Dezimaltrennzeichen

Dezimaltrennzeichen

Das Dezimaltrennzeichen (beispielsweise der Dezimalpunkt oder das Dezimalkomma) ist im Dezimalsystem ein Zeichen, das die Grenze zwischen dem ganzzahligen Teil und dem gebrochenen Teil einer Zahl angibt.

Die Benutzung eines Dezimaltrennzeichens entwickelte sich aus der Verwendung von Stellenwertsystemen, die schon von den Sumerern im 18. Jahrhundert v. Chr. eingesetzt wurden. Aus der daraus folgenden möglichen Bruchschreibweise entwickelte sich die Abtrennung des ganzzahligen Teils vom gebrochenen Teil einer Zahl. Bei der Verwendung der Dezimalbruchschreibweise wurde mit der Zeit der Nenner weggelassen und der gebrochene Teil durch verschiedene Schreibweisen vom ganzzahligen getrennt.

Neben dem Dezimaltrennzeichen gibt es auch das Tausendertrennzeichen (in Deutschland ein nicht umbrechendes „Geschütztes Leerzeichen“), das die Lesbarkeit großer Zahlen verbessert, indem die Ziffern in Dreiergruppen zusammengefasst werden.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

In der altchinesischen Mathematik (beispielsweise bei Li Jan’) wurde der gebrochene Teil durch tiefergesetzte Ziffern gekennzeichnet, also zum Beispiel 12335 für 123,35.

Um 1400 schrieb Dschamschid Masʿud al-Kaschi den ganzzahligen Teil mit schwarzer Tinte, den gebrochenen Teil mit roter Tinte. Die erste bekannte Quelle für die Benutzung eines Dezimalpunktes ist dann 1492 die Schrift Compendio del Abaco von Francesco Pellos, einem italienischen Mathematiker. Er schreibt also, bezogen auf das Beispiel, einfach 123.35.

Weiterhin werden verschiedene Darstellungsweisen für Dezimalzahlen mit Bruch eingesetzt, so zum Beispiel verwendet François Viète 1579 im Canon unterschiedliche Notationen, wobei er als Tausendertrennzeichen das Komma verwendet:

123{,}45{,}\frac{678{,}912}{1{,}000{,}000} \quad 123{,}45{,}\frac{678{,}912}{\,} \quad 123{,}45{,}_{678{,}912} \quad 123{,}45\vert_{678{,}912}

1593 verwendete Christophorus Clavius in Sinustabellen und 1595 Bartholomäus Pitiscus in seiner Trigonometria den Punkt als Dezimaltrennzeichen. John Napier setzte 1617 in der Rhabdologia als Dezimaltrennzeichen erst das Komma, später dann den Punkt, vor allem in seinen Logarithmentafeln, die sich weit verbreiten. In der nachfolgenden Zeit wurde in den Lehrbüchern und unter Fachleuten vorwiegend der Dezimalpunkt verwendet, von Johannes Kepler über Henry Briggs, Adriaan Vlacq (1600–1667) und Jérôme Lalande (1805).

Im 18. Jahrhundert kam im kontinentalen Europa im Alltagsgebrauch und Unterricht jedoch zunehmend das Dezimalkomma auf, Friedrich L. Bauer vermutet hier französischen Einfluss. Es fand Eingang vorwiegend in populärwissenschaftliche Bücher (als Beispiele werden genannt: Abraham Gotthelf Kästner 1758, Joseph Spengler 1779, Christian Ludwig Ideler 1831, Martin Ohm 1829).

Auch bei Joseph-Louis Lagrange (1808) und in der deutschen Übersetzung der Introduotio in Analysin Infinitorum von Leonhard Euler, die von H. Maser 1885 vorgenommen wurde, findet sich das Dezimalkomma. Im Meyers Konversations-Lexikon (1888–1890, 4. Aufl.) findet sich eine Schreibweise mit dem Komma als Tausendertrennzeichen und als Dezimaltrennzeichen, der gebrochene Zahlenteil ist kleiner gesetzt.

Im englischen Sprachraum bleibt der Punkt das vorwiegende Dezimaltrennzeichen. Das Wort decimal point (Dezimalpunkt) wird 1771 in der Encyclopædia Britannica im Kapitel Arithmetick erwähnt.

In den Ländern, in denen das Dezimalkomma verwendet wird, wird als Gruppierungszeichen häufig ein Zwischenraum genommen. Wird der Dezimalpunkt verwendet, dient das Komma als Tausendertrennzeichen. 1798, während der französischen Revolution, empfahl Auguste-Savinien Leblond das Semikolon als Dezimaltrennzeichen, damit das Komma als Tausendertrennzeichen verwendet werden könne.

