NGDK

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Der Kampfbund für deutsche Kultur (KfdK), der in seiner Gründungsphase zunächst den Namen Nationalsozialistische Gesellschaft für deutsche Kultur (NGDK) erhielt, war ein völkisch gesinnter, antisemitisch ausgerichteter und politisch tätiger Verein während der Weimarer Republik und in der Zeit des Nationalsozialismus. Der Verein wurde 1928 von dem NS-Chefideologen Alfred Rosenberg gegründet und stand bis zu seiner Auflösung 1934 unter seiner Führung. Ziel des Vereins war eine maßgebliche Prägung des Kulturlebens in Deutschland, nicht zuletzt innerhalb der NSDAP. 1934 wurde der Verein aufgelöst und mit dem Reichsverbund „Deutsche Bühne“ zur Nationalsozialistischen Kulturgemeinde („NS-Kulturgemeinde“) zusammengefasst. Verbunden war der Auflösungsprozess mit der Errichtung der „Dienststelle Rosenberg“ (DRbg), dem späteren „Amt Rosenberg“ (ARo).[1]

Inhaltsverzeichnis

Weimarer Republik

Entstehungsprozess

Der Entstehungsprozess des Kampfbundes vollzog sich in den letzten fünf Jahren der Weimarer Republik. Die Gründungsphase stand im engsten Zusammenhang mit dem von den Nationalsozialisten so bezeichneten Nürnberger Reichsparteitag, der vom 19. bis 21. August 1927 – entsprechend der christlichen Terminologie der Erweckungsbewegung – unter dem Motto „Reichsparteitag des Erwachens“ veranstaltet wurde.[1] Rund zwei Monate später, am 14. Oktober 1927, verfasste Alfred Rosenberg ein Rundschreiben an alle führenden Partei-Funktionäre der Ortsgruppen der NSDAP sowie an renommierte Vertreter der völkisch-nationalen Kulturszene. Aus diesem Schreiben, das den Briefkopf des Völkischen Beobachters trägt und einem Rundschreiben des Eher Verlages als Anlage beigefügt wurde, geht hervor, dass der Entschluss gefasst wurde, eine „Nationalsozialistische Gesellschaft für deutsche Kultur“ (NGDK) zu gründen; und das Adolf Hitler Rosenberg mit dem Aufbau dieser politischen Institution betraut habe.[2] In dem Schreiben wies Rosenberg auf seine Bemühungen hin, „20-30 bester deutscher Namen dafür zu gewinnen, sich als Förderer dieser Sache öffentlich nennen zu lassen.“ Seine Parteigenossen auf kommunaler Ebene bat er um Unterstützung bei der Suche nach sämtlichen „irgendwie als national bekannten Persönlichkeiten Ihrer Stadt“, die für eine materielle Unterstützung und für Verträge der Gesellschaft in Frage kämen.[2]

Die offizielle Gründung des Vereins erfolgte erst im Mai 1928, zunächst – wie vorgesehen – unter dem Namen „Nationalsozialistische Gesellschaft für deutsche Kultur“ (NGDK). Unterstützt wurde Rosenberg dabei von Carl Baily von Schirach, Vater von Baldur von Schirach und ehemaliger Hoftheater-Generalintendant in Weimar,[3] und von einem Mann mit dem Namen Haselwander.[4] Gotthard Urban, ein Freund von Baldur von Schirach, wurde Geschäftsführer des NGDK.[4] Die Leitung der verschiedensten Abteilungen – wie Musik, Film und Rundfunk – übernahm ein Hans Buchner.[5] Das Gründungsprotokoll trägt die Unterschriften von Rosenberg, Heinrich Himmler, „Reichsorganisationsleiter“ Gregor Strasser, „Reichsgeschäftsführer“ Philipp Bouhler, „Reichsschatzmeister“ Franz Xaver Schwarz und Emil Weiß, alle bereits NSDAP-Mitglieder zu diesem Zeitpunkt.[2] Anstatt des Unterzeichner-Namens Emil Weiß wurde in der Literatur auch der Name des Fabrikanten Wilhelm Weiß angegeben. Das Gründungsmemorandum soll bereits am 4. Januar 1928 unterzeichnet worden sein.

