Waterlooschlacht

Waterlooschlacht
Schlacht bei Waterloo
Teil von: Frankreich - Koalition
„Schlacht von Waterloo“Gemälde von William Sadler (1782 - 1839)
„Schlacht von Waterloo“
Gemälde von William Sadler (1782 - 1839)
Datum 18. Juni 1815
Ort Waterloo in Wallonisch-Brabant, Belgien
15 km südlich von Brüssel
Ausgang Sieg der Koalition
Konfliktparteien

Frankreich

Preußen

Großbritannien, Niederlande, Hannover, Braunschweig, Nassau
Befehlshaber

Napoléon Bonaparte

Gebhard von Blücher

Arthur Wellesley, Duke of Wellington
Truppenstärke
72.047 Mann
davon:
48.950 Infanterie
15.765 Kavallerie
7.332 Mann mit 246 Geschützen
48.000 Mann 67.661 Mann
davon:
49.608 Infanterie
12.408 Kavallerie
5.645 Mann mit 156 Geschützen
Verluste
25.000 Tote, Verwundete
7.000 Gefangene
7.000 Tote und Verwundete 15.000 Tote und Verwundete

Die Schlacht bei Waterloo [ˈvɑːtərloː] (auch Schlacht bei Belle-Alliance) vom 18. Juni 1815 war die letzte Schlacht Napoleon Bonapartes. Sie fand ca. 15 km südlich der belgischen Hauptstadt Brüssel in der Nähe des Dorfes Waterloo statt.

Die Niederlage der von Napoleon geführten Franzosen gegen die britisch-niederländisch-deutschen Truppen unter General Wellington und die mit ihnen verbündeten Preußen unter Feldmarschall Blücher beendete Napoleons Herrschaft der Hundert Tage und führte mit dessen endgültiger Abdankung am 22. Juni 1815 zum Ende des Ersten Französischen Kaiserreichs.

Nach dieser zweiten völligen militärischen Niederlage innerhalb kurzer Zeit wurden Frankreich im Zweiten Pariser Frieden verschärfte Friedensbedingungen auferlegt und Napoleon selbst als Kriegsgefangener der Briten auf die Atlantikinsel St. Helena gebracht, wo er als Verbannter am 5. Mai 1821 starb.

Die Verwendung des Begriffs Waterloo als Synonym für eine totale Niederlage, wie etwa „Das ist mein Waterloo.“ oder „Er steht vor seinem persönlichen Waterloo.“ hat ihren Ursprung in dieser Schlacht.

Inhaltsverzeichnis

Vorbereitungen

Napoleon übernahm das Oberkommando über die Armee, aber er konnte nicht mehr auf seine alte Mannschaft zurückgreifen. Marschall Louis Alexandre Berthier, sein ehemaliger Generalstabschef, war tot, den Marschall Joachim Murat sah er als Verräter an. Andere Marschälle weigerten sich zu dienen, entweder aus Altersgründen oder weil sie Ludwig XVIII. einen Treueid geleistet hatten. Napoleons Ernennungen im Jahre 1815 werden von Historikern oft kritisiert. Marschall Nicolas-Jean de Dieu Soult, ein fähiger Befehlshaber in selbständiger Stellung, wurde Generalstabschef, obwohl er keine Ausbildung dafür hatte. Marschall Emmanuel de Grouchy sollte erst die Kavallerie führen, wofür er besonders geeignet war. Ihm wurde später der Befehl über den rechten Armeeflügel übertragen, obwohl er nie auch nur ein Korps befehligt hatte. Der linke Flügel wurde Marschall Michel Ney anvertraut, dessen Abfall von den Bourbonen und Übergang zu Napoleon für dessen Triumphzug nach Paris von größter Bedeutung gewesen war. Man wusste von ihm, dass er ein Kämpfer, aber kein Denker war. Marschall Louis-Nicolas Davout, der wohl fähigste der Marschälle, blieb als Kriegsminister zurück, um Paris für den Kaiser zu halten.

