Heiliger Weg

Heiliger Weg

Der Heilige Weg entstand im Rahmen der Heiligsprechung von Bischof Benno von Meißen. Er führte von Böhmen nach Meißen. Ein originales Teilstück blieb im Tharandter Wald, zwischen Grillenburg und Wilsdruff im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge erhalten.

Jakobikirche Wilsdruff (heute: Autobahnkirche) mit Ehrenfriedhof
Kirche Fördergersdorf, Pilger im Innenraum mit Altar und Wandbildern
Rekonstruiertes Waldzeichen zur Markierung des Fürsten- oder Herrenweges im Tharandter Wald
Jagdsäule im Tharandter Wald
Leichen Weg über Forder Goersdorff, Ausschnitt einer Landkarte aus dem 18.Jh.
Pilgerkreuz im Tharandter Wald
Pilger am Forstamt in Spechtshausen am Tharandter Wald

Inhaltsverzeichnis

Entstehung und Verlauf

Nachdem 1285 beim Domumbau in Meißen die Gebeine des Bischofs Benno (* um 1010 in Hildesheim; † 16. Juni 1106 in Meißen) gefunden wurden, bestand bis zur Heiligsprechung des Bischofs (1524) und dem Verkauf der Gebeine nach München (Frauenkirche, Landespatron vom Bayern) im Zuge der Reformation in Sachsen (1539) ein Pilgerweg. Er kam von Böhmen über den Erzgebirgskamm und führte über Sadisdorf, Dippoldiswalde (romanische Nikolaikirche am Friedhof), Ruppendorf, Höckendorf, den Markgrafenstein, Grillenburg, Spechtshausen, Fördergersdorf, Grumbach, Wilsdruff (einst eines der ältesten Geläute Sachsens mit so genannter Bennoglocke in der Jakobikirche) nach Meißen.

Zwischen Grillenburg (vermutetes Pilgerhospiz) und Wilsdruff (Jakobikirche) dürfte die Wegführung mit dem meißnisch-fränkischen Weg der Jakobspilger im Zuge der Alten Frankenstraße identisch gewesen sein. Dieser zweigte wahrscheinlich von der Via Regia bei Großenhain / Kalkreuth ab, verlief von der Elbfurt bei Constappel (Wallfahrtskirche St. Nikolaus), über den Gohlberg (vermuteter Burgwart) und die Hühndorfer Höhe, nach Wilsdruff (Jakobikirche), traf dort auf den Heiligen Weg und verließ diesen wieder in Grillenburg (vermutetes Pilgerhospiz) Richtung Freiberg.

Geschichte

In Grillenburg kreuzten sich in dieser Zeit außerdem noch der Riesenburger Weg (auch Längenweg, Langer Weg, von Meißen nach der Riesenburg bei Ossegg) und die Hohe Straße von Dohna nach Freiberg. Dem Schutz der Pilgerwege diente auch die Burg Pohrsdorf am Beginn des heutigen Kirchweges im Oberdorf sowie die Wachpunkte Kienberg, Markgrafenstein und Borschelberg (Burgstadl) mit dem Ort Warnsdorf im Tharandter Wald. Da die Hussiten bei ihrem Einfall 1429/30 sowie böhmische Söldner in den Bruderkriegen 1450 auch diese Wege nutzten, wurden spätestens in dieser Zeit u.a. der Wachpunkt Markgrafenstein, das Pilgerhospiz in Grillenburg, die Burg Pohrsdorf und die Kirche Fördergersdorf zerstört. Die Burg Tharandt griffen die Hussiten an, was archäologische Untersuchungen belegen, und die Stadt Wilsdruff brannte im Krieg 1450.

Spätere Nutzung

Nach der Reformation blieben die Wege, verbunden mit dem Bau des Jagdhauses Grillenburg auf den Mauern des vermuteten Pilgerhospizes (1554-58), u.a. als Jagdwege und Verbindung zu den Amtsdörfern erhalten. Denn Grillenburg wurde Sitz des Amtes, der Justizbehörde und des Oberforst- und Wildmeisters.

Der Pilgerweg zwischen Fördergersdorf und Grillenburg wurde Ende des 16. Jh. bis ins 18. Jh. mit einem Waldzeichen markiert, dass ein W mit einem darüber stehenden Stern darstellt. Er verband unter dem Namen Fürsten- oder Herrenweg Dresden mit Grillenburg und führte über Freiberg weiter bis zur Augustusburg bei Flöha. Als so genannten Leichenweg bzw. Kurfürstenweg nutze man ihn aber auch für die Begräbnisprozessionen der evangelischen Wettiner von Dresden in den Dom nach Freiberg, so am 11. September 1691 für Kurfürst Georg III. (Beisetzung: 11. Dezember 1691) und am 27. April 1694 für Kurfürst Georg IV. (Beisetzung: 5. Juli 1694).

Der Pilgerweg zwischen Grillenburg und Dippoldiswalde überdauerte als Heiliger Weg zwischen diesen herrschaftlichen Amts- und Jagdsitzen die Zeit und wurde mit dem Symbol eines Hirschgeweihes markiert. Noch heute trägt ein Weg bei Höckendorf diesen Namen.

