- Thierack
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Otto Georg Thierack (* 19. April 1889 in Wurzen, Sachsen; † 22. November 1946 in Sennelager, Gemeinde Neuhaus, Nordrhein-Westfalen) war ein deutscher, nationalsozialistischer Jurist und Politiker.
Leben
Thierack nahm nach seiner Promotion in Leipzig von 1914 bis 1918 als Kriegsfreiwilliger am Ersten Weltkrieg teil, zuletzt mit dem Rang eines Leutnants. Er erlitt eine Gesichtsverletzung und wurde mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet. Nach Kriegsende nahm er die unterbrochene juristische Ausbildung wieder auf und schloss sie 1920 mit dem Assessorexamen ab. Im selben Jahr wurde er als Gerichtsassessor in Sachsen eingestellt.
Am 1. August 1932 trat er in die NSDAP ein. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 gelang ihm innerhalb kürzester Zeit ein steiler Aufstieg vom Staatsanwalt zum Präsidenten des Volksgerichtshofs. Grundlage hierfür war nicht nur seine eher frühe Mitgliedschaft in der NSDAP, sondern seine Stellung als Führer der nationalsozialistischen Juristenorganisation, des „Rechtswahrerbundes“.
Am 12. Mai 1933 zum sächsischen Justizminister ernannt, war es seine Aufgabe, die „Verreichlichung“ der Justiz, also einen Teilbereich der Gleichschaltung der Länder, in seinem Land durchzuführen. Nach weiteren kurzen beruflichen Zwischenstationen wurde er 1935 Vizepräsident des Reichsgerichts und 1936 Präsident des 1934 neu gegründeten Volksgerichtshofs. Dieses Amt nahm er – unterbrochen durch zwei Einsätze als Soldat – bis 1942 wahr. Am 23. und 24. April 1941 war er einer der Teilnehmer der Tagung der höchsten Justizbeamten, in der diese über die sogenannte „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ im Rahmen der Krankenmorde der Aktion T4 unterrichtet wurden.[1]
Am 20. August 1942 trat er das Amt des Reichsministers der Justiz an, am 27. August desselben Jahres wurde er außerdem von Hitler zum Präsidenten der Akademie für Deutsches Recht ernannt. In diesen Funktionen war hauptverantwortlich für die Ermordung von KZ-Häftlingen im Rahmen der von ihm geprägten Aktion „Vernichtung durch Arbeit“.[1] Nach einer Besprechung mit Heinrich Himmler schrieb er am 18. September 1942 folgende Aktennotiz:
„Auslieferung asozialer Elemente aus dem Strafvollzug an den Reichsführer SS zur Vernichtung durch Arbeit. Es werden restlos ausgeliefert die Sicherungsverwahrten, Juden, Zigeuner, Russen und Ukrainer, Polen über 3 Jahre Strafe, Tschechen oder Deutsche über 8 Jahre Strafe nach Entscheidung des Reichsministers“.[2]
Thierack führte Oktober 1942 die monatlich erscheinenden „Richterbriefe“ ein, in denen nach Auffassung der nationalsozialistischen Machthaber vorbildliche Entscheidungen in anonymisierter Form dargestellt wurden und an denen sich die Rechtsprechung orientieren sollte. Außerdem führte er sogenannte Vorschauen und Nachschauen ein. Danach hatten die Oberlandesgerichtspräsidenten mindestens alle 14 Tage in Strafverfahren von öffentlichem Interesse vor der Entscheidung durch das Gericht mit der Staatsanwaltschaft und dem Landgerichtspräsidenten, der dies der zuständigen Strafkammer weiterzuleiten hatte, zu erörtern, wie zu urteilen war.
Thierack verschärfte nicht nur die strafrechtliche Verfolgung sämtlicher missliebiger Personen und Gruppen. „Asoziale“ Verurteilte überstellte er vielmehr in ihrer Gesamtheit der SS. Gemeint waren damit Juden, Polen, Russen und (im damaligen Sprachgebrauch) Zigeuner. Bald darauf verzichtete er gänzlich auf die Strafgewalt der Justiz gegenüber diesen Personen, da „die Justiz nur in kleinem Umfange dazu beitragen kann, Angehörige dieses Volkstums auszurotten“ und überließ sie der SS (siehe Schutzhaft (Nationalsozialismus)).
Thierack kam mit Himmler überein, gewisse Kategorien von Gefangenen – so wörtlich – „durch Arbeit zu vernichten“ (vgl. Nürnberger Dokumente (2171-PS)).
Seit seinem Amtsantritt als Reichsminister der Justiz im August 1942 sorgte Thierack für eine Abkürzung der von seinem Ministerialdirigenten Wolfgang Mettgenberg so genannten „papierenen“ Arbeitsweise bei Gnadenverfahren für zum Tode Verurteilte.
