
  • Krieg und Aufbau, 1916
  • Die Ursachen des Deutschenhasses, 1917
  • Vom Umsturz der Werte, 1919
  • Neuer Versuch der Grundlegung eines ethischen Personalismus, 1921
  • Vom Ewigen im Menschen, 1921
  • Probleme der Religion. Zur religiösen Erneuerung, 1921
  • Wesen und Formen der Sympathie, 1923 (neu aufgelegt als Titel von 1913: Zur Phänomenologie ...)
  • Schriften zur Soziologie und Weltanschauungslehre, 3 Bände, 1923/1924
  • Die Wissensformen und die Gesellschaft, 1926
  • Der Mensch im Zeitalter des Ausgleichs, 1927
  • Die Stellung des Menschen im Kosmos, 1928
  • Philosophische Weltanschauung, 1929
  • Logik I (Fragment, Korrekturbögen). Amsterdam 1975. ISBN 90-6203-229-X
Ausgaben
  • Gesammelte Werke. 16 Bände. Bouvier, 1954 - 1998
  • Schriften zur Anthropologie. Reclam, Ditzingen 1994, ISBN 978-3150093375
  • Die Stellung des Menschen im Kosmos. 16. Auflage. Bouvier, 2007, ISBN 978-3416025928

Sekundärliteratur

Philosophiebibliographie: Max Scheler – Zusätzliche Literaturhinweise zum Thema

  • Becker, Ralf / Bermes, Christian / Leonardy, Heinz (Hrsg.), Die Bildung der Gesellschaft. Schelers Sozialphilosophie im Kontext, Königshausen & Neumann Verlag, Würzburg 2007. ISBN 978-3-8260-3551-7.
  • Bermes, Christian / Henckmann, Wolfhart / Leonardy, Heinz (Hrsg.), Solidarität. Person und soziale Welt, Könighausen & Neumann Verlag, Würzburg 2005. ISBN 3-8260-3303-5.
  • Dies. (Hrsg.), Vernunft und Gefühl. Schelers Phänomenologie des emotionalen Lebens, Könighausen & Neumann Verlag, Würzburg 2003. ISBN 3-8260-2486-9.
  • Dies. (Hrsg.), Person und Wert. Schelers „Formalismus“ – Perspektiven und Wirkungen (Philosophische Kontexte), K. Alber Verlag, Freiburg i.Br. 2000. ISBN 3-495-47970-8.
  • Dies. (Hrsg.), Denken des Ursprungs – Ursprung des Denkens. Schelers Philosophie und ihre Anfänge in Jena (Kritisches Jahrbuch der Philosophie, Bd. 3), Königshausen & Neumann Verlag, Würzburg 1998. ISBN 3-8260-1537-1.
  • Good, Paul, Max Scheler. Eine Einführung, Parerga Verlag, Düsseldorf (u.a.) 1998. ISBN 3-930450-34-8.
  • Groothoff, Hans H., Max Scheler: Philosophische Anthropologie und Pädagogik zwischen den Weltkriegen. Eine Studie (Schriftenreihe Erziehung – Bildung – Unterricht, Bd. 103, Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2003. ISBN 3-8300-0860-0.
  • Henckmann, Wolfhart, Max Scheler (Beck’sche Reihe, Bd. 543; Denker), Beck Verlag, München 1998. ISBN 3-406-41943-7.
  • Mader, Wilhelm, Max Scheler. In Selbstzeugnissen und Bilddokumenten (Rowohlts Monographien, Bd. 290), Rowohlt Verlag, zweite Aufl., Reinbek bei Hamburg 1995. ISBN 3-499-50290-9.
  • Nota, Jan H., Max Scheler. Der Mensch und seine Philosophie, Börsig Verlag, Fridingen a.D. 1995. ISBN 3-9802256-4-X.
  • Orth, Ernst W. / Pfafferott, Gerhard (Hrsg.), Studien zur Philosophie von Max Scheler (Phänomenologische Forschungen, Bd. 28/29), K. Alber Verlag, Freiburg i.Br. 1994. ISBN 3-495-47798-5.
  • Pfafferott, Gerhard (Hrsg.), Vom Umsturz der Werte in der modernen Gesellschaft. II. Internationales Kolloquium der Max-Scheler-Gesellschaft, Bouvier Verlag, Bonn 1997. ISBN 3-416-02621-7.
  • Sander, Angelika Sander, Max Scheler zur Einführung (Zur Einführung, Bd. 238), Junius Verlag, Hamburg 2001, ISBN 3-88506-338-7.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Max Scheler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Wolfhart Henckmann: Max Scheler. Beck, München 1998, S. 253
  2. Meike Werner: Moderne in der Provinz: kulturelle Experimente im Fin-de-Siècle-Jena. Wallstein, Göttingen 2003, S. 110-111
  3. a b c Henckmann 1998, S. 254
  4. Scheler, Max Ferdinand, Neue Deutsche Biographie, Hg. Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
  5. Henckmann 1998, S. 9-10
  6. a b Max Scheler: Späte Schriften. Dort: Die Formen des Wissens und die Bildung. Herausgegeben von M. S. Frings. Francke, Bern 1976, S. 95
  7. Max Scheler: Späte Schriften. dort: Die Formen des Wissens und die Bildung. Bern 1976, S. 99
  8. Max Scheler: Späte Schriften. Dort: Die Formen des Wissens und die Bildung. Bern 1976, S. 99f
  9. Max Scheler: Späte Schriften. Dort: Die Formen des Wissens und die Bildung. Bern 1976, S. 100
  10. Max Scheler: Späte Schriften. Dort: Die Formen des Wissens und die Bildung. Bern 1976, S. 101
  11. Max Scheler: Späte Schriften. Dort: Die Formen des Wissens und die Bildung. Bern 1976, S. 96
  12. a b Max Scheler: Späte Schriften. Dort: Die Formen des Wissens und die Bildung. Bern 1976, S. 103
  13. Max Scheler: Späte Schriften. Dort: Die Formen des Wissens und die Bildung. Bern 1976, S. 115

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