Altkatholische Kirche in Deutschland

Altkatholische Kirche in Deutschland
Katholisches Bistum der Alt-Katholiken
Datei:Lage der Bundesstadt Bonn in Deutschland.png
Basisdaten
Fläche: 357.104,07 km²[1]
Mitgliedschaft: Utrechter Union
Bischof: Joachim Vobbe
Assistenzbischöfe i.E.: Geoffrey Rowell
Pierre Whalon
Generalvikar: Werner Luttermann
Priester: 99
Diakone: 16
Bischöfliche Vikariate: 1 (Norddeutschland)
Dekanate: 5
Pfarrgemeinden: 55
Pfarrämter: 40
Mitglieder: ca. 15.000[2]
Kathedralkirche: Namen-Jesu-Kirche (Bonn)
(voraussichtlich ab 2011)
Offizielle Website: www.alt-katholisch.de

Die Alt-Katholische Kirche in Deutschland (amtlicher Name: Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland) ist eine selbstständige katholische Kirche innerhalb der Utrechter Union der Altkatholischen Kirchen.

Inhaltsverzeichnis

Kurzbeschreibung

In Deutschland ist die alt-katholische Kirche eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und ist (mit Ausnahme einiger nord- und ostdeutscher Länder) kirchensteuereinzugsberechtigt (Konfessionsmerkmal: „ak“; Kennzahl „63“[3]).

Verbreitung

Die älteste Gemeinde in Deutschland besteht auf Nordstrand; ihre Ursprünge liegen im Jahr 1654. Sie wurde durch beim Deichbau beschäftigte niederländische Katholiken aus dem Erzbistum Utrecht gegründet.

Alt-katholische Gemeinden finden sich in stärkerer Konzentration in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg. Die südbadischen Gemeinden liegen in Nachbarschaft zu den christkatholischen Gemeinden der Schweiz, mit denen sie die ehemalige Zugehörigkeit zu dem reformfreundlichen, aber 1821 aufgehobenen Bistum Konstanz teilen. Auch über Bayern, Rheinland-Pfalz und Hessen finden sich nahezu gleichmäßig verteilt alt-katholische Gemeinden. In den traditionell evangelischen Gebieten Nord- und Ostdeutschlands erstrecken sich hingegen die Gemeindegrenzen über weite Diasporagebiete.

In Bonn hat der alt-katholische Bischof seinen Dienstsitz (Ordinariat). Ebenso befindet sich hier das bischöfliche Konvikt „Johanneum“ und an der Universität Bonn das Alt-Katholische Seminar mit einem Lehrstuhl für Theologie. An der Spitze des Bistums steht derzeit Bischof Joachim Vobbe.

Verbreitung nach Bundesländern

Bundesland Staatskirchenrechtlich
errichtete Pfarrgemeinden
Pfarrämter Weitere
Gottesdienststationen
Priester Diakone Prozentualer Anteil am
Kirchensteueraufkommen
[4]
Baden-Württemberg 18 13 20 19  2 26,2%
Bayern 11  8 19 17  3 16,7%
Berlin mit
Brandenburg und
Mecklenburg-Vorpommern
 1  1  2  2  0 2,4%[5]
Hessen  4  4  5 10  1 10,7%
Niedersachsen  1  1  2  1  1 7,1%
Nordrhein-Westfalen 10  7  9 18  3 30,95%
Rheinland-Pfalz  3  1  3  2  1 3,6%[6]
Saarland  1  1  0  1  0 1,4%
Sachsen  1  1  3  1  0 ./.[7]
Sachsen-Anhalt  2  2  2  2  0 ./.[8]
Schleswig-Holstein mit
Bremen und Hamburg
 2  1  4  1  1 0.95%[9]
Thüringen  1  0  3  0  1 ./.[10]
Geistliche außer Dienst, in wiss. Forschung und Ordensgeistliche 15  3
Gesamt 55 40 72 99 16 100%

Alt-Katholische Gemeinden haben in der Regel nur wenige hundert Mitglieder:

Geschichte

Nach dem Ersten Vatikanischen Konzil (1870)

Die altkatholischen Kirchen außerhalb der Niederlande entstanden im Anschluss an das Erste Vatikanische Konzil (1870). Die katholischen Christen, welche die Beschlüsse des ersten Vatikanischen Konzils nicht annahmen, verfielen der Exkommunikation. Sie schlossen sich in der Folge zu Gemeinden und schließlich zu Ortskirchen (Bistümern) zusammen und wählten auf Kongressen (Synoden) eigene Bischöfe, die von Bischöfen der Alt-Katholischen Kirche der Niederlande konsekriert wurden.

Die wesentlichen Konfliktpunkte waren die auf dem Ersten Vatikanischen Konzil formulierten Dogmen von der Unfehlbarkeit sowie dem Jurisdiktionsprimat des Papstes.