Punkt-Länder

  • Punkt-Länder
  • Komma-Länder
  • Momayyez-Länder
  • unbekannt

Länder, die einen Punkt als Dezimaltrennzeichen verwenden:

Australien, Botsuana, China, Costa Rica, Dominikanische Republik, El Salvador, Guatemala, Honduras, Hongkong, Indien, Irland, Israel, Japan, Kanada (englisch-sprechender Teil), Korea (Nord und Süd), Liechtenstein (nur bei Geldbeträgen), Malaysia, Mexiko, Namibia, Nicaragua, Nigeria, Neuseeland, Pakistan, Panama, Philippinen, Schweiz (nur bei Geldbeträgen und Koordinaten), Singapur, Südafrika, Taiwan, Thailand, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten

Komma-Länder

Länder, die ein Komma als Dezimaltrennzeichen verwenden:

Albanien, Andorra, Argentinien, Belgien, Bolivien, Brasilien, Bulgarien, Chile, Dänemark, Deutschland, Ecuador, Estland, Färöer, Finnland, Frankreich, Georgien, Griechenland, Grönland, Indonesien, Island, Italien, Kanada (französisch-sprechender Teil), Kolumbien, Kroatien, Kuba, Lettland, Liechtenstein (ausgenommen Geldbeträge), Litauen, Luxemburg, Mazedonien, Moldawien, Niederlande, Norwegen, Österreich, Paraguay, Peru, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Schweden, Schweiz (ausgenommen Geldbeträge und Koordinaten), Serbien, Simbabwe, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Türkei, Ukraine, Ungarn, Uruguay, Venezuela, Weißrussland

Sonstiges

Schweiz und Liechtenstein

In der Schweiz und in Liechtenstein wird grundsätzlich das Komma verwendet. Bei Geldbeträgen wird jedoch zwischen der Währungseinheit und der Untereinheit ein Punkt gesetzt.[1] Dasselbe gilt auch für Koordinatenangaben.[2]

Arabische Halbinsel und Iran

Auf der arabischen Halbinsel und im Iran wird das sogenannte Momayyez (٫) als Dezimaltrennzeichen verwendet.

Internationale Standards

Nach internationalen Standards (Internationale Einheitensystem (SI)[3], das der Generalkonferenz für Maß und Gewicht[4] folgt; ISO 31-0 der Internationalen Organisation für Normung (ISO), das ebenfalls der Generalkonferenz für Maß und Gewicht folgt) ist das Dezimaltrennzeichen entweder das Komma oder der Punkt. Zudem sollen nach ISO 31-0 der Punkt als Malzeichen und der Dezimalpunkt nicht zusammen verwendet werden.

Auslassung der Null vor dem Dezimaltrennzeichen

Im englischen Sprachraum darf die Null vor dem Dezimaltrennzeichen ausgelassen werden, so dass eine Schreibweise wie .35 erlaubt ist, im kontinentaleuropäischen Raum ist dies nicht erlaubt, und es muss 0,35 oder sogar 0,0 geschrieben werden, woraus sich das scherzhafte Nullkommanix entwickelte.

Softwareversionen

In der Bezeichnung von Softwareversionen hat sich im Deutschen die englische Schreibweise mit Punkt etabliert (Bsp. Windows 5.1). Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein Dezimaltrennzeichen, wie das Beispiel Linux 2.6.25.6 zeigt.

Siehe auch

Literatur

  • Friedrich L. Bauer: Punkt und Komma – Historische Notiz. In: Informatik Spektrum. 19, Nr. 3, 1996, ISSN 0170-6012, S. 93–95.
  • Marion Neubauer: Feinheiten bei wissenschaftlichen Publikationen – Mikrotypographie-Regeln. Teil II. In: Die TeXnische Komödie. 1 1997, S. 25–44.

Einzelnachweise

  1. Schweizerische Bundeskanzlei (Hrsg.): Schreibweisungen. 1 Auflage. 2008, 514: Dezimalkomma und Dezimalpunkt, S. 80 (http://www.bk.admin.ch/dokumentation/sprachen/04915/05016/index.html?lang=de, abgerufen am 4. März 2010).
  2. Bundesamt für Landestopografie swisstopo (Hrsg.): Neue Koordinaten für die Schweiz - Der Bezugsrahmen LV95. 1 Auflage. 2006, S. 8-11 (http://www.cadastre.ch/internet/cadastre/de/home/topics/upon.parsysrelated1.17860.downloadList.74206.DownloadFile.tmp/broschlv95de.pdf, abgerufen am 27. Oktober 2010).
  3. Internationales Büro für Maß und Gewicht (Hrsg.): Le Système international d’unités. 8 Auflage. 2006, 5.3.4: Écriture des nombres et séparateur décimal, S. 44 (http://www.bipm.org/utils/common/pdf/si_brochure_8.pdf, abgerufen am 24. Januar 2009).
  4. Résolution 10 de la 22e réunion de la CGPM (2003). Internationales Büro für Maß und Gewicht, abgerufen am 29. November 2008 (französisch).

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