Über französische Sympathisanten in den Niederlanden hatte Napoléon eine klare Vorstellung von der Truppendisposition seiner Feinde. Die Armeen waren in loser Korpsformation gruppiert. Die Preußen lagen im Gebiet LüttichDinantCharleroiTienen. Wellingtons Armee, die neben britischen auch niederländisch-belgische, hannoversche, braunschweigische und nassauische Einheiten umfasste, befand sich im Gebiet BrüsselGentLeuzeMonsNivelles. Das Zusammenziehen einer solchen Armee konnte Tage dauern. Die Verbindungslinien beider Armeen führten auseinander. Wellingtons verlief nach Norden, die von Blücher ostwärts nach Deutschland. Bei einem etwaigen Überraschungsangriff, der sie zum Rückzug zwang, würden die Verbündeten auf diesen Wegen zurückgehen. Napoleon wollte erst die eine, dann die andere Armee schlagen, ohne sich um die jeweils andere kümmern zu müssen. Die Aufstellung Napoleons war für eine solche Bewegung ideal ausgerichtet. Zwei Flügel unter Ney und Grouchy sollten der Armee vorausgehen und Napoleon in der Mitte folgen, wobei er das Gewicht wahlweise auf die eine oder andere der Flanken werfen konnte.

Am 15. Juni überschritt die französische Armee die Grenze zu Belgien, bei Anbruch der Nacht nahm Napoleon Quartier in Charleroi. Seine Armee war zusammengezogen und stand zwischen den Verbündeten. Während des Abendessens erfuhr Wellington vom Prinzen von Oranien, dass französische Aufklärer Quatre-Bras erreicht hatten, eine wichtige Straßenkreuzung auf dem Wege der Armee zum Treffen mit Blücher. Er hatte mit einer Umgehung an seiner rechten Flanke gerechnet und daher damit begonnen, seine Armee bei Nivelles zusammenzuziehen, weit entfernt von Quatre Bras und Sombreffe. Der niederländische Befehlshaber bei Quatre Bras hatte die Bedeutung des Kreuzweges erkannt und sich über die Befehle, nach Nivelles zu gehen, hinweggesetzt. Zwei Brigaden hielten jetzt diesen wichtigen Punkt, der 55 km von Brüssel entfernt war. Die Kreuzung konnte durch die Niederländer und nach und nach eintreffende britische und braunschweigische Verstärkungen den ganzen 16. Juni hindurch gehalten werden (Schlacht bei Quatre-Bras).

Michel Ney

Ney, der vor sich einen leichten Hang sah, der bis zur Kreuzung führte, nahm an, dass dieser zwar nur von schwachen Kräften gehalten werde, dass aber dahinter verborgen die verbündete Armee in voller Stärke liege. Seine Erfahrungen in Spanien hatten Ney gelehrt, Angriffe auf Wellington in vorbereiteten Stellungen zu unterlassen. So führte er am Vormittag nur Erkundungsangriffe durch und verpasste die Chance, die Kreuzung vor dem Eintreffen der Verstärkungen zu nehmen. Am gleichen Tag stellten sich die Preußen in einer vorher ausgekundschafteten Stellung dem französischen Angriff und wurden in der Schlacht bei Ligny geschlagen. Napoleon konnte keinen entscheidenden Sieg erringen, da das französische I. Korps auf dem Marsch von Quatre Bras nach Ligny widersprüchliche Befehle erhielt und damit weder in der Schlacht von Quatre Bras noch bei Ligny eingesetzt werden konnte. So war es den preußischen Truppen möglich, sich einer Vernichtung zu entziehen und mit einer weitgehend intakten Armee den Rückzug anzutreten.

Feldmarschall Blücher war in der Schlacht verwundet und beinahe gefangen genommen worden. Das Kommando führte deshalb in der folgenden Nacht sein Generalstabschef, Generalleutnant von Gneisenau, der dafür sorgte, dass der Rückzug nicht wie von den Franzosen erwartet in östlicher, sondern in nördlicher Richtung auf Wavre erfolgte, von wo die Preußen entweder Wellington zur Hilfe kommen oder sich nach Osten zurückziehen konnten - ein für den Ausgang der späteren Schlacht entscheidender Faktor.

Nachdem Wellington am Morgen des 17. Juni von der Niederlage der Preußen in der Schlacht bei Ligny und deren Rückzug auf Wavre erfahren hatte, brach er um 10 Uhr von Quatre-Bras auf und nahm Stellung zwischen dem Städtchen Braine-l'Alleud und dem Meierhof Papelotte. Seine Hauptmacht hatte er bis zum Morgen des 18. Juni in zwei Abteilungen beiderseits der Straße von Charleroi nach Brüssel auf einem von Westen nach Osten laufenden Höhenzug aufgestellt. Vor der Front des rechten Flügels lag das Schloss Hougomont, in der Mitte die befestigte Farm La Haye Sainte, vor dem äußersten linken Flügel die Gehöfte Papelotte und La Haye.