Die Utrechter Erklärung von 1889 ist das Gründungsdokument der Utrechter Union der Altkatholischen Kirchen. Als Präsident der Internationalen Bischofskonferenz hat der Erzbischof von Utrecht zugleich den Ehrenprimat unter den altkatholischen Bischöfen inne.

Während des Dritten Reiches (1933–1945)

Die wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte der alt-katholischen Kirche in Deutschland während der Nazi-Diktatur ist erst jüngst zu einem ersten Abschluss gekommen (s. Dissertation von Matthias Ring).[23] Nicht wenige zeitgenössische Alt-Katholiken sahen in der „Machtergreifung“ der NSDAP eine Chance für ihre Kirche zur Profilierung und Mitgliedergewinnung. Auch Forderungen nach einer Umgestaltung des Glaubens im Sinne eines „völkischen Christentums“ wurden vereinzelt artikuliert (z. B. Abschaffung des Alten Testaments). Diese Bemühungen fanden In der Katholisch-Nationalkirchlichen Bewegung (KNB) ihren organisatorischen Ausdruck, führten aber nicht zu den gewünschten Revisionen. Erfolge konnte die KNB vor allem unter der Arbeiterschaft in den Zentren der Kohleförderung und der Schwerindustrie verbuchen (Ruhrgebiet; Oberschlesien).

Liturgie

Kommunitäten

Franziskaner

Von Anfang der 1990er Jahre bis Ende 2008 wurde die in Zehdenick (nahe Berlin) ansässige „Franziskushof Gemeinschaft“ von der Berliner alt-katholischen Gemeinde seelsorgerlich mitbetreut. Der Leiter der damaligen Einrichtung war bis zum 4. März 2009 als Diakon in das alt-katholische Bistum inkardiniert. Zu dem auf dem Gelände entstehenden neuen Kloster existieren keine offiziellen Kontakte.[24]

Zisterzienser

Der alt-katholischen Kirche in Deutschland gehört die Ökumenische Zisterzienser-Abtei St. Severin im Orden von Port Royal (OPR) an. Das Kloster entstand aus einer seit 1992 bestehenden christlichen Gemeinschaft in Buchloe, der Männer und Frauen aus unterschiedlichen Konfessionen angehörten; die Initiative zu ihrer Gründung war von zwei Port-Royal-Priestern ausgegangen. Aus ihr entwickelte sich 1998 ein Priorat, das 1999 durch den Generalabt des Ordens von Port Royal zur Abtei erhoben wurde. Im selben Jahr fand die Gemeinschaft eine Bleibe in Kaufbeuren-Neugablonz. 2002 erfolgte der Umzug nach Leinau. Derzeit (2006) gehören der Abtei fünf Mönche und zwei weibliche Säkularprofessen an. Die Unterstellung unter die Jurisdiktion des Katholischen Bischofs der Alt-Katholiken in Deutschland erfolgte im September 2004.

Einrichtungen und Hilfswerke

  • Alt-Katholische Diakonie in Deutschland e.V.[25]
  • Alt-Katholisches Freizeitenwerk e.V.
  • Alt-Katholischer Kindergarten St. Cyprian (Bonn)[26]
  • Bischof-Reinkens-Stiftung
  • Bund Alt-Katholischer Frauen Deutschlands (baf)[27]
  • Bund Alt-Katholischer Jugend (baj)[28]
  • Deutsche Willibrord-Gesellschaft. Anglikanisch/Alt-Katholischer Freundeskreis e.V.
  • Missions- und Entwicklungsprojekte
  • Solidaritätsfonds des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland
  • Verein zur Förderung von Jugendlichen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten e.V. (Stuttgart)[29]

Veröffentlichungen

Liturgische Bücher

  • Die Feier der Eucharistie im Katholischen Bistum der Alt-Katholiken. Für den gottesdienstlichen Gebrauch erarbeitet durch die Liturgische Kommission und herausgegeben durch Bischof und Synodalvertretung, Bonn: Alt-Katholischer Bistumsverlag 2006; ISBN 3-934610-30-7
  • Eingestimmt. Gesangbuch des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland, Bonn: Alt-Katholischer Bistumsverlag 2003; ISBN 3-934610-21-8
  • Gottzeit. Gebetbuch des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland, Bonn: Alt-Katholischer Bistumsverlag 2008; ISBN 978-3-934610-85-9

Kirchenzeitung

  • Christen heute – Zeitung der Alt-Katholiken für Christen heute; Hrsg.: Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland; erscheint monatlich ISSN 0930-5718 [18]