Auf Betreiben von Thierack wurde im Dezember 1942 der Hinrichtungsschuppen in Plötzensee mit acht eisernen Haken ausgestattet, um die Todesstrafe an mehreren Personen gleichzeitig durch Erhängen vollziehen zu können. Bei den Massenhinrichtungen im Gefängnis Plötzensee, beginnend am 7. September 1943, kam es auch dazu, dass „versehentlich“ Gefangene erhängt wurden. Thierack vertuschte dies und verlangte die Fortsetzung der Hinrichtungen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und seiner Festnahme durch die Alliierten vergiftete sich Thierack, noch bevor er im Nürnberger Juristenprozess vor Gericht gestellt werden konnte, am 26. Oktober 1946 im Internierungslager Eselsheide bei Paderborn.[3]
Weblinks
- Literatur von und über Otto Georg Thierack im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biografische Übersicht beim Deutschen Historischen Museum
Einzelnachweise
- ↑ a b Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 622.
- ↑ Zitat bei Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Fischer Taschenbuch 2005, S. 622.
- ↑ Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Fischer Taschenbuch 2005, S. 623.
Kabinett Hitler – 30. Januar 1933 bis 30. April 1945Adolf Hitler (Reichskanzler, Reichspräsident, NSDAP) | Franz von Papen (parteilos) | Freiherr von Neurath (parteilos → NSDAP) | Joachim von Ribbentrop (NSDAP) | Wilhelm Frick (NSDAP) | Heinrich Himmler (NSDAP) | Graf Schwerin von Krosigk (parteilos) | Alfred Hugenberg (DNVP) | Kurt Schmitt (NSDAP) | Hjalmar Schacht (parteilos) | Hermann Göring (NSDAP) | Walther Funk (NSDAP) | Franz Seldte (DNVP → NSDAP) | Franz Gürtner (DNVP) | Franz Schlegelberger (NSDAP) | Otto Georg Thierack (NSDAP) | Werner von Blomberg (parteilos) | Wilhelm Keitel (parteilos) | Freiherr von Eltz-Rübenach (parteilos) | Julius Heinrich Dorpmüller (NSDAP) | Wilhelm Ohnesorge (NSDAP) | Richard Walther Darré (NSDAP) | Herbert Backe (NSDAP) | Joseph Goebbels (NSDAP) | Bernhard Rust (NSDAP) | Fritz Todt (NSDAP) | Albert Speer (NSDAP) | Alfred Rosenberg (NSDAP) | Hanns Kerrl (NSDAP) | Hermann Muhs (NSDAP) | Otto Meissner (parteilos) | Hans Heinrich Lammers (NSDAP) | Martin Bormann (NSDAP) | Karl Hermann Frank (NSDAP)
Rudolf Heß (NSDAP) | Ernst Röhm (NSDAP)
Kabinett Schwerin von Krosigk – 2. Mai 1945 bis 23. Mai 1945Graf Schwerin von Krosigk (Leitender Minister, parteilos) | Wilhelm Stuckart (NSDAP) | Albert Speer (NSDAP) | Franz Seldte (NSDAP) | Otto Georg Thierack (NSDAP) | Großadmiral Dönitz (parteilos) (In seiner Eigenschaft als Reichskriegsminister) | Julius Heinrich Dorpmüller (NSDAP) | Herbert Backe (NSDAP)
Reichsjustizminister des Deutschen Reiches (1919 bis 1945)Otto Landsberg | Eugen Schiffer | Andreas Blunck | Rudolf Heinze | Eugen Schiffer | Gustav Radbruch | Rudolf Heinze | Gustav Radbruch | Erich Emminger | Josef Frenken | Hans Luther (kommissarisch) | Wilhelm Marx | Johannes Bell | Oskar Hergt | Erich Koch-Weser | Theodor von Guérard | Johann Viktor Bredt | Curt Joël | Franz Gürtner | Franz Schlegelberger | Otto Georg Thierack
Julius Traugott von Könneritz | Albert von Carlowitz | Alexander Karl Hermann Braun | Gustav Friedrich Held | Johann Heinrich August von Behr | Robert Schneider (Justizminister) | Christian Wilhelm Ludwig von Abeken | Heinrich Rudolf Schurig | Conrad Wilhelm Rüger | Viktor Alexander von Otto | Paul Artur Nagel | Rudolf Heinze | Georg Gradnauer | Rudolf Harnisch | Erich Zeigner | Alfred Neu | Wilhelm Robert Ferdinand Bünger | Arthur von Fumetti | Karl Emil Mannsfeld | Otto Georg Thierack | Reinhard Uhle | Hermann Kastner | Johannes Dieckmann | Steffen Heitmann | Manfred Kolbe | Thomas de Maizière | Geert Mackenroth
Personendaten NAME Thierack, Otto Georg KURZBESCHREIBUNG deutscher Jurist und Politiker, Präsident des Volksgerichtshofs 1936 bis 1942, von August 1942 an Reichsminister der Justiz GEBURTSDATUM 19. April 1889 GEBURTSORT Wurzen STERBEDATUM 22. November 1946 STERBEORT Paderborn
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