Geldvernichtung

Geldvernichtung

Mit dem Vorgang der Geldschöpfung wird Geld erzeugt und dem Wirtschaftskreislauf zugeführt. Dies geschieht im modernen Bankensystem durch Kreditaufnahme von Unternehmen, öffentlicher Hand und Privatpersonen bei Geschäftsbanken oder von Geschäftsbanken bei Zentralbanken bzw. durch gegenseitige Kreditvergabe der Geschäftsbanken untereinander (Interbankenkredite) z. B. am Geldmarkt. Weiterhin können Geschäftsbanken Geld erzeugen, indem sie Aktiva (z. B. Wertpapiere, Immobilien) ankaufen und den Verkäufern ein Sichtguthaben einräumen. Durch Tilgung von Krediten bzw. Verkauf von Aktiva der Banken wird das geschöpfte Geld wieder vernichtet. Das so geschöpfte bzw. vernichtete stoffwertlose Geld bezeichnet man im Gegensatz zum früheren Edelmetallgeld (Kurantmünzen) als Fiat Money (von "fiat lux", "Es werde Licht" (hier: "Es werde Geld"), dem göttlichen Schöpfungsbefehl im 1. Buch Mose der Bibel).

Inhaltsverzeichnis

Begriff der Geldschöpfung

Die Geldmenge wird durch Vergabe von Krediten bzw. Ankauf von Aktiva durch Banken vermehrt und durch Rückzahlung von Krediten bzw. Verkauf von Aktiva von Banken vermindert. Diese Vorgänge nennt man Geldschöpfung und Geldvernichtung.

Die Ausgabe von Geld an die Bevölkerung eines Währungsraums erfolgt durch das Bankensystem. Geld wird durch die Zusammenarbeit von Zentralbanken, Geschäftsbanken und Nichtbanken geschaffen. (Zu den Nichtbanken zählen alle Unternehmen (die keine Banken sind), die privaten Haushalte und die öffentliche Hand.) Geldschöpfung basiert vorwiegend auf der Gewährung von Krediten, in erheblichem Ausmaß aber auch auf dem Ankauf von Aktiva (in der Regel Wertpapieren) durch Banken mit zusätzlich geschöpftem Geld.

Aus der Sicht der Geldschöpfung sind zwei Arten von Geld zu unterscheiden: Zum einen das Zentralbankgeld, das von der Zentralbank geschaffen oder vernichtet wird. Hierzu zählt auch das Bargeld. Zum anderen spricht man von „Geschäftsbankengeld“, ein Buch- bzw. Giralgeld, welches nicht physisch, sondern rein virtuell auf Bankkonten existiert (siehe Buchgeld). Es entsteht und verschwindet bei den privaten Geldinstituten. Giralgeld ist kein gesetzliches Zahlungsmittel.

Der Anstoß zur Geldschöpfung geht nicht nur von der Nachfrage der Banken und Nichtbanken nach Krediten aus, sondern Geld entsteht in erheblichem Ausmaß auch durch Ankauf von Aktiva durch Zentral- und Geschäftsbanken. Wenn Geschäftsbanken Kredite erteilen wollen, für die sie gemäß dem von der Zentralbank festgelegten Mindestreservesatz über zu wenig Zentralbankgeld verfügen, nehmen sie ihrerseits bei der Zentralbank Kredite auf. Im Gegenzug verpfänden sie der Zentralbank Wertschriften (meist Kreditforderungen) als Sicherheiten. Die Geschäftsbanken verschulden sich also bei der Zentralbank.

Aufgrund solcher Kredite erhalten die Geschäftsbanken von der Zentralbank Zentralbankgeld in Form von Gutschriften auf ihren Konten bei der Zentralbank. Zu Lasten dieser Gutschriften können die Geschäftsbanken von der Zentralbank auch Bargeld beziehen (Geldscheine und Münzen), das sie selbst nicht schaffen dürfen. Das Zentralbankgeld gibt den Geschäftsbanken nach gängiger Lesart die Voraussetzung, selbst Kredite zu erteilen, wobei Geschäftsbanken bei der Zentralbank nach Bedarf und auf eigene Initiative über die Spitzenrefinanzierungsfazilität Zentralbankgeld abfordern können. Weiterhin dient das Zentralbankgeld der Verrechnung von Überweisungen zwischen Geschäftsbanken (Saldenverrechnung).