Literatur

  • Alt-Katholische Pfarrgemeinde Nordstrand (Hrsg.): alt-katholisch - zeitgemäß: Die Geschichte einer anderen katholischen Kirche; Norderstedt: Books on Demand, 2009; ISBN 978-3-8370-9212-7
  • Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit im Katholischen Bistum der Alt-Katholiken an Deutschland (Hrsg.): Kirche für Christen heute – eine Information über die Alt-Katholische Kirche; Berlin: Hoffmann, 1994; ISBN 3-87344-001-6
  • Wolfgang Krahl: Ökumenischer Katholizismus. Alt-katholische Orientierungspunkte und Texte aus 2 Jahrtausenden; Bonn: Katholische Parochie der Alt-Katholiken St. Cyprian, 1970
  • Matthias Ring: Katholisch und deutsch. Die alt-katholische Kirche Deutschlands und der Nationalsozialismus; Bonn: Alt-Katholischer Bistumsverlag, 2008; ISBN 978-3-934610-35-4
  • Johann Friedrich von Schulte: Der Altkatholizismus, Geschichte seiner Entwicklung, inneren Gestaltung und rechtlichen Stellung; Gießen, 1887; Reprint: Aalen: Scientia Verlag, 2002; ISBN 3-511-00169-2
  • Hans-Jürgen van der Minde: Für ein offenes Christentum. Mit einem Beitrag von Eugen Drewermann: Kirche der Zukunft – Zukunft der Kirche; München: Kösel-Verlag, 1994; ISBN 3-466-20382-1
  • Joachim Vobbe: Brot aus dem Steintal. Bischofsbriefe (Betrachtungen über die sieben Sakramente aus alt-katholischer Sicht); Bonn: Alt-Katholisches Ordinariat, 2005; ISBN 3-934610-63-3
  • Angela Berlis, Matthias Ring (Hrsg.): Im Himmel Anker werfen. Vermutungen über Kirche in der Zukunft. Festschrift für Bischof Joachim Vobbe; Norderstedt: Books on Demand, 20082; ISBN 978-3-8370-5957-1

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Gebiet und Bevölkerung – Fläche und Bevölkerung (Stand: 22. Oktober 2008) (abgerufen 24. Oktober 2008)
  2. In Ermangelung einer offiziellen Statistik kann die Zahl der Alt-Katholiken in Deutschland nur geschätzt werden. Legt man das Kirchensteueraufkommen von 2007 in Höhe von 2.669.880,67 Euro zugrunde (Matthias Ring, Bilanz der Kirchensteuer, in: Christen heute 03/09, S. 58) und dividiert dies durch das durchschnittliche Pro-Kopf-Aufkommen an Kirchensteuer für die Evangelische Kirche aus dem gleichen Jahr (167,28 Euro[1], ergibt dies die Zahl von 15.961 Alt-Katholiken. Da die Konzentration von Alt-Katholiken in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen am höchsten ist, in diesen Ländern aber das Pro-Kopf-Aufkommen an evangelischer Kirchensteuer bis zu 195 Euro beträgt[2]; [3], folgt daraus die Zahl von 13.692 Alt-Katholiken als Unterwert, so dass von etwa 15.000 Alt-Katholiken in Deutschland auszugehen ist. Andere Schätzungen sprechen von etwa 20.000 Mitgliedern ([4]; [5]). Ihnen ist jedoch nicht zu entnehmen auf welcher Grundlage diese Annahme beruht. Nach der Volkszählung von 1925 gab es im Deutschen Reich 19.000 Altkatholiken.[6]
  3. https://www.elster.de/elohn_nw_lstakonf09.php
  4. Da keine offiziellen statistischen Daten zur Mitgliedergröße und -verteilung vorliegen, wird hier Bezug auf die in der Bistumszeitung veröffentlichen Daten genommen (errechnet aus Grafik); Matthias Ring, Bilanz der Kirchensteuer, in: Christen heute 03/09, S. 58.
  5. Es erfolgt bislang nicht überall ein Kirchensteuereinzug durch die Finanzämter.
  6. Es erfolgt bislang kein Kirchensteuereinzug durch die Finanzämter.
  7. Es erfolgt kein Kirchensteuereinzug durch die Finanzämter.
  8. Es erfolgt kein Kirchensteuereinzug durch die Finanzämter.
  9. Es erfolgt bislang nicht überall ein Kirchensteuereinzug durch die Finanzämter.
  10. Es erfolgt bislang kein Kirchensteuereinzug durch die Finanzämter.
  11. [7]
  12. [http:/www.alt-katholisch.de/uploads/media/09-01_GeBr.pdf]
  13. [8]
  14. [9]
  15. [10]
  16. [11]
  17. [12]
  18. [13]
  19. [14]
  20. [15]
  21. [16]
  22. [17]
  23. Eine Kurzdarstellung der Geschichte im Dritten Reich mit Schuldbekenntnis von Bischof Joachim Vobbe findet sich hier Versuchung und Irrtum
  24. http://www.alt-katholisch.de/uploads/media/09-04-02_GeBr.pdf
  25. http://www.alt-katholische-diakonie.de
  26. http://www.kindergarten-sanktcyprian.de/
  27. http://baf-im-netz.de
  28. http://www.baj-deutschland.de
  29. http://www.verein-jugendliche.de/

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