Am 19. Dezember 1928 wurde die NGDK in „Kampfbund für deutsche Kultur e.V.“ (KfdK) umbenannt und erhielt eine Vereinssatzung.[6]

Vor- und Feindbilder

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Die Stadt Karlsruhe wurde durch die Hans-Thoma-Schule zu einem Zentrum deutschtümelnder Strömungen. Es handelte sich um völkisch gesinnte Kreise, die zu ihrer antisemitischen Tradition nach 1918 auch eine antikapitalistische Ausrichtung angenommen hatten und sich für die Heimatkunst interessierten. Rainer Maria Rilke, Hugo von Hofmannsthal, Max Liebermann galten ihnen aufgrund vorgeblicher „internationalistischer“ Denkweisen als Feindbilder; Vorbilder war der wiederentdeckte Romantiker Caspar David Friedrich. Die ersten nationalsozialistischen Bilderstürme sollten von der Kampfbund-Gruppe in Karlsruhe unter der Führung des Thoma-Nachfolgers Hans Adolf Bühler und von Weimar ausgehen.

Eine weitere Gruppe innerhalb des Kampfbundes pflegte nationalistische und xenophobe Ideale. „Ewige“ und „unveräußerliche“ Werte sollten der Jugend Richtbilder für ihre nationalen Tugenden geben, Deutschland sollte deutsch bleiben. Expressionismus, proletkultische Kunstexperimente, Jazz, sozialkritische Kunst galt ihr als gezielte Schwächung des Staates.

Pangermanische Tendenzen vertraten die in und um den Alldeutschen Verband konzentrierten Anhänger eines großdeutschen Kulturimperialismus, die eine stark ausgeprägte antisemitische Tradition hatten. Die nordischen Völker besäßen einen Führungsauftrag, ihr Volkstum sollte die kulturellen Kolonisationsfaktoren liefern. Die Expansionsbestrebungen richteten sich vor allem nach Osteuropa. Paul de Lagarde, Houston Stewart Chamberlain, Othmar Spann waren die Autoren dieser Kreise, deren Chauvinismus im gebildeten Bürgertum weit verbreitet war.

Politische Ziele

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Der Mai 1928 veröffentlichte Gründungsaufruf des Kampfbundes verlautbarte, man wolle nun im Kampf gegen „Verbastardisierung und Vernegerung unseres Daseins“ willensstarke und opferbereite deutsche Männer und Frauen an sich binden, um „artbewußte“ Zeitungen und Zeitschriften, bisher „unterdrückte“ Gelehrte und Künstler zu fördern, Ausstellungen zu veranstalten und auf die Theaterspielpläne Einfluss zu nehmen. Eine Liste von wohlbekannten Namen, die sich bereit erklärten, die Gründung öffentlich zu unterstützen, zeigt die bildungsbürgerliche Ausrichtung: Acht der achtzehn Förderer waren Hochschullehrer, die übrigen, meist aus dem Richard-Wagner-Kreis, waren Verleger, Theaterintendant, Schriftsteller, Pfarrer.

Seit Oktober 1928 trug die Organisation offiziell die Bezeichnung „Kampfbund für deutsche Kultur“. Rosenberg gelang es nicht, einen parteiamtlichen Status für den Kampfbund zu erlangen. Allerdings führte das Hauptarchiv der NSDAP den Kampfbund als „Organisation innerhalb der NSDAP“ und nannte ihn eine „rein nationalsozialistische Gründung“.[7].

An der ersten öffentlichen Veranstaltung des Kampfbundes in der Münchner Universität am 23. Februar 1929, bei der Othmar Spann über Die Kulturkrise der Gegenwart einen Vortrag hielt, nahm Hitler mit zahlreichen Anhängern teil.

Mitglieder und Förderer

Die Zahl der Mitglieder, die in 450 so genannten Stützpunkten (Ortsgruppen) organisiert waren, stieg vom April bis Oktober 1929 von ca. 300 auf ca. 38.000. Nachweisbare Aktivitäten, zunächst Vortragsreihen, entwickelten die Ortsgruppen München und Weimar, ab Herbst 1929 Dresden und Bonn, ab Frühjahr 1930 Düsseldorf und Karlsruhe.

Unter den Förderern des Kampfbundes war alles vertreten, was im extremen Flügel der völkischen Bewegung Rang und Namen hatte, z. B. Adolf Bartels, Hugo Bruckmann, Houston Stewart Chamberlains Witwe Eva Chamberlain, der Komponist Paul Graener, der Dichter und spätere Präsident der Reichsschrifttumskammer Hanns Johst, Erwin Guido Kolbenheyer, Julius F. Lehmann, der Physiker und Einstein-Gegner Philipp Lenard, der Architekt Paul Schultze-Naumburg, der die Schrift Kunst und Rasse herausgab und besonders häufig auf Veranstaltungen sprach, Gustav Havemann (Gründer und Leiter des Kampfbund-Orchesters), Fritz Stein und Hitlers Förderin Winifred Wagner.