Damit ist Geld vom Standpunkt der Geschäftsbanken ein Schuldbeleg. Für die Zentralbank ist Geld Guthaben bei den Banken. Da Geld heute überwiegend durch Kreditvergabe geschaffen wird, sei es von der Zentralbank gegenüber den Geschäftsbanken, sei es bei Geschäftsbanken gegenüber ihren Kreditkunden oder durch gegenseitige Kreditvergabe der Geschäftsbanken, ist Geld auch ein Schuldanerkenntnis. Wesentlich dabei ist, von wem und an wen dieses Schuldanerkenntnis besteht. Für diejenigen hingegen, die außerhalb des Bankensystems über einen Geldschein (eine Banknote) verfügen, ist er nicht Schuldschein, sondern vor allem Zahlungsmittel, Wertaufbewahrungsmittel oder Spekulationsmittel (bei Kassenhaltung/Bildung von Ersparnissen bzw. Tätigung von Finanzgeschäften).

Aus diesen Vorgängen ist ersichtlich, dass die Menge des vorhandenen Geldes vom Umfang der Kredite bzw. dem Volumen der von Banken mit zusätzlich erzeugtem Geld angekauften Aktiva abhängt und unter Schwankungen in der Regel wächst (zeitweise aber auch schrumpfen kann, z. B. in Deflationen). Außerdem ist die Geldschöpfung abhängig von Vermögenswerten, die von den Kreditnehmern ihren Banken als Sicherheiten für ihre Kredite verpfändet werden können und ohne die keine Kredite vergeben werden. Unter den derzeit üblichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kann nur eine verschuldete Gesellschaft über werthaltiges Geld verfügen. Bis auf wenige Ausnahmen wie bei umlaufgesichertem Geld - ist in der gängigen Sichtweise der Banken alles Geld von vorn herein mit Zins belastet. Das Zahlen von Zinsen an die Geld erzeugenden Banken ist demnach die Voraussetzung für das Vorhandensein von Geld. Banken erzeugen bei der Kreditvergabe stets zusätzliches Geld, das vorher nicht vorhanden war und können durch Ankauf werthaltiger Aktiva Geld erzeugen, gleichwohl fordern sie vom Kreditnehmer für das zusätzlich erzeugte Kreditgeld die Zahlung von Zinsen.

Bargeld (Münzen und Banknoten) kann heutzutage nur von der Zentralbank bzw. dem Staat geschaffen werden, Buchgeld auf Sichtguthabenkonten (Giralgeld) sowohl von der Zentralbank als auch von Geschäftsbanken.

Ablauf der Geldschöpfung

Der Ablauf der Geldschöpfung beinhaltet die Wirtschaftssubjekte Zentralbank, Geschäftsbank, Staaten und Unternehmen bzw. Endverbraucher. Die Nachfrage nach Krediten kann vom Endverbraucher, der öffentlichen Hand, Unternehmen oder den Geschäftsbanken stammen. Die Initiative zur Schöpfung von Zentralbankgeld geht bei der Hauptrefinanzierungsfazilität von der Zentralbank aus, bei der Spitzenrefinanzierungsfazilität von den Geschäftsbanken aus. Der Zentralbank stehen zur Schöpfung von Zentralbankgeld verschiedene Methoden zur Auswahl, die je nach Wirtschaftsverhältnissen mehr oder weniger gut wirksam werden.

Funktion der Zentralbank

Der Zentralbank eines Landes obliegt die Versorgung des Bankensystems mit Zentralbank- und Bargeld.

Die Zentralbank schöpft Zentralbankgeld einerseits über Kredite, die sie an die Geschäftsbanken gegen die Verpfändung von Sicherheiten, die notenbankfähig sein müssen, vergibt. Die von den Geschäftsbanken verpfändeten Wertpapiere (meist Schuldtitel) wurden häufig von Geschäftsbanken selber ausgegeben, emittiert. Andererseits kann die Zentralbank Geld durch den Ankauf von Aktiva wie Devisen, Edelmetallen oder Wertpapieren von den Geschäftsbanken bzw. an den Börsen erzeugen (Offenmarktpolitik). Bei „Liquidität zuführenden“, d. h. zusätzliches Zentralbankgeld erzeugenden Geschäften erhalten die Geschäftsbanken Zentralbankgeld in Form von Guthaben auf Konten gutgeschrieben, die sie bei der Zentralbank unterhalten.

Das vom Bankenpublikum bei den Geschäftsbanken angeforderte Bargeld wird von der Zentralbank in Form von Geldscheinen abgegeben, die die Geschäftsbanken bei der Zentralbank zu Lasten ihrer Guthaben an Zentralbankgeld beziehen können. Banknoten sind also sichtbar gemachtes Zentralbankgeld. Münzen werden vom Staat geprägt, wobei der Münzgewinn (die Seigniorage, also die Differenz zwischen Nominalwert und Herstellungskosten) der Staatskasse zufließt.