Wellington musste nach dem unglücklichen Ausgang der Schlacht bei Ligny erwarten, von Napoleons Hauptmacht angegriffen zu werden, und beschränkte sich daher bis zur Ankunft der Preußen gänzlich auf die Verteidigung. Napoleon hatte seines Gegners Stellung sorgfältig bedacht und die Truppen erst gegen 10 Uhr vormittags aus ihren Nachtlagern aufbrechen lassen. Er stellte sie ungefähr 2 km von dem Feind entfernt so in Schlachtordnung auf, dass die Infanterie zwei Treffen, die Kavallerie ein drittes bildete.

Napoleons Plan war, den Hauptangriff auf den linken Flügel Wellingtons zu richten; ein Sturm auf Hougomont sollte von dieser Bewegung ablenken und einen Teil der feindlichen Kräfte dorthin ziehen. Des Regens wegen, der die ganze Nacht hindurch gefallen war, konnte der Angriff erst um 11:30 Uhr beginnen.

Entscheidende Entschlüsse

Napoleon verschob den Angriff von 9:00 auf 11:30 Uhr, angeblich damit das Erdreich trocken wurde, was der Artillerie die Möglichkeit gab, leichter Stellungswechsel vorzunehmen, und zudem die Wirkung abprallender Kugeln erhöhte. Dies wird allerdings angezweifelt, da seine Truppen erst gegen 11 Uhr ihre Angriffspositionen gegenüber den Alliierten einnahmen und manche gar nicht vor 13 Uhr. Es scheint daher, dass der befohlene Verzug weniger auf feuchtes Erdreich zurückzuführen ist, als auf die Aufstellung der Einheiten am Abend zuvor und auf die Erschöpfung der französischen Truppen und schließlich die Verstopfung der einzigen vorhandenen Anmarsch-Straße.

Des Weiteren unterließ er es, frühzeitig die Befehle an Grouchy zu senden, so schnell wie möglich in Richtung Wavre vorzugehen und mit ihm Fühlung zu halten.

Die Schlacht

Jérôme Bonaparte

Die 6. französische Infanteriedivision unter Jérôme Bonaparte rückte um 11:30 Uhr gegen das Schloss Hougomont vor. Das davor liegende Lustwäldchen fiel nach mehrstündigem Gefecht in die Hand der Franzosen, der Verlust führte jedoch zu umso hartnäckigerer Verteidigung des Vorhofes und des Schlosses selbst durch ein britisches Gardeinfanterieregiment mit Verstärkung durch braunschweigische und nassauische Abteilungen.

Der Angriff auf den linken Flügel der Alliierten wurde durch das Feuer von 70 Geschützen eröffnet, doch verzögerte er sich etwas, da Napoléon gegen 13:30 Uhr die unerwartete Nachricht vom Anmarsch der Preußen in seiner rechten Flanke erhielt. Darauf reagierte er aber nur zögerlich und unzureichend.

Ebenfalls gegen 13:30 Uhr griff Marschall Michel Ney mit der Infanterie des I. Korps unter Marschall d'Erlon La Haye Sainte an. Dieser Hof wurde von knapp 400 Mann aus dem 2. Leichten Bataillon der King’s German Legion (KGL) unter Major Georg Baring, später verstärkt durch Schützen des 5. Linienbataillons KGL, des 1. Leichten Bataillons KGL und einige Nassauer, gehalten. Die Franzosen konnten La Haye Sainte nicht erobern, sondern drangen unter großen Opfern um den Hof herum vor und versuchten die Hügel zu stürmen, auf denen niederländische Truppen postiert waren. Als diese zurückwichen, griffen General Picton mit zwei Infanteriebrigaden (die 8. unter Sir James Kempt und die 9. unter Sir Denis Pack) und dann Somerset und Ponsonby mit der 1. und der 2. britischen Kavalleriebrigade (Reiterei) an. Sie warfen die Franzosen zurück und verfolgten sie bis unter ihre Batterien, die Generäle Picton und Ponsonby fanden dabei den Tod. Von der britischen Kavallerie blieb fast die Hälfte auf dem Schlachtfeld. Aber der erste große Angriff war abgeschlagen, und 3.000 Franzosen waren in Gefangenschaft geraten.

