- Corps Palatia-Guestphalia Freiburg
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Das Corps Palatia-Guestphalia ist ein Corps im Senioren-Convent zu Freiburg im Breisgau und damit im Kösener SC-Verband. Die „Pfälzer-Westfalen“ stehen zur Mensur und tragen Farben. Das Corps vereint immatrikulierte und frühere Studenten der Albert-Ludwigs-Universität sowie ehemalige Studenten der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Kaiser-Wilhelms-Universität Straßburg (s. u.).
Inhaltsverzeichnis
Couleur
Als drittes Corps neben Palaiomarchia-Masovia Kiel und dem Münchener WSC-Corps Normannia-Vandalia verleiht Palatia-Guestphalia ein Doppelband, nämlich die mit einer silbernen Spange verbundenen Bänder der beiden Muttercorps (s. u.). Palatias Farben sind rot-weiß-violett (Farben gelesen von oben) mit silberner Perkussion, Guestphalias grün-weiß-schwarz (Farben gelesen von unten) mit silberner Perkussion. Das Westfalenband wird über dem Pfälzerband getragen. Die Grundfarbe ist grün. Die Chargierten tragen bei offiziellen Anlässen den weißen Stürmer der Straßburger Pfälzer. Es werden beide Wappen der Muttercorps als Doppelwappen geführt.
Geschichte
1952 gestiftet, ist Palatia-Guestphalia eines der jüngsten Corps im Kösener SC-Verband. Sie führt die Tradition der nach dem Ersten Weltkrieg aus Frankreich ausgewiesenen Palatia und der nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Sowjetischen Besatzungszone vertriebenen Guestphalia Jena fort.
Palatia Straßburg
Palatia wurde 1873 als zweites Corps an der Kaiser-Wilhelms-Universität gegründet. 1880 stellte sie mit Hans von Campe Nassoviae den Würzburger oKC-Vorsitzenden. 1898 war sie selbst präsidierendes Vorortcorps und leitete mit Gottfried von Jacobi den Kösener Congress. Am 18. Juli 1903 wurde das Corpshaus in der Zimmerhoffstraße eingeweiht, das nach Plänen des Straßburger Architekten Müller im Stil der Neorenaissance entworfen worden war.
Nach dem Versailler Vertrag aus Straßburg vertrieben, verlegte Palatia 1919 nach Freiburg im Breisgau und erbaute dort das heutige Corpshaus an der Stefan-Meier-Straße (früher Bismarckstraße). Das in der Größe bescheidene Holzhaus beeindruckt durch seine Eleganz und Innenausstattung. Von der Stadt Freiburg wurde es unter Denkmalschutz gestellt.
Siehe auch: Straßburger VorstellungRingelnatz
Im Sommer 1927 war Joachim Ringelnatz zu Gast auf dem Freiburger Haus der Palatia. Er hatte die Einladung unter der Bedingung angenommen, daß er rechtzeitig zum Zug nach München gebracht würde. Seine Dankesrede hielt er bereits bei der Vorsuppe, auf dem Tisch stehend, mit einem Bein im Teller des Seniors. Vor seiner Bewusstlosigkeit trug der dem Corpsdiener noch auf, Ringelnatz zum Bahnhof zu fahren. Das tat er und schob den Gast in die erstbeste offene Tür des bereitstehenden Zuges. Einige Stunden später meldete sich die Basler (!) Grenzpolizei; vor einer Zugtoilette habe sie einen Mann aufgegriffen, der behauptete, Dichter zu sein und mit Corpsstudenten in Freiburg zum Mittagessen ein paar Schoppen getrunken zu haben. Für das turbulente Mittagessen bedankte er sich mit einem Gedicht:
- AN DAS CORPS PALATIA
- Seid gegrüßt, Ihr Violetten
- Auf der rechten Bismarckstraße!
- Hei, ein rechter Freiwind blase
- Eure Banner, Eure Brüste,
- Eure Betten und Gelüste.
- Und vergeßt nicht meine Nase,
- Die, obwohl viel Sekt sie kühlte,
- Doch so wohl sich bei Euch fühlte.
- Was wir taten, wie wir's taten,
- War es schön und echt und jung.
- Und in der Erinnerung
- Ruf ich: Prosit, Ihr Palaten.
Guestphalia Jena
Das Corps Guestphalia Jena gehörte zu den traditionsreichsten deutschen Studentenverbindungen und ist vor der Auflösung durch die Nationalsozialisten in Jena insbesondere durch seine rege Fechttätigkeit bekannt geworden. Ein Mitglied dieses Corps, der Paukarzt Friedrich Immisch verringerte zudem die Gefahren des Mensurfechtens erheblich, indem er Ende der 1850er Jahre eine eiserne Paukbrille entwickelte und einführte, die seitdem bei Mensuren allgemein getragen wird. Einige Mitglieder der Guestphalia Jena versuchten 1934 vergeblich, den Kösener Senioren-Convents-Verband in eine Organisation nach nationalsozialistischen Grundsätzen zu verwandeln, um die Corps auch unter der Gewaltherrschaft der Nazis erhalten zu können, was aber an inneren und äußeren Widerständen scheiterte.