Die Zentralbank erhebt auf den von ihr an die Geschäftsbanken vergebenen Krediten die sogenannten Leitzinsen. Die bei der Kreditvergabe der Zentralbank an die Geschäftsbanken den Geschäftsbanken gutgeschriebenen Zentralbankgeldguthaben werden von der Zentralbank in Höhe der Leitzinsen verzinst. Die durch diese Zinseinnahmen kompensierten Leitzinsen sind im Selbstverständnis der Geschäftsbanken ein Grund, warum sie von den Kreditnehmern für das "ex nihilo" (aus dem Nichts) geschaffene Kreditgeld höhere Zinsen als die Leitzinsen fordern.

Die direkte Vergabe von Krediten an die öffentliche Hand durch die Zentralbank ist im Euroraum seit der zweiten Stufe der Europäischen Währungsunion von 1994 verboten, d. h. der Staat muss sich Geld bei Geschäftsbanken bzw. am Rentenmarkt leihen. Allerdings interveniert die Europäische Zentralbank täglich u. a. am Rentenmarkt und kauft vorzugsweise Staatsanleihen mit zusätzlich geschöpftem Geld, falls die Umlaufrendite gesenkt werden soll. In den USA machte beispielsweise am 17. November 2004 der Posten "U.S. Treasury" sogar 89,3 % der gesamten Aktiva des Federal Reserve Systems aus. Das heißt: Der US-Dollar ist fast ausschließlich durch die US-Staatsverschuldung gedeckt.

Funktion der Geschäftsbanken

Die Geschäftsbanken können gemäß dem Mindestreservesatz ein bestimmtes Vielfaches ihrer Zentralbankgeldguthaben in Form von Krediten an die Endverbraucher – die Unternehmer und Privatpersonen (Nichtbanken) – weitergeben (in der EU gilt ein Mindestreservesatz von 2 %, d. h. Geschäftsbanken können das 50fache ihrer Zentralbankgeldguthaben als Kredite in Form von Buchgeld vergeben).

Methoden der Geldschöpfung

Die Steuerung der Geldschöpfung obliegt heutzutage fast ausschließlich den Geschäftsbanken, da die Zentralbanken im Sinne einer ausreichenden Geldversorgung der Realwirtschaft (die fast ausschließlich von den Geschäftsbanken gewährt wird) den Geschäftsbanken jederzeit ausreichend Zentralbank- und Bargeld zur Verfügung stellen.

Geldschöpfung durch die Zentralbank

Refinanzierungspolitik

Bei der Refinanzierungspolitik stellt die Europäische Zentralbank den Geschäftsbanken nach Bedarf Bargeld bzw. Zentralbankgeld zur Verfügung. Eine Verknappung des Geldangebotes durch die Zentralbank führt in der Praxis meist zu einer Einschränkung der Kreditvergabe der Geschäftsbanken an die Realwirtschaft und u.U. zu einer Deflation und Wirtschaftskrise.

Hauptrefinanzierungsfazilität

Bei der Hauptrefinanzierungsfazilität können Geschäftsbanken Wertpapiere, die sie angekauft oder durch Kreditvergabe erzeugt haben, bei der Zentralbank verpfänden, sofern diese die Kriterien der Notenbankfähigkeit erfüllen. Die Zentralbank kann festlegen, bis zu welcher Höhe Geschäftsbanken im Hauptrefinanzierungsgeschäft refinanzieren können. Die Werthaltigkeit des geschöpften Geldes hängt davon ab, welche Qualität/Bonität die verpfändeten Aktiva (Wertpapiere) haben, d. h. wie streng die Kriterien der Notenbankfähigkeit sind.

Spitzenrefinanzierungsfazilität

Bei der Spitzenrefinanzierungsfazilität können Geschäftsbanken über Nacht bei den Zentralbanken nach Bedarf und auf eigene Initiative Zentralbankgeld beziehen, wenn sie im Gegenzug Wertpapiere verpfänden, die die Anforderungen an die Notenbankfähigkeit erfüllen.

Einlagefazilität

Die EZB bietet die Möglichkeit, über die Einlagefazilität, eine niedrig verzinste Einlage der MFI beim Eurosystem, überschüssige Liquidität zu absorbieren. Die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität bilden eine Ober- und Untergrenze für die kurzfristigen Zinssätze des Interbankenmarktes wie den EONIA. Somit leisten die ständigen Fazilitäten neben dem kurzfristigen Liquiditätsausgleich einen wichtigen Beitrag zur Begrenzung der Volatilität am Geldmarkt.