Publikationen und politische Aktionen

Von 1929 bis 1931 gab der Kampfbund die Zeitschrift Mitteilungen des Kampfbundes für deutsche Kultur heraus. In der Rubrik „Zeichen der Zeit“ wurden Feinde zitiert: Erich Kästner, Kurt Tucholsky, Thomas Mann, Bertolt Brecht, Walter Mehring, das Berliner Institut für Sexualwissenschaft, weiterhin Paul Klee, Wassily Kandinsky, Kurt Schwitters, das Bauhaus, Emil Nolde, Karl Hofer, Beckmann, George Grosz zählen zu den meistgenannten. Die Bücher von Ernst Toller, Arnold Zweig, Jakob Wassermann, Lion Feuchtwanger, Arnolt Bronnen, Leonhard Frank, Emil Ludwig, Alfred Neumann sollten die Bezeichnung „deutsch“ nicht führen dürfen. Eine Kulturoffensive von 1930 richtete sich gegen Ernst Barlach und gegen die sogenannte „Hetzkunst“ von Käthe Kollwitz.

Im Oktober 1932 wurde unter der Schriftleitung von Hans Hinkel die „Deutsche Kultur-Wacht. Blätter des Kampfbundes für deutsche Kultur“ publiziert, die jedoch schon 1933 wieder eingestellt wurde.

Zwei überregionale Aktionen erregten Aufmerksamkeit:

Pfingsten 1930 veranstaltete der Kampfbund in Weimar seine erste große Jugendtagung, die unter der Schirmherrschaft des ersten nationalsozialistischen Ministers, Wilhelm Frick, stand. Erstmalig wurden hier mit dem Hinweis auf Weimars „unsterbliche Geistesheroen“ die neuen politischen Führer vorgestellt: Baldur von Schirach, Goebbels, Göring, Darré. Eine gemeinsame Entschließung forderte „vor allem die Stärkung des deutschen Wehrwillens“, und für die Künste hieß es: „Wir rufen auf zum Widerstand gegen alle volksschädigenden Einflüsse auf dem Gebiet des Theaters… in Literatur und bildender Kunst… gegen eine wesensfremde Baukunst“.

Unter dem Motto „Es ist nicht nötig, daß ich lebe, wohl aber, daß ich meine Pflicht tue!“ veranstaltete der Kampfbund Pfingsten 1931 eine Jugend- und Kulturtagung in Potsdam, auf der Rosenberg einen Vortrag über „Blut und Ehre“, „Rasse und Persönlichkeit“ hielt und Fliegerhauptmann Göring zum Thema „Wehrwille sichert die Kultur“ sprach.

Nationalsozialismus

Neugründung der Deutschen Bühne

Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten im Jahre 1933 wurde der Verein „Deutsche Bühne e. V.“ gegründet. Dieser Verein setzte sich wiederum zusammen aus den Nebenorganisationen „Verband der freien Volksbühne“ und dem „Bühnenvolksbund“.

Vom KfdK zur NS-Kulturgemeinde

Am 6. Juni 1934 schloss Alfred Rosenberg per Verfügung den „Reichsverband Deutsche Bühne e.V.“ und den KfdK zur NS-Kulturgemeinde zusammen.[8] Einerseits sollte die NS-Kulturgemeinde fortan die Führung bei der Prägung des Kulturlebens in der politischen NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ übernehmen; andererseits verband Rosenberg mit dieser Zusammenfassung das Ziel, die Programmgestaltung für das von ihr getragene Kunst- und Kulturleben auch im Rahmen der gesamten NSDAP zu übernehmen, insbesondere hinsichtlich der Jugendorganisationen.[8]