Nach einer Pause, während der die Franzosen eine furchtbare Kanonade mit 84 Geschützen eröffneten, unternahm die französische Reiterei mit 40 Schwadronen einen zweiten Angriff, um zwischen La Haye Sainte und Hougomont durchzubrechen. Trotz des Kartätschenhagels erklomm sie die Höhe; erst als sie auf 30 Schritt an die englischen Karrees herangekommen war, eröffneten diese ein verheerendes Feuer. Zugleich stürmte die verbündete Kavallerie hervor und warf die französische Reiterei zurück. Auch deren zweiter Versuch scheiterte am Widerstand der Alliierten, ebenso ein dritter, der mit mehr Nachdruck unternommen wurde und bei dem die französische Reiterei durch Kellermanns schwere Reiterei und Einheiten der Kaiserlichen Garde auf 77 Schwadronen verstärkt worden war. An der Kavallerieattacke beteiligten sich im Laufe der Schlacht mehrfach Einheiten, die möglicherweise nicht an diesem Angriff hatten mitwirken sollen, sondern sich von der Masse der stürmenden Kavallerie mit in den Kampf reißen ließen. Dies ergibt sich jedenfalls aus französischen Quellen und Aussagen, deren Wahrheitsgehalt allerdings unterschiedlich bewertet wird. Die Angriffe scheiterten unter anderem daran, dass die Infanterie nicht rechtzeitig und in ausreichender Stärke nachgeführt wurde, um Unterstützung zu geben.

Unterdessen tobte der Kampf der Infanterie um den Besitz der Dörfer und Gehöfte. Hougomont wurde trotz immer neuer Angriffe von den Alliierten behauptet, La Haye Sainte musste aber zwischen 17 und 18 Uhr geräumt werden, da die Munition trotz mehrfacher Anforderungen nicht geliefert worden war. Die KGL war mit Baker Rifles ausgerüstet, die ein anderes Kaliber hatten als die Gewehre der Linientruppen und deren Munition daher nicht benutzt werden konnte. Von den Männern waren nur noch 42 einsatzfähig. Wellingtons Heer war fast bis auf die Hälfte zusammengeschmolzen. Auch die Franzosen hatten große Verluste erlitten; aber sie waren bis dicht an die Linie der Verbündeten vorgedrungen und durften hoffen, sie durch immer neue Vorstöße zu ermüden und endlich zu bezwingen. Doch im Vertrauen auf die von Blücher zugesagte preußische Hilfe hielt Wellington stand. Die Überlieferung seiner Worte – ins Deutsche meist übersetzt als "Ich wollte, es wäre Nacht oder die Preußen kämen" – schwankt zwischen dem optimistischen “Either night or the Prussians will come.” und dem militärisch kürzeren “I want night or Blucher!”. Der Herzog von Wellington wurde seit 10 Uhr über eine eigens eingerichtete Kurierkette laufend über die preußischen Bewegungen und Planungen informiert.

Die Preußen erreichen das Schlachtfeld

Friedrich Wilhelm Bülow von Dennewitz
August Graf Neidhardt von Gneisenau

Trotz der durch den Regen aufgeweichten Wege erreichten die Spitzen von Bülows Korps nach 13 Uhr den östlichen Rand des Schlachtfeldes bei St. Lambert. Um 16:30 Uhr konnte Bülow zunächst mit zwei Brigaden, ab 17:30 Uhr mit seinem ganzen Korps bei Frichemont zum Angriff auf General Lobau übergehen, der mit zwei Divisionen den Preußen entgegengeschickt worden war, um sie aufzuhalten. Doch dazu war Lobau bereits zu schwach. Er musste sich auf Plancenoit, ein Dorf ungefähr im Rücken des französischen Zentrums, zurückziehen, um dessen Besitz nun ein hitziger Kampf entbrannte.