Offenmarktpolitik

Bei der Offenmarktpolitik bilden Offenmarktgeschäfte heute das Rückgrat der Notenbankpolitik. Sie dienen der Liquiditätsversorgung bzw. der Absorbierung von Liquidität und somit der Zinssteuerung durch Veränderung des Geldangebotes. Durch An- und Verkauf von Wertpapieren durch die Zentralbank erhalten die Geschäftsbanken Alternativen zur Kreditvergabe. Sind die Zinskonditionen der Zentralbank für Banken attraktiv, werden die Banken Anleihen der Zentralbank kaufen anstatt Kredite zu vergeben und die Geldschöpfung/Kreditvergabe nimmt ab. Die EZB betreibt diese Politik mittels ihres Hauptrefinanzierungsinstruments, das mit etwa 75 % den größten Anteil an der Liquiditätsversorgung umfasst. Bedarfsweise können auch Feinsteuerungsoperationen (meist als so genannte Schnelltender) oder strukturelle Operationen durchgeführt werden. Dies bildet jedoch die Ausnahme.

Devisenkurspolitik

Bei der Devisenkurspolitik kauft und verkauft die Zentralbank Devisen. Dies sind zumeist kurzfristig fällige Bankguthaben im Ausland. Beim Devisenzukauf durch eine Bank wird wie beim Ankauf anderer Aktiva die Geldmenge erhöht, beim Verkauf verringert.

Devisenswappolitik

Mit der Devisenswappolitik kann die Zentralbank durch Devisenswap- und Zinsswapgeschäften den Devisenimport und -export beeinflussen sowie die Liquidität der inländischen Banken erhöhen. Dies geschieht, indem die Zentralbank den Geschäftsbanken Devisen zum Kassakurs verkauft, diese aber sofort wieder zum höheren Terminkurs per Termin 30, 60 oder 90 Tage zurückkauft. Die Banken legen diese Devisen für diesen Zeitraum zinsgünstig im Ausland an und nehmen sie nach Fälligkeit zurück um sie zum vereinbarten Termin wieder an die Zentralbank zurückzugeben. Die Swappolitik ist überflüssig, wenn das ausländische Zinsniveau höher ist.

Mindestreservenpolitik

Die Mindestreservenpolitik verpflichtet die Banken, einen Teil ihrer Einlagen bzw. Forderungen als Mindestreserve bei der Zentralbank zu hinterlegen. Bei der EZB liegt der Mindestreservesatz, um die Wettbewerbsfähigkeit der Geschäftsbanken nicht zu beschränken, bei maximal 2 % der Einlagen und wurde bisher noch nicht verändert. Die Mindestreserven werden inzwischen auch zum Hauptrefinanzierungssatz verzinst. Bei der Deutschen Bundesbank gab es zeitweise bis zu 27 Mindestreservesätze, die differenziert nach Bankengröße und Einlageform galten. In einigen Ländern, z. B. Kanada, Schweden und Großbritannien, sind keine Mindestreserven vorgesehen. Ursprünglich diente diese Politik zum Gläubigerschutz (Sicherung eines Teils der Spareinlagen).

Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken

Krediterteilung

Je nach Höhe ihrer Zentralbankgeldguthaben und ihres Eigenkapitals können Geschäftsbanken Kredite erteilen. Durch diesen Vorgang wird Buchgeld geschaffen. Nach Zusage des Kredits kann der Kreditnehmer von einem Sichtguthabenkonto bei seiner Bank Zahlungen per Überweisungen vornehmen oder darauf Schecks ausstellen oder sich Bargeld auszahlen lassen.

Das von Kreditkunden abgehobene Bargeld kann außerhalb des Bankensystems zu Barzahlungen verwendet werden. Grundsätzlich gelangt also auch Bargeld letztlich immer durch Kreditvergabe und Abhebung von Konten in Verkehr. Eine Ausnahme davon sind die vom Staat geprägten Münzen und in Deutschland die direkte Barauszahlung von 40 D-Mark von den Gemeindeverwaltungen an jeden Landesbürger als Startgeld bei der Währungsreform im Jahre 1948.