Literatur

Historische Hintergründe
  • Hildegard Brenner: Die Kunstpolitik des Nationalsozialismus. Reinbek bei Hamburg 1963, DNB.
  • Klaus Vondung: Die Apokalypse in Deutschland. München 1988, ISBN 3-423-04488-8.
  • Jan-Pieter Barbian: Literaturpolitik im »Dritten Reich«. Institutionen, Kompetenzen, Betätigungsfelder, Nördlingen 1995, ISBN 3-423-04668-6.
  • Wolfram Meyer zu Uptrup: Kampf gegen die „jüdische Weltverschwörung“. Propaganda und Antisemitismus der Nationalsozialisten 1919-1945. Berlin 2003, ISBN 3-932482-83-2.
Quellen / Dokumente
  • Alfred Rosenberg: Aufruf!. In: Der Weltkampf 5 (1928), Mai-Heft, S. 210-212.
  • Nationalsozialistische Propaganda in der Münchner Universität. In: Frankfurter Zeitung, Abendblatt, vom 25. Februar 1929, S. 2.
  • Reichsleitung / Kampfbund für deutsche Kultur (Hrsg.): Schwarze Liste für öffentliche Büchereien und gewerbliche Leihbüchereien. Berlin 1934, DNB
Forschung / Monografien
  • Reinhard Bollmus: Das Amt Rosenberg und seine Gegner. Studien zum Machtkampf im nationalsozialistischen Herrschaftssystem. Stuttgart 1970, DNB (2. Aufl., München / Oldenbourg 2006, ISBN 3-486-54501-9.) (Zahlreiche Information in einem eigenen Kapitel und in enger Anlehnung an Quellenmaterial.)
  • Frank Wende (Hrsg.): Lexikon zur Geschichte der Parteien in Europa. Kröner, Stuttgart 1981, ISBN 3-520-81001-8.
  • Jürgen Gimmel: Die politische Organisation kulturellen Ressentiments. Der „Kampfbund für deutsche Kultur“ und das bildungsbürgerliche Unbehagen an der Moderne. Münster / Hamburg / London 1999, ISBN 3-8258-5418-3.
  • Harald Lönnecker: „... Boden für die Idee Adolf Hitlers auf kulturellem Felde gewinnen“. Der „Kampfbund für deutsche Kultur“ und die deutsche Akademikerschaft. In: GDS-Archiv für Hochschul- und Studentengeschichte, Bd. 6, hrsg von Friedhelm Golücke / Peter Krause / Wolfgang Gottwald / Klaus Gerstein / Harald Lönnecker, Köln 2002, S. 121-144. DNB

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Reinhard Bollmus: Das Amt Rosenberg und seine Gegner. Studien zum Machtkampf im nationalsozialistischen Herrschaftssystem. Stuttgart 1970, S. 19 und 27.
  2. a b c Jan-Pieter Barbian: Literaturpolitik im »Dritten Reich«. Institutionen, Kompetenzen, Betätigungsfelder, Nördlingen 1995, S. 56, ISBN 3-423-04668-6. (Quelle: BArch Potsdam, NS 8/122, Bl. 35-37; HstA Düsseldorf, RW 23/67 Bl. 334-335.)
  3. Richard von Schirach: Der Schatten meines Vaters. Carl Hanser-Verlag, München 2005, ISBN 3-446-20669-8.
  4. a b Reinhard Bollmus: Das Amt Rosenberg und seine Gegner. Studien zum Machtkampf im nationalsozialistischen Herrschaftssystem. Stuttgart 1970, S. 27; Alfred Rosenberg: Letzte Aufzeichnungen, Göttingen 1955, S. 167. (Bitte beachten, dass diese Schrift von seinem ehemaligen Mitarbeiter Hans-Günther Seraphim, Bruder von Peter-Heinz Seraphim, publiziert wurde. Dieser hatte partiell Passagen gestrichen.)
  5. Willem de Vries: Kunstraub im Westen 1940 - 1945. Alfred Rosenberg und der Sonderstab Musik, Frankfurt a.M. 2000, S. 23, ISBN 3-596-14768-9. (Möglicherweise handelt es sich um den Zoologen Hans Buchner und den Grafiker und Lehrer Emil Rudolf Weiß. Eine diesbezügliche Forschung steht noch aus.)
  6. Jan-Pieter Barbian: Literaturpolitik im »Dritten Reich«. Institutionen, Kompetenzen, Betätigungsfelder, Nördlingen 1995, S. 56 f. (Quelle: BArch Potsdam, Ns8/122 Bl. 73-75.)
  7. Hildegard Brenner: Die Kunstpolitik des Nationalsozialismus. Reinbek bei Hamburg 1963, DNB
  8. a b Hans-Günther Seraphim (Hrsg.): Das politische Tagebuch Alfred Rosenbergs. 1934/35 und 1939/40. Dokumentation. München 1964, S. 49. (Der Herausgeber war der Bruder von Peter-Heinz Seraphim.)

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