Napoleon schickte General Lobau zwölf Bataillone der Jungen Garde mit 24 Geschützen zu Hilfe, um Plancenoit in jedem Fall gegen die inzwischen auf 45.000 Mann verstärkten Preußen zu halten. Er selbst beschloss, mit einem letzten großen Schlag, ehe Plancenoit gefallen war, Wellingtons Schlachtlinie zu durchbrechen und so eine Niederlage abzuwenden. Die verbleibende einsatzbereite Infanterie von d'Erlons I. Korps und zehn Bataillone der Kaisergarde gingen zum Angriff vor, doch sie wurden von den Verbündeten unter Wellingtons persönlicher Führung zurückgeschlagen. Überall waren die Franzosen nun im Weichen begriffen und sammelten ihre Reste bei Belle-Alliance. Nur die Garde bewahrte einigermaßen ihre Haltung. Ihrem kommandierenden General Pierre Étienne Cambronne wird das Zitat „Die (alte) Garde stirbt, aber sie ergibt sich nicht - la vieille garde meurt, mais elle ne se rend pas“ zugeschrieben. In manchen Quellen wird allerdings behauptet, Cambronne habe angesichts des drohenden Todes durch eine in unmittelbarer Nähe aufgefahrene britische Batterie lediglich „Merde“ („Scheiße“, danach auch „le mot de Cambronne“ genannt) gebrüllt. (Der General ergab sich, überlebte die Schlacht schwer verletzt und schwieg sich bis zu seinem Tode über das „Wort“ beharrlich aus.)

Zu dieser Zeit eroberten die Preußen schließlich Plancenoit, drängten dem geschlagenen Feind energisch nach, drückten seinen rechten Flügel völlig ein und verwandelten seinen Rückzug in wilde Flucht. Blücher und Wellington trafen um 21 Uhr bei Belle-Alliance zusammen. Die Verfolgung betrieben die Preußen unter Gneisenaus Leitung nachdrücklich die ganze Nacht hindurch. Die Flucht der Franzosen ging über Charleroi und Philippeville nach Laon, wo sich höchstens 2.000 Mann zusammenfanden.

Die unmittelbaren Ergebnisse der Schlacht waren bedeutend. Der gesamte Artilleriepark, die Geschütze und die Feldequipage des Kaisers fielen in die Hände der Sieger. Die Franzosen verloren mit allen Toten, Verwundeten und Gefangenen mehr als die Hälfte der Armee, außerdem 182 Geschütze. Der Verlust auf Seiten der Verbündeten betrug 1.120 Offiziere und 20.877 Mann. Auf St. Helena schrieb Napoleon dem scheinbar willkürlichen Vordringen der Reservekavallerie und dem Nichteintreffen des Marschall Grouchy die Schuld an seiner Niederlage zu. Grouchy behauptete später, den von Napoleon am 18. Juni vormittags gegebenen Befehl erst nach 19 Uhr erhalten zu haben, seine Generäle Girard und Vandamme widersprachen dem allerdings, und auch Soult bestätigte, auf Napoleons Aufforderung mehr als nur einen Kurier geschickt zu haben.

Zum scheinbar „willkürlichen“ Vordringen der Kavallerie ab etwa 16 Uhr bemerken Historiker: Selbst wenn der erste Angriff nicht unmittelbar von Napoleon befohlen gewesen sein sollte, unternahm er in der Folge nichts, um entweder diese Kavallerieattacken hinreichend mit Infanterie (Garde) zu unterstützen oder aber den Angriff abzubrechen, der immerhin über einen Zeitraum von rund zwei Stunden erfolgte und schließlich etwa 9.000 Reiter umfasste. Im Gegenteil, es wird als gewiss betrachtet (Houssaye, 1815), dass Napoleon persönlich der zunächst zurückgehaltenen Brigade Kellermann befahl, anzureiten und die allgemeine Kavallerieattacke zu unterstützen, was aus heutiger Sicht ebenfalls militärisch sinnlos war und spätere Gegenargumente und Vertuschungsversuche bezüglich eines persönlichen „Unbeteiligtseins“ Napoleons ausreichend entkräftet.

Zum Fragenkomplex „Grouchy“ wird meist kommentiert, dass Grouchy nur von Nutzen hätte sein können, wenn er die Befehle am 18. Juni früh erhalten hätte, da die zurückzulegende Entfernung seiner Truppen von Gembloux zum Schlachtfeld weit länger war als der Weg der Preußen von Wavre. Für eine rechtzeitige Intervention hätten entsprechende Nachrichten und Befehle bereits am 17. Juni nachts an Grouchy ergehen müssen.