Palatia-Guestphalia unterhält mit dem Corps Hannovera Göttingen in Tradition der Guestphalia Jena seit 1848 eines der ältesten Kartellverhältnisse zwischen Studentverbindungen überhaupt. Das Kartell entstand nach einer Einladung der Westfalen an die Hannoveraner nach Wöllnitz, bei der die Hannoveraner zur Teilnahme an der Krönung Popp's XVI eingeladen waren. Kartelle zwischen Corps sind Freundschaftsverträge, die zumeist innerhalb eines bestimmten Kreises geschlossen werden. In der Gründerzeit wurden sie oft aus nichtigem Anlass gebrochen.
Verhältnisverträge
- Kartelle
- Corps Hannovera Göttingen (neben dem von Guestphalia Jena herrührenden Kartell besteht seit 1883 ein befreundetes Verhältnis mit Palatia Straßburg)
- Corps Teutonia Marburg
- Corps Starkenburgia Gießen
- Corps Nassovia Würzburg
- Corps Palaiomarchia-Masovia Kiel
- Corps Masovia Königsberg zu Potsdam
- Befreundete Corps
- Corps Lusatia Leipzig
- Corps Isaria München
- Corps Marchia Berlin
- Corps Borussia Halle
- Corps Palaiomarchia Halle
- Vorstellungsverhältnisse
- Corps Rhaetia (Innsbruck) Augsburg
- Traditionsverhältnisse
- Straßburger Vorstellung
- Jenenser Corps (Franconia, Saxonia, Thuringia)
Mitglieder
Palatia Straßburg
- Joseph Borchmeyer (1898-1988), Mitglied des Reichstags
- Ewald Hilger (1859-1935), 1896 Leiter der staatlichen Bergwerksbetriebe Oberschlesiens, 1900 Leiter der Bergwerksdirektion Saarbrücken, 1905 Generaldirektor der Vereinigten Königs- und Laurahütte in Siemianowitz; Mitglied des Reichswirtschaftsrats sowie zahlreicher Fachverbände und Aufsichtsräte
- Werner G. Hoffmann (1907-1988), Verlagsvorstand der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
- Albano von Jacobi (1854-1928), 1879 Adjutant des Prinzen Wilhelm von Preußen (des späteren Kaisers Wilhelm II.), 1895 Militärattaché an der deutschen Botschaft in Rom, 1905 Militärbevollmächtigter des Reiches am Hof des russischen Zaren in Sankt Petersburg, General der Infanterie
- Georg Gottfried von Jacobi (1869-1947), Vorsitzender des oKC 1898
- Josef Kapfhammer (1888-1968), Ernährungsphysiologe in Freiburg
- Emil von Oppenheim († 1956), Privatbankier
- Max von Oppenheim (1860-1946), Archäologe, Orientwissenschaftler, Abenteurer, Entdecker und Ausgräber von Tell Halaf; Begründer bedeutender Sammlungen auf der Berliner Museumsinsel
- Max von Sandt (1861-1918), Regierungspräsident in Aachen.
Guestphalia Jena
- Friedrich Wilhelm von Ammon (1791-1855), Professor der Theologie in Erlangen
- Hermann Ampach (1829-1903), Rittergutsbesitzer und Mitglied des Deutschen Reichstags
- Ernst-August Behrens (1915-2000), Mathematiker
- Theodor Braband (1843-1887), Senator in Hamburg
- Wilhelm Fabricius (1857-1942), Historiker und Begründer der Hochschulkunde
- Gustav Floerke (1846-1898), Schriftsteller und Kunsthistoriker
- Horst Gnekow (1916-1982), Dramaturg und Theaterintendant
- Roderich Hustaedt (1878-1958), Staatsminister von Mecklenburg-Strelitz (1920-1928)
- Friedrich Immisch (1826-1892), Paukarzt
- Ernst von Kannewurff (1850-1907), Ehrenmitglied, Polizeipräsident von Königsberg i. Pr.
- Hans-Robert Mezger (1904-1974), Richter am Bundesgerichtshof
- Joachim Graf von Pfeil und Klein Ellguth (1857-1924), Afrikaforscher
- Warner Poelchau (1852-1922), Kaufmann und Politiker
- Max Porzig (1865-1910), Richter am Reichsgericht
- Reinhold Quaatz (1876-1953), Jurist und Politiker, Mitgründer der Berliner CDU
- Otto Ringleb (1875-1946), erster deutscher Lehrstuhlinhaber für Urologie
- Fritz Schellong (1891-1953), Internist, Hochschullehrer in Prag und Münster
- Georg Sporleder (1877-1959), Oberbürgermeister von Herne
- Werner Uhink (1896-1973), Astronom
- Dietrich Wersche (1909-) Vorstandsvorsitzender der Osthannoverschen Eisenbahnen
- Leonhard Zander (1833-1890), Ehrenmitglied, Reformer des KSCV
Palatia-Guestphalia
- Jörg Haasters (* 1940), Orthopäde
Weblinks
Kategorien:- Corps im Kösener Senioren-Convents-Verband
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