1737 stellte man anstelle von Postmeilensäulen und verfallener Holzsäulen in Sichtweite Jagdsäulen aus Sandstein am Fürsten- oder Herrenweg zwischen Dresden und Grillenburg auf. Im Gegensatz zu den bis heute erhaltenen Jagdsäulen des Dresdner Geheges aus dem 17. Jh., u.a. in Kesselsdorf und Kleinopitz, waren daran unter den Kurschwertern die sonst als Waldzeichen in die Bäume zu schlagende Wegmarkierung W mit einem Stern darüber und die Jahreszahl 1737 eingemeißelt. Nachbildungen lt. historischen Beschreibungen wurden in Fördergersdorf und im Tharandter Wald aufgestellt.

Erst das ab 1811 durch Heinrich Cotta im Tharandter Wald eingeführte schachbrettartige und geradlinige Schneisen- und Flügelsystem löste zahlreiche historischen Wege, wie auch die Pilger- und Jagdwege ab, deren Verlauf heute nur noch durch tiefe Gräben im Gelände zu erahnen ist.

Wiedereinweihung

Am 18. Mai 2003 wurde nach einem gemeinsamen Gottesdienst der Kirchgemeinden Fördergersdorf und Tharandt in Kurort Hartha im Rahmen der Wanderung auf den Wegen der Lieder mit dem Chor des Kurortes Hartha e.V. ein vom Sächsischen Lehrforstamt Tharandt (heute: Forstbezirk Bärenfels) unter Leitung des Revierförsters Dirk Junkuhn rekonstruierter historischer Pilger- und Jagdweg der Öffentlichkeit vorgestellt.

Es handelt sich dabei um einen sehr tiefen Hohlweg am Ascherhübel im Tharandter Wald, der parallel zum Mühlweg zwischen Spechtshausen und der Ernemann-Schutzhütte im Triebischtal verläuft, wo der Wanderer nun neben einem hölzernen Pilgerkreuz und einer sandsteinernen Jagdsäule auch noch in die Bäume geritzte Wegmarkierungen vorfindet. Das Pilgerkreuz im Tharandter Wald wurde nach einem historischen Vorbild gestaltet, was an der Grenze zu Böhmen bei Fürstenwalde als so genanntes Schwarzes Kreuz (Alte Dresden-Teplitzer Poststraße) erhalten blieb.

Im Anschluss an das Projekt Ökumenischer Pilgerweg, betreut vom ev.-luth. Landesjugendpfarramt, das sich auf den Weg der Jakobspilger im Zuge der Via Regia mit kostenlosen Pilgerherbergen konzentriert, wurde unter Federführung des Vereines Sächsischer Jakobsweg an der Frankenstraße der Pilgerweg im Tharandter Wald ein Teil der Verbindungen von der Via Regia zu den Wegen der Jakobspilger in Franken bzw. zukünftig auch nach Böhmen und kann so wieder eine überregionale Bedeutung erlangen. Die Markierung und Erstbegehung des Sächsischen Jakobsweges im Tharandter Wald wurde im Juli 2011 durchgeführt. Pilgerherbergen gibt es am Tharandter Wald im Pfarrhaus Fördergersdorf und im Jugendcamp Naundorf.

Das Haus der Stille beim ev.-luth. Pfarramt Grumbach mit Pilgerherberge und das Rüstzeitheim des ev.-luth. Stadtjugendpfarramtes Dresden Unsere Hütte in Kurort Hartha sowie die von der Stiftung Leben und Arbeit als Autobahnkirche betreute Jakobikirche in Wilsdruff lassen sich schon heute gut damit verbinden.

Quellen

  • Kurt Osk. Lehm: Aus Vergangenheit und Gegenwart der bei Tharandt gelegenen Orte Hartha, Grillenburg, Fördergersdorf, Hintergersdorf, Spechtshausen und Porsdorf, Selbstverlag des Verfassers 1904
  • Walter Bachmann: Grillenburg, Mitteilungen des Landesvereines Sächsischer Heimatschutz, Heft 5-8, Band XXV, Dresden 1936
  • Kulturbund der DDR, Ortsgruppe Tharandt (Hrsg.): Der Tharandter Wald, Forststadt Tharandt, Beiträge zur Heimatgeschichte, Heft 7, Tharandt 1982
  • Heinz Weise (Hrsg.): Mark Meißen, F.A. Brockhaus Verlag, Leipzig, 1. Auflage 1989
  • Heinrich Magirius, Norbert Oelsner, Reinhard Spehr: Grillenburg, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Arbeitsheft 10, Dresden 2006, ISBN 978-3-937602-85-1

Literatur

  • Renate Rettig: Der Jakobspilgerweg im Tharandter Wald..., Förderverein Gästeführer Tharandter Wald-Osterzgebirge e.V. (Hrsg.), Kurort Hartha 2010
  • Historischer Pilger- und Jagdweg im Tharandter Wald, André Kaiser
  • Stephan Klingbeil: Pilgerpfade sollen Tourismus ankurbeln, Sächsische Zeitung Freital, 9. Februar 2011, S. 14
  • Peter Hertel: Die Muschel weist Pilgern den Weg, Freie Presse Freiberg, 2. Juli 2011, S. 10
  • Iris Schmidt: Im Sinne der Muschel pilgern, Freitaler Wochenkurier, 20. Juli 2011, S. 2
  • Ines Klein: Auf dem Weg zu sich selbst, Sächsische Zeitung Freital, 26. Juli 2011, S. 14

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