Es besteht aber kein Zweifel an der Tatsache, dass Napoleon der Ernst seiner Lage am 18. Juni erst gegen 13:30 Uhr klar wurde und er zunächst auch annahm, mit Bülows Korps fertigwerden zu können. Er wusste nicht, dass Ziethen auf dem Marsch war, um Wellingtons wankende linke Flanke zu unterstützen. Ebenso wenig ahnte Napoleon, dass schließlich General von Pirchs Brigaden, die hinter Bülow aufmarschierten, Plancenoit flankierend nehmen und alsbald die direkte Rückzugslinie der Franzosen unterbrechen würden. Als dann gegen 18:30 Uhr die ersten Salven preußischer Zwölfpfünder auf der Straße von Charleroi nach Brüssel niedergingen, war Napoleons fehlerhafte Strategie dieses Feldzugs offenkundig.

Napoleon selbst hatte an diesem Tag seine gewohnte feste und kaltblütige Haltung verloren und durch den letzten verzweifelten Angriff die Vernichtung seines Heeres und damit den Verlust seiner hunderttägigen Herrschaft militärisch zu verantworten. Aus historischer Sicht werden meist drei Fehler von Napoleon genannt, die er vor der Schlacht beging:

Am Morgen des 17. Juni hätte Napoleon mit seiner Übermacht an Infanterie und vor allem Artillerie Wellington erdrücken können, während die Preußen sich nach Ligny noch auf dem Rückzug befanden. Stattdessen besuchte er an diesem Morgen Verwundete. Außerdem unterließ er es, Ney den sofortigen Angriffsbefehl zu geben.

Sein zweiter Fehler war, dass er das taktische Geschick Wellingtons und die Kaltblütigkeit der Engländer unterschätzte. Der dritte Fehler war sein übergroßes Selbstvertrauen. Entsprechend den Informationen seines Bruders Jerome, der von den Plänen der Preußen durch einen Kellner des Gasthofes Roi d'Espagne erfahren hatte, hätte er Grouchy sofort nach Wavre beordern müssen. In diesem Fall wäre es lediglich dem Korps v. Bülow gelungen, auf dem Schlachtfeld zu erscheinen. Napoleon war der Ansicht, dass es den Preußen nach Ligny nicht gelingen würde, sich schnell von der Schlacht zu erholen und wieder anzugreifen.(Cronin, Vincent: Napoleon, Stratege und Staatsmann, Seiten 523, 524)

Die Folgen

Waterloo-Denkmal („Butte du Lion“) in Waterloo
Waterloo-Denkmal in Wiesbaden

Unter den Alliierten kam bald eine gewisse Uneinigkeit über den Anteil der verschiedenen Heere der Verbündeten am Sieg auf. Auf britischer Seite, besonders auch bei Wellington selbst, bestanden Neigungen, sich das alleinige Verdienst am Sieg beizumessen. Von preußisch-deutscher Seite wurde dagegen behauptet, dass den Preußen unter Blücher ein gleicher Anteil zukommt wie dem Wellingtonschen Heer, und außerdem darauf hingewiesen, dass jenes fast zur Hälfte aus deutschen Truppen bestand. Zweifellos war Wellingtons taktische Leistung brillant und die Tapferkeit seines Heeres bei der Verteidigung enorm. Die entscheidende Frage jedoch, ob es gelungen wäre, den heftigen Angriffen der Franzosen auch ohne die preußische Unterstützung standzuhalten, lässt sich nicht mit Sicherheit beantworten. Letztlich gehören diese Diskussionen ohnehin in eine Zeit, in der nationales Selbstbewusstsein in übermäßiger Weise von Schlachtenruhm abhängig gemacht wurde.

Wellington erhielt für seine Verdienste in der Schlacht den Titel eines Fürsten von Waterloo.

Nahe bei Waterloo, auf dem Schlachtfeld in der Gemarkung des Weilers Mont St.-Jean, steht der von König Wilhelm I. (der Niederlande) errichtete Löwenhügel, ein 60 m hoher künstlicher Hügel in Form eines Grabhügels mit einer 19 m hohen Säule, die einen kolossalen Löwen trägt. Bei Plancenoit, südlich von Waterloo, befindet sich in der Nähe der Ortsmitte, unweit des Meierhofs Belle-Alliance, ein vom König von Preußen errichtetes eisernes Denkmal. Diese beiden Denkmäler wurden 1832 von den Franzosen bei Gelegenheit ihrer Intervention zu Gunsten Belgiens stark beschädigt. Außerdem stehen noch in direkter Nähe zu La Haye Sainte zwei Denkmäler für den Obersten Gordon und die gefallenen Offiziere und Mannschaften der Königlich Deutschen Legion (Kings German Legion). Entlang der Stellungen der Alliierten und Franzosen verteilt befinden sich Gedenktafeln für die verschiedensten Einheiten und Ereignisse, ebenso in und bei Hougoumont.