Buchgeld entsteht auch, indem Bargeld von Bankkunden auf Sichtguthabenkonten eingezahlt wird. Danach liegt das Bargeld zunächst bei der Bank, und der Kunde verfügt über ein Kontoguthaben. Das Guthaben stellt eine Forderung auf Bargeld dar. Jede Einzahlung von Bargeld hinterlässt bei den Banken zahlungsfähiges Buchgeld in Form von Guthaben, das so lange im Bankensystem erhalten bleibt und als Zahlungsmittel von Konto zu Konto umläuft, bis eine Bank dem Einzahler wieder Bargeld ausbezahlt. Das Entstehen von Buchgeld aus einer Bargeldeinzahlung kann noch nicht als eigentliche Geldschöpfung verstanden werden, weil hier keine Geldvermehrung stattfindet, sondern lediglich eine Geldform in eine andere umgewandelt wird – Bargeld in Sichtguthaben.

Echte Geldschöpfung hingegen ist es, wenn die Menge des Buchgeldes zunimmt, indem bei einer Bank eingezahltes Bargeld (das sichtbar gemachtes Zentralbankgeld ist) das Zentralbankgeldguthaben dieser Geschäftsbank erhöht und je nach Mindestreservesatz zur Gewährung eines Vielfachen (bei einem Mindestreservesatz von 2 % des 50fachen) an Krediten verwendet wird. Dieser Vorgang wird als multiple Geldschöpfung bezeichnet.

Die (übliche) Art der Erklärung der multiplen Geldschöpfung durch Geschäftsbanken wird immer realitätsferner, weil die Nachfrage der Bankkunden nach Bargeld relativ immer mehr sinkt. Die bargeldlosen Zahlungsmöglichkeiten im täglichen Leben nehmen deutlich zu. Die Geschäftsbanken können somit auch immer mehr Giralgeld durch Kreditvergabe erzeugen, ohne Zentralbankgeld (Bargeld) abgeben zu müssen. Somit ist auch die Annahme, dass wirklich Bargeld bei Geschäftsbanken eingelegt wird bzw. die Voraussetzung für Kreditvergabe ist, immer weniger realistisch. Spareinlagen werden vorwiegend vom Girokonto direkt auf das Sparkonto getätigt. Damit nimmt aber die Möglichkeit der Zentralbanken, die Geldmenge zu steuern, immer weiter ab.

Die Einzahlung von Bargeld ist nicht die Voraussetzung für die Kreditvergabe durch Geschäftsbanken, da diese jederzeit Zentralbankgeld gegen Verpfändung von Kreditforderungen und Wertpapieren bei der Zentralbank abrufen können (siehe Spitzenrefinanzierungsfazilität). So ist die Kreditvergabe und die Erzeugung notenbankfähiger Wertpapiere durch die Geschäftsbanken die Voraussetzung für die Erzeugung von Zentralbankgeld und Bargeld als sichtbar gemachtem Zentralbankgeld.

Wird durch einen Vertrauensverlust in das Bankensystem von den Einlegern bei einem Bank Run übermäßig viel Bargeld abgefordert, kann dies die Zahlungsfähigkeit der Banken an ihre Grenzen bringen, da nur ein kleiner Teil (ca. 3 %) der Guthaben als Bargeld ständig verfügbar ist.

Ankauf von Aktiva

Wie auch die Zentralbanken sind Geschäftsbanken in der Lage, Aktiva, z. B. Immobilien und Wertpapiere anzukaufen und dem Verkäufer im Gegenzug ein Sichtguthaben in Höhe des Kaufpreises einzuräumen. Dabei wird Buchgeld geschöpft. Sofern die angekauften Wertpapiere notenbankfähig sind, können diese bei der Zentralbank gegen Zentralbankgeld verpfändet werden. Verkauft eine Geschäftsbank Aktiva aus ihrem Bestand, verschwindet das von ihr eingenommene Geld wieder aus dem Wirtschaftskreislauf.

Literatur

  • Niklot Klüßendorf, „Der Kupferwechsel“ des Alchimisten Johann Steitz für die Herrschaft Schmalkalden. Ein frühneuzeitliches Projekt zur Geldschöpfung. In: Bankhistorisches Archiv 1/1989, Zeitschrift für Bankengeschichte, herausgegeben vom Wissenschaftlichen Beirat des Institutes für bankhistorische Forschung, Frankfurt am Main.
  • Dieter Lindenlaub: Auf der Suche nach einem Instrumentarium zur Kontrolle der Geldschöpfung. Notenbank und Banken in Deutschland im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. In: Bankhistorisches Archiv 2/2000, Zeitschrift für Bankengeschichte, herausgegeben vom Wissenschaftlichen Beirat des Institutes für bankhistorische Forschung, Frankfurt am Main.
  • Martin Scheidt: Theoretische Grundlagen der bankgeschäftlichen Kreditgewährung (Dissertation), 1962, Duncker & Humblot.

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