Zeitungsbericht

Die Neue Zürcher Zeitung vom 4. Juli 1815 berichtete wie folgt:

Nachrichten aus den Niederlanden vom 19. Jun.
(Zusätze zu der umständlichen Erzählung der grossen Schlacht.)
Feldmarschall Blücher befand sich einmal in der Mitte der Französischen Kuirassire, aber die wackern Uhlanen der Preussischen Landwehr retteten ihn durch die tapferste Gegenwehr. Der Gen. Gneisenau, dem in den Schlachttagen zwey Pferde unter dem Leibe erschossen und der Degen in der Hand zerschmettert wurde, übernahm die Verfolgung des Feindes, und er soll der Erste am Wagen Buonaparte's gewesen seyn, aus dem dieser, mit Zurücklassung von Hut und Mantel, sich eben auf kaum begreifliche Weise gerettet. Am Abend des Schlachttages hatte er Charleroy schon erreicht und verfolgte die Flüchtigen bis Beaumont. Nach Mitternacht schwieg der Kanonendonner; und der Feldmarschall hatte am 18. sein Hauptquartier in Charleroy. Die Schlacht löste sich zuletzt an den Punkten, wo sie am heftigsten entbrannte, in ein Handgemenge und ein allgemeines Metzeln auf, indem kein Kommando mehr galt, weil Offiziere und Soldaten gleich fochten und allein Kolben und Bajonette arbeiteten. Die Englische Reiterei, die am Ende in die Haufen eingebrochen, entschied die Schicksale des Tages, und der Feind gab sich auf die Flucht, auf der im Durchzug durch die engen Wege und die mit Tross und Kanonen und Gepäcke zugefahrnen Dörfer ganze Massen vom Kartätschenfeuer des Geschützes aufgerieben wurden. 20 000 Mann Gefangene hat man gezählt, und mit den Kanonen ist das ganze Feldgeräte des feindlichen Heeres genommen.

Der in dem Zeitungsartikel genannte Hut Napoleons ist in der im Jahre 2006 eröffneten Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums zu sehen.

Verschiedene Benennungen

In der preußischen und deutschen Geschichtsschreibung wurde bis ins 20. Jahrhundert auch der Name „Schlacht bei (oder von) Belle Alliance“ verwendet. Dies ist auf Blücher zurückzuführen, der schon in seinen Berichten am 21. Juni 1815 diesen Namen benutzte. "Belle Alliance" ist der Name einer Gastwirtschaft, die sich zu Beginn der Schlacht hinter dem Zentrum der französischen Linien befand. Ob sich Blücher und Wellington am Abend der Schlacht dort begegnet sind, wird bezweifelt, obwohl bildliche Darstellungen eines solchen Treffens existieren.

Der Name des Dorfes Waterloo wurde schon in den Tagen vor der Schlacht sowohl von Wellington als auch von Napoleon für die Beschreibung der alliierten Stellung benutzt.

In der Namenswahl durch den preußischen Marschall ist also das Bemühen zu erkennen, die preußische Leistung neben der der alliierten Armee gleichberechtigt zur Geltung kommen zu lassen. Der Name Waterloo setzte sich jedoch international durch.

Historische Wiederaufführung (re-enactment) der Schlacht um Waterloo

Wie präsent die Bezeichnung „Belle Alliance“ einmal war, illustrieren folgende Beispiele von Straßen und Plätzen in Berlin, die nach den Befreiungskriegen nach herausragenden Ereignissen und Schlachten der Jahre 1813–1815 benannt wurden. Am bekanntesten sind der Pariser Platz am Brandenburger Tor zur Erinnerung an den siegreichen Einmarsch der Preußen in Paris, der Leipziger Platz für die Völkerschlacht bei Leipzig und der „Belle-Alliance-Platz“ und die "Belle-Alliance-Straße" am Halleschen Tor. Der ehemalige Belle-Alliance-Platz und die gleichnamige Straße wurden 1947 in Mehringplatz und –damm umbenannt. Damit verschwand auch die Bezeichnung eines U-Bahnhofes (Belle-Alliance-Straße) in Berlin. Auf dem Mehringplatz erinnert eine kleine Siegessäule mit einer Victoria noch heute an die Schlacht. In der Nähe befinden sich auch die Straße „Waterlooufer“, „Gneisenaustraße“ und „Blücherstraße“ (mit „Blücherplatz“).

In Hamburg – an den Kämpfen mit seinen freiwilligen Jägern beteiligt – existiert bis heute eine „Belle-Alliance-Straße" und in Verlängerung die "Waterloostraße".

In Frankreich wurde die Schlacht „Bataille de Mont Saint-Jean“ genannt.

Literatur

  • North Ludlow Beamish: History of the King's German Legion 2 Bde., London 1832 (Nachdruck 1997)
  • Heinrich Beitzke: Geschichte des Jahres 1815 2 Bde., Berlin 1865
  • Mike Chappell: The King's German Legion (2) 1812-1816, London 2000
  • Klaus-Jürgen Bremm, Im Schatten des Desasters. Zwölf Entscheidungsschlachten in der Geschichte Europas, Norderstedt 2003, ISBN 3-833-4045-82
  • David Chandler, Waterloo. The Hunderd Days, London 1998.
  • Colonel Charles C. Chesney: Waterloo Lectures. A Study of the Campaign of 1815. Introduction by Peter Hofschröer. London 1868, Nachdruck 1997 (herausragendes Meisterwerk), ISBN 1-85367-288-2
  • Vincent Cronin Napoleon, Stratege und Staatsmann Wilhelm Heyne Verlag, München 1983 ISBN 3-453-55101-X.
  • Étienne Maurice de Gérard, Quelques documents sur la bataille de Waterloo, Paris 1829
  • Étienne Maurice de Gérard: Dernières observations sur la bataille de Waterloo en réponse à Mr. de Grouchy, Paris 1830
  • George Robert Gleig: History of the battle of Waterloo, London 21861
  • Gaspar Gourgaud: Campagne de 1815, Berlin 1819 (mit den Noten eines deutschen Offiziers)
  • David Hamilton-Williams: Waterloo. New Perspectives. The Great Battle Reappraised, London 1994 ISBN 0-471-05225-6.
  • Peter Hofschröer: 1815, the Waterloo Campaign 2 Bde., London 1998 und 1999
  • David Howarth: Waterloo - Schlachtfeldführer, der offizielle Führer des Waterloo-Komitees, Pitkin Pictorials 1992 ISBN 0-85372-543-8
  • Henry Houssaye: 1815 Waterloo, London 1900
  • John Keegan: Das Antlitz des Krieges. Die Schlachten von Azincourt 1415, Waterloo 1815 und an der Somme 1916, Frankfurt/Main 1991, ISBN 3-593-34513-7
  • Friedrich Lindau: Erinnerungen eines Soldaten aus den Feldzügen der Königlich-deutschen Legion. Ein Bürger Hamelns erzählt aus der Zeit 1806–1815 Aurel Verlag, Wegberg 2006, ISBN 3-938759-02-X
  • Jens Mastnak, Michael-Andreas Tänzer: Diese denckwürdige und mörderische Schlacht - Die Hannoveraner bei Waterloo, Celle 2003, ISBN 3-925902-48-1
  • Josef J. Schmid (Hrsg.): Waterloo - 18. Juni 1815. Vorgeschichte, Verlauf und Folgen einer europäischen Schlacht, Bonn 2008, ISBN 978-3-936741-55-1.
    • Manuel Meiborg: Die Armeen bei Waterloo, in: Schmid, Waterloo, S. 211-233.
    • Takuma Melber: Die Schlacht: Konzeptionen und Ziele, in: Schmid, Waterloo, S. 235-258.
    • Christoph Schenk: Das Ergebnis von Waterloo in politischer, militärischer und menschlicher Hinsicht, in: Schmid, Waterloo, S. 259-273.
  • William Siborne: Geschichte des Kriegs in Frankreich und Belgien im Jahr 1815 2 Bde., Berlin 1846.
  • Friedrich Sieburg: Napoleon - Die hundert Tage Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1956

Siehe auch

Weblinks


50.6794.4067Koordinaten: 50° 40′ 44,4″ N, 4° 24′ 21,